Dienstag, 17. März 2015

Erklärungsnot in Athen

Politisch akzeptiert? Nach der Demütigung vom Montag in Brüssel müht sich die Regierung Tsipras um Schadenbegrenzung im eigenen Land Von Heike Schrader, Athen Quelle: http://www.jungewelt.de/2015/03-12/021.php vom 12. März 2015 Heimspiele sind oft schwerer, als die auswärts. Obwohl sich Griechenland auch in der letzten Sitzung der Euro-Gruppe in keinem Punkt durchsetzen konnte, präsentiert die Regierung die Gespräche als einen weiteren Erfolg. Trotz anderslautender Informationen seien die griechischen Reformvorschläge am Montag in Brüssel »politisch von der Euro-Gruppe akzeptiert worden«, heißt es in einem noch am Montag abend in Athen veröffentlichten »Non Paper«. Ab dem gestrigen Mittwoch würden nun die Diskussionen über die Umsetzung der Reformen aufgenommen. Auf politischer Ebene sollen diese in Brüssel geführt werden, für technische Details aber sei man bereit, erneut Beamte der Gläubigerinstitutionen in Athen zu empfangen. Mit dieser Interpretation des Ergebnisses vom Wochenbeginn steht die Regierung Tsipras jedoch ziemlich allein da. In der ausländischen Presse wird dagegen übereinstimmend ein völlig anderes Bild verbreitet. Danach sei Griechenland unmissverständlich klargemacht worden, dass es ohne buchstabengetreue Umsetzung aller von der Euro-Gruppe eingeforderter Reformen keinen Cent der noch ausstehenden Rate von 7,2 Milliarden Euro geben wird. Und das diese Auszahlung erst nach einer entsprechenden Prüfung durch die Gläubigerinstitutionen freigegeben wird. Mit anderen Worten, die Troika ist zurück in Athen. Genauso, und nicht ohne Häme, wird dies auch von der vormaligen Regierungspartei gesehen. »Es kommen dieselben technischen Delegationen, dieselben Leute derselben Troika, um mit denselben Ministerien zu diskutieren und dieselben Memoranden umzusetzen«, ätzte der Pressesprecher der Nea Dimokratia, Kostas Karagounis, am Dienstag. Auch die Kommunistische Partei Griechenlands, KKE, kann keinen Unterschied zwischen den beiden Administrationen entdecken. »Die Regierung aus Syriza und ANEL spielt die Hauptrolle im bekannten volksfeindlichen Stück der EU ›neue Rate – neue Maßnahmen‹, in dem das Volk erpresst wird, eine Ausweitung des Memorandums inklusive einer Evaluierung und der Troika-Institutionen, mit anderen Worten die Fortsetzung der volksfeindlichen Politik zu akzeptieren.« Das ist starker Tobak. »Wir verlieren wertvolle Zeit für die Nation und schneiden leider ins Fleisch der griechischen Realwirtschaft«, warnte die sozialdemokratische PASOK. Bisher sei weder den kleinen und mittleren Unternehmen noch den einfachen Menschen im Lande irgendeine Hilfe zuteil geworden, sagte Evangelos Venizelos zum Ergebnis vom Montag. Der Parteivorsitzende bezeichnete die bisherigen Verhandlungen von Syriza als gescheitert und forderte die Regierung auf, »zu dem Punkt vor den Wahlen zurückzukehren, um endlich in eine substantielle Diskussion einzutreten«, wie sie von der PASOK vorbereitet gewesen wäre. Kritik muss Syriza inzwischen nicht nur vom politischen Gegner einstecken. Auch das der Partei nahestehende Internetportal ThePressProject warf der Regierung vor, der einheimischen Bevölkerung nicht die Wahrheit zu sagen. Vor den Wahlen habe Syriza erklärt, auf keinen Fall würde die Situation eintreten, dass man der Partei die Umsetzung ihres Wahlprogramms verweigern würde, heißt es dort in einer Analyse der Verhandlungsergebnisse. »Was hat sich verändert und warum haben sich diese Voraussagen nicht erfüllt« fragt ThePressProject weiter und fordert von der Ministerpräsident AlexisTsipras und dessen Mitstreitern, aufrichtig darüber Auskunft zu geben. Auf dem Internetportal der linken Opposition innerhalb Syrizas geht man einen Schritt weiter. Auch die neue Euro-Gruppensitzung habe gezeigt, das »die Gläubiger nicht nur nicht zurückweichen, sondern im Gegenteil den Druck und die Erpressung erhöhen, damit die Regierung einknickt und buchstabengetreu das neue Maßnahmenpaket zur Deregulierung umsetzt«, heißt es auf Iskra, dem Internetportal der Linken Plattform. Der einzige Ausweg für Griechenland in dieser Situation sei »Ungehorsam und Bruch« mit der EU. Bereits vor dem Ergebnis vom Montag waren auch die Zustimmungswerte für die Linksregierung beachtlich gesunken. Zwar befanden in einer Anfang März von der linksliberalen Zeitung der Redakteurein Auftrag gegeben Umfrage immer noch 64 Prozent das Vorgehen der Regierung für positiv. In einer am 25. Februar veröffentlichten Umfrage waren es noch 81 Prozent der Befragten gewesen.

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