Dossier
“
Offiziell
war der EU-Türkei-Gipfel zur Eindämmung des “Flüchtlingsstroms” ein
voller Erfolg. Doch nach dem Treffen in Brüssel bleiben viele Fragen
offen. Es war der bizarrste EU-Gipfel seit Jahren. 28 Staats- und
Regierungschefs waren am Sonntag außerplanmäßig nach Brüssel gereist, um
einen einzigen Gast zu empfangen: den türkischen Ministerpräsidenten
Ahmet Davutoglu. Dabei hat der nach seiner Wiederwahl im umstrittenen
zweiten Versuch noch nicht einmal offiziell sein neues Amt angetreten.
Am Montag muss sich Davutoglu noch einem Vertrauensvotum im türkischen
Parlament stellen. Doch solche Feinheiten spielten keine Rolle beim
EU-Türkei-Gipfel, genauso wenig wie der brandgefährliche Abschuss eines
russischen Kampfjets durch das türkische Militär über Syrien oder die
spektakuläre Verhaftung von oppositionellen Journalisten, die
Staatspräsident Recep Erdogan höchstpersönlich angeordnet hatte.
Schließlich hat die EU derzeit Wichtigeres zu tun als über Demokratie
und Menschenrechte vor ihrer Haustür nachzudenken…”
Beitrag von Eric Bonse bei telepolis vom 30.11.2015 . Siehe auch das Dossier:
Ein Flüchtlingsbekämpfungs-Deal nach dem anderen: Die EU und ihre »Migrationspartnerschaften« und hier zu Türkei neu:
- [Leider bezeichnend] Berlin und Brüssel pochen gegenüber
Ankara auf Flüchtlingspakt / Merkels Flüchtlingsdeal – das sollte man
wissen
- Merkels Flüchtlingsdeal – das sollte man wissen
“Hinter verschlossenen Türen bereiten Kanzlerin Merkel und
die EU-Kommission neue Hilfen für die Türkei vor. Sie sollen den 2016
geschlossenen Flüchtlingsdeal retten – dabei war der von vornherein auf
Sand gebaut. Was man jetzt wissen muß. (…)Im Grunde hat sich Merkel mit
ihrem Deal nur Zeit gekauft – um den Migrationsdruck auf Deutschland zu
senken und eine “europäische Lösung” zu suchen (die dann aber nie kam).
Die Lasten wurden auf Griechenland und die Flüchtlinge abgewälzt. Sultan
Erdogan bekam dagegen freie Hand für seine imperiale Politik. Die
Ergebnisse lassen sich in Nordsyrien, Libyen und Zypern besichtigen –
und an der EU-Außengrenze. Immerhin hat die EU nun die Chance, ihren
Fehler von 2016 zu korrigieren…” Beitrag von Erik Bonse vom 3. März 2020 bei LostinEU , siehe abd. auch “Griechenland verteidigen – und die Türkei schmieren?”
- [Leider bezeichnend] Berlin und Brüssel pochen gegenüber Ankara auf Flüchtlingspakt
“In zwei Wochen wird der EU-Türkei-Flüchtlingspakt vier Jahre alt.
Bundesregierung und EU-Kommission dringen darauf, dass die Türkei sich
an das Abkommen hält. Doch die Lage an der türkisch-griechischen Grenze
spitzt sich zu. Angesichts der Flüchtlingssituation an der
türkisch-griechischen Grenze dringen Bundesregierung und EU-Kommission
auf die Einhaltung des EU-Türkei-Abkommens. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) kritisierte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan
wegen der Öffnung der Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge. Sie
verstehe, dass die Türkei mit Blick auf die Massenflucht aus Idlib vor
einer sehr großen Aufgabe stehe, sagte sie am Montag in Berlin. Es sei
aber „inakzeptabel“, dies auf dem Rücken der Flüchtlinge auszutragen.
Die Kanzlerin kündigte an, mit der türkischen Regierung über eine Lösung
sprechen zu wollen. Das Thema sei nur zu lösen, wenn man dieses
EU-Türkei-Abkommen so hinbekomme, dass es von beiden Seiten als
ausreichend akzeptiert werde. Das Abkommen vom März 2016 sieht vor, dass
alle irregulären Migranten, die von der Türkei auf die griechischen
Inseln gelangen, zurückgeführt werden können. Im Gegenzug gibt die EU
finanzielle Unterstützung bei der Versorgung von Flüchtlingen in der
Türkei. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bekräftigte ebenfalls
das Festhalten der EU an dem Abkommen. Es sei die richtige Grundlage für
einen intensiveren Dialog, bei dem es zunächst um die Flüchtlinge
innerhalb der Türkei gehen müsse, sagte sie in Brüssel. (…) Die
EU-Grenzschutzagentur Frontex kündigte an, Griechenland schnell
unterstützen zu wollen. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR betonte
unterdessen, dass jeder Staat das Recht zum Schutz seiner Grenzen habe.
Allerdings dürften Staaten keine exzessive und unverhältnismäßige Gewalt
einsetzen. Andererseits müssten Asylbewerber die Gesetze, die
öffentliche Ordnung und die Grenzsicherheit beachten…” Migazin-Meldung vom 03.03.2020 zu politischen “Lösungen” – siehe zum Hintergrund:
- Die Gemeinsamkeit der aktuellen Entwicklung in Griechenland,
der Türkei und Syrien ist die Mobilisierung der extremsten Reaktion –
worauf die EU reagiert. Mit Unterstützung
Unsere ausführliche aktuelle Materialsammlung vom 04. März 2020
- Erdogan will sein Besatzungsregime in Nordsyrien
weiterführen und bekommt dafür NATO-Unterstützung – während die EU
Polizei, Militär und Faschisten gegen Flüchtlinge mobilisiert
„Die griechische Regierung erklärt die offizielle
Suspendierung des Grundrechts auf Asyl, beginnend ab heute Sonntag, dem
01.03.2020, zunächst für einen Monat. Faktisch war die Suspendierung des
Grundrechts auf Asyl seit langem per brutalem Push-Back zu Lande und zu
Wasser dort umgesetzt, wo es die lokalen Verhältnisse erlaubten. Jetzt
erfolgt hingegen ein regierungsoffizieller Bruch der Garantie von
Grundrechten mit anzunehmender Unterstützung der EU. Nach den gestrigen
Ankündigungen der EU-Kommission, dass dem griechischen Grenzschutz
sofortige Frontex-Unterstützung gewährt wird – und nicht den
Geflüchteten in Kälte! – , wurde deutlich, dass die Linie der
griechischen Regierung von der EU geleitet wird“ – aus der Meldung „EU-Staat Griechenland suspendiert Grundrecht auf Asyl“ am 01. März 2020 bei FFM-Online ,
die die Zusammenarbeit von EU und griechischer Rechtsregierung gegen
die Flüchtlinge (und „selbstverständlich“ nicht gegen Erdogan und sein
Regime) knapp und deutlich zusammenfasst. Zu Erdogans Krieg in Syrien
und dem EU-Krieg an der griechischen Grenze eine aktuelle Materialsammlung vom 02. März 2020
- und am 3.3.: Schluss
mit dem Krieg gegen Flüchtlinge an Europas Grenzen, Schluss mit den
faschistischen Pogromen gegen Flüchtlinge, Schluss mit dem schmutzige
Deal der EU mit der Türkei – für offene Grenzen!
- Seehofer will Erdogan weitere Millionen zuschieben
“… Die Bundesregierung will die türkische Küstenwache mit rund 32
Millionen Euro unterstützen, damit künftig weniger Migranten auf den
griechischen Inseln ankommen. Wie aus einem Schreiben des
Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages
hervorgeht, soll das vom Innenministerium zusätzlich beantragte Geld
eine „unkontrollierte Migrationsbewegung in Richtung Deutschland“
unterbinden. Der Geldbedarf sei unvorhergesehen, da er erst im Vorfeld
der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Türkei Ende Januar
durch Experten der Bundespolizei vor Ort ermittelt werden sei. (…) Die
innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, hat das
Vorhaben scharf kritisiert: „Ich frage mich wie tief diese Regierung
noch sinken kann. Nach dem schändlichen EU-Türkei-Flüchtlings-Deal wirft
die Bundesregierung nun dem türkischen Despoten weitere 32 Millionen
Euro zur Aufrüstung seiner Küstenwache in den Rachen. Hier wird ein nach
außen wie nach innen kriegstreiberisches und rassistisches Regime mit
Abermillionen Euro vollgepumpt, damit es als brutaler Türsteher für die
EU agiert und Schutzsuchende von Europas Grenzen fernhält. Die Türkei
schafft mit ihrer Kriegspolitik vom Nordirak über Syrien bis nach Libyen
immer neue Fluchtursachen. Schutzsuchende, die von der türkischen
Küstenwache aufgegriffen werden, sind von Kettenabschiebungen bedroht.
