Dienstag, 22. Januar 2019
Französische Gewerkschaften antworten auf Macrons Debatten-Einladung: „Wer Gewaltlosigkeit als Voraussetzung für eine Debatte nennt, sollte zuerst aufhören, den Menschen mit seiner Politik Gewalt anzutun“
Am 15. Januar 2019 haben sowohl der wichtigste Gewerkschaftsbund
Frankreichs, die CGT, als auch der alternative Gewerkschaftsbund SUD
Solidaires auf die Einladung des Präsidenten Macron zur großen
nationalen Debatte reagiert – mit Ablehnung. In beiden Erklärungen
wird unterstrichen, dass es eine Debatte unter der Bevölkerung längst
gibt – und die aktuellen Proteste seien eines ihrer Ergebnisse. Wenn
Macron eine Debatte wolle, bei der er den Rahmen setzt, das
„politische Programm dieser Regierung fortzusetzen“, könne es ohnehin
keine Debatte geben, da gerade diese Politik Ursache allen Protestes
sei – und sie nicht debattiert, sondern beendet werden müsse. Die CGT,
deren Haltung zur Bewegung der Gelbwesten - bescheiden ausgedrückt -
„zurückhaltend“ ist, orientiert auf kommende soziale Mobilisierungen.
während die inneren Spannungen bezüglich dieser Haltung zunehmen und
sichtbar werden. SUD Solidaires unterstreicht die Berechtigung der
Gelbwesten-Bewegung und hatte ja auch bereits zu einigen der „Akte“
(Protesttage) mobilisiert. Die anderen Gewerkschaftsföderationen
bleiben offensichtlich, zumindest bisher, bei ihren Anfang Dezember
2018 (gemeinsam mit der CGT) erklärten Positionen der Zurückhaltung -
auf die Anti-Bewegungshaltung der CFDT hatte LabourNet Germany ja
bereits verwiesen (siehe den Hinweis am Ende dieses Beitrags). Siehe
dazu die Dokumentation beider Erklärungen, die gemeinsame Erklärung
(ohne SUD) von Anfang Dezember und eine wichtige „abweichende“
Stellungnahme aus der CGT
http://www.labournet.de/?p=142902
Auch die Gelbwesten reagieren auf Macrons Debatten-Angebot: Sie
debattieren bereits. Über Ausbeutung und neoliberal-totalitäre
Repression vor allem
„In den letzten Tagen ist die verbale Eskalation nun an ihrer
Quintessenz angelangt. Der Widerspruch zwischen der Realität von Oben
und der Realität von Unten ist klar umrissen: Es gibt das Böse und es
gibt das Gute! Wir sind böse, sie sind gut! Die Oberen predigen die
“freie Welt”, indem sie imaginäre Feinde erschaffen, um ihren
folgerichtigen Triumph zu feiern. “Wir wollen Meinungsfreiheit”; “Wir
wollen das Recht auf Protest verteidigen”; “Wir wollen alle Meinungen
respektieren”! Aber sie benutzen diese ideologischen Vorführungen, um
sich mit Tugenden zu schmücken und die wahre Natur ihrer Handlungen zu
verbergen! Sie sind talentierte Illusionisten, aber ihre Zaubertricks
überzeugen nicht mehr. Wir, die ‘Gilets Jaunes’, sehen ihre geballte
Faust unter dem Samthandschuh. Im Gegensatz zu ihren betörenden
Gesängen über “Die Freiheit” sind die da Oben nun bereit, alle
notwendigen Mittel einzusetzen, um jene von Unten zu eliminieren: Das
Verbot von Demonstrationen, Vorbeugehaft, Diebstahl gemeinschaftlicher
Fonds zur Finanzierung unseres Kampfes, Serienverurteilungen,
Überwachungsdateien…“ – aus dem Beitrag „Gelber Brief No17 – Die
Totalitären“ am 16. Januar 2019 bei non.copyriot (in der freien
Übersetzung von Sebastian Lotzer). Siehe dazu auch weitere Beiträge:
Einen aus den „Reihen der Bewegung“ und zwei zum Thema, wie die
Regierung Frankreichs Dialog und Repression zusammen bringt. Letztere
gibt es nicht…
http://www.labournet.de/?p=142905
Gelbwesten – Aufstand in Frankreich? Zu diesem Thema wird es am
Dienstag, 22. Januar Vortrag und Diskussion von und mit Bernard Schmid
(Paris) in Bochum geben! Siehe für Details den Eintrag in unserer
Rubrik "Termine", an die wir hiermit erinnern...
http://www.labournet.de/events/572/gelbwesten-%e2%80%93-aufstand-in-frankreich-vortrag-und-diskussion-mit-bernard-schmid/
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