Montag, 31. August 2020

Wenn Arbeitgeber nach mehr Staat rufen: Mit Kurzarbeit wertvolle Arbeitskräfte in viralen Zeiten hamstern und die Unternehmen auch bei den Sozialbeiträgen entlasten?


Dossier

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im Shitstorm“… »Wegen der Corona-Epidemie rechnet die Metall- und Elektroindustrie mit drastischen Einbußen. Die Arbeitgeber fordern Geld für Kurzarbeit – noch großzügiger als in der Finanzkrise (…) Die Bundesagentur für Arbeit soll bei Kurzarbeit die vollen Kosten übernehmen, und zwar ab Tag eins. (…) Natürlich könnte man sich angesichts des Überbrückungscharakters der „klassischen“ Kurzarbeit fragen, was denn eine Verlängerung auf 24 Monate wirklich substanziell bringen soll, denn das Instrument funktioniert vor allem dann besonders gut, wenn ein überschaubarer Krisenzeitraum überbrückt werden muss. Hinsichtlich der von den Arbeitgebern während der Kurzarbeit grundsätzlich zu leistenden Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen geht die aktuelle Forderung der Arbeitgeber über den Öffnungen, die 2009 vorgenommen wurden, hinaus. Das kann man ja fordern und aus Sicht der Arbeitgeber ist das auch verständlich, folgt es doch der Logik einer faktischen Sozialisierung betrieblicher Risiken auf Kosten der Beitragszahlergemeinschaft. (…) Und was kaum in der Berichterstattung auftaucht, sowohl im Krisenjahr 2009 als auch jetzt: Man kann die Arbeitgeber noch weiter entlasten, das kostet dann aber nicht nur die Beitragszahler Geld, sondern auch die Arbeitnehmer haben einen Preis zu zahlen, denn sie bekommen für die Zeit der Kurzarbeit nur einen Teil des bereinigten Arbeitseinkommens, die Differenz müssen sie in Form des nicht-kompensierten Verdienstausfalls selbst tragen…” Artikel vom 8. März 2020 von und bei Stefan Sell externer Link und dazu “Kurzarbeit und Corona” – Sonderseite beim Bund-Verlag externer Link und hier:
  • Koalition einigt sich auf Verlängerung beim Kurzarbeitergeld – und gewerkschaftliche Reaktionen New
    Das Kurzarbeitergeld soll wegen der Coronakrise bis Ende Dezember 2021 und damit auf 24 Monate verlängert werden. Das haben die Spitzen von Union und SPD beschlossen. Von Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer und Unternehmen können auch über das Jahresende hinaus mit Milliardenhilfen rechnen: Union und SPD haben sich auf die Verlängerung von finanziellen Hilfen in der Coronakrise verständigt. Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden vereinbarten am Dienstagabend nach über achtstündigen Verhandlungen im Kanzleramt, das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die Pläne bereits an diesem Mittwoch ins Bundeskabinett bringen. (…) Das Kurzarbeitergeld wird weiter auf 70 beziehungsweise 77 Prozent ab dem vierten Monat und auf 80 beziehungsweise 87 Prozent ab dem siebten Monat erhöht. Diese Regeln soll bis 31. Dezember 2021 für alle verlängert werden, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist…” Meldung vom 25.08.2020 beim Spiegel online externer Link, siehe dazu:
    • [IG Metall] Regierung stärkt Kurzarbeit: Was Beschäftigte davon habenDie Regierungskoalition verbessert die Kurzarbeit und setzt dabei zahlreiche Forderungen der IG Metall um. Was die Beschlüsse für Beschäftigte bringen – und welche Probleme noch ungelöst sind. (…) „Gut, dass die Koalitionäre die Regelungen zur Bezugsdauer und Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld verlängert haben und dass es steuerliche Erleichterungen für die Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld gibt“, sagt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Nun gilt es sicherzustellen, dass die Beschlüsse des Koalitionsausschusses im parlamentarischen Verfahren nicht weiter verwässert und an einigen Stellen nachgeschärft werden.“ (…) Die IG Metall setzt sich für weitere Verbesserungen bei der Kurzarbeit ein. Es bleibt bei unserer Forderung: Aus dem Bezug von Kurzarbeitergeld und Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld dürfen keine steuerlichen Nachteile für Beschäftigte entstehen. Bislang drohen Steuernachzahlungen. Außerdem wollen wir die Bezugsdauer des Transferkurzarbeitergelds (Transfer-KuG) auf 24 Monate verlängern…” Detailierte Bewertung vom 26. August 2020 bei der IG Metall externer Link
    • [ver.di] Koalitionsausschuss verlängert Kurzarbeitergeld: voller Erfolg für Petition – rund 50.000 UnterschriftenDie Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Verständigung im Koalitionsausschuss auf eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis Ende 2021: „Damit haben Unternehmen und Beschäftigte Planungssicherheit. Besonders wichtig ist für viele Beschäftigte, dass die Aufstockung auf 80 bzw. 87 Prozent beibehalten wird. Dies ist gerade für Betroffene aus den zum Teil niedriger entlohnten Dienstleistungsbranchen existenziell“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke: „Der Durchbruch beim Kurzarbeitergeld ist ein voller Erfolg für die gemeinsame Petition von ver.di und NGG…“ ver.di-Meldung vom 26.08.2020 externer Link
    • [DGB] Verlängerung Kurzarbeitergeld: Wichtiges Signal für Beschäftigte“Der DGB begrüßt die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. Dazu der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann: “Gut, dass sich der Koalitionsausschuss auf eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes verständigt hat. Das ist ein wichtiges Signal für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. Die im Koalitionsausschuss beschlossene Verlängerung mit den vereinfachten Zugangsregelungen dient der weiteren Stabilisierung des Arbeitsmarktes und der Sicherung zahlreicher Arbeitsplätze. So bleibt für die betroffenen Unternehmen und ihre Beschäftigten in der Krise weiterhin die Brücke in bessere Zeiten bestehen. Das alles ist auch ein Erfolg der Gewerkschaften, denn dafür haben wir uns in den letzten Wochen gezielt eingesetzt. Positiv ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch, dass Arbeitsminister Heil die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 87 Prozent verteidigt hat. Das gibt Planungssicherung und federt soziale Härten ab. Ebenso bleiben die derzeit geltenden Steuererleichterungen für tarifvertraglich geregelte Arbeitgeberzuschüsse auf das Kurzarbeitergeld auch im nächsten Jahr erhalten. Nun kommt es darauf an, den Pandemieverlauf und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt weiterhin genau zu beobachten und immer wieder neu zu bewerten, um sich spätestens im Sommer nächsten Jahres auf eine weitere Verlängerung der Maßnahme zu verständigen. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben ein wachsames Auge darauf, dass bei Bedarf frühzeitig nachgebessert wird…” DGB-Pressemitteilung PM 051 vom 26. August 2020 externer Link
    • Trotz aller verständlichen Begeisterung sei daran erinnert, dass selbst betriebsbedingte Kündigungen trotz Kurzarbeit grundsätzlich möglich sind, Kurzarbeit also nicht unbedingt vor Kündigung schützt. Wer sich zur aktuellen Rechtslage dazu informieren möchte, findet bei Petra Geißinger in MKG 4/2020, S.4-6 externer Link  alles Wichtige.