Flüchtlinge aus Afghanistan werden einfach wieder in dieses Kriegsland
abgeschoben oder inhaftiert und syrische Schutzsuchende unter dem
Vorzeichen der ‚freiwilligen Ausreise’ mit Gewalt in Kriegsgebiete wie
Idlib in Syrien geschickt. Angesichts dieser Umstände sollte das
Ansinnen des BMI unbedingt zurückgewiesen werden.” Meldung vom 24. Februar 2020 bei ANF News
- Flüchtlinge in Nordsyrien laden Angela Merkel ein: Für sie ist die deutsche Politik nicht nachvollziehbar
“Flüchtlinge im Camp Wasokani bei Hasaka sind empört über die
türkischen ‘Umsiedlungspläne’ von syrischen Flüchtlingen nach Ras al-Ain
(kurd.: Sere Kaniye) und Tall Abyad (kurd.: Gire Spi) in Nordsyrien und
die in Aussicht gestellte deutsche Unterstützung. In den von der Türkei
völkerrechtswidrig besetzten Gebieten herrschen mittlerweile
IS-Methoden. Die Flüchtlinge laden die deutsche Bundeskanzlerin ein,
sich selbst ein Bild über die Zustände zu verschaffen, bevor sie sich
des Verstoßes gegen das Völkerrecht schuldig mache: “Ist sich die
deutsche Bundeskanzlerin bewusst darüber, wem sie unsere Heimat
überlassen will?”, fragt die arabische Camp-Bewohnerin Asiya Xalid.
“Damit werden wir beim besten Willen nicht einverstanden sein. Wieso
sollten wir für immer weg aus unseren angestammten Wohnorten und unseren
Häusern? Um sie anderen zu übergeben? Den Dschihadisten?” (…) Kritiker
der deutschen Pläne erinnern die Bundesregierung daran, zu welchem
Ergebnis der wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam: Demnach
verstoße die gezielte demografische Veränderung und die Pläne der
Ansiedlung von 2,5 Millionen Flüchtlingen in den von der Türkei
besetzten Gebieten in Nordsyrien gegen das Völkerrecht. In Artikel 49
des Genfer Abkommens heißt es: “Zwangsweise Einzel- oder
Massenumsiedlungen sowie Deportationen von geschützten Personen aus
besetztem Gebiet nach dem Gebiet der Besetzungsmacht oder dem
irgendeines anderen besetzten oder unbesetzten Staates sind ohne
Rücksicht auf ihren Beweggrund verboten.” Zuvor hatte der
wissenschaftliche Dienst schon festgestellt, dass die Invasion der
Türkei in Nordsyrien gegen das Völkerrecht verstoße. Es sei die Frage
erlaubt, welchen Wert die Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des
Bundestages eigentlich haben, wenn die Bundesregierung diese schlichtweg
ignoriert?…” Beitrag von Elke Dangeleit vom 17. Februar 2020 bei Telepolis
- Finanziert Deutschland Erdogans Umsiedelungspolitik in Nord-
und Ostsyrien? / Kritik an Merkels Hilfeangebot für türkische Besatzung
in Nordsyrien
“Heute traf Bundeskanzlerin Angela Merkel den türkischen Präsidenten
Recep Tayip Erdogan in Istanbul und stellte Gelder für “feste
Unterkünfte” für Flüchtlinge in Aussicht. Auf der Pressekonferenz
stellte Bundeskanzlerin Merkel weitere Milliarden zu den zugesagten 6
Milliarden für Flüchtlingshilfe an die Türkei in Aussicht. Sie lobte die
“großen Anstrengungen” der Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise.
Merkel nahm Bezug auf die Lage der Flüchtlinge in Idlib an der Grenze
zur Türkei, die dort in Zelten unter prekären Bedingungen leben müssen.
Hier stellte sie ebenfalls finanzielle Unterstützung für “feste
Unterkünfte”, die die Türkei mit Hilfe des Roten Halbmondes auf
syrischem Territorium errichten will, in Aussicht. Die Türkei stehe hier
vor einem “Riesenproblem”. Da der Winter naht, werde die
Bundesregierung prüfen, ob man dies finanziell unterstützen kann. Wo
genau diese festen Unterkünfte errichtet werden sollen, wurde nicht
benannt. Bei aufmerksamen Journalisten mit Kenntnis der Lage in
Nordsyrien müssten spätestens hier die Alarmglocken klingeln. Kein Wort
verlor Merkel hingegen über die Hunderttausenden an Flüchtlingen, die
die Türkei in Nordsyrien zu verantworten hat und die nun in der
Sheba-Region in Zelten leben. Ob der Winter dort weniger hart als im
nicht allzu weit entfernten Idlib ist, dass die von der Türkei
Vertriebenen keine Hilfe benötigen und keiner Erwähnung wert sind? (…)
Auf die Frage eines deutschen Journalisten auf der Pressekonferenz nach
Umsiedlungsplänen in der sogenannten Sicherheitszone sagte die
Bundeskanzlerin, man könne sich in Absprache mit dem UNHCR vorstellen,
die Ansiedlung der arabischen Geflüchteten in der “Sicherheitszone” finanziell
zu unterstützen. Was nichts anderes bedeutet, als dass Deutschland den
von Erdogan erzwungenen Bevölkerungsaustausch in Nordsyrien finanziert.
Das heißt ebenfalls als Konsequenz, dass Deutschland mithilft, den
Geflüchteten aus Afrin, die ebenso in Zelten leben wie die Geflüchteten
aus Idlib, eine Rückkehr in ihre Heimatregion Afrin endgültig unmöglich
zu machen. Das betrifft auch die vor der Türkei geflüchteten Kurden,
Eziden, Christen und Araber aus Tall Abyad, den von Türken und
Jihadisten besetzten Städten Sere Kaniye, Gire Spi und der christlichen
Region um Tell Tamer. Viele von ihnen leben in Zelten oder in
öffentlichen Gebäuden in der Stadt Hasaka, in Dêrik oder in
Flüchtlingscamps im Nordirak…” Artikel von Elke Dangeleit vom 24. Januar 2020 bei telepolis , siehe dazu:
- Kritik an Merkels Hilfeangebot für türkische Besatzung in Nordsyrien
“Während die Angriffe der türkischen Armee auf mehrheitlich von
Kurd*innen besiedelten Dörfer und Städte in Nordsyrien andauern, traf
sich am gestrigen Freitag die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit
dem türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Istanbul. Neben Libyen,
Idlib und der Freilassung von in der Türkei inhaftierten Menschen mit
deutscher Staatsbürgerschaft war vor allem die Flüchtlingsfrage und die
Situation in Nordsyrien ein großes Thema der Gespräche. Merkel stellte
bei Ihrem Besuch der Türkei finanzielle Unterstützung für die besetzten
Gebiete in Nordsyrien in Aussicht. So könne man in Nordsyrien
Notunterkünfte für Flüchtlinge bauen. Angesichts der Lage der
Flüchtlinge im Winter werde die Bundesregierung prüfen, ob man dies
finanziell fördern könne, sagte Merkel und ergänzte: „Ich kann mir
vorstellen, dass wir für diese humanitäre Aktion deutsche Mittel geben
können.“ Mit keinem Wort ging die Bundeskanzlerin bei ihrem Türkeibesuch
auf die momentane Situation in Nordsyrien eingegangen. (…) Wenn Erdogan
das Ziel gehabt hätte, den Menschen in Nordsyrien zu helfen, dann hätte
er diese nicht umgebracht und aus ihren Häusern vertrieben. Diese
Menschen müssen unter internationaler Beobachtung zurück in ihre Häuser
geführt werden, um den von der Türkei beabsichtigten demographischen
Wandel in der Region zu stoppen. Hier könnte Deutschland Verantwortung
übernehmen, denn Hilfe leistet man nicht dem Aggressor, sondern den
Opfern.“” Meldung vom 25. Januar 2020 bei Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
- Siehe auch: Seit
dem Überfall der Türkei auf Nordsyrien wurde von der Bundesregierung
gefordert, Stellung zu beziehen. Jetzt hat sie es getan: Waffenbrüder
- medico international vor Merkels Ankara-Reise:
“EU-Türkei-Deal ist ein einziges Desaster” / Türkei wirft EU Bruch des
Flüchtlingsabkommens vor (wäre gut gewesen)
- medico international vor Merkels Ankara-Reise: “EU-Türkei-Deal ist ein einziges Desaster”
“Vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel in Ankara erhebt
die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico
international erneut schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen des
“EU-Türkei-Deals” und fordert ein politisches Programm für die Aufnahme
von Flüchtlingen in Europa. “Das Abkommen aus dem Jahr 2016 ist ein
einziges menschen- und asylrechtliches Desaster. Dabei ist vollkommen
egal, ob man auf die Zwecke des Abkommens schaut oder auf die Mittel
seiner Durchsetzung: Wir sehen Menschenrechtsverletzungen, soweit das
Auge reicht. Die Zustände auf den griechischen Inseln, die gefährlichen
Übergriffe der türkischen Küstenwache auf Flüchtlingsboote und die
Hunderttausenden neuen Flüchtlinge, die Erdogans Krieg gegen die Kurden
produziert hat: Das alles hat einen direkten Zusammenhang mit dem
Abkommen”, so Ramona Lenz, Referentin für Flucht & Migration bei
medico international. “Die permanente, öffentliche Verletzung von
Menschenrechten ist politisch gewollt: Sie soll Migranten abschrecken.”
