Dienstag, 17. März 2015

Günter Wallraff: Die 5 schlimmsten Skandale im Jobcenter

17. März 2015, 12:00 Uhr Die Wallraff-Reportage zeigt skandalöse Zustände in den Jobcentern. Personalmangel und Überlastung produzieren teils absurde Ergebnisse. Dies sind die größten Kritikpunkte. Dass in den Arbeitsagenturen und Jobcentern nicht alles rund läuft, dürfte kaum jemanden überraschen. Was die RTL-Reportage des Team Wallraff zutage fördert, übertrifft dann aber doch die Erwartungen. Personalmangel und fragwürdige Strukturen führen dazu, dass von effizienter Arbeitsvermittlung vielfach keine Rede sein kann (einen ausführlichen Artikel zur Sendung finden Sie hier). Dies sind die krassesten Missstände, die die Reportage dokumentiert. 1. Sinnlose Maßnahmen Die absurdesten Bilder liefert die Lama-Episode. Spazierengehen mit Lamas ist allen Ernstes Teil einer Maßnahme für Hartz-IV-Empfänger. Einer der Teilnehmer des Kurses, in dem es sonst um Bewerbungen schreiben und ähnliches geht, hat die Aktivität vorgeschlagen, weil die Lamas bei ihm um die Ecke wohnen. Was das Ganze mit Arbeitsvermittlung zu tun hat, weiß keiner. Andere Hartz-IV-Empfänger landen in Motivationskursen, in denen sie alberne Spielchen machen müssen und frustrierter rausgehen als sie hereingekommen sind. 2. Überlastung der Mitarbeiter Laut der offiziellen Statistik kommen auf einen Arbeitsvermittler rund 150 Arbeitslose, hier Kunden genannt. Dem Undercover-Reporter erzählen die Mitarbeiter aber ihre tatsächlichen Kundenzahlen. 400 bis 500 sind fast normal, eine Mitarbeiterin berichtet, sie habe in der Spitze sogar mal 600 Kunden gehabt. "Man freut sich über jeden, der seinen Termin nicht wahrnimmt", sagt ein anonymer Mitarbeiter. Die Diskrepanz kommt unter anderem zustande, weil Mütter in Elternzeit, Teilnehmer in Weiterbildungsmaßnahmen und kranke Hartz-IV-Empfänger nicht mitgezählt werden. Außerdem ist der Krankenstand unter den Arbeitsvermittlern sehr hoch. 3. Schlechte Beratung Für einen Kunden haben die Arbeitsvermittler etwa eine halbe Stunde Zeit. Wegen der vielen Formalitäten bleiben für die reine Beratung aber nur fünf bis zehn Minuten. Die ausgebildete Köchin Johanna Richter berichtet, dass ihr eine Arbeitsvermittlerin nach fünf Minuten Gespräch als einzigen Ausweg eine Karriere als Nageldesignerin vorschlägt. Ein anonymer Arbeitsvermittler bestätigt den verheerenden Eindruck: Nur für ein Drittel der Kunden könne man als Berater etwas tun. Die anderen fallen hinten runter. Langzeitarbeitslose werden als "Schrankfälle" aussortiert - ihre Akten versauern im Schrank. 4. Befristung von Jobcenter-Mitarbeitern Viele der Menschen, die andere in Arbeit bringen sollen, bangen selbst um ihren Job. Die Arbeitsagentur stellt neue Vermittler in der Regel mit befristeten Verträgen ein. Nach zwei Jahren kann schon wieder Schluss sein. Oder das Spielchen geht ewig weiter, wie im Fall von Renate Hänsch: Die heutige Rentnerin erhielt 14 Zeitverträge von der Arbeitsagentur und wurde dann nicht übernommen. 5. Briefe landen ungeöffnet im Papierkorb Besonders groß scheint der Arbeitsstress in der Abteilung zu sein, die für Leistungsgewährung zuständig ist. Wegen personeller Engpässe warten manche Antragsteller monatelang auf ihr Geld. Und auch den Jobcenter-Mitarbeitern fehlt teils schlicht die Zeit, zu Unrecht gewährte Leistungen zurückzufordern. Ein Mitarbeiter erzählt, dass er Kollegen kenne, die den Stapel an Arbeit reduzierten, indem sie Post einfach ungeöffnet in den Papierkorb wandern ließen.

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