  • Online-Petition: ver.di und NGG kämpfen für Verlängerung des Kurzarbeitergeldes – Aufstockung muss erhalten bleiben / Was die IG Metall jetzt fordert: 100 Prozent steuerfrei und mindestens bis 2023 – Onlinepetition 
    • ver.di-Online-Petition: Kurzarbeitergeld auf 24 Monate verlängern!Über sechs Millionen Beschäftigte befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Allein in den Dienstleistungsbranchen – etwa im Luftverkehr, im Tourismus, im Hotel- und Gaststättengewerbe, in Kultureinrichtungen oder in der Veranstaltungswirtschaft – bangen unsere Kolleginnen und Kollegen um ihre wirtschaftliche Existenz. In diesen Tagen berät die Bundesregierung über die Weiterführung der coronabedingten Kurzarbeitsregeln und der aktuell geltenden Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. In vielen Branchen ist die Krise noch nicht ausgestanden! Wir fordern daher: Das Kurzarbeitergeld muss bis Ende 2021 verlängert werden. Die Aufstockung und deren Befreiung von der Steuer darf nicht zur Disposition gestellt werden, sonst werden ab Anfang kommenden Jahres Geringverdienende nicht mehr über die Runden kommen!...” Appell zum Mitzeichnen externer Link an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Bundesfinanzminister Olaf Scholz Bundesarbeitsminister Hubertus Heil SPD Parteivorsitzende Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans CDU Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer CSU Parteivorsitzender Markus Söder CDU/CSU Fraktionsvorsitzender Ralf Brinkhaus SPD Fraktionsvorsitzender Dr. Rolf Mützenich
    • Was die IG Metall jetzt fordert: So verbessern wir die Kurzarbeit [100 Prozent steuerfrei und mindestens bis 2023]Kurzarbeit sichert Millionen Arbeitsplätze. Doch sie hat Schwachstellen: zu kurze Laufzeit, zu wenig Qualifizierung, drohende Steuernachzahlungen. Wie wir die Kurzarbeit verbessern wollen und was Beschäftigte davon haben. (…) 100 Prozent steuerfrei: Die IG Metall fordert hier eine Lösung von der Regierung. Wer Kurzarbeitergeld bezieht, soll nicht auch noch durch Nachzahlungen steuerlich benachteiligt werden. Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld sollen zu 100 Prozent steuerfrei sein. Solche Zuschüsse haben die IG Metall und ihre Betriebsräte in vielen Betrieben ausgehandelt externer Link. Und wir wollen weitere Verbesserungen bei der Kurzarbeit erreichen. Nach aktuellem Stand stockt die Bundesagentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld nur bis Jahresende auf. Die IG Metall fordert daher zumindest Übergangsregelungen für die Beschäftigten, die 2020 in Kurzarbeit gehen beziehungsweise gingen: Sie sollen die derzeit geltenden Aufzahlungen externer Link auch über das Jahr hinaus, während der gesamten Dauer ihrer Kurzarbeit erhalten. Mit am drängendsten ist die Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes – die liegt gesetzlich derzeit bei zwölf Monaten. Doch die Coronakrise ist längst nicht überwunden. Und die Herausforderungen durch die Digitalisierung und die Umstellung der Industrie auf neue, umweltfreundliche Energie, Geschäftsmodelle, Produktionsweisen und Produkte machen auch vor Corona nicht Halt. Die Regierung sollte den Bezugszeitraum daher generell auf 24 Monate verlängern, mindestens aber bis 2023. Auch die gesenkten Zugangshürden zur Kurzarbeit sollte die Regierung mindestens bis 2023 verlängern…” IG Metall-Meldung vom 21. August 2020 externer Link und dazu:
      • Onlinepetition: Jetzt abstimmen – Kurzarbeit verbessern!
        Kurzarbeit sichert in der Corona-Krise Beschäftigung. Damit das so bleibt, machen wir gemeinsam Druck. Hier kannst Du abstimmen – für ein besseres und gerechteres Kurzarbeitergeld. (…) Was wir gemeinsam erreichen wollen: Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds auf 24 Monate verlängern; Erleichterungen beim Zugang zur Kurzarbeit verlängern; Kurzarbeit mit Qualifizierung der Beschäftigten verbinden; Übergangsregelungen schaffen: Damit Beschäftigte, die 2020 in Kurzarbeit gehen bzw. gingen, die derzeit geltenden Aufzahlungen während der gesamten Dauer ihrer Kurzarbeit erhalten. Und: Alle Arbeitgeberzuschüsse bei Arbeitszeitabsenkung steuerfrei stellen; Keine finanziellen Nachteile durch Steuernachzahlungen für Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld oder entsprechende Zuschüsse beziehen; Transferkurzarbeit zukunftsfest machen…” IG Metall-Meldung vom 24. August 2020 externer Link zur Onlinepetition externer Link
  • Darf Urlaub bei Kurzarbeit gekürzt werden? Ist eine Kürzung des Urlaubsanspruchs rechtens, wenn Mitarbeiter wegen Corona in Kurzarbeit sind? DGB und Gewerkschaften sagen: nein.
    “… Die Arbeitgeber berufen sich bei ihrer Position, dass Urlaubskürzung aufgrund der Kurzarbeit zulässig seien, auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Tatsächlich gibt es Urteile des EuGH, die besagen, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit nicht gegen europäisches Recht verstoße. (…)In einer rechtlichen Bewertung (…) sagen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften: Die Argumentation und die Grundsätze, die der EuGH in den entsprechenden Urteilen nennt, lassen sich auf “Fälle konjunkturbedingter Kurzarbeit”, wie sie aufgrund der Corona-Krise derzeit in Deutschland vorherrschen, nicht übertragen. Außerdem habe der Europäische Gerichtshof lediglich “Mindestvorgaben” definiert. Die EU-Mitgliedstaaten können von diesen “Mindestvorgaben” zugunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abweichen. Das hat der EuGH in Bezug auf die Urlaubsansprüche bei Kurzarbeit ausdrücklich bestätigt. (…) Hier kommen DGB und Gewerkschaften in ihrer Bewertung zu dem Schluss: Dem Bundesurlaubsgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit zulässig ist. (…) Der EuGH entwickelte seine Rechtsprechung zur Berechnung von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit auf Grundlage einer “Sonderkonstellation” mit einer von vornherein planbaren und frei gestaltbaren Freistellung. Die Planbarkeit und freie Zeitgestaltung sind bei der konjunkturbedingten Kurzarbeit während der Corona-Krise in der Regel aber nicht gegeben und die Grundsätze des EuGH somit nicht übertragbar…” DGB-Rechtsinfo vom 13. Juli 2020 mit Link zur ausführlichen, 4-seitigen Rechtsbewertung vom 29. Juni 2020 externer Link
  • AKTUALISIERT: Corona und Kurzarbeit / Informationen für Beschäftigte aus Tschechien und Polen in deutscher, tschechischer und polnischer Sprache 
    • AKTUALISIERT: Corona und Kurzarbeit: Was ArbeitnehmerInnen und Betriebsräte wissen müssenAb dem 15. Mai gibt es den aktualisierten Ratgeber zur Kurzarbeit mit einigen Neuerungen. Unter anderem neu sind die Punkte Bezugsdauer und Besteuerung: Bezugsdauer: Grundsätzlich beträgt die Bezugsdauer 12 Monate, wurde aber für Beschäftigte, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2019 entstanden ist, auf bis zu 21 Monate, längsten bis zum 31. Dezember 2020 verlängert. Besteuerung: Neu ist, dass die durch Arbeitgeber gezahlte Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bis zu einer Höhe von 80 Prozent des Gehalts steuerfrei bleiben und nicht mehr wie bisher als steuerpflichtiger Arbeitslohn gelten. Die neuen Regelungen zur Kurzarbeit gelten rückwirkend ab dem 1. März 2020 und sind vorerst befristet bis voraussichtlich 31.12.2020…” DGB-Ratgeber vom 15.05.2020 externer Link, siehe auch:
    • Informationen zur KurzarbeitZur Kurzarbeit gibt es viele Fragen. Antworten und Informationen stellen der DGB, die Gewerkschaften und die Arbeitsverwaltungen zur Verfügung. In diesem Artikel haben wir sie zusammengefügt. Neben dem kurzen FAQ ist unten eine umfassende Linkliste zu konkreten Informationen des DGB Bundesvorstandes und der Gewerkschaften zu finden. Ausführliche und wichtige Informationen zum Kurzarbeitergeld und ergänzenden Leistungen gibt es auf der Seite der Regionaldirektion Sachsen der Bundsagentur für Arbeit externer Link sowie im FAQ der Bundesagentur für Arbeit externer Link ...” Info des DGB Sachsen externer Link