Vor wenigen Tagen war im Internet ein Video aufgetaucht, in dem zu sehen
ist, wie die türkische Küstenwache ein Boot mit Flüchtlingen auf dem
Weg nach Europa rammt und abdrängt. Rund um die Hotspots auf den
griechischen Inseln sitzen derzeit über 40.000 Flüchtlinge in
hoffnungslos überbelegten Lagern fest, mehr als ein Drittel davon
Minderjährige. “Für all das trägt die EU direkt oder indirekt die
politische Verantwortung.” “Anstatt an dem gescheiterten Abkommen
festzuhalten, durch das Europa sich auch noch erpressbar gemacht hat,
braucht es dringend eine neue politische Grundlage für die Neuaufnahme
und Verteilung von Flüchtlingen und Migranten in Europa aus von Krieg
und Elend geplagten Regionen. Das Scheitern des Abkommens zeigt, dass
sich die Verantwortung Europas weder an Griechenland noch an die Türkei
delegieren lässt. Die Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Politik hat keine
Zukunft.” Pressemitteilung vom 23.01.2020 bei presseportal.de , siehe dazu:
- Türkei wirft EU Bruch des Flüchtlingsabkommens vor: EU habe
zugesagte Gelder nicht vollständig gezahlt / Offizieller Besuch Merkels
am Freitag geplant
“Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat vor dem
Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ankara der EU vorgeworfen,
die im Flüchtlingsabkommen zugesagten Gelder nicht vollständig gezahlt
zu haben. »Wir halten uns an das Abkommen und nehmen alle Flüchtlinge
zurück, die zurückgeschickt werden. Was ist mit der EU?«, sagte
Cavusoglu der »Bild« (Online). Die EU habe versprochen, Ende 2016 die
ersten drei Milliarden Euro zu zahlen, Ende 2018 weitere drei, sagte der
Minister und klagte: »Jetzt haben wir 2020, und wir haben noch immer
nicht die ersten drei Milliarden Euro vollständig erhalten.« Merkel
reist am Freitag zu einem offiziellen Besuch in die Türkei. Neben den
finanziellen Zusagen seien auch andere Zusagen nicht erfüllt worden: »Es
gab keine Erweiterung der Zollunion und auch kein neues Kapitel der
EU-Beitrittsverhandlungen«, kritisierte Cavusoglu. »Schon allein aus den
Gründen (…) hätten wir unsere Grenzen öffnen können«, sagte der
Minister. Trotz aller Kritik sei die Türkei aber für eine Fortsetzung
des Abkommens…” Agenturmeldung vom 23.01.2020 beim ND online
- Flüchtlingsdeal: Türkei forciert Umsiedlung, die EU zahlt weiter
“Die Türkei hat mit der umstrittenen Umsiedlung von Flüchtlingen in
die besetzten Gebiete in Nordsyrien begonnen. Die EU-Kommission scheint
das nicht zu stören – sie zahlt weiter. Sultan Erdogan will bis zu 3
Millionen Kriegsflüchtlinge aus Syrien, die sich derzeit noch in der
Türkei aufhalten, in die türkisch besetzten Gebiete im Norden des Landes
umsiedeln. Es ist ein “Bevölkerungsaustausch” – hier passt das Unwort
der Rechten, denn gleichzeitig werden die ansässigen Kurden vertrieben.
Mit dem Völkerrecht ist das nicht vereinbar. In der EU (und der Nato)
ging man denn auch davon aus, dass Erdogan seine Pläne nicht
verwirklichen würde. Doch nun hat die Umsiedlung begonnen., meldet
“Foreign Policy” (…) Die Zwangs-Umsiedlungen würden von Gräueltaten
begleitet, schreibt das renommierte amerikanische Blatt. Doch bisher
schweigt der “freie Westen” zu diesem und anderen Berichten. Die EU geht
sogar noch weiter – und brüstet sich damit, bald die vereinbarten 6
Mrd. Euro aus dem Flüchtlingsdeal überwiesen zu haben, den Kanzlerin
Merkel mit Erdogan ausgehandelt hatte. (…) Und da die vereinbarte Summe
ausgeschöpft ist, dürfte auch bald die nächste Rechnung aus Ankara
kommen…” Meldung von Eric Bonse bei Lost in Europa vom 10. Dezember 2019
- [Video] Türkei: Abschiebung in den Unrechtsstaat
“Oppositionellen drohen in der Türkei Schauprozesse und willkürliche
Verhaftungen. Das haben zahlreiche Beispiele bereits gezeigt. Trotzdem
scheut Deutschland nicht davor zurück, Oppositionelle in die Türkei
abzuschieben – und kooperiert dabei sogar mit den dortigen Behörden.” Video des Beitrags von Andreas Maus, Heiner Hoffmann und Amin Qasem in der Monitor-Sendung am 05.12.19 (07:41 Min.)
- Merkel trifft Erdogan bei NATO-Gipfel: „Europas
Migrationspolitik schafft neue Fluchtursachen“. medico international
fordert ein sofortiges Ende des EU-Türkei-Deals, anstatt die „skandalöse
Kooperation“ fortzusetzen
“Am Rande des bevorstehenden NATO-Gipfels soll es heute ein
vertrauliches Treffen von Bundeskanzlerin Merkel, dem französischen
Präsidenten Macron und dem britischen Premierminister Johnson mit dem
türkischen Präsidenten Erdogan geben. Laut mehreren Medienberichten soll
es dort auch um eine weitere Aufstockung der Zahlungen im Rahmen des
EU-Türkei-Deals sowie um die Fortsetzung der migrationspolitischen
Zusammenarbeit gehen. Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico
international fordert ein sofortiges Ende des EU-Türkei-Deals, anstatt
die „skandalöse Kooperation“ fortzusetzen. (…)Die von der Türkei
angekündigte Zwangsansiedlung syrischer Flüchtlinge in den neu besetzten
Gebieten sei der nächste Schritt einer ethnischen Säuberung. „Erdogans
Ziel war und ist es, zusammenhängende Gebiete unter kurdischer Kontrolle
zu verhindern. In den nun von türkischen Milizen besetzten Gebieten war
der Wiederaufbau nach dem syrischen Bürgerkrieg weit fortgeschritten
und das multiethnische Zusammenleben beispielhaft. Jetzt betreibt
Erdogan Bevölkerungspolitik und zerstört das mühsam aufgebaute
multiethnische Projekt. Dieser Plan ist ein Verstoß gegen die Genfer
Flüchtlingskonvention, die untersagt, Schutzbedürftige in
völkerrechtswidrig besetzte Gebiete umzusiedeln.“…” Pressemitteilung vom 3.12.2019 von und bei medico international , siehe dazu:
- Türkei-Skandal weitet sich aus: 4000 Personalakten
beschlagnahmt? PRO ASYL und Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern
Abschiebungsstopp in die Türkei
“Türkischen Nachrichten zufolge sind in der Türkei weitaus mehr
Akten beschlagnahmt worden als bislang von der Bundesregierung
eingeräumt. Damit würde sich unsere Vermutung bestätigen, dass nicht nur 283 Personalakten betroffen sind, wie von Auswärtigen Amt behauptet, sondern erheblich mehr. Türkische Quellen sprechen von mehr als 4000 beschlagnahmten Akten .
Im Haus des Yilmaz S., so heißt es, seien 9 Ordner mit insgesamt 4.000
Akten von Mitgliedern der Gülen-Bewegung und kurdischen Aktivist_innen
(i.O. PKK-Anhäger) und auf seinem Konto 5 Millionen Euro gefunden
worden. Yilmaz S. sei auch für die Botschaft der Niederlande und
Norwegens tätig gewesen. Auch Akten von Asylantragssteller_innen in
diesen Staaten seien gefunden worden. Weiter heißt es in
türkischen Zeitungen, Yilmaz S. habe Berichte/Gutachten über politische
Themen und die Situation in den Gefängnissen erstellt. Ihm wird
„unbefugte Nutzung persönlicher Daten“, „politische Spionage“ sowie die
„Verletzung der Vertraulichkeit von Ermittlungen“ vorgeworfen. Auch die
in seinem Haus gefundenen digitalen Medien wie Computer und Festplatten
würden derzeit untersucht. Seit 1997 seien Geldflüsse von der Deutschen
Botschaft und seit etwa 10 Jahren auch von der Norwegischen und
Niederländischen Botschaft an Yilmaz S. zu verzeichnen. Wir müssen nun
davon ausgehen, dass erheblich mehr Menschen infolge der Beschlagnahmung
ihrer Personalakten mit einer politischen Verfolgung in der Türkei
rechnen müssen als bislang zugegeben. Bis zur Klärung der Dimension
dieses Skandals und seiner Auswirkungen für die Betroffenen fordern wir
einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp in die Türkei! Darüber
hinaus fordern wir eine Asylanerkennung aller betroffenen Flüchtlinge
sowie sofortige Maßnahmen zum Schutz von Familienmitgliedern, die
infolge der Beschlagnahmung der Akten mit einer politischen Verfolgung
rechnen müssen…” Mitteilung vom 29. November 2019 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen
- EU-Geld für die Türkei: Merkel verspricht Erdogan Flüchtlingshilfen
“Vor drei Jahren schließen die EU und die Türkei einen Deal. Er
sieht vor, dass die europäischen Länder Erdogan finanziell bei der
Versorgung von Flüchtlingen helfen – wenn er die Überfahrten von
Flüchtlingen auf die griechischen Inseln unterbindet. Damit das so
bleibt, sagt Kanzlerin Merkel neue Hilfen zu. Bundeskanzlerin Angela
Merkel stellt der Türkei frisches Geld für die Versorgung syrischer
Flüchtlinge in Aussicht. Merkel sagte nach einem Treffen mit dem
kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenkovic in Zagreb,
gegebenenfalls müsse man der Türkei für die vielen Aufgaben bei der
Beherbergung der 3,5 Millionen Menschen weitere Hilfen geben. “Dazu wäre
ich zum Beispiel bereit.”…” Agenturmeldung vom 20. November 2019 bei n-tv.de
- Syrien-Offensive: Erdoğan droht mit Ende des EU-Flüchtlingsdeals
“Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Europäische
Union aufgefordert, die Militäroperation seines Landes in Nordsyrien
nicht als Invasion zu bezeichnen. Er verband das mit der Drohung,
Flüchtlingen in seinem Land den Weg nach Europa zu öffnen. Damit nahm er
Bezug auf den Deal, den die EU 2016 mit der Türkei getroffen hatte.
