Donnerstag, 20. Juni 2019

Uwe Kalbe über das pragmatische Verhältnis zwischen Berlin und UNHCR

Zwiespältiges Lob

Es klingt nach Apokalypse: 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Apokalypse reicht jedoch nicht bis nach Deutschland, auch wenn manche Debatten hier diesen Eindruck hinterlassen. Ohnehin gelangt nur die kleinere Hälfte der Geflohenen außerhalb des eigenen Landes, weil die größere Hälfte ihre Heimat nicht verlässt. Und vier von fünf der Geflüchteten kommt in einem Nachbarland unter, nicht etwa in Europa. Die Last ist also sehr unterschiedlich verteilt. Gerade in Deutschland, das an fünfter Stelle steht, was die absolute Zahl der Geflüchteten betrifft, relativiert sich das Bild, wenn man sie ins Verhältnis zur Bevölkerung setzt. Da landet Deutschland hinter Schweden.
Trotzdem werden die Debatten so geführt, als nahe mit den Flüchtlingen der eigene Untergang. Und es ist ein zwiespältiges Lob, das Flüchtlingskommissar Grandi der Bundesregierung spendet. Wenn Deutschlands Gesetze seit 2015 das Modell bieten, nach dem andere Länder sich richten sollen, dürfte eine humanere Flüchtlingspolitik in weite Ferne rücken. Grandis Geste hat ihren Grund in gestiegenen deutschen Finanzbeiträgen und einer Art Anerkennung des UNHCR - durch seine Einbeziehung in die Pläne zur Auslagerung der Flüchtlinge in Auffanglagern vor den EU-Außengrenzen. Da kann Merkel nun durchaus von einem Erfolg sprechen.
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