Von Ana de Ita*
Foto: pablo leautaud,
cc-by-nc-2.0
(Mexiko-Stadt,
16.
Oktober 2016, la jornada).- Die
Initiative zur
Verminderung von Emissionen durch Entwaldung und Schädigung von
Wäldern REDD+
(Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation)
ist eine
internationale Strategie, ausgehend vom Waldschutz die
Intensität des
Klimawandels zu mindern. Viele
Regierungen aus den Ländern des Südens sehen in der Existenz
internationaler
Fonds für die REDD+Strategie eine Gelegenheit, sich mit
Geldmitteln zu
versorgen. Manche indigenen und kleinbäuerlichen Organisationen
und Bewegungen
warnen, diese Strategie könne eine Bedrohung für die Bevölkerung
der Wälder
darstellen – vielfach handelt es sich um indigene Völker – die
keine formalen
Besitzrechte über ihre Territorien hat.
Mehr als die Hälfte des Waldes gehört Ejidos und Gemeinden
In Afrika
und Asien
befinden sich die Wälder überwiegend (zu 98 bzw. 66 Prozent) im
Staatsbesitz,
doch in ihnen leben Millionen Menschen. In Lateinamerika sind 33
Prozent des Waldbestandes
staatlich, der übrige Teil befindet sich im Besitz von Gemeinden
und
Privatpersonen. Mexiko unterscheidet sich von allen anderen
Ländern deutlich,
denn 58 Prozent der Wälder sind mit von der Verfassung
garantierten Rechten im
Besitz von Ejidos und Gemeinden. 34 Prozent sind Privateigentum
und nur acht
Prozent des Waldes gehören dem Staat.
Doch die
mexikanischen
Wälder sind in den Blickfang neuer nationaler und
internationaler Akteur*innen
geraten. Sie sind daran interessiert, den legitimen
Besitzer*innen die
Kontrolle zu entziehen. Die Naturschutzpolitik und die
REDD+Initiative sind
dafür ein Einfallstor. Mit dem Ziel, sicherzustellen, dass die
Geldmittel der
Emissionsminderung gewidmet werden, fördern die Industrieländer
und die
multilateralen Einrichtungen, d.h. diejenigen, die die Strategie
bis jetzt
finanzieren, den Aufbau einer institutionellen Struktur. Sie
nennen sie
REDD+Governance. Mit der wohlwollenden Genehmigung der Regierung
beziehen sie
eine Vielzahl von Akteur*innen ein, die daran interessiert sind,
an
Entscheidungen, Geldmitteln, Politikentwürfen und
Kontrollmechanismen
hinsichtlich eines Territoriums beteiligt zu sein, das nicht
ihres ist und für
das sie kein Mandat haben.
„multi-stakeholder governance“
Auf diese
Weise
operiert in Mexiko ein Konsortium internationaler
Naturschutzorganisationen
unter dem Namen Alianza México REDD+ (Alianza M-REDD+). Zusammen
mit der
Nationalen Waldbehörde (Conafor) hat diese Allianz die Nationale
REDD+Strategie
ausgearbeitet und ist dabei, das sogenannte „Governance-Modell“
zu entwickeln.
Das Bündnis, finanziert von der nordamerikanischen
Entwicklungsbehörde (USAID),
wird von The Nature Conservancy (TNC) angeführt. TNC ist eine
der ersten
Naturschutzorganisationen, die sich dem Aufkauf von Land
widmeten, um private
Reservate und Nationalparks zu schaffen.
Ihr
derzeitiger
Präsident kommt vom Goldman Sachs-Zentrum für Umweltmärkte
(Goldman Sachs
Center for Environmental Markets). Die weiteren Mitglieder sind
Rainforest
Alliance, spezialisiert in der Zertifizierung umweltfreundlicher
Produkte, das
Woods Hole Research Center, der think tank
Nummer
Eins beim Thema Klimawandel und mit Verbindungen zur Nationalen
Aeronautik und
Raumfahrtbehörde der Vereinigten Staaten (NASA) sowie die
mexikanische
Organisation Naturräume und Nachhaltige Entwicklung ENDESU
(Espacios Naturales
y Desarrollo Sustentable), die seit mehr als 20 Jahren im
Bundesstaat Chiapas
arbeitet.
Es handelt
sich um ein
lokales Beispiel dafür, was Harris Gleckman die
„multi-stakeholder governance“
(Governance multipler interessierter Beteiligter)“ nennt – eine
Initiative des
Weltwirtschaftsforums von 2009, die die Unternehmensinteressen
in den
Mittelpunkt zu stellen sucht. Bei der Governance von REDD+ in
Mexiko sind
zahlreiche Akteur*innen beteiligt, die untereinander eine
enorme
Machtasymmetrie aufweisen: Naturschutzmultis und ihre nationalen
Partner*innen,
Weltbank und UNO, Regierungseinrichtungen, Unternehmenskonzerne,
internationale
Agenturen für die Entwicklungszusammenarbeit, akademische
Institutionen und
Produzentenorganisationen, indigene und kleinbäuerliche
Organisationen. Dazu
werden neue Figuren wie öffentliche Vermittler*innen für
Territorialentwicklung, Vermittler*innen für
Territorialentwicklung, Komitees,
Arbeitsgruppen, Räte usw. geschaffen, ohne dass es eine tiefer
gehende Analyse
gäbe, welche Auswirkungen diese auf Demokratie und Politik
haben.
Keine klaren Regeln über Transparenz, Verantwortung,
Streitschlichtung,
Repräsentation
Bei der
multi-stakeholder-governance gibt es keine klaren Regeln über
Transparenz,
Verantwortung, Streitschlichtung, Repräsentation – alles
Schlüsselelemente, die
als Grundprinzipien für einen legitimen Regierungsprozess
akzeptiert sind. Das
Informelle und Tatsachenentscheidungen sind die Richtschnur für
die
Funktionsweise dieser Governance.
In Mexiko
hat sich die
Alianza M-REDD+ die Analyse des Rechtsrahmens für REDD+
angeeignet und sogar
Reformvorschläge für das Allgemeine Gesetz für Nachhaltige
Waldentwicklung
ausgearbeitet. Eine deutlich einmischende Haltung. Die
Verfechter von REDD+ in
Mexiko rühmen sich einer großen Beteiligung der
Zivilgesellschaft bei ihren
Aktionen. Doch nach einem Blick auf verschiedene ihrer Dokumente
und
Veranstaltungen ist die Abwesenheit bzw. geringe Beteiligung der
Besitzer*innen
der Waldgebiete bemerkenswert: der Ejidos und indigenen und
kleinbäuerlichen
Gemeinden. Derjenigen, die die Wälder als ihre Heimat geschützt
haben und in
deren Händen die wirkliche Emissionsminderung liegt.
(*)
Direktorin des Studienzentrums für den Wandel im Mexikanischen
Landbau (Ceccam)
https://www.npla.de/poonal/naturschutzmultis-haben-es-auf-die-waelder-der-campesinos-abgesehen/
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