Senken oder nicht senken
Ölbohranlage des russischen Staatskonzerns Rosneft am 4. August 2016 in Neftejugansk
Foto: Sergei Karpukhin/REUTERS
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Hauptthema der am heutigen Donnerstag in Wien beginnenden Konferenz der Organisation Erdöl exportierender Länder wird voraussichtlich eine Senkung ihrer Fördermenge sein. Der OPEC gehören zur Zeit 15 Mitglieder an, zudem arbeitet sie seit 2016 bei der Markt- und Preisbeeinflussung mit zehn weiteren Staaten zusammen, an deren Spitze Russland steht.
Inzwischen sind die Beziehungen zwischen Moskau und Riad so eng, dass viele beteiligte Staaten die faktische Ersetzung der OPEC durch das übermächtige russisch-saudische Duo fürchten. Pressemeldungen zufolge hatten sich Russlands Präsident Wladimir Putin und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman schon am letzten Sonnabend während des G-20-Gipfels in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires grundsätzlich auf eine Reduzierung ihrer Fördermengen, aber noch nicht auf genaue Zahlen verständigt. Bis zum gestrigen Mittwoch galt als wahrscheinlich, dass man sich während der zweitägigen Konferenz in Wien auf eine Senkung der gemeinsamen Ölgewinnung zwischen einer Million und 1,4 Millionen Barrel pro Tag einigen würde. Die globale Ölförderung liegt gegenwärtig zwischen 95 und 100 Millionen Barrel pro Tag. Erzählungen von Insidern ließen aber am Mittwoch plötzlich die Möglichkeit offen, dass es jetzt zu keinem Kürzungsbeschluss kommt, sondern die Entscheidung auf Februar 2019 verschoben wird.
Die offenbar zumindest in ihrem Ausmaß umstrittene Reduzierung der Fördermenge soll der Stabilisierung des internationalen Ölpreises dienen. Er befindet sich nach einer Rekordhöhe von 86 Dollar pro Barrel am 9. Oktober in steilem Fall. Am 23. November lag der Preis pro Barrel mit 60,29 Dollar auf dem tiefsten Punkt seit November 2017. Seither ist er nur geringfügig wieder gestiegen.
Die Preisentwicklung ist Ergebnis eines Überangebots auf dem internationalen Markt. Vor allem die USA, Russland und Saudi-Arabien haben in den letzten Monaten ihre Fördermengen erhöht. Gleichzeitig ist der Bedarf infolge einer sich abschwächenden Konjunktur gesunken. Prognosen gehen übereinstimmend davon aus, dass sich dieser Trend im nächsten Jahr noch verstärken wird. Riad hatte deshalb im November angekündigt, seine Ölförderung im Dezember um 500.000 Barrel pro Tag zu reduzieren. Insgesamt müssten eine Million Barrel pro Tag vom Markt genommen werden, um den Preisverfall aufzuhalten, sagte der saudische Energieminister Khalid Al-Falih damals.
Ende November empfahl der beratende Ausschuss der OPEC eine Reduzierung um 1,3 Millionen Barrel pro Tag. Iran fordert sogar eine Senkung um 1,4 Millionen. Dabei müssten die Staaten vorangehen, die ihre Gewinnung in den letzten Monaten am meisten gesteigert haben, also Russland und Saudi-Arabien, heißt es aus Teheran.
Die russische Regierung will eine ihrer Meinung nach zu starke Reduzierung der Ölförderung verhindern. Im Vorfeld des G-20-Gipfels erklärte Putin, dass er mit einem Preis von 60 Dollar pro Barrel ganz zufrieden sei. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der russische Haushalt für 2019 ist auf Grundlage eines angenommenen Ölpreises von 43 Dollar pro Barrel geplant. Einer vergleichenden Übersicht zufolge, die vom US-Informationsdienst Bloomberg am Dienstag veröffentlicht wurde, liegt der Ölpreis, den Russland für einen ausgeglichenen Etat benötigt, bei nur 40 Dollar pro Barrel. In dieser Berechnung sind sowohl die Kosten der Erdölförderung als auch die Bilanz von Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Länder berücksichtigt. Die meisten Ölstaaten brauchen einen erheblich höheren Preis. Dieser liegt nach Darstellung von Bloomberg für den Iran bei 68,10 und für Saudi-Arabien bei 87,90 Dollar pro Barrel.
Am Mittwoch breitete sich, wie gesagt, Ungewissheit aus, ob es angesichts der bremsenden Rolle Moskaus überhaupt zu einem Reduzierungsbeschluss kommen wird. Streitpunkt ist angeblich, dass die OPEC eine Senkung um 1,3 Millionen Barrel pro Tag anstrebt, woran sich Russland mit 250.000 bis 300.000 beteiligen soll. Es sei aber nur bereit, seine Förderung um 140.000 Barrel pro Tag herunterzufahren. In den Medien geäußerte Vermutungen, die Allianz zwischen der OPEC und den Nichtmitgliedern könne wegen dieser Meinungsverschiedenheit ihre Entscheidung bis zum Februar verschieben, sind jedoch wirtschaftlich nicht plausibel: Die Verluste der Ölexporteure aufgrund niedriger Preise wären in diesem Zeitraum größer, als wenn sie sich jetzt auf eine relativ geringfügige Reduzierung ihrer gemeinsamen Fördermenge einigen würden.
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