Wörtlich sagte Erdoğan: “Hey, Europäische Union. Reißt Euch zusammen.
Seht, ich sage es noch einmal: Wenn ihr versucht, unsere aktuelle
Operation als Besatzung zu bezeichnen, dann haben wir leichtes Spiel.
Dann öffnen wir die Türen und schicken euch (die) 3,6 Millionen
Flüchtlinge”, sagte Erdoğan in einer Rede vor Mitgliedern seiner
Regierungspartei AKP am Donnerstag: Er wiederholte mehrmals: “Dann
öffnen wir eben die Türen.”…” Agenturmeldung vom 10. Oktober 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online
- Trotz drohenden türkischen Einmarschs in Nord-Syrien: EU
setzt weiter auf Deal mit der Türkei. PRO ASYL wirft den
EU-Innenministern angesichts der Eskalation der Türkei-Syrienkrise
Totalversagen vor
“PRO ASYL- Geschäftsführer Günter Burkhardt wirft angesichts des
drohenden Einmarschs der Türkei in Nordsyrien den EU-Innenministern
»Totalversagen« vor. Trotz der desaströsen Menschenrechtslage in der
Türkei und der türkischen Militäroffensive in Nord-Syrien hofieren die
europäischen Staaten weiter Erdogan. PRO ASYL wirft den Staaten Europas
vor, die Entwicklungen in der Türkei nur unter dem Gesichtspunkt der
Flüchtlingsabwehr zu betrachten. Burkhardt: »Innertürkische Repressionen
gegen Oppositionelle, Verfolgungsdruck auf syrische und andere
Flüchtlinge und nicht zuletzt die drohende Militäroffensive in
Nord-Syrien, die viele Menschen neu in die Flucht schlagen wird, machen
Erdogan zu einem Fluchtverursacher. Die EU verschließt konsequent die
Augen.« Beim EU-Innenminister-Treffen in Luxemburg wurde einmal mehr die
Partnerschaft mit der Türkei betont. Zeitgleich ist für die in
Griechenland ankommenden Schutzsuchenden weder Aufnahme noch Zugang zum
Asyl geplant. Stattdessen baut der deutsche Innenminister ein neues
Bedrohungsszenario von einer neuen »Flüchtlingswelle« wie 2015 auf und
will die türkische Küstenwache stärken. Dass das Regime in der Türkei
massiv Oppositionelle verfolgt und zur Flucht zwingt, wird
unterschlagen. Vor Erdogans militärischer Offensive in Nord-Syrien
verschließen die EU-Innenminister komplett die Augen. Dabei bahnt sich
in Nord-Syrien die nächste Flüchtlingstragödie an – auf Betreiben
Erdogans. Der Einmarsch der Türkei in Nord-Syrien wird zu einer weiteren
Eskalation des Konflikts in Syrien führen und dürfte noch mehr Flucht
und Verfolgung vor allem innerhalb der kurdischen Bevölkerung
verursachen. Nicht zuletzt plant Erdogan, Millionen syrischer
Flüchtlinge nach Nord-Syrien zu verfrachten, nachdem er die kurdische
Bevölkerung von dort vertrieben hat. Dies wird längst vorbereitet: Die
Situation für syrische Flüchtlinge in der Türkei verschlechtert sich zusehends . Die türkischen Behörden sind längst dazu übergegangen, Syrer*innen zu Hunderten aus der Türkei nach Syrien abzuschieben…” Pressemitteilung vom 08.10.2019 (Siehe zum Hintergrund unsere Materialsammlung „Hände weg von Rojava – jetzt erst recht!“ vom 09. Oktober 2019)
- Seehofer verteilt Süßes an die türkische Regierung: Der
deutsche Innenminister verspricht mehr Geld und lobt die Leistungen der
Türkei in der Flüchtlingspolitik als “welthistorisch”
“… Das rigide Vorgehen der Türkei gegen Kritiker und politische Gegner hat eine Dimension, die nicht zu übersehen ist. Seehofer
verdrängte das, ihm war das EU-Flüchtlingsabkommen und der Schock von
2015 wichtiger, was zu dem Satz führte: “Ich habe nichts zu kritisieren
an der Arbeit der Türkei” und zum Versprechen, wo immer man einen
Beitrag leisten könne, sei man bereit. Beides steht im erwähnten Tagesschau-Bericht , der überschrieben ist mit: “Türkei kann auf mehr EU-Gelder hoffen”. Summen
werden dort nicht genannt. Türkische Publikationen präsentieren dagegen
Forderungen, die hierzulande nicht auftauchen. Haben sie keine
ernsthafte Grundlage oder werden sie einfach nur verdrängt? Keine der bisherigen Zusagen der Flüchtlings-Abmachung zwischen der EU und der Türkei wurde eingehalten, berichtet
die englischsprachige Hurriyet Daily News und listet auf: Die EU habe 6
Milliarden Euro versprochen, um die Lebensbedingungen der syrischen
Flüchtlinge in der Türkei zu verbessern, bis Juni seien davon aber nur
2,22 Milliarden angekommen. Das Abkommen habe versprochen, dass
für jede(n) syrische(n) Staatsbürger(in), die oder der von Griechenland
in die Türkei zurückgebracht wird, die EU ihrerseits einen syrischen
Flüchtling aus der Türkei in der EU ansiedeln soll. Seit 2026 hätten die
EU-Mitgliedsländer aber nur 20.000 syrische Flüchtlinge aus der Türkei
übernommen. Wie viele Flüchtlinge aus Syrien von Griechenland in die
Türkei zurückgebracht worden sind, nennt die Zeitung nicht...” Artikel von Thomas Pany vom 04. Oktober 2019 bei telepolis
- Türkei will Syrer zurückführen: Erdogan plant neuen Flüchtlings-Gipfel mit Merkel
“Die EU ist wegen der wieder wachsenden Migrantenzahlen alarmiert.
Der türkische Präsident will die Lage für sich nutzen – bei einer
Konferenz im Oktober. Die syrische Provinz Idlib mit ihren drei
Millionen verzweifelten Menschen liegt ganz nah an Europa – jedenfalls
nach der politischen Geographie von Recep Tayyip Erdogan. Was in Idlib
geschehe, betreffe nicht nur die Türkei, sondern ganz Europa, sagte der
türkische Präsident gerade in Ankara. Mit dem Hinweis verstärkte Erdogan
seine Forderung an die Europäer, ihn in der Flüchtlingspolitik und
besonders bei der geplanten Einrichtung einer „Schutzzone“ in Syrien zur
Rückführung von Flüchtlingen zu unterstützen. Bis zu drei Millionen
Syrer könne die Zone fassen, wenn sie entsprechend ausgedehnt werde,
sagte Erdogan. (…) Europa soll ihm bei diesem Vorhaben helfen. Der
Präsident weiß, dass die EU wegen der erneut steigenden
Flüchtlingszahlen in Griechenland alarmiert ist. Die Türkei, die bereits
3,6 Millionen Syrer aufgenommen hat, rechnet mit bis zu einer Million
zusätzlichen Flüchtlingen aus Idlib, falls sich die Kämpfe dort
verschärfen sollten. Mit der Drohung, notfalls „die Tore zu öffnen“ und
die Syrer nach Europa reisen zu lassen, will er die EU zur Unterstützung
seiner Politik drängen…” Artikel von Thomas Seibert vom 19.09.2019 beim Tagespiegel online
- Flüchtlinge aus Syrien: Erdogan droht der EU
“Der türkische Präsident beklagt mangelnde Unterstützung. Sollten
die von ihm beabsichtigten “Schutzzonen” in Syrien nicht verwirklicht
werden, würde die Türkei die Grenzen zu Europa öffnen
Die Türkei werde ihre Grenzen zu Europa öffnen, wenn keine
Sicherheitszone in Syrien verwirklicht wird, zitiert die
englisch-sprachige Hürriyet-Ausgabe Erdogan am späten Donnerstag.
