Mittwoch, 22. Februar 2017

PD vor der Spaltung


Italienische Regierungspartei zerrissen. Renzi hofft auf Comeback. Neue Linkskraft gegründet

Von Gerhard Feldbauer
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Matteo Renzi (rechts) und Ministerpräsident Paolo Gentiloni am Sonntag in Rom
Auf einer Delegiertenkonferenz der sozialdemokratisch orientierten Demokratischen Partei (PD) ist am Wochenende in Rom die Krise der italienischen Regierungspartei offen ausgebrochen. Wie die regierungsnahe La Repubblica schreibt, droht der Partei die Spaltung zwischen der bisher hinter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi stehenden Mehrheit und der linken und moderaten Minderheit.
Renzi hatte im Dezember beim Referendum zur Abschaffung des Senats als zweiter Parlamentskammer eine Niederlage erlitten und war daraufhin als Premier zurückgetreten. Nun gab er dem Druck seiner Widersacher nach und zog sich auch als Parteichef zurück. Dieser überraschende Schritt wird, so die linke L’Unità, als Manöver gewertet, mit dem Renzi seine Wiederwahl als Parteichef vorbereiten will. Anschließend könnte er dann wieder als Spitzenkandidat seiner Partei zu den nächsten Parlamentswahlen antreten. Er plädiert dafür, diese nicht erst – wie regulär vorgesehen – im Februar 2018 durchzuführen, sondern sie auf Juni oder spätestens auf den Herbst vorzuziehen.
Obwohl die Wahl eines neuen Nationalsekretärs der PD auf einem Parteitag erfolgen sollte, hat Renzi durchgesetzt, die Entscheidung in Vorwahlen am 7. Mai zu treffen, an denen alle wahlberechtigten Italiener teilnehmen können. 2013 hatten sich bei solchen Wahlen 67,8 Prozent der 2,5 Millionen Teilnehmer für Renzi entschieden. Der setzt auf Wähler der Mitte und der Rechten. Diese Strategie entspreche, so das linke Fatto Quotidiano, der von Renzi betriebenen Umwandlung der PD in eine »Partei der Nation«, auch »Partei für alle« genannt.
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Matteo Renzi nach seinem Rücktritt als PD-Vorsitzender am Sonntag in Rom
Unter gleich drei Kandidaten, die gegen Renzi antreten wollen, wird laut La Repubblica vom Dienstag der derzeitige Justizminister Andrea Orlando favorisiert. Er galt bisher als Parteigänger Renzis, seine Karriere begonnen hatte er noch in der 1991 liquidierten Italienischen Kommunistischen Partei (PCI). Später schloss er sich den aus der PCI hervorgegangenen Linksdemokraten an, die sich 2007 mehrheitlich mit der katholischen Zentrumspartei Margherita zur PD vereinigten. In der PD soll er wohl vor allem die linke Minderheit bei der Stange halten und eine Spaltung verhindern.
Auf der Konferenz am Wochenende forderte Gianni Cuperlo vom linken Parteiflügel eine Rückkehr zur Mitte-Links-Politik, sonst werde er die Partei verlassen. Ein solcher Schritt Cuperlos, der ebenfalls aus der früheren PCI stammt, könnte zu stärkeren Mitgliederverlusten führen. Dann sei, so La Repubblica, »die Spaltung nicht mehr auszuschließen«.
Eine Alternative für enttäuschte PD-Anhänger könnte am Wochenende in Rimini entstanden sein. Dort wurde die neue Partei Italienische Linke (SI, Sinistra Italiana) gegründet. Ihren Grundstock bildet die bisherige Partei Linke und Umwelt (SEL), die 2009 aus einer Abspaltung von der Rifondazione Comunista (PRC) hervorgegangen war. Bei den Wahlen 2013 erreichte sie 3,2 Prozent der Stimmen und stellte 25 Abgeordnete sowie sieben Senatoren. Zur SI stießen zudem eine Fraktion der PRC und weitere Linke. Der erwartete Beitritt von PD-Linken ist bislang jedoch ausgeblieben. Nach Umfragen könnte auch die SI bei Wahlen auf 3,2 Prozent kommen und wieder ins Parlament einziehen. Auf dem Gründungskongress verurteilte Fabio Mussi, der 2006 bis 2008 als Minister der Mitte-Links-Regierung von Romano Prodi angehörte, Renzis Regierungskurs als »abenteuerlich und Hasardspiel«. Die SI müsse sich wieder sozialen Fragen und der Verteidigung bzw. der Wiedererringung beseitigter Arbeiterrechte zuwenden. Der gewählte SI-Sekretär Nicola Fratoianni betonte, die neue Linkspartei müsse »ein breites politisches Projekt« darstellen und linke Traditionen wiederbeleben. Sollte sich in der PD eine linke Linie durchsetzen, was eine Wiederwahl Renzis ausschließe, werde die SI mit den Demokraten zusammenarbeiten. Andernfalls werde man eine entschiedene Opposition sein.

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