    • Informationen für Beschäftigte aus Tschechien und Polen in deutscher, tschechischer und polnischer Sprache beim DGB Sachsen externer Link
  • Die Kurzarbeit explodiert – doch Brüssel liefert nicht 
    “Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise werden immer deutlicher: Ende April waren bereits mehr als 50 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Doch das eigens dafür geschaffene EU-Programme SURE lässt auf sich warten. Allein in den 27 EU-Staaten wurde für rund 42 Millionen Menschen Kurzarbeit beantragt, wie aus einer gemeinsamen Studie der Hans-Böckler-Stiftung und des Europäischen Gewerkschaftsinstituts in Brüssel hervorgeht. Das entspreche knapp 27 Prozent aller Beschäftigten. (…) Zum Glück sorgt die EU für schnelle Hilfe, könnte man meinen. Schließlich hatte der Gipfel Ende April ein SURE genanntes Programm auf den Weg gebracht, das Kurzarbeitergeld in allen EU-Ländern sichern soll. Doch nun ist nicht mehr sicher, ob und wann SURE kommt. Denn bei den Beratungen im Ministerrat gibt es Probleme mit der Finanzierung. Die EU-Kommission will sich für SURE verschulden, doch das passt nicht allen Mitgliedsstaaten. Wie man in Brüssel hört, steht auch Deutschland auf der Bremse. Wenn der Streit nicht bald gelöst wird, könnte SURE erst im September starten, unter deutschem EU-Vorsitz – aber viel zu spät für viele betroffene Arbeitnehmer…” Meldung von und bei Lost in Europe vom 12. Mai 2020 externer Link
  • Mindestdtandards für faire KurzarbeitKurzarbeit hat sich in Europa zur Bewältigung der Corona-Krise als Alternative zu Entlassungen breit durchgesetzt. Wie sind Kurzarbeiter*innen abgesichert? Wie sollten Regelungen für effiziente und existenzsichernde Kurzarbeit aussehen?” ETUI Policy Brief von Torsten Müller und Thorsten Schulten externer Link
  • Geringverdiener kommen beim Kurzarbeitergeld am Schlechtesten weg / Wie die Kapitalisten bei Kurzarbeit ihren Schnitt machen 
    • Geringverdiener kommen beim Kurzarbeitergeld am Schlechtesten weg“… Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat auf 70 beziehungsweise 77 Prozent des Nettolohnverlusts aufzustocken. Berechnungen von Lorenz Jarass von der Hochschule Rhein-Main zeigen jedoch, dass gut verdienende Angestellte in Kurzarbeit bereits jetzt auf Ersatzraten für den Nettoverdienst-Ausfall von 80 Prozent kommen können – wenn man Steuereffekte einrechnet, die bei der Jahressteuererklärung auftreten. Bei Geringverdienern treten solche Effekte dagegen kaum auf. Der Fachaufsatz soll im Mai in der Zeitschrift „Der Betriebsberater“ erscheinen. (…) Für seinen Aufsatz hat Jarass die effektiven Nettolohn-Ersatzraten für Kurzarbeit von 100 Prozent ausgerechnet, wenn also gar nicht gearbeitet wird. Und das für einen Zeitraum von einem, drei und sechs Monaten, für Alleinstehende mit und ohne Kind sowie für Verheiratete mit Kind, die entweder Alleinverdienende sind, oder einen gleich gut verdienenden, mit ihnen zusammen veranlagten Partner haben. (…) Am höchsten sind nach seinen Berechnungen die Ersatzraten für die oberste Einkommensgruppe. Verheiratete mit Kind mit einem Bruttomonatseinkommen von 6000 Euro und einem Partner, der gleich viel verdient, kommen bei einem Monat Kurzarbeit auf eine Ersatzrate von 81 Prozent. Bei sechs Monaten sind es noch 79 Prozent. Am niedrigsten sind die Ersatzraten für Geringverdiener. Alleinverdiener mit Kind mit einem Bruttomonatseinkommen von 2000 Euro bekommen unabhängig von der Dauer der Kurzarbeit nur den Standardsatz von 67 Prozent des Nettolohn-Verlusts ausgeglichen, da bei ihnen keine günstigen Steuereffekte auftreten. Geringverdienende Alleinstehende ohne Kind bekommen einen ähnlichen hohen Ausgleichssatz, obwohl ihr Standardsatz nur bei 60 Prozent liegt…” Beitrag von Norbert Häring vom 24. April 2020 beim Handelsblatt online externer Link
    • Wie die Kapitalisten bei Kurzarbeit ihren Schnitt machenIch mache gerade das erste Mal in meinem Leben Erfahrung mit Kurzarbeit und wie der Unternehmer versucht auch daraus Profit zu schlagen. Zum 01.04. wurde bei uns im Betrieb Kurzarbeit beantragt. Die Führungskräfte kommen mit klaren Anweisungen um die Ecke. So sollen die ArbeiterInnen mit einer Personalstärke von 30% weiter arbeiten, während der Arbeitsaufwand bei ca. 65% liegt. Dazu kommt, dass zu den 30% die Urlauber voll rein gerechnet werden. Es gab keinen, der das nur im Ansatz kritisierte. Nur ich habe allen vorgerechnet was bei dieser Planung nicht stimmt. Die Antwort des Geschäftsführers war, wir müssen das so machen und er stellt den Erhalt der Firma in den Vordergrund. Es gibt jetzt wieder die Kollegen, die wieder mal versuchen alles rauszuholen was geht und damit den Schnitt kaputt machen. Ein Kollege stellte fest, dass er jetzt den selben Umfang an Arbeit macht, obwohl er zwei Stunden weniger da ist. In meinem Bereich sind wir uns jetzt einig, dass wir die Arbeit liegen lassen und nur noch das machen was wir vorher auch machten. (…) Kurzarbeit triff jetzt alle Bereiche im Betrieb und das führt dazu, dass die Kollegen kaum noch zusammen kommen, da ein Teil zuhause ist und der andere Teil zu unterschiedlichen Zeiten arbeitet. Da ist es mit Austausch untereinander schwieriger. Die Arbeit wurde in der Produktion soweit verdichtet, dass nicht mehr alles abgearbeitet werden kann. Heißt, es gibt keine Ruhepause und stresst etwas. Was keiner offen tut, ist das System in Frage zustellen und es herrscht dir Hoffnung das es bald wieder „normal“ weiter geht…” Bericht von H.S., Medizintechnischer Betrieb (Norddeutschland) am 20.4.2020 bei Jour Fixe der Gewerkschaftslinke Hamburg externer Link
  • Anhebung des Kurzarbeitergeldes zu spät und nicht rückwirkend – ver.di und DGB begrüssen den Kompromiss 
    • Deal auf Kosten der BedürftigenVor vier Wochen bewies die Bundesregierung, was sie alles kann, wenn sie nur will. In Windeseile wurde ein milliardenschweres Hilfspaket für die Wirtschaft geschnürt. Es blieb aber der schale Beigeschmack, dass mal wieder hauptsächlich die Unternehmen gerettet werden, während Angestellte, die wegen des Corona-Shutdowns in Kurzarbeit verschoben wurden, leer ausgingen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat erkannt, dass diese Schieflage nicht gut ankommt, und auf eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes gedrängt. Die hat er jetzt bekommen, doch was bei dem Koalitionsbeschluss herauskam, hilft vermutlich keinem, der wirklich auf höheres Kurzarbeitergeld angewiesen ist. Erst ab dem vierten Monat gibt es statt 60 Prozent des Nettoverdiensts 70 Prozent. Vermutlich hofft die Union, die gegen eine Erhöhung war, dass dann die meisten Betriebe ihre Produktion wieder hochgefahren haben. Doch in der Zwischenzeit müssen die Menschen weiterhin ihre Rechnungen zahlen. Miete, Lebensmittel und Versicherungen werden wegen Corona nicht billiger. Besonders beschämend ist jedoch, dass kein Mindestkurzarbeitergeld eingeführt wurde, wie es im Gespräch war. Das hätte vor allem Menschen im Niedriglohnsektor geholfen, die jetzt wegen der Pandemie in Kurzarbeit sind…” Kommentar von Simon Poelchau vom 24.04.2020 in ND online externer Link über die geringe Anhebung des Kurzarbeitergeldes – dem wir uns anschließen. Siehe dazu weiteren Kommentar sowie ver.di und DGB:
    • Sozialpolitik in der BRD: Die Ärmsten vergessenNeues Hilfspaket für Kurzarbeiter, Firmen, Schüler und die Gastronomie: Linkspartei und Sozialverband warnen vor weiterer sozialer Spaltung…” Artikel von Susan Bonath in der jungen Welt vom 24.04.2020 externer Link