Demnach macht der türkische Präsident der internationalen Gemeinschaft
und besonders der Europäischen Union den Vorwurf, dass sie die Türkei
nicht genügend bei der Unterbringung und Versorgung unterstützen.
Berichte, wonach der EU-Flüchtlingsdeal auf der Kippe steht, und die
Zahlungen dabei eine große Rolle spielen, gab es bereits in den letzten
Tagen (Der Flüchtlingsdeal wackelt). Laut Aussagen von Touristen auf der
griechischen Insel Lesbos sollen deutlich mehr Boote mit Flüchtlingen
an Bord dort ankommen, angeblich drehen Schiffe der türkischen
Küstenwache gut sichtbar ab. Dass dies keine bloße subjektive
Wahrnehmung von Feriengästen ist, zeigt sich an der Reaktion der
griechischen Regierung, die damit zu tun hat, dass die Flüchtlingszahlen
auf den griechischen Inseln wieder steigen…” Artikel von Thomas Pany vom 06. September 2019 bei telepolis
- Der Flüchtlingsdeal wackelt: EU und Türkei streiten sich über Gelder, während immer mehr Syrer abgeschoben werden
“… Mehrfach wurden die Geflüchteten zum Spielball in Wahlkämpfen,
und während Erdogan sich anfangs noch für sie eingesetzt hat, ist auch
in der AKP inzwischen die Stimmung gekippt. In Umfragen spricht sich
eine Mehrheit der türkischen Bürger dafür aus, die Menschen
abzuschieben. Rund dreieinhalb Millionen Syrer leben aktuell noch in der
Türkei. Und während es manchen gelungen ist, Fuß zu fassen, eine Arbeit
zu finden, sich etwas aufzubauen, lebt die Mehrzahl doch in Armut am
Rande der Gesellschaft und ist ständigem Rassismus ausgesetzt. Im
Konflikt mit Deutschland hatte Erdogan mehrmals gedroht, den Deal
platzen zu lassen und die Syrer mit Bussen an die EU-Grenze zu bringen.
Inzwischen geht es in die andere Richtung. Hunderttausende Syrer sollen
nach Syrien abgeschoben werden – und viele ausgerechnet ins umkämpfte
Idlib. Mitten ins Kriegsgebiet. Wie Human Rights Watch berichtet werden
viele Syrer gezwungen, Dokumente zu unterzeichnen, in denen sie
zusichern, “freiwillig” auszureisen. Wer die Unterschrift verweigert,
wird demnach inhaftiert. Auch von Misshandlungen durch Polizisten ist
die Rede. Für Probleme sorgen auch die der Türkei für den Deal
zugesagten Milliardensummen. Denn da die Hilfsprojekte für Geflüchtete,
an die die Gelder gebunden sind, von der Türkei nur langsam oder gar
nicht angegangen werden, herrscht nun Streit darüber, ob und auch wie
weitere Zahlungen geleistet werden sollen. Deutschland hatte mit einer
Milliarde Euro bislang den größten Posten übernommen. Außerdem fordert
die Türkei mehr Kontrolle darüber, an welche Hilfsorganisationen die
Gelder gehen…” Artikel von Gerrit Wustmann vom 02. September 2019 bei telepolis
- Zurück in den Knast: Wie Europa türkische Regimegegner an die Türkei ausliefert
“Georg Restle: „Vermummte Männer, die sich auf Menschen stürzen; sie
schwer verprügeln und misshandeln; sie auf ein Schlauchboot schleppen,
um sie über die Grenze zu schaffen. Dorthin, wo ihre Verfolger nur auf
sie warten, um sie gefangen zu nehmen. Nein, das ist kein Horrorfilm,
sondern seit Monaten Realität an der europäischen Außengrenze. Und das
alles unter den Augen europäischer Grenzschützer. (…) Andreas Maus war
an einer der am besten gesicherten Außengrenzen der EU unterwegs und hat
mit Menschen gesprochen, die Europa von seiner hässlichsten Seite
erlebten. (…) ‘In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und
sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und
universellen Werte der Würde des Menschen.’ So steht es in der
Grundrechtecharta der Europäischen Union. Wäre gut, wenn das endlich
auch an den Außengrenzen der EU gelten würde.“ Bericht von Andreas Maus bei Monitor vom 8. August 2019 (Videolänge: 10:16 Min., in der ARD-Mediathek abrufbar bis zum 30. Dezember 2099)
- Steigt die Türkei aus dem EU-Türkei-Deal aus?
“Nach Angaben türkischer Medienberichte könnte sich die Türkei aus
dem sogenannten EU-Türkei-Deal zurückziehen. Grund dafür sei die
Nicht-Einhaltung bestimmter im Deal vereinbarter Gegenleistungen seitens
der EU, so türkische Regierungsbeamte. Darunter falle unter anderem die
im Zuge des Deals zugesicherte Visa-Freiheit für türkische
Bürger*innen. Besagte Visafreiheit sorgte schon in der Vergangenheit für
Spannungen zwischen der EU und der Türkei. So drohte die Türkei bereits
im November 2016 mit der Aufkündigung des Deals. Der EU-Türkei-Deal ist
eine im März 2016 verabschiedete Vereinbarung zwischen der EU und der
Türkei. Der Deal: finanzielle Entschädigungen und Visafreiheiten für
türkische Bürger*innen gegen Grenzsicherung und Flüchtlingsabwehr…” Meldung vom 23. Juli 2019 bei FFM-Online
- Gefangene des Deals. Die Erosion des europäischen Asylsystems auf der griechischen Hotspot-Insel Lesbos
“Der EU-Türkei-Deal vom 18. März 2016 bildet eine der zentralen
Antworten auf die (Flucht-)Migration nach Europa in den Jahren 2015/16,
die als sogenannte ›Flüchtlingskrise‹ rezipiert wurde. Einerseits sollte
Migration drastisch reduziert und andererseits eine humanitäre Aufnahme
von Geflüchteten aus der Türkei nach Europa ermöglicht werden. Doch
anstelle eines ausgeklügelten Systems der Rückübernahme hat die
EU-Türkei-Erklärung zu einer umfassenden Entrechtung von MigrantInnen
geführt. Der militarisierte Grenzschutz wurde aufgestockt und viele
Fliehende werden gewaltsam an der Flucht über die Ägäis gehindert. Die
griechischen Hotspot-Inseln vor der türkischen Küste wurden in
Sonderrechts-Zonen und Freiluftgefängnisse verwandelt, in denen Menschen
über Monate und Jahre ausharren und auf die Entscheidung ihres
Asylverfahrens warten müssen. Nach der Rückführung in die Türkei werden
die meisten Menschen dort inhaftiert und schließlich weiter in ihr
Herkunftsland abgeschoben. Der formal und rechtlich nicht kodifizierte
EU-Türkei Deal bildet somit eine Blaupause der europäischen
Externalisierung von Migrationskontrolle in außereuropäische
Drittstaaten. Dies führt zu einer grundlegenden Entrechtung von
Schutzsuchenden und zur Aushöhlung des europäischen Asylsystems.” Bericht von Valeria Hänsel vom Mai 2019 (154 Seiten) beim bordermonitoring.eu e.V. als pdf-Datei sowie in Print-Version für 9 Euro bestellbar – siehe dazu auch unser Dossier: Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren
- 5000 gaben freiwillig auf: EU-Türkei-Deal sorgt für Zufriedenheit der EU und unhaltbare Zustände in Griechenland
“Fast drei Jahre ist das umstrittene Abkommen zwischen EU und der
Türkei alt. Am 18. März 2016 einigten sich die Staats- und
Regierungschefs der EU auf den Deal, den die Türkei angeboten hatte;
zwei Tage später trat er in Kraft. Gerade in Deutschland gilt es als
Mustervertrag, auch weil die Bundeskanzlerin maßgeblich zu seinem
Zustandekommen beitrug. Sein Ziel ist die Rückführung von Flüchtlingen,
die Griechenland über die Türkei erreichen. Nach welchen Kriterien die
Menschen ausgewählt werden, ist rechtsstaatlich umstritten. (…) In einer
Kleinen Anfrage hat die LINKE im Bundestag sich erkundigt, wie der
Vertrag zwischen EU und Türkei sich in der Praxis auswirkt. Unter
Berufung auf die griechische Regierung teilt die Bundesregierung mit,
momentan lebten 11 752 Asylsuchende in den fünf Hotspots. Im letzten
Jahr hätten knapp 5000 Asylsuchende Griechenland über Rückkehrprogramme
freiwillig verlassen, weitere 322 wurden demnach in die Türkei
abgeschoben. Die Formulierung, die Freiwilligen hätten das
»Rückkehrprogramm genutzt«, um in die Türkei zurückzukehren, kann man im
Wissen um die Bedingungen in den Lagern auf den griechischen Inseln,
bei denen die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl von Freiluftgefängnissen
spricht, allerdings nur zynisch nennen. Den reichlich 5000 Menschen, die
diesen Angaben zufolge in die Türkei zurückkehrten, stehen knapp 7000
syrische Flüchtlinge gegenüber, die die EU von der Türkei übernommen
hat. Denn der Vertrag sieht vor, dass für jeden Syrer, der in die Türkei
zurückgeschickt wird, ein anderer Syrer legal in die EU einreisen
dürfen soll. (…) Die LINKE weist jedoch darauf hin, dass die Lage der
geflüchteten Menschen in der Türkei ebenfalls problematisch sei. Ulla
Jelpke: »Die Bundesregierung redet sich den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal
weiterhin schön – Hauptsache die Flüchtlinge werden von der Weiterreise
in die EU abgehalten.«…” Beitrag von Uwe Kalbe bei neues Deutschland vom 4. März 2019
- Ende des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals?
