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Digitale
Revolution«, »Digitalisierung«, »Digitalpakt« und »5G-Mobilfunk«,
»Internet der Dinge«, »Künstliche Intelligenz« (Blockchaining,
Abschaffung des Bargeldes, autonomes Fahren etc.) lauten die Refrains
des Sirenengesangs, die von den Eliten in Politik und Wirtschaft
angestimmt werden. Digitalisierung ist Staatsaufgabe höchster Priorität.
Das Feld ist bereits gut vorbereitet. Dennoch regen sich Kritik und zum
Teil auch Widerstand gegen einen weiteren, intensivierten Ausbau der
Digitaltechnologie: Die Möglichkeit einer digitalen Totalüberwachung
wird ebenso vorstellbar, wie der Verlust von immens vielen
Arbeitsplätzen, von Privatheit, persönlicher Freiheit und demokratischer
Teilhabe, psychischer und physischer Unversehrtheit. Der Kongress
stellt sich dem Thema der Digitalisierung in unterschiedlichen Facetten
und Bereichen: Telematik und Digitalisierung der Psychotherapie,
Digitalisierung der Arbeitswelt, des Gesundheitswesens, der Schule und
des Bildungswesens, Digitalisierung der Militärischen Einsätze,
Überwachung und soziale Kontrolle, und die Perspektiven des Widerstands
dagegen…”
Infos und Programm bei der Neuen Gesellschaft für Psychologie 
zum Kongress vom 6. März 2020 bis 7. März 2020 in Berlin. Siehe erste Beiträge und Interviews zum Kongress:
- NGfP-Kongress: »Individualität ist nicht gewollt« Der
Widerstand gegen Digitalisierung und Ausbeutungsstrukturen am Beispiel
von Amazon
Der Anwalt, Autor und Aktivist Detlef Hartmann im Gespräch mit Christa Schaffmann bei der jungen Welt vom 2. März 2020
auf die Frage: “Gibt
es aus Ihrer Sicht eine »Szene des Widerstands« gegen Digitalisierung
und Künstliche Intelligenz (KI)? Nicht in dem Sinne, den wir
normalerweise mit dem Szenebegriff verbinden. Es gibt eine ganze Reihe
von Wissenschaftlern, die sich mit Digitalisierung und KI sehr kritisch
auseinandersetzen, weil sie darin eine akute Gefahr für die Freiheit
sehen. Nicht umsonst nennt Werner Meixner sein jüngstes Buch »Wollt Ihr
die totale Digitalisierung?«. Aber das ist eine andere Ebene als die der
Menschen, die in ihrer täglichen Arbeit oder gar durch den Verlust
ihres Arbeitsplatzes erfahren, wohin die Technologieentwicklung führt,
welche Zwänge sie erzeugt. Die bei Amazon Arbeitenden erleben Sklaverei,
die anderen analysieren Sklaverei, um es vereinfacht zu sagen. Die
Ebenen kommen selten zusammen. Es wird die Aufgabe der Intellektuellen
sein, den Weg zu den Quellen des Widerstands an der Basis zu finden und
nicht darauf zu warten, dass die andere Seite sich auf sie zubewegt. (…)
Amazon ist ein Paradebeispiel für die neuen Ausbeutungsstrukturen. Bei
Amazon ist die vollständige Enteignung des Arbeitsprozesses durch
modernste Technologie Programm. Was sich dort abspielt, gibt einen
Vorgeschmack auf maschinell optimierte menschliche Arbeit, wie sie durch
Digitalisierung und KI in immer mehr Bereichen eingeführt wird. (…) Es
geht um Standardisierung, um die Teilung der Arbeit in Einzelschritte
per Algorithmisierung; Individualität ist nicht gewollt. Sie würde die
Austauschbarkeit jedes beliebigen Beschäftigten erschweren. (…) Es gibt
einige linke Mitglieder in Gewerkschaften, die eine positive Rolle im
Kampf gegen die totale Digitalisierung spielen können, aber von den
großen systemstabilisierenden Gewerkschaften mit ihrer korporatistischen
Haltung erwarte ich das nicht. (…) Ich traue den Politikern eine
Steuerung von Digitalisierung und KI im Interesse der Menschen durch
Gesetze, Verordnungen und dergleichen nicht wirklich zu. Die deutsche
Beteiligung an einem Verbot autonomer Waffensysteme hat die
Merkel-Regierung gerade abgelehnt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
hat sehr weitgehende Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung
auf den Weg gebracht etc. Es hilft nur geballter Druck aus allen
kritischen Ebenen. Dieser hat immerhin zu Abmilderungen bei der
KI-gestützten Gesichtserkennung im öffentlichen Raum geführt.”
- Dieses Interview fand im Vorfeld des Kongresses der Neuen
Gesellschaft für Psychologie vom 6. März 2020 bis 7. März 2020 in Berlin
unter dem Motto »Digitalisierung« – Sirenengesänge oder Schlachtruf der
»Kannibalistischen Weltordnung« statt. Teilnehmen werden Jürgen Hardt,
Detlef Hartmann, Andrea Kleeberg-Niepage, Christoph Marischka, Bijan
Moini, Bernd Nielsen, Werner Rügemer, Sabrina Saase, Jorinde Schulz,
Werner Seppmann, Günter Steigerwald, Magda von Garrel, Friedrich
Voßkühler und Klaus-Jürgen Bruder. Weitere Infos und Buchungsmöglichkeit bei der Neuen Gesellschaft für Psychologie

- [NGfP-Kongress] Arbeitsmarkt ohne Regeln. Amazon, Uber oder
Deliveroo: Beschäftigte rechtlich ohne Schutz, Gewerkschaften außen vor
“Die Zahl der Onlineplattformen, die weltweit »dezentrale
Arbeitnehmer«, wie Freiberufler und Scheinselbstständige, vermitteln,
hat stark zugenommen. Das im Silicon Valley ansässige
Startup-Unternehmen Upwork beschäftigte im vergangenen Jahr geschätzt
zehn Millionen Menschen aus dieser Gruppe, darunter Architekten,
Ingenieure, Anwälte, Softwareentwickler und Programmierer. Andere
Startups haben digitale Arbeitsplattformen und mobile Apps geschaffen,
über die, arbeitsrechtlich völlig ungeschützt, Erwerbstätige
gegeneinander um Aufträge feilschen können. Was für ein riesiger
Arbeitsmarkt durch Digitalisierung da entsteht, der – was die Rechte der
Beschäftigten betrifft – an das 19. Jahrhundert erinnert, liegt
weitgehend im dunkeln. (…) Der Widerstand von Unternehmerseite sei groß,
wie die Reaktion ihrer Verbände auf das Urteil des Europäischen
Gerichtshofes von 2019 über die vollständige Erfassung der Arbeitszeiten
von Beschäftigten gezeigt habe. »Sie wollen weder die Arbeitszeit ihrer
Festangestellten genau dokumentieren – dann würden unbezahlte
Überstunden offengelegt – noch die Arbeitszeit der digital ohne
Arbeitsverträge Arbeitenden. Der Zustand der Nichtdokumentation
ermöglicht Erpressbarkeit und mehr Ausbeutung.« Widerstand regt sich,
angefangen von den Beschäftigten bei Amazon und Uber bis zu den
Essenskurieren von Deliveroo…” Artikel von Christa Schaffmann in der jungen Welt vom 02.03.2020
(im Abo)
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