    • Kurzarbeitergeld steigt: ver.di begrüßt Kompromiss“„Der jetzt gefundene Kompromiss ist ein Erfolg der gewerkschaftlichen Bemühungen um eine Anhebung des Kurzarbeitsgelds. Es ist gelungen, gegen den Widerstand in der Union und leider auch den meisten Arbeitgeberverbänden eine Erhöhung durchzusetzen“, so der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke zur Verständigung in der Großen Koalition über eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Am späten Mittwochabend hatte sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung neben weiteren Maßnahmen zur wirtschaftlichen Bewältigung der Covid-19-Pandemie auch auf eine schrittweise Anhebung des Kurzarbeitergeldes verständigt. Die Einigung sieht vor, dass die Betroffenen, die Corona-Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit erhalten, vom vierten Monat an ihr Kurzarbeitergeld auf 70 Prozent (77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent (87 Prozent) erhöht bekommen. (…) Kritisch anzumerken sei jedoch, dass die Erhöhung erst ab dem vierten Monat einsetze und dann auch nur auf 70 bzw. 77 Prozent: „Das geht an der Wirklichkeit vieler Beschäftigter mit Kurzarbeit in Dienstleistungsbranchen mit niedrigen Einkommen und einem hohen Anteil an Teilzeitarbeit weitgehend vorbei“, betont der ver.di-Vorsitzende und fordert: „Da, wo das noch nicht geschehen ist, sind daher auch die Betriebe in der Verantwortung, das Kurzarbeitsgeld durch tarifvertragliche Regelungen aufzustocken.“” ver.di-PM vom 23. April 2020 externer Link, ähnlich der DGB:
    • Koalitionsgipfel zu Covid 19: DGB begrüßt den hart errungenen Kompromiss der Koalition zur Kurzarbeit“„Angesichts des massiven Widerstands der Union und der Arbeitgeber sind die Ergebnisse zur Anhebung des Kurzarbeitergeldes (KUG) ein Erfolg, für den sich die Gewerkschaften in den letzten Wochen stark gemacht haben“, sagt der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Donnerstag in Berlin. „Es ist gut, dass die Aufstockung für alle von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt, sofern die Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert wird. Damit werden die Einkommensverluste der Beschäftigten in dieser schwierigen Zeit deutlich besser abgefedert. Lediglich ein Mindestkurzarbeitergeld, wie vom Arbeitnehmerflügel der Union vorgeschlagen, wäre für viele Facharbeiter keine Lösung gewesen. Ein Wermutstropfen ist für den DGB, dass die Erhöhung nicht bereits ab Mai erfolgt. Daher bleiben die Arbeitgeber weiterhin gefordert, ihren Beschäftigten – wie in vielen Tarifverträgen geregelt – einen Aufschlag auf mindestens 80 Prozent zu gewähren. Das ist nicht nur sozial gerecht, sondern auch wirtschaftlich vernünftig, denn es wird wesentlich zur Stabilisierung der Nachfrage beitragen.“ (…)  Weiterhin brauchen wir dringend eine Lösung für Beschäftigte, die aufgrund fehlender Kinderbetreuung unter Verdienstausfällen leiden…” DGB-PM vom 23.04.2020 externer Link
  • Linke fordert 100 Prozent Kurzarbeitergeld für Mindestlohn-Beschäftigte / [Zielgruppe der IGM betroffen] Kurzarbeit trifft auch Facharbeiter mit Tarif – IG Metall macht Druck für mehr Kurzarbeitergeld 
    • Linke fordert 100 Prozent Kurzarbeitergeld für Mindestlohn-BeschäftigteDie Linke im Bundestag fordert beim Kurzarbeitergeld in der Coronakrise eine deutliche Aufstockung mit Blick auf Geringverdiener und Beschäftigte in Teilzeit und befristeten Jobs. »In der jetzigen Krisen-Situation und dem explosionsartigen Anstieg von Kurzarbeit sind besonders diese Menschen in existenziellen Schwierigkeiten« externer Link, sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Zimmermann, der Deutschen Presse-Agentur. Wie eine Auswertung von Daten des Europäischen Statistikamts Eurostat durch die Linken-Abgeordnete zeigt, waren 2018 17,8 Prozent der Arbeitnehmer mit einer befristeten Arbeitsstelle von Armut bedroht. Die Quote sei damit mehr als doppelt so hoch gewesen wie bei Arbeitnehmern mit einer unbefristeten Arbeitsstelle (7,1 Prozent). Bei Teilzeitbeschäftigten lag sie bei 14,3 Prozent im Gegensatz zu 6,3 Prozent bei Vollzeitbeschäftigten. Das staatliche Kurzarbeitergeld müsste nach Ansicht der Linken von derzeit maximal 67 Prozent auf 90 Prozent des Nettogehalts und für Beschäftigte, die nur Mindestlohn verdienen, auf 100 Prozent angehoben werden. »Die Bundesregierung muss verhindern, dass Millionen Beschäftigte in dieser Krise zum Sozialfall werden«, sagte Zimmermann. Über einen Antrag der Linksfraktion zum Kurzarbeitergeld wird an diesem Mittwoch im Bundestag debattiert...” Agenturmeldung vom 22.04.2020 beim ND online externer Link – dass die Arbeitgeberseite und ihre Presse dagegen schießen, muss an dieser Stelle nicht dokumentiert werden…
    • [Zielgruppe der IGM betroffen] Kurzarbeit trifft auch Facharbeiter mit Tarif – IG Metall macht Druck für mehr KurzarbeitergeldKurzarbeit bedeutet bis zu 40 Prozent weniger Geld, heißt es. Doch tatsächlich sind typische Metall-Beschäftigte, nämlich Facharbeiter in Schichtarbeit, noch stärker betroffen: Ihre Schichtzulagen werden beim Kurzarbeitergeld nicht eingerechnet. Die IG Metall macht Druck für mehr Kurzarbeitergeld. (…) In vielen weiteren Unternehmen haben IG Metall und Betriebsräte mehr Geld in der Kurzarbeit durchgesetzt – in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. Einige Tarifverträge, etwa in der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg oder im Kfz-Handwerk Niedersachsen und Bayern, sichern 90 Prozent und mehr vom Netto. Gut 60 Prozent der Betriebe im Organisationsbereich der IG Metall haben eine Regelung zur Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld. In 40 Prozent der Betriebe jedoch gibt es nichts. In anderen Branchen außerhalb des Organisationsbereichs der IG Metall sieht es noch schlechter aus. Daher fordert die IG Metall mehr Kurzarbeitergeld von Arbeitgebern und Politik – und führt dazu seit Wochen Gespräche in Berlin. Immerhin: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat jetzt den Vorschlag der Gewerkschaften aufgenommen und will das gesetzliche Kurzarbeitergeld auf mindestens 80 Prozent des normalen Nettos erhöhen. Die Debatten laufen.” IGM-Meldung vom 21.4.2020 externer Link
    • [HBS] Drei Monate durchhalten – Pandemie vergrößert Ungleichheiten 
      Die Corona-Krise in Deutschland macht sehr deutlich, wie unterschiedlich Beschäftigte in beruflich und wirtschaftlich schwierigen Situationen abgesichert sind oder auf unterstützende Regeln vertrauen können. Das gilt beispielsweise bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes oder der Organisation von mobiler Arbeit und Homeoffice. Durch die Pandemie können sich bestehende Ungleichheiten am deutschen Arbeitsmarkt verschärfen – etwa zwischen höher und niedriger bezahlten Beschäftigtengruppen, aber auch zwischen den Geschlechtern. Generell sind Beschäftigte mit niedrigeren Einkommen, in Betrieben ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat sowie Frauen derzeit überproportional belastet. Das zeigen erste Ergebnisse einer neuen Online-Befragung, für die im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung 7.677 Erwerbstätige interviewt wurden. Die von Kantar Deutschland durchgeführte Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. 94 Prozent der Befragten unterstützen die Forderung nach besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in „systemrelevanten“ Berufen wie Pflege oder Einzelhandel. „Bestimmte gesellschaftliche Gruppen sind vor den Auswirkungen der Krise schlechter geschützt als andere. Das kann langfristig negative Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft haben“, warnt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch. Die Soziologin an der Universität Paderborn und designierte Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hat die neue Befragung ausgewertet. 74 Prozent der Befragten äußern Sorgen um den sozialen Zusammenhalt in Deutschland, 70 Prozent sorgen sich um ihre eigene wirtschaftliche Situation. Diese Sorgen sind in den unteren Einkommensgruppen stärker ausgeprägt. (…) 14 Prozent der zwischen dem 3. und dem 14. April Befragten in abhängiger Beschäftigung gaben an, momentan in Kurzarbeit zu sein. Rechnet man diese Zahl auf die Gesamtzahl der Beschäftigten hoch, entspräche dies ca. 4 Millionen Beschäftigter, die momentan in Kurzarbeit sind. Beschäftigte in niedrigeren Einkommensgruppen sind häufiger in Kurzarbeit als Arbeitnehmer mit höherem Einkommen, zeigt die Auswertung der Befragungsdaten durch Bettina Kohlrausch. Von den Befragten in Kurzarbeit erklärt rund ein Drittel (32 Prozent), dass ihr Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstocke, gut die Hälfte (52 Prozent) berichtet hingegen, es gebe in ihrem Betrieb keine Aufstockung, der Rest konnte das (noch) nicht sagen. Personen, die in einem Unternehmen mit Tarifvertrag arbeiten, erhalten nach der Umfrage mehr als doppelt so häufig (45 Prozent) eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes wie Personen, die nicht nach einem Tarifvertrag bezahlt werden (19 Prozent). Eine aktuelle Übersicht des WSI zeigt, dass die DGB-Gewerkschaften derzeit in knapp zwei Dutzend Branchen und Großbetrieben tarifvertraglich Aufstockungszahlungen vereinbart haben…” HBS-Pressemitteilung vom 21.04.2020 externer Link