“… Nichtregierungsorganisationen reagierten eher skeptisch auf das
Urteil des griechischen Gerichtshofes. »Die Entscheidung beendet vorerst
die willkürliche Praxis, die griechischen Inseln zu
Freiluftgefängnissen zu machen«, sagte Karl Kopp von Pro Asyl gegenüber
»nd«. Der Europa-Verantwortliche des Vereins befürchtet jedoch eine
Verhinderung der Entscheidungsimplemetierung durch Athen und die EU. »Um
die Abschreckung durch Festsetzen hochzuhalten, wird schnell eine neue
Regelung kommen und das Haftregime auf den Inseln ausgebaut werden.« Für
Berlin und Brüssel würde ohne eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit
der Deal »sterben«. Auch Harald Glöde von »Borderline Europe« teilte
diese Einschätzung: »Wir befürchten, dass die EU Druck ausüben wird,
damit Neuankömmlinge die Inseln nicht verlassen können.« Die griechische
Regierung sei schon zuvor gezwungen gewesen, ihre Rechtssprechung den
Anforderungen des Türkei-Deals »anzupassen«. Lisa Groß, Mitglied der
zivilgesellschaftlichen Beobachtungsmission »Mare Liberum«, kritisierte
gegenüber »nd« eine fehlende Regelung für die Geflüchteten, die sich
bereits auf den Inseln befinden: »Die Entscheidung gilt nur für neu
ankommende Migranten und verbessert damit nicht die Lage von den
Tausenden Menschen, die seit Monaten unter unmenschlichen Bedingungen
auf den griechischen Inseln festsitzen.« Das Urteil könne zudem
möglicherweise dazu führen, dass wieder mehr Migranten in
seeuntauglichen Booten die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland
antreten.” Beitrag von Sebastian Bähr bei neues Deutschland vom 19. April 2018
- Gipfel gegen Geflüchtete. Bei EU-Türkei-Treffen werden Menschenrechte kaum Thema sein
“Seit Anfang des Jahres hat Bulgarien die Ratspräsidentschaft inne
und organisiert das am Montag bevorstehende Treffen zwischen EU und
Türkei. Teilnehmen werden unter anderen EU-Ratspräsident Donald Tusk und
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, wie auch der türkische
Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Bereits im Vorfeld wurde von der
EU-Kommission mitgeteilt, dass erneut drei Milliarden Euro freigegeben
werden, die an die Türkei fließen sollen, da die alte Tranche von drei
Milliarden Euro aus dem Deal von 2016 aufgebraucht sei. Der Europäische
Rechnungshof kritisierte generell Finanzhilfen der EU an die Türkei, da
diese nicht in ausreichendem Maß an Bedingungen geknüpft seien und die
EU-Kommission nicht genug in die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz,
der Pressefreiheit und der Zivilgesellschaft investiert habe.
Fragwürdig bleibt die Zusammenarbeit mit der Türkei auch, da diese immer
weniger einen sicheren Ort für Geflüchtete darzustellen scheint. Ebenso
wie die EU Möglichkeiten sucht, illegale Migration zu verhindern,
schottet sich auch die Türkei ab…” Artikel von Mathias Fiedler vom 26.03.2018 beim ND online
- Türkei und EU: Der Deal mit Erdoğan sollte ausgesetzt werden
“Durch den Einmarsch im syrischen Afrin produziert die Türkei
inzwischen selbst Flüchtlinge. So mutet das Flüchtlingsabkommen mit der
EU grotesk an. (…) Der Westen ist auch nicht ganz unschuldig an der
verworrenen Lage im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Deutschland, Europa,
der Westen insgesamt haben sich zu wenig für die Sicherheitsbelange der
Türkei interessiert, der Kampf gegen den IS dominierte alles. Alle
wussten, dass Ankara sich durch jene kurdischen Kräfte bedroht fühlt,
die der Westen als Verbündete gegen den IS betrachtet. Nur redete kaum
einer offen über die Nähe der kurdischen Anti-IS-Kämpfer zur
terroristischen kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei – außer der
Regierung in Ankara, die es dafür unaufhörlich tat. Der Umgang der
Türkei mit Afrin überfordert Deutschland; die EU muss hier eine
gemeinsame Antwort finden. Es geht um mehr als Afrin, es geht um die
Zukunft der Kurden. Sie sind dabei, alles zu verlieren…” Kommentar von Mike Szymanski vom 22. März 2018 bei der Süddeutschen Zeitung online
- Bitteres Jubiläum: Der Deal, das Leid der Flüchtlinge in der
Ägäis und ein völlig enthemmter türkischer »Partner«. PRO ASYL:
Schäbigen Deal mit Erdogan beenden!
“Zum 2. Jahrestag der Umsetzung des sogenannten Flüchtlingsdeals mit
Erdogan gibt es wieder tote Geflüchtete in der Ägäis und der »Partner
der EU« bei der Flüchtlingsabwehr, die Türkei, führt einen
völkerrechtswidrigen Angriff in Nordsyrien. Mehr als 150.000 Menschen
flohen bereits aus der Stadt Afrin. PRO ASYL fordert, endlich den
schäbigen Deal zu Lasten der Flüchtlingsrechte zu beenden. Die Türkei
ist kein »sicherer Drittstaat«. Erdogan produziert mittlerweile die
Flüchtlinge im eigenen Land und in Nordsyrien, für deren »Abwehr« er
sich von der EU hofieren und bezahlen lässt. Seit Inkrafttreten des
EU-Türkei-Deals am 20. März 2016 herrscht ein permanenter
Ausnahmezustand auf den Inseln in der Ägäis. Sie wurden zu einem
Freiluftgefängnis für Tausende Schutzsuchende. Das griechische Asylrecht
wurde mehrfach auf Druck aus Brüssel und Berlin verschärft, um es mit
dem Türkei-Deal kompatibel zu machen: Rechtsstaatlichkeit und
Unabhängigkeit der sich erst im Aufbau befindenden griechischen
Asylinstitutionen werden dabei geopfert. Circa 13.000 Flüchtlinge
vegetieren aktuell in den Lagern – den sogenannten EU- Hotspots – unter
unmenschlichen Bedingungen vor sich hin…” Pressemitteilung vom 20.03.2018 von und bei Pro Asyl , siehe auch den internationalen Aufruf “Stop The Toxic Deal NOW”
- Türkei: Das EU-Flüchtlingsabkommen – Eine Bilanz
“Seit zwei Jahren ist das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei in
Kraft. Im Zentrum der Diskussion steht das Geld, das die EU der Türkei
zur Regulierung der Flüchtlingsströme und Versorgung der Menschen
überweist. (…) Nach Angaben der Vereinten Nationen befanden sich in der
Türkei 2.900.000 Flüchtlinge. Ihre Zahl stieg nach Angaben der Türkei
zuletzt auf rund 3.500.000 an. Immer wieder wiederholte die Türkei, sie
werde das Abkommen aufkündigen, weil zum einen der vereinbarte Betrag
nicht ausgezahlt und die im Rahmen des Abkommens vorgesehene
Visa-Freiheit für türkische Bürger nicht umgesetzt wurde. (…) Die
Expertin für Asylpolitik, Dr. Başak Yavçan von der Wirtschafts- und
Technologie Universität der Union der Kammern und Börsen, betont, dass
viel Geld für die hohen administrativen Kosten von internationalen
zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgegeben wurde. Aus diesem
Grund habe weniger Geld die Flüchtlinge erreicht, so Yavçan. (…) Die EU
stellt weitere Milliarden für Flüchtlinge in der Türkei zur Verfügung.
Doch wofür soll dieses Geld eingesetzt werden? Damit es nicht zu
Verzögerungen wie bei der ersten Tranche der Hilfe kommt und damit die
von der EU zur Verfügung gestellten Ressourcen transparenter werden,
müssten auch die Stadtverwaltungen in der Türkei Projektanträge stellen,
so Nas. Während bei der ersten Hälfte der Hilfen die unmittelbaren
Bedürfnisse der Flüchtlinge im Zentrum standen, müsste die zweite Hälfte
für kulturelle Integration, das Erlernen der Sprache, die
Berufsausbildung und Beschäftigung verwendet werden, erklärte Nas. In
Zukunft müsse sich die Türkei bezüglich des Abkommens eine Frage
stellen, so Nas: „Wie soll die Zukunft der Syrer aussehen?” Das
wichtigste für die Flüchtlinge sei jetzt, dass sie die Sprache sowie
einen Beruf erlernen sowie Arbeit finden, so Yavçan. Derzeit hätten nur
20.000 Syrer eine Arbeitserlaubnis, mindesten 800.000 Syrer arbeiteten
illegal, viele von ihnen Kinder, erklärte sie.” Bericht von Gezal Acer vom 18. März 2018 bei DW online
- [Besteht ein Zusammenhang zwischen Vertreibung der Kurden aus Afrin und EU-Flüchtlingsdeal?] Erdoğan-Verbündete erobern Afrin
“… Auch wenn es zuletzt noch den Vorwurf gab, die türkische
Luftwaffe habe das einzige Krankenhaus von Afrin zerbombt, hat die
türkische Armee doch darauf geachtet, dass möglichst viele Gebäude in
der Stadt unversehrt bleiben. Das hatte nicht unbedingt nur humanitäre
Gründe, wie die türkische Regierung immer behauptete, sondern dient vor
allem einem politischen Ziel. In den gesamten Kanton und in die Stadt
Afrin selbst sollen nach der Vertreibung der YPG möglichst viele
syrische Flüchtlinge aus der Türkei gebracht werden. Eine Stadt in
Trümmern wäre für dieses Ziel wenig hilfreich…” Artikel von Wolf Wittenfeld bei der taz online vom 18. März 2018
- Schutz-Roulette in der Ägäis: Zwei Jahre nach dem Deal mit der Türkei
“Wie dramatisch die Auswirkungen des EU-Flüchtlingsdeals sind, zeigt
der Fall des 19-jährigen Humam aus Syrien. Er floh gemeinsam mit seinem
kranken Vater. In der Türkei wurden sie in Haft misshandelt und an der
Grenze beschossen. Endlich in Griechenland angekommen, droht Humam die
Abschiebung in die Türkei. Ein Fall aus der Arbeit von PRO ASYL/RSA.
(…)Es gab klare Hinweise darauf, dass Humam Opfer von Gewalt und
Misshandlungen wurde und dass er an einer posttraumatischen
Belastungsstörung leidet. Dennoch wurde er während des gesamten (Asyl-)
Zulässigkeitsverfahrens nicht ein einziges Mal medizinisch bzw.
psychiatrisch untersucht. Auch die »besondere Verletzlichkeit« seines
Vaters, der direkt von Humams Hilfe abhängig ist, wurde sehr spät
festgestellt. Die griechischen Behörden behandelten Humams Fall und den
seines Vaters auf widersprüchliche und unmenschliche Weise. Sie
gefährdeten damit die physische und psychische Gesundheit der beiden
Schutzsuchenden. Trotz der erfahrenen Menschenrechtsverletzungen in der
Türkei wurden die Flüchtlingsrechte von Vater und Sohn in einem
Verfahren, das nichts mit einem fairen Asylverfahren gemein hat, grob
verletzt.” Bericht von und bei Pro Asyl vom 16. März 2018
- [Flüchtlingsdeal mit der Türkei] Immer teurer, immer brutaler
“Der umstrittene Flüchtlingsdeal mit der Türkei wird noch teurer –
dabei funktioniert er immer weniger. Das sagen nicht irgendwelche
Kritiker, sondern der Politikberater G. Knaus, der Kanzlerin Merkel zu
dem Deal überredete. “Was überhaupt nicht geklappt hat – und das
gefährdet heute das gesamte Abkommen – ist fast alles, was die Umsetzung
auf den ägäischen Inseln und in Griechenland betrifft”, sagte Knaus der
dpa. Der Experte kritisiert, dass die Asylverfahren in Griechenland
viel zu lange dauerten und daher kaum Menschen in die Türkei
zurückgeschickt würden, wie es ursprünglich vorgesehen war. Doch wer ist
dafür verantwortlich? Das sagt der Merkel-Flüsterer nicht. Offenbar
versagen nicht nur die griechischen Behörden, sondern auch all jene
EU-Länder, die Hilfe versprochen hatten. Dazu zählt auch Deutschland.
(…) Trotzdem will die EU noch einmal drei Milliarden Euro für Merkels
Flüchtlingsdeal locker machen. Das Geld wäre besser angelegt, wenn man
es auf den griechischen Inseln und in ein europäisches Asylsystem
stecken würde…” Beitrag vom 15. März 2018 von und bei Lost in Europe
- [18. März 2018] Aufruf zum Internationalen Tag gegen Krieg
der EU gegen Flüchtlinge – aus Anlass des zweiten Jahrestags des Deals
mit Erdogan
Das City Plaza Hotel in Athen ruf zum Internationalen Tag gegen die
Flüchtlingspolitik der EU auf – am zweiten Jahrestag der Unterzeichnung
des Paktes gegen die Flüchtlinge zwischen der EU und der Türkei. In dem Aufruf
„International call for the 17th March 2018 – European day against all
anti-migration policies between states“ am 30. Januar 2018
auf der Fratzebuch-Seite des „besten Hotels Europas“ werden die
verschiedenen Abkommen gegen flüchtende Menschen mit den diversen, mehr
als dubiosen, Regimes nochmals skizziert, und dazu aufgerufen, dagegen
zu protestieren am 18. März 2018. Der Aufruf richtet sich gegen „das
kriminelle Regime der Festung Europa“, die Finanzierung des Terrors
gegen Flüchtlinge in Libyen und fordert ein Ende des Krieges gegen die
Flüchtlinge und ein Recht auf freie Mobilität und Sicherheit. Inzwischen
ist der Aufruf nicht nur von verschiedenen Gruppen in Griechenland
aufgenommen worden, sondern auch in Italien und Frankreich wird er
bereits verbreitet und es werden Aktivitäten vorbereitet.
- Türkei-Deal: Nach dem Urteil des höchsten griechischen
Gerichtes / Last Exit Straßburg – die rechtliche Auseinandersetzung geht
weiter
“Das höchste griechische Gericht, der Council of State, bestätigte
in einem am 22. September veröffentlichten Urteil die Entscheidungen der
Beschwerdeausschüsse, wonach die Türkei für die beiden syrischen
Antragsteller ein »sicheres Drittland« sei. Mit einer hauchdünnen
Mehrheit von 13 gegen 12 Stimmen scheiterte im 25-köpfigen
Richtergremium auch der Antrag, die rechtlichen Fragen zur Auslegung der
»sicheren Drittstaaten«-Regelung dem Europäischen Gerichtshof in
Luxemburg vorzulegen. Das Stimmenverhältnis verdeutlicht, wie groß die
Zweifel im Richterkollegium waren und vor allem wie politisiert die
Frage des Türkei-Deals ist. Das Athener Urteil stellt nun einen
bedrohlichen Präzedenzfall auch für viele andere Schutzsuchende dar, die
derzeit auf den griechischen Inseln festsitzen. Ihnen droht die
Abschiebung in die Türkei. Die rechtliche Auseinandersetzung ist jedoch
noch nicht zu Ende – die Anwältinnen der PRO ASYL-Partnerorganisation in
Griechenland, Refugee Support Aegean[1]
(RSA), und anderer Organisationen bereiten nun Klagen zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg vor. PRO ASYL
kündigte an, die Klagen bis hin zum EGMR zu finanzieren. »Die
griechischen Anwältinnen verteidigen stellvertretend für uns alle das
Asylrecht in Europa,« so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL…” Pressemitteilung von Pro Asyl vom 6. Oktober 2017
- Der Pakt der Schande wird ein Jahr alt
Sie mögen sich noch so sehr gegenseitig beharken, beschimpfen,
verspotten, was auch immer: In ihren Kernübereinkünften bleiben die
Regierungen der EU und der Türkei auf einer Linie, der gemeinsame Kampf
gegen flüchtende Menschen wird ohne Erbarmen weiter geführt. Der Artikel „Ein Jahr EU-Türkei Deal – Flüchtlingsabwehr um jeden Preis“ am 17. März 2017 bei Pro Asyl bringt es folgendermaßen auf den Punkt‘: „Am
20. März 2017 ist der EU-Türkei Deal seit genau einem Jahr in Kraft –
ein trauriger Jahrestag für den Flüchtlingsschutz in Europa.
Griechenland ist seitdem zu einem Freiluftgefängnis für Tausende
Menschen geworden. Die Bedingungen sind erbärmlich. Seit einem Jahr
haben Schutzsuchende, die auf den griechischen Inseln anlanden, keinen
Zugang mehr zu einem regulären Asylverfahren, bei dem ihre Asylgesuche
inhaltlich geprüft werden würden. Stattdessen soll in einem
Schnellverfahren in den sogenannten EU-Hot Spots lediglich geprüft
werden, ob sie in der Türkei bereits sicher waren, womit ihr Asylgesuch
in Europa unzulässig sei. Theoretisch sollte dieses
Unzulässigkeitsverfahren ermöglichen, möglichst viele Menschen direkt
aus den Hot Spots in die Türkei abzuschieben“
- EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei: Ankara macht ausländische Hilfsorganisation dicht
“Die amerikanische Organisation Mercy Corps darf nicht mehr in der
Türkei arbeiten. Damit verlieren Hunderttausende von Syrern
lebenswichtige Hilfe. Diese wird auch mit EU-Geldern finanziert. Die
türkische Regierung hat der Hilfsorganisation Mercy Corps die
Registrierung entzogen. Faktisch bedeutet dies die Streichung eines der
grössten Hilfsprogramme für syrische Flüchtlinge: Die amerikanische
Organisation, die seit fünf Jahren in der Türkei tätig ist, unterstützt
jeden Monat bis zu einer halben Million Syrer. Ein Grossteil der Hilfe
kommt Vertriebenen in Nordsyrien zugute. (…) Außer in Syrien leistet die
Organisation auch in der Türkei wichtige Hilfe für syrische
Flüchtlinge. Neben Nothilfe umfassen die Programme soziale
Dienstleistungen. So kümmert sich ein Gemeinschaftszentrum in der
südtürkischen Stadt Gaziantep insbesondere um Frauen und Mädchen. Allein
im vergangenen Jahr kam die in der Türkei geleistete Hilfe rund 100 000
Personen zugute. (…) Regierungsnahe Blätter haben in jüngster Zeit
schwere Vorwürfe gegen ausländische Hilfsorganisationen erhoben. Städte
in der Südtürkei seien Oasen für ausländische Spione geworden,
behauptete die Tageszeitung «Sabah» Anfang der Woche. Internationale
Hilfsorganisationen betrieben unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe
Spionage und unterstützten Terroristen. Angeführt werde die
Spitzeltätigkeit von deutschen und amerikanischen Organisationen. Eine
von vierzehn fragwürdigen Hilfsorganisationen sei Mercy Corps,
behauptete die Zeitung…” Artikel von Inga Rogg, Istanbul, vom 9.3.2017 bei der NZZ online
- Erst integrieren, dann abschieben: Deutschlands absurde Asylpolitik
“Bürgerkrieg im Süden des Landes, Säuberungsaktionen im Inneren
gegen Oppositionelle, Menschenrechtsverletzungen und Foltervorwürfe. Die
Bilanz der Regierung Erdogan ist verheerend. Und trotzdem exportiert
Deutschland ungebremst Waffen in dieses Land. Der Umfang der genehmigten
Exporte ist in den letzten Jahren sogar wieder angestiegen.
MONITOR-Recherchen zeigen, dass die Bundesregierung sogar nach dem
Putsch im Juli weiter Exporte genehmigte. Hilft Deutschland damit
Erdogan im Kampf gegen seine vermeintlichen Feinde?” Monitor vom 16.02.2017 (10:49 Min.)
- 1.2.2017: Protest in Berlin vor Merkels Türkeireise
Am 1. Februar wird in Berlin demonstriert: Aus Anlass der bevorstehenden
neuerlichen Türkei-Reise der Bundeskanzlerin. In dem Aufruf der DIDF
heißt es abschließend: „Vor diesem Hintergrund darf es kein
„business as usual“ geben. Mit einer Protestkundgebung am 1. Februar,
dem Tag vor ihrer Abreise möchten wir die Bundeskanzlerin an diese
Schreckensbilanz ihrer Gesprächspartner*innen erinnern und auffordern,
ihre Waffenlieferungen und sonstige Unterstützung für das AKP-Regime zu
beenden. Wir werden sie auffordern, das Gespräch auch mit demokratischen
Kräften in der Türkei zu suchen und das undemokratische AKP-Regime
offen und klar zu verurteilen. Wir möchten mit unserer Aktion auch ein
starkes Zeichen der Solidarität mit den demokratischen Kräften und der
kurdischen Bevölkerung setzen. Wir rufen Sie auf, unsere Aktion zu
unterstützen. Die Protestkundgebung wird vor dem Bundeskanzleramt von
12.00-14.00 stattfinden. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme.“ Siehe dazu die Dokumentation des Aufrufbeginns, sowie zwei weitere aktuelle Beiträge:
- „Protestkundgebung anlässlich der Türkei-Reise der Bundeskanzlerin am 1. Februar
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, am
2. Februar 2017 tritt die Bundeskanzlerin ihre 4. Reise in den letzten
zwei Jahren in die Türkei an. Voraussichtlich wird es auch bei dieser
Reise in erster Linie um den Flüchtlingsdeal gehen. Angesichts der
massiven Menschenrechtsverletzungen dort wird Frau Merkel bestenfalls
ihre “tiefe Besorgnis“ zum Ausdruck bringen und die „Alarmstufe“
womöglich wieder einmal erhöhen – allerdings wieder einmal ohne
praktische Konsequenzen. Die Waffenlieferungen werden genauso wenig
angetastet wie die anderen Formen der politischen und wirtschaftlichen
Unterstützung für das Erdoğan-Regime. Genauso wie der Besuch
der Bundeskanzlerin kurz vor der Parlamentswahl am 1. November 2015
kommt auch der jetzige Besuch wenige Monate vor dem Referendum in der
Türkei, mit dem der Weg zu einer Ein-Mann-Diktatur endgültig geebnet
werden soll, einer direkten Wahlhilfe gleich. In der Türkei herrscht
seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli 2016 der
Ausnahmezustand, der dazu dient, den Galopp der AKP-Regierung in ein
autoritäres Regime zu beschleunigen. Die Zahl der suspendierten
Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat längst die 100.000-Grenze
überschritten. 80 % der weltweit verfolgten Journalist*innen sitzen in
türkischen Gefängnissen ein. Allein seit Sommer 2016 wurden Zehntausende
Oppositionelle verhaftet, Hunderte von TV-Sendern, Zeitungen und
Zeitschriften geschlossen, Tausende Vereine verboten, über ein Dutzend
Abgeordnete der prokurdischen HDP inhaftiert, rund 50 Städte
Zwangsverwaltung gestellt, zahlreiche Streiks verboten“ (ab hier weiter wie einleitend dokumentiert)
- „Eine Reise unter schlechten Vorzeichen“ von Ismail Küpeli am 30. Januar 2017 bei Özguruz , worin es unter anderem heißt: „… Anschließend
geht es für Merkel weiter zum EU-Gipfel in Malta. Das wichtigste Thema
bei diesem Türkeibesuch wird die Flüchtlingsfrage sein – wie auch bei
den drei vorherigen Staatsbesuchen in den letzten zwei Jahren. Es
spricht vieles für die Annahme, dass sie diese Reise weniger als die
Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, sondern eher als die
Vorsitzende einer Partei, die die Parlamentswahl am 24. September 2017
gewinnen will, ansetzen muss. Sie wird Erdogan auf die Fortsetzung der
türkischen Rolle im Flüchtlingsabwehr drängen – trotz der zunehmenden
deutsch-türkischen Spannungen. Die offene Frage ist, was sie in Ankara
als Gegenleistung anbieten kann…“
- „Merkel und Erdogan im Kampf gegen den Terrorismus“ von Elke Dangeleit am 31. Januar 2017 bei telepolis , worin unter anderem auf die „Fluchtursache Erdogan“ verwiesen wird“Mit
Sicherheit wird Merkel gegenüber Erdogan nicht kontern, dass er selbst
mit seiner Zerstörungs- und Vertreibungspolitik im eigenen Land zur
Fluchtursache geworden ist. Hundertausende Kurden haben in den
kurdischen Gebieten durch die Zerstörung ihrer Städte Wohnung und Habe
verloren. Immer mehr Kurden und auch Oppositionelle verlassen die Türkei
und versuchen in Deutschland Asyl zu bekommen, weil sie in der Türkei
um ihr Leben fürchten“
- Will die EU Flüchtlinge aus ganz Europa nach Griechenland senden?
“In Athen rechnet man mit einem Scheitern des Türkei-Deals und einer
Vielzahl von neuen Flüchtlingen: Der Flüchtlingspakt der EU mit der
Türkei wird immer mehr in Frage gestellt. In Griechenland rechnen daher
viele Experten und Bürger mit einem rasanten Anstieg von
Flüchtlingszahlen zum Jahresende. Bis dahin hatte der türkische
Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Ultimatum gestellt. Wenn er bis
Jahresende keine Visafreiheit für die Türken erhalte, möchte er vermehrt
Flüchtlinge nach Europa schicken, hat er mehrmals angekündigt.
Gleichzeitig konzentriert sich die EU auf eine Wiederherstellung der
Dublin II-Regeln, womit die übrigen EU-Staaten Flüchtlinge und
Migranten, die über Griechenland – oder Italien – ins Land kamen, wieder
zurückschicken können. Schließlich besagt die Theorie der Abschreckung,
dass sich die Unpassierbarkeit