Montag, 1. April 2019
Ein Regime in die Enge getrieben: Massenproteste und Streiks in Algerien gehen immer weiter – Armee verschärft die Drohungen - Spaltung beim staatstragenden Gewerkschaftsbund UGTA
„Das Ausmaß und die Intensität der Mobilisierung auf Algeriens Straßen
sowie die Reife und das politische Bewusstsein der in allen Belangen
äußerst heterogenen Protestbewegung weist dabei all jene in die
Schranken, die die überwiegend junge algerische Bevölkerung noch 2011
- als der sogenannte "Arabische" Frühling in der Region wie ein
Dominoeffekt die herrschenden Ordnungen in Frage stellte, an Algerien
aber wie ein kurzer Regenschauer vorbeizog - für ihre Lethargie und
Passivität belächelt hatten. Die Vehemenz der anhaltenden Revolte
gegen Algeriens intransparente Machtstrukturen zeigt einmal mehr, dass
die arabisch-islamische Welt eben kein monolithischer Block ist wie in
der internationalen Berichterstattung so oft suggeriert wird, sondern
jedes Land und jede Gesellschaft entlang eigener Dynamiken und
nationaler und regionaler historischer Gegebenheiten funktioniert.
Auch führen die derzeitigen Entwicklungen in Algerien deutlich vor
Augen, dass revolutionäre Massenbewegungen nur dann eine Chance auf
Durchschlagskraft haben, wenn sozioökonomische und politische Faktoren
gleichermaßen weite Teile der Bevölkerung von politischer, kultureller
und wirtschaftlicher Teilhabe ausschließen. (…) Bouteflikas
Unterstützerfront ist derweil praktisch in sich zusammengefallen.
Sowohl in der UGTA und im FCE als auch in den Regimeparteien FLN und
RND ist die anfängliche vorsichtige Kritik am Regierungslager und der
Kandidatur des greisen Staatschef inzwischen in offene Rebellion gegen
die jeweiligen Führungskader umgeschlagen. Immer mehr Profiteure der
alten Ordnung wechseln zudem nach teils absurden Wortmeldungen oder
Stellungnahmen die Seiten und stellen sich demonstrativ hinter die
Protestbewegung. Diese lässt sich zwar bisher von derlei Manövern
nicht in die Irre führen und reagiert auf die allzu durchsichtigen
Richtungsänderungen ehemaliger strammer Bouteflika-Unterstützer mit
Humor und entlarvendem Sarkasmus, doch wie und ob es in ihrem Sinne
weitergehen wird, bleibt offen…“ – aus dem ausführlichen Beitrag
„Droht in Algerien die Machtübernahme der "Dienste"?“ von Sofian
Philip Naceur am 25. März 2019 bei telepolis, worin die verschiedenen
Strömungen ausführlich dargestellt und ihre Stärke analysiert wird.
Siehe in der erneuten Materialsammlung dazu auch drei aktuelle
Beiträge rund um die Streikbewegung in Algerien, die inzwischen auch
zur offenen Spaltung beim staatstragenden Gewerkschaftsbund UGTA
geführt hat, zwei Beiträge zur Erklärung des Armee-Chefs, sowie den
Hinweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge
http://www.labournet.de/?p=146453
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