  • Corona-Krise: Millionen in Kurzarbeit“„Rettungspakete schnüren“ ist eine beliebte Phrase der Corona-Berichterstattung geworden. Man hat den Eindruck, dass jetzt alle gerettet werden: große Firmen und KleinunternehmerInnen, Scheinselbstständige und auch die Beschäftigten. Wer wird da wie gerettet und wer bezahlt das genau? Hat das was mit Corona zu tun oder mit Klassenkampf? Wer zahlt die Kurzarbeit? Das KurzarbeiterInnengeld stammt nicht aus Steuern – im Unterschied zu den Milliarden, die jetzt direkt an Unternehmen aller Art fließen –, sondern aus der Arbeitslosenversicherung. Es wurde von allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen eingezahlt. Die Corona-Kurzarbeitswelle wird definitiv ein Riesenloch in diese Kasse reißen. Schon Ende März haben fast eine halbe Million Firmen Anträge auf Kurzarbeit gestellt – viel mehr als bei der großen Krise 2009, als auf deren Höhepunkt 1,4 Millionen Menschen in Kurzarbeit standen.Die aktuelle Entwicklung stellt diese Zahlen längst in den Schatten. Laut Agentur für Arbeit hat mittlerweile jedes dritte dazu berechtigte Unternehmen Antrag auf Kurzarbeit gestellt. Einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge dürfte die Zahl der KurzarbeiterInnen mittlerweile mehr als 4 Millionen betragen (…)Später könnte es zwar einen Ausgleich aus Steuermitteln geben, den gab es bisher auch schon öfters. Es gab aber auch das Umgekehrte, nämlich dass Gelder aus der Arbeitslosenversicherung an den Bundeshaushalt gingen. Aber es gibt bisher keine Aussagen, wie das Loch finanziert werden soll. Da können Beitragserhöhungen für die Beschäftigten kommen oder Kürzungen von Leistungen. Die Beschäftigten finanzieren ihre Kurzarbeit in jedem Falle überwiegend selbst. Formal zahlen auch die Unternehmen. Der gleiche Betrag, der den Beschäftigten auf der Lohnabrechnung abgezogen wird, wird auch vom Unternehmen noch einmal überwiesen. Aber in der Gewinn- und Verlustrechnung der KapitalistInnen steht immer beides unter „Lohnkosten“ – das Brutto, von dem die Sozialversicherung gezahlt wird, und die sogenannten Arbeit„geber“Innenbeiträge. Eine reine Verschleierung also, mit der immer begründet werden kann, wenn Beiträge der Arbeitenden wieder den UnternehmerInnen zugeschanzt werden sollen, was zum Beispiel auch als „Lohnkostenzuschuss“ bei Langzeitarbeitslosen geschieht. Das KurzarbeiterInnengeld wird nicht direkt von der Bundesagentur ausbezahlt, sondern an die Unternehmen, die es wiederum an die Beschäftigten weitergeben. Was der Bundestag jetzt wirklich anderes beschlossen hat, ist, dass die Unternehmen nicht nur das KurzarbeiterInnengeld erstattet bekommen, sondern auch noch die Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung, die sie nach der bisherigen Rechtslage weiter zahlen mussten. Diese zusätzlichen Kosten werden jetzt also auch aus dem Topf der Gelder genommen, die die Beschäftigten bezahlt haben. Also ein weiterer Transfer in Richtung Kapital. (…) Neben der staatlich regulierten Kurzarbeit gibt es auch tariflich oder betrieblich geregelte Formen. Auch zu Beginn der Corona-Krise waren viele Beschäftigte offiziell ja gar nicht in Kurzarbeit, sondern mussten Stunden aus Zeitkonten („Plus-Stunden“, „Gut-Stunden“, manchmal auch „Überstunden“ genannt, was zu Verwechslung mit Mehrarbeit führen kann, die ausbezahlt wird) abbauen oder sogar ins Minus gehen. Das bedeutete dann, dass sie keinen Lohnverlust erlitten, sondern erzwungene Freizeit nehmen mussten. Auch Urlaubsnahme auf Druck der Firma gab es. (…)  Dabei darf man aber all diejenigen nicht aus den Augen verlieren, die aus solchen Regelungen ganz herausfallen. Das sind heute geschätzt 30 bis 40 % der Beschäftigten: LeiharbeiterInnen, die nach wie vor einfach von den Entleihfirmen „abgemeldet“ und von den Verleihfirmen entlassen werden. Leute im Niedriglohnbereich, die zwar auch Sozialbeiträge bezahlen, deren KurzarbeiterInnengeld, wenn sie es kriegen, aber meist weit unter Hartz IV liegen würde. Scheinselbstständige und Solo-UnternehmerInnen, die niemand ausbeuten und durch so gut wie nichts gesichert sind. Der ganze graue und schwarze Arbeitsmarkt: Es wird viel über die armen Bauern/Bäuerinnen geredet, die keine SaisonarbeiterInnen holen dürfen. Wer redet von den SaisonarbeiterInnen, deren Einkommen entfällt, die davon das ganze Jahr leben müssen? Oder den illegalen Pflegekräften in Familien, von denen 90 % „illegale“ EU-AusländerInnen sind? In diesem Bereich arbeiten geschätzt 3–4 Millionen Menschen. Auch wenn in vielen dieser Arbeitsverhältnisse (Leiharbeit, Niedriglohn, Saisonarbeit) auch Beiträge in die Sozialversicherung bezahlt werden, fallen die meisten Betroffenen durch alle Rettungsringe durch, außer vielleicht in Einzelfällen die Selbstständigen. Wem nützt die Kurzarbeit? Natürlich den Unternehmen. Die können durch Kurzarbeit und die flexiblen Arbeitszeitmodelle ihre Personaldecke ganz wunderbar an die Auftragslage anpassen. Kündigungsschutz und lange Kündigungsfristen verhindern zwar, dass es in Deutschland so wie in den USA läuft, dass die Leute einfach von jetzt auf nun entlassen werden, aber durch die Kurzarbeitregelung zahlen sie es zum ganz großen Teil selbst. Die Rettungspakete helfen also sehr eindeutig vor allem der „Wirtschaft“ oder genauer dem Kapital. (…) Für alle vom Kapital und seiner Konkurrenz verursachten Probleme – verfehlte Produkte, Klimakatastrophe, Handelskriege und digitale Modernisierung – sollen also die Beschäftigten zahlen. Das alles galt bereits, bevor Corona zur Pandemie geriet. Seitdem hat sich die Lage für die Beschäftigten verschärft. (…)Wenn eine Firma z. B. 20 % Kosten sparen will, also Leute abbauen und Werke oder Abteilungen dichtmachen, wie geht sie jetzt vor? Sie beantragt in dem Werk, das sie dichtmachen will, 100 % Kurzarbeit, verlagert die Arbeit, und macht das Werk gar nicht erst wieder auf. Bei den Angestellten und FacharbeiterInnen, bei denen sie einen Teilabbau will, wird sie einen Teil der Leute arbeiten lassen und die „low performer“, wie Manager sie nennen, so lange wie möglich in 100 % Kurzarbeit lassen. Richtig mürbe machen, richtig die Belegschaft spalten. „Alle gemeinsam durch die Krise“? Von wegen! Sie wollen die Beschäftigten zahlen lassen und ihre Taktik ist dabei immer zu spalten. Das haben sie vorher getan, das tun sie jetzt wieder. Das geht auch international: Es gibt schon jetzt Konzerne, die haben in Europa dicht – aber produzieren in China und Japan, Brasilien oder Mexiko. Da können Betriebsräte übrigens etwas tun: Kurzarbeit findet nur statt, wenn die Betriebsräte mitmachen. (…) Kurzarbeit, haben wir gesehen, ist eine Regelung, die komplett von Sozialpartnerschaft geprägt ist. Es wird so getan, als sei sie genauso im Interesse der AusbeuterInnen wie der Ausgebeuteten. Teil eines „Schutzschirms für die Betriebe und die Beschäftigten“, wie Hofmann sagt. Es wird geradezu verschleiert, wer eigentlich zahlt, und wem sie eigentlich nützt, wird nicht