Montag, 28. Januar 2019

Putschversuch in Venezuela: Gewalt fordert 20 Menschenleben. USA scheitern im UN-Sicherheitsrat

Bürgerkrieg droht


Von Modaira Rubio, Caracas
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»Mit Maduro sind wir mehr«: Protest gegen den Putschversuch am Samstag in Caracas
Seit Beginn des Putschversuchs gegen den gewählten Präsidenten Nicolás Maduro ist es in mehreren Städten Venezuelas zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen, die bislang mehr als 20 Menschenleben gefordert haben. In vielen Medien ist die Rede davon, dass es sich bei den Aktionen in Teilen der Hauptstadt Caracas und anderen Orten um »Demonstrationen« gegen die Regierung gehandelt habe. Tatsächlich aber stecken hinter den Plünderungen und Übergriffen in den meisten Fällen gewöhnliche Kriminelle, die sich die politische Krise zunutze machen. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet forderte deshalb, alle gewaltsamen Zwischenfälle, die Tote oder Verletzte forderten, unabhängig und unparteiisch zu untersuchen. Es müsse ermittelt werden, ob der Grund dafür überzogene Einsätze der Sicherheitskräfte waren oder Verbrechen bewaffneter Banden. Die Lage in Venezuela könne außer Kontrolle geraten, was zu katastrophalen Konsequenzen führen werde, warnte die frühere chilenische Präsidentin.
Der Oppositionspolitiker Juan Guai­dó hatte sich am vergangenen Mittwoch selbst zum »Übergangspräsidenten« des südamerikanischen Landes erklärt. Versuche der USA und ihrer Verbündeten, diese Selbsternennung auf dem internationalen diplomatischen Parkett abzusichern, liefen bisher ins Leere. Nachdem es Washington am Donnerstag nicht gelungen war, in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Anerkennung Guaidós durchzusetzen, konnten die USA auch im UN-Sicherheitsrat keine Mehrheit der Mitgliedsstaaten hinter sich versammeln. Während sich am Samstag die Vertreter Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs hinter US-Außenminister Michael Pompeo scharten, bekräftigten China, Russland, Südafrika, die Dominikanische Republik und andere ihre Anerkennung der Regierung Maduro. Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza, der eigens nach New York gereist war, verurteilte den von Washington betriebenen Putschversuch und wies auch das Ultimatum der EU zurück. Diese hatte Maduro aufgefordert, innerhalb von acht Tagen Neuwahlen auszurufen. Arreaza betonte, es werde niemandem gelingen, sein Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen.
Washington hat das venezolanische Militär de facto vor die Wahl gestellt, entweder den Sturz Maduros zu erzwingen, oder sich auf eine ausländische Militärintervention einzustellen. Bislang hat sich die Armee loyal zur Verfassung und zur gewählten Regierung verhalten und Maduro als ihren Oberbefehlshaber anerkannt. Am Samstag verkündete allerdings der bisherige Militärattaché der venezolanischen Botschaft in Washington, José Luis Silva Silva, seine Unterstützung für Guaidó und rief seine Militärkollegen zu Hause zum Sturz des Präsidenten auf.
Die USA haben am Wochenende einen Teil ihres diplomatischen Personals aus Caracas abgezogen. Fast zeitgleich kehrten venezolanische Diplomaten aus den USA nach Hause zurück. Am Samstag teilte die venezolanische Regierung außerdem mit, dass man mit der US-Administration vereinbart habe, Verhandlungen über die Einrichtung von Interessenvertretungen anstelle der bisherigen Botschaften zu führen. Sollten diese Gespräche innerhalb eines Monats erfolglos bleiben, würden beide Vertretungen ihre Arbeit einstellen. Allerdings bedeutet schon die Vereinbarung de facto, dass die USA zähneknirschend anerkennen, dass der gegenwärtig regierende Präsident Venezuelas Nicolás Maduro heißt.

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