Donnerstag, 20. Oktober 2016

Von »Reichsbürger« angeschossener Polizist gestorben


Beamter erliegt im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen / Tod war schon am Mittwochabend fälschlicherweise gemeldet worden

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Als die Polizei sich am Mittwoch...
Als die Polizei sich am Mittwoch um 6 Uhr Zutritt verschaffte, 
feuerte der Mann aus dem ersten Stock seines Hauses sofort auf die Beamten.
Georgensgmünd. Nach den Schüssen eines sogenannten Reichsbürgers bei einer Razzia im mittelfränkischen Georgensgmünd ist einer der verletzten Polizisten gestorben. »Er ist jetzt tatsächlich verstorben«, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfrankens am Donnerstagmorgen.

»Das Polizeipräsidium Mittelfranken bedauert mitteilen zu müssen, dass der lebensgefährlich verletzte Beamte der Spezialeinsatzkräfte Nordbayern in den frühen Morgenstunden in einer Klinik in Folge seiner schweren Schussverletzungen verstorben ist«, hieß es in einer Mitteilung. Am Mittwochabend hatte die Polizei den Tod des Beamten zunächst noch fälschlicherweise vermeldet.
Der 32 Jahre alte Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) war am Mittwochmorgen von dem 49-Jährigen angeschossen worden. Ein weiterer Beamter wurde bei dem Einsatz schwer und zwei Polizisten leicht verletzt. Der Täter konnte leicht verletzt festgenommen werden. Der 49-Jährige soll am (heutigen) Donnerstag einem Ermittlungsrichter zur Klärung der Haftfrage vorgeführt werden.
Reichsbürger mit Jagdschein
Schüsse auf Polizisten - Bayerns Innenminister will Gruppierung stärker ins Visier nehmen
Der mutmaßliche Täter ist Jäger. Er besitzt 31 Lang- und Kurzwaffen. Von den Behörden wurde er als nicht mehr zuverlässig eingestuft. Deshalb sollten ihm seine Waffen entzogen werden. Zuvor hatten die Behörden seinen Jagdschein und seine Waffenbesitzkarte als ungültig erklärt.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic warf dem Bundesamt für Verfassungsschutz vor, das Gefahrenpotenzial der Reichsbürgerbewegung »in fataler Weise« unterschätzt zu haben. Zudem kritisierte sie im ARD-Politikmagazin »Kontraste«, dass es bislang keine Überblick gebe, in welchem Umfang »Reichsbürger« im Besitz von Waffen seien, obwohl es seit längerem deutliche Hinweise gebe, dass sich »Teile dieser Bewegung radikalisiert und bewaffnet haben.«
Nach Einschätzung der Amadeu-Antonio-Stiftung, die seit ihrer Gründung 1998 Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus entgegentritt, wurde die Gruppierung in Deutschland lange Zeit unterschätzt. »Die ‘Reichsbürger’ wurden lange verharmlost und als Spinner oder Querulanten abgetan«, sagte Jan Rathje, Experte für Rechtsextremismus der Stiftung, der »Heilbronner Stimme« . In den vergangenen Jahren habe die Sensibilisierung in Behörden oder etwa bei Gerichtsvollziehern aber zugenommen, auch durch Aufklärungsarbeit.
Rathje hält die Bewegung für sehr gefährlich. »Ihre Ideologie, die im Kern rechtsextrem und oft antisemitisch und gebietsrevisionistisch ist, läuft über kurz oder lang immer auf einen Konflikt mit dem Staat hinaus.« Zudem gebe es »Verbindungen und Überschneidungen zum organisierten rechtsextremen Milieu«.
»Reichsbürger« erkennen die Bundesrepublik nicht an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Etliche Akteure sind nach Einschätzung von Verfassungsschützern auch in der rechtsextremen Szene aktiv. Agenturen/nd

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