diskutiert. Für Betriebsräte und Gewerkschaften ist es ein Regelungsinstrument, für die Unternehmen die Fortsetzung der Ausbeutung mit anderen Mitteln. Natürlich soll damit – wie mit allen partnerschaftlichen Regelungen – Widerstand verhindert werden. Lieber Kurzarbeit statt Entlassung. Lieber Abfindung als gar nichts. Natürlich wird damit viel Eigeninitiative erstickt. „Mal schauen, was die wieder für uns geregelt haben“, sagte im Fernsehen ein VW-ler vorm Tor. Maximal schimpft man drüber, tut aber nichts. Kurzarbeit ist ein Beispiel, wie scheinbar im Interesse der Arbeitenden vorgegangen wird und tatsächliche Errungenschaften der ArbeiterInnenklasse durch die Sozialpartnerschaft und die Einbindung in den bürgerlichen Staat deformiert werden, ihren Sinn verlieren und sich gegen die Klasse richten. (…) Es wichtig zu verstehen, was hier abläuft: wie die ArbeiterInnenklasse betrogen wird und das nicht nur bei der Sozialversicherung; wie Betriebsräte und Gewerkschaften dabei mitmachen – oftmals mit dem kurzsichtigen, beschränkten Blick darauf, was „realistisch“ erscheint und was mit möglichst wenig Kampf gegen das Kapital „erreicht“ werden kann. Wie dadurch gerade die gewerkschaftlich besser organisierten und meist auch besser bezahlten Teile der Klasse teilweise befriedigt werden, meist auf Kosten von anderen Teilen. Wie erstere durch dieses „Uns geht es ja doch noch ein bisschen besser“ geradezu erzogen werden, ihre Privilegien zu verteidigen und unsolidarisch zu handeln. Was letztlich zu diesem bekannten Bild der ArbeiterInnenklasse in Deutschland als passiv und unsolidarisch führt. Mit diesem Verständnis ist es möglich, eine Strategie zu entwickeln, die die Errungenschaften der Klasse von dem Kleister der SozialpartnerInnenschaft befreit, zum Beispiel die Kurzarbeit nicht hinnimmt, sondern einerseits für die alleinige Kontrolle über die Arbeitslosenversicherung durch die Gewerkschaften eintritt und anderseits für eine Umverteilung der Arbeit auf alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich, was Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit im Kern bekämpft…” Artikel von Mattis Molde vom 21. April 2020 bei der Arbeiterinnenmacht externer Link
  • Die Kurzarbeit als Sicherheitsnetz gegen einen Absturz in die Arbeitslosigkeit – mit einigen Löchern / [WSI] Vorschläge zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes in der Corona-Krise 
    • [WSI] Vorschläge zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes in der Corona-Krise“… Für viele Beschäftigte in Kurzarbeit werden die Einkommensverluste so einschneidend sein, dass sie ohne ergänzende Sozialleistungen aus der Grundsicherung (Hartz IV) nicht über die Runden kommen. (…) Um einen durch die Kurzarbeit bedingten Anstieg von Hartz IV-Aufstocker*innen zu verhindern, wird mittlerweile als Alternative von verschiedenen politischen Akteuren eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes vorgeschlagen. (…) Um die Reichweite und Wirksamkeit der verschiedenen Vorschläge zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes abschätzen zu können, hat das WSI eine Modellrechnung durchgeführt, die zum einen unterschiedliche Erhöhungsstufen (70, 80 und 90 Prozent) berücksichtigt und innerhalb der Erhöhungsstufen zusätzlich noch den CDA-Vorschlag eines Mindest-Kurzarbeitergeldes von 1.200 Euro berücksichtigt. (…) Die WSI-Modellrechnung zeigt, dass viele Beschäftigte im Niedriglohnsektor von der Einführung eines Mindest-Kurzarbeitergeldes überdurchschnittlich stark profitieren würden. Bei Beschäftigten ohne Kinder gilt dies bei dem aktuell gültigen Kurzarbeitergeld von 60 Prozent bis zu einem Bruttomonatseinkommen von 3.000 Euro. Würde man das Kurzarbeitergeld auf 70 Prozent erhöhen, läge der Schwellenwert noch bei 2.500 Euro und bei einer Erhöhung auf 80 Prozent noch bei etwa 2.000 Euro. Erst bei einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent würden lediglich diejenigen Beschäftigten von einem Mindest-Kurzarbeitergeld profitieren, die den gesetzlichen Mindestlohn oder knapp darüber erhalten. Bei Beschäftigten mit Kindern würde der Effekt des Mindest-Kurzarbeitergeldes etwas geringer ausfallen, wäre jedoch insgesamt ähnlich. Insgesamt zeigt die WSI-Modellrechnung jedoch deutlich, dass eine alleinige Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 70 oder 80 Prozent des Nettoentgeltes für viele Beschäftigte im unteren Lohnsegment nicht ausreicht, um auf zusätzliche Leistungen der Grundsicherung verzichten zu können. Soll eine deutliche Zunahme der Zahl der Hartz IV-Aufstocker vermieden werden, so müssten entweder das Kurzarbeitergeld für alle Beschäftigten auf 90 Prozent angehoben werden, wie dies Die Linke vorschlägt, oder es müssten wie im Vorschlag von ver.di zumindest die unteren Einkommensgruppen bis zu einem Monatseinkommen von 2.500 Euro eine höheres Kurzarbeitergeld von 90 Prozent erhalten. Alternativ könnte in Ergänzung zu einer allgemeinen Erhöhung auch ein Mindest-Kurzarbeitergeld eingeführt werden, wie es von der CDA vorgeschlagen wird…” WSI-Berechnungen von Reinhard Bispinck und Thorsten Schulten vom 14. April 2020 externer Link
    • Die Kurzarbeit als Sicherheitsnetz gegen einen Absturz in die Arbeitslosigkeit – mit einigen Löchern“Von Mitte März bis in die erste April-Woche haben 650.000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet – mehr als zehn Mal so viel wie auf dem Höhepunkt der Finanz- und Weltwirtschaftskrise 2009. Das waren fast doppelt so viele Unternehmen wie im gesamten Zeitraum der Jahre von 2008 bis Februar 2020. (…) Mit Sicherheit werden wir eine weitaus höhere Zahl an Kurzarbeitern sehen als bei der bisherigen Rekord-Inanspruchnahme dieses Instruments im Krisenjahr 2009, da waren es in der Spitze 1,4 Millionen Menschen, im Jahresdurchschnitt gut 1,1 Million Kurzarbeiter. Die meisten davon aus den „klassischen“ Industrieunternehmen wie der Metall- und Elektroindustrie oder dem Maschinenbau. Das ist 2020 fundamental anders – und das erklärt auch die bis vor kurzem nicht vorstellbare Zahl an Betrieben, die Kurzarbeit angemeldet haben, denn nun sind durch den Shutdown vor allem die Dienstleistungsbranchen betroffen, die 2009 weiterhin ihren Geschäften nachgehen konnten und relativ ungeschoren davon gekommen sind, nun aber durch die Zwangsstilllegung von 100 auf Null ausgebremst wurden. Das trifft jetzt die besonders beschäftigungsintensiven Branchen unserer Volkswirtschaft. Beispielsweise Hotels und Gaststätten. Bei denen geht es um die Existenz und es ist derzeit angesichts der Unsicherheiten die Dauer des Shutdowns noch nicht annähernd absehbar, wie viele trotz aller Überbrückungshilfen am Ende vom Markt verschwinden werden müssen. Nun gab und gibt es sofort die Empfehlung, die arbeitsmarktpolitische Wunderwaffe der Kurzarbeit, die im Krisenjahr 2009 so gut funktioniert hat und einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern konnte, eben auch jetzt einzusetzen und auf einen gleichen Effekt wie 2009 zu hoffen, dass also nach einem tiefen, aber kurzen Sturz in einer zweiten Phase dann ein rasanter Nachhol- und damit verbunden Wachstumsprozess einsetzt, der die Verluste der Gegenwart in mehr oder weniger kurzer Frist wieder kompensieren wird. Das ist offensichtlich sowohl die Hoffnung der Wirtschaftsforscher, die das Frühjahrsgutachten 2020 erstellt haben wie auch der sogenannten „Wirtschaftsweisen“ in ihrem Sondergutachten 2020. Das kann so kommen und dann wäre das sicher die „beste“ Variante unter den schlechten Szenarien. Aber möglicherweise kommt es diesmal anders, eben weil sich der Shutdown durch die Bereiche der Volkswirtschaft gefressen hat und dort vor sich hin wütet, die bislang immer außen vor geblieben sind bei den letzten Krisen und denen anderes als Großunternehmen der Industrie in deutlich kürzerer Zeit das Licht abgedreht werden muss, weil ihnen zum einen bereits vor der Corona-Krise oftmals das Wasser bis zum Hals oder darüber hinaus stand und zum anderen: selbst wenn die Wirtschaft in absehbarer Zeit wieder (wahrscheinlich relativ sicher) schrittweise hochgefahren wird, dann werden viele dieser Dienstleister eben nicht das nachholen können, was in den vergangenen Wochen oder am Ende Monate unter Normalbedingungen bei ihnen konsumiert worden wäre. Anders gesprochen: Die Menschen werden bestimmt im Sommer (oder Herbst?) nicht all die ausgefallenen Restaurantbesuche der Corona-Zeit nachholen und ein Mehrfaches als existenzrettende Bestellung an die gebeutelten Gastronomen weiterreichen…” Beitrag von Stefan Sell vom 14. April 2020 auf seiner Homepage externer Link
  • Kurzarbeit zwischen arbeitsmarktpolitischer Wunderwaffe und der bangen Frage, ob es diesmal auch so läuft wie 2009“Die Corona-Pandemie wütet derzeit besonders heftig in den USA und die dort verhängten Maßnahmen schlagen ungebremst auf den Arbeitsmarkt durch, der noch vor wenigen Wochen in den allerhöchsten Tönen hinsichtlich der offiziellen Quantitäten gelobt wurde: So hatte die Zahl der Arbeitskräfte noch im Februar 2020 einen Höchststand von 164,6 Millionen Personen erreicht. Die offizielle Arbeitslosenquote wurde gleichzeitig mit sensationell niedrigen 3,5 Prozent ausgewiesen. Und wenige Wochen später muss man zur Kenntnis, dass nun fast jeder Zehnte in den USA ohne eine Erwerbsarbeit dasteht und dass der Arbeitsausfall bei den Unternehmen ohne irgendeine Abbremsung in die offene Arbeitslosigkeit geführt hat und diese weiter anschwellen lässt: So haben allein in den letzten drei Wochen mindestens 16 Millionen Menschen in den USA Arbeitslosenhilfe beantragt. (…) Nun wird mit Blick auf die USA immer wieder darauf hingewiesen, dass man dort neben anderen Besonderheiten eben auch nicht über so ein schlagkräftiges arbeitsmarktpolitisches Instrument wie die Kurzarbeit in Deutschland verfügen würde, so dass man einen Arbeitsausfall in den Unternehmen nicht entsprechend abfedern kann, so dass den Betrieben nur das schnelle Entlassen bleibt. In Deutschland hingegen würde das ganz anders aussehen. Allerdings, das sei hier gleich vorweggenommen, haben die USA und Deutschland eines gemeinsam: Dort wie hier gibt es eine erschreckende Grafik, die auf wirklich einmalige Vorgänge hindeuten. In den USA sind es die Millionen bisherigen Arbeitnehmer, die in die offene Arbeitslosigkeit gestoßen werden – bei uns in Deutschland ist es die Zahl an Unternehmen, die sich unter das Dach der Kurzarbeit zu retten versuchen. (…) Und ein überaus gewichtiger Unterschied zu den Erfahrungen, die wir 2009 mit dem Instrument der Kurzarbeit gesammelt haben, sei hier hervorgehoben: Damals befanden sich vor allem die großen, exportorientierten Industrieunternehmen in einer ausgeprägten Schieflage und durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit konnte deren Beschäftigtenzahl stabilisiert werden. Das war ideal, weil der zu überbrückende Zeitraum überschaubar blieb. Aber das „normale“ Leben lief weiter. Wir konnten einkaufen, Restaurants besuchen, die vielen personenbezogenen Dienstleister vom Friseur bis zum Musiklehrer gingen auch in der Krise 2009 ihren Geschäften nach und insgesamt wurde der Absturz der Wirtschaftsleistung durch den Konsum und die vielen nicht unmittelbare betroffenen Dienstleister erheblich abgebremst. Das ist der entscheidende Unterscheid zwischen 2020 und 2009: Durch den Shutdown des öffentlichen und geschäftlichen Lebens werden heute vor allem die beschäftigungsintensiven Dienstleister getroffen und die Paralyse weiter Teile der Binnenwirtschaft ist eine ganz neue und fundamental andere Dimension der Krise in der Gegenwart. Das schlägt sich auch in einer veränderten Zusammensetzung der Kurzarbeit anmeldenden Betriebe nieder…” Beitrag von Stefan Sell vom 12. April 2020 auf seiner Homepage externer Link
  • Betriebsräte schreiben 2500 Briefe an Abgeordnete: Arbeitgeber sollen Kurzarbeitergeld aufstockenBei Kurzarbeit sollen die Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld ihrer Beschäftigten durch eine Aufzahlung aufstocken. Die Bundesregierung soll dies festschreiben. Das forderten in den vergangenen Tagen in der IG Metall organisierte Betriebsräte in 2500 Briefen an Bundestagsabgeordnete. Wegen der Corona-Krise schnürt die Bundesregierung ein Milliardenpaket für die Arbeitgeber und erstattet ihnen bei Kurzarbeit die kompletten Sozialabgaben, auch den Arbeitnehmeranteil. Doch ihren Beschäftigten müssen die Arbeitgeber davon nichts abgeben. Die Beschäftigten rutschen dadurch in der Kurzarbeit ab auf 60 Prozent ihres Nettoentgelts, wenn sie Kinder haben 67 Prozent. Das reicht für Viele nicht, um Miete und Lebenshaltungskosten zu bestreiten. „Das ist ungerecht“, kritisiert der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. „Die Politik muss handeln. Die IG Metall fordert, dass bei Kurzarbeit der Arbeitnehmeranteil bei den Sozialversicherungsbeiträgen den Beschäftigten weitergegeben wird.“…” Meldung der IG Metall vom 9. April 2020 externer Link
  • Kurzarbeit in der Corona-KriseBeim Kurzarbeitergeld ist Deutschland Schlusslicht in Europa – den meisten Kurzarbeiter*innen bleiben hierzulande derzeit nur 60 Prozent vom Netto. In immer mehr Branchen wird der Betrag aber per Tarifvertrag aufgestockt…” WSI Policy Brief 38 vom April 2020 externer Link 
  • Kurzarbeitergeld: TARIFVERTRAGLICHE VEREINBARUNGEN im ÜberblickSammlung der (einzelbetrieblichen) Tarifvereinbarungen beim WSI externer Link nach Branchen und samt Grafiken
  • Immer mehr Tarifverträge stocken Kurzarbeitergeld auf – bei der gesetzlichen Höhe ist Deutschland Schlusslicht in Europa 
    “… Während in Deutschland die Beschäftigten lediglich 60 bzw. (in Haushalten mit Kindern) 67 Prozent des Nettoentgelts erhalten, wird in vielen europäischen Ländern ein deutlich höheres Kurzarbeitergeld von 80 bis zu 100 Prozent bezahlt. Um die Einkommenslücke in Deutschland zu reduzieren, schließen die Gewerkschaften in immer mehr Branchen Tarifverträge ab, in denen das Kurzarbeitergeld auf teilweise bis zu 100 Prozent aufgestockt wird. Angesicht der niedrigen Tarifbindung, insbesondere in Niedriglohnbranchen, profitiert jedoch nur eine Minderheit der Beschäftigten von diesen Regelungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine heute vorgelegte Untersuchung über „Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise“, die vom Leiter des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung, Prof. Dr. Thorsten Schulten, und Dr. Torsten Müller vom Europäischen Gewerkschaftsinstitut in Brüssel verfasst wurde. (…) Auch wenn es in immer mehr Branchen tarifvertragliche Regelungen zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes gibt, werden sie nach Einschätzung der Autoren Schulten und Müller insgesamt nur für eine Minderheit der Tarifbeschäftigten gelten. „Insbesondere in den klassischen Niedriglohnsektoren gibt es oft keine tarifvertraglichen Zuschüsse zum staatlichen Kurzarbeitergeld“, so Schulten und Müller. Hinzu kommt, dass in Niedriglohnbereichen die Tarifbindung meist besonders niedrig ist. „Gerade Beschäftigte mit geringem Einkommen können jedoch bei einem Nettoeinkommensverlust von 40 Prozent nicht lange über die Runden kommen. Für diese würde der Weg direkt zu Hartz IV führen.“ Für die Zeit der Corona-Krise sollte deshalb nach Ansicht der Wissenschaftler ähnlich wie in Österreich eine generelle Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 Prozent vorgenommen werden, mit einer höheren Aufstockung von bis zu 90 Prozent für Beschäftigte im Niedriglohnsektor…” Pressemitteilung zum WSI-Update zum Kurzarbeitergeld vom 1. April 2020 bei der Hans-Böckler-Stiftung externer Link zur Untersuchung ‘Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise’ von Thorsten Schulten und Torsten Müller externer Link  als WSI Policy Brief Nr. 38 vom April 2020
  • Kurzarbeit: Was Beschäftigte aus Tschechien und Polen, die in Deutschland arbeiten, wissen sollten (mehrsprachig)!
    Für Beschäftigte aus Tschechien und Polen, die bei einem Arbeitgeber in Sachsen arbeiten, haben wir einige wichtige Fragen und Antworten zum Thema Kurzarbeit in Deutschland zusammengestellt…” Mehrsprachige FAQ vom 23.03.2020 beim DGB Bezirk Sachsen externer Link
  • [ver.di-Petition] Miete zahlen trotz Corona! – 90% Kurzarbeit (KuG) jetzt! / Kurzarbeitergeldverordnung: DGB und Gewerkschaften fordern deutliche Verbesserungen 
    • [ver.di-Petition] Miete zahlen trotz Corona! – 90% Kurzarbeit (KuG) jetzt!Die Corona-Krise hat das öffentliche Leben fest im Griff. In der Politik fallen gerade sehr wichtige Entscheidungen. Aus der Corona Krise wird für viele nun eine Wirtschaftskrise. Millionen Arbeitnehmer sind nun auf Kurzarbeitgeld (KuG) angewiesen. Wir haben nicht viel Zeit! Am Montag (23.03.2020) entscheidet die Bundesregierung, inklusive Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und dem Parlament voraussichtlich darüber, ob das Kurzarbeitergeld (KuG) auf 90 Prozent der letzten Nettoverdienste aufgestockt wird oder nicht! 90 Prozent KuG würde Familien und Alleinstehende entlasten! Wir brauchen diesen Schutz! Tausende Menschen sehen gerade, als Folge der Corona-Krise, ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Mietzahlungen, Kreditzahlungen oder auch die normalen laufenden Kosten sind für viele Menschen mit dem aktuellen Kurzarbeitergeld (KuG) nicht oder nur schwer zu leisten! 60 bzw. 67 Prozent KuG reichen nicht!...” ver.di-Petition an Bundesregierung bei change.org externer Link
    • Kurzarbeitergeldverordnung: DGB und Gewerkschaften fordern deutliche Verbesserungen“Der Referentenentwurf zur Kurzarbeitergeldverordnung während der Corona-Krise liegt vor. Der DGB kritisiert den Entwurf in einer Stellungnahme als “sozial nicht gerecht”. DGB und Gewerkschaften fordern “noch deutliche Verbesserungen” “Während die Arbeitgeber die ansonsten von ihnen zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge vollständig erstattet bekommen, bleibt es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei 60 Prozent des Nettolohnes. Diese soziale Schieflage ist für die Gewerkschaften nicht akzeptabel”, heißt es unter anderem in der Stellungnahme. “Durch die Krise kommen auf die Beschäftigten harte Zeiten zu. Für sie bedeutet Kurzarbeit bei komplettem Stillstand Lohneinbußen bis zu 40 Prozent. Von einem Gehalt auf dem Niveau von 60 Prozent des letzten Einkommens können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Kosten für Mieten und Lebenshaltung nicht decken. Das muss vermieden werden.” DGB-Mitteilung vom 20. März 2020 externer Link zur Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu dem Referentenentwurf des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 19. März 2020 externer Link  , siehe auch:
      • Kurzarbeitergeld wird nicht erhöht – DGB beklagt soziale Ungerechtigkeit“Die Lohnlücke bleibt: Kurzarbeiter bekommen nur 60 Prozent des letzten Nettoeinkommens. Sozialpartner und Bundesregierung haben sich nicht auf ein höheres Kurzarbeitergeld verständigen können. (…) Die Arbeitgeber weigerten sich, das Arbeitslosengeld aufzustocken, und in der CDU gab es Widerstand gegen ein höheres Kurzarbeitergeld aus dem Beitragstopf der Bundesagentur für Arbeit (BA). In der Konsequenz werden nun viele Kurzarbeiter Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV) in Anspruch nehmen müssen, was Mehraufwand für die Arbeitsagenturen beziehungsweise Jobcenter bedeutet…” Artikel von Alfons Frese vom 19. März 2020 beim Tagesspiegel online externer Link
  • [DGB] Neue Regelungen zur Kurzarbeit in der Corona-Krise
    Der DGB informiert mit dieser Publikation über die neuen Regelungen zur Kurzarbeit zur Unterstützung von Betrieben und ihren Beschäftigten in Folge der Corona-Krise – Ratgeber für Betriebsräte, Personalräte und Beschäftigte…” DGB-Info vom 18.03.2020 externer Link 
  • IG Metall-Ratgeber für Beschäftigte: So funktioniert Kurzarbeit
    Mit Kurzarbeit können Betriebe Krisenzeiten wie die Corona-Pandemie wirtschaftlich überbrücken. Beschäftigte erhalten dann Kurzarbeitergeld. Wir erklären, wie das funktioniert und was die IG Metall bei der Kurzarbeit erreichen will…” Info der IG Metall vom 17. März 2020 externer Link. Siehe auch:
    • Corona: Arbeitsrecht, Home Office, Kurzarbeitergeld – Was Beschäftigte wissen müssenDas Robert-Koch-Institut (RKI) schätzt die Gefahr durch das neue Corona-Virus (SARS-CoV-2) für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland inzwischen als “hoch” ein. Die Gefährdung variiert laut RKI von Region zu Region (Stand: 17.03.2020). Es handelt sich um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Wir beantworten die wichtigsten Fragen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer…” Ständig aktualisierte FAQ des DGB externer Link
  • Reaktion auf Coronavirus: Große Koalition weitet Kurzarbeitergeld ausDie Bundesregierung will Firmen unterstützen, die wegen des Coronavirus weniger Arbeit haben. Dazu soll Kurzarbeit schneller möglich sein und die Unternehmen weniger kosten. (…) Betriebe sollen zudem Kurzarbeitergeld schon nutzen können, wenn nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bisher muss es ein Drittel sein. Auch Leiharbeiter sollen Kurzarbeitergeld bekommen können…” Meldung vom 09.03.2020 beim Spiegel online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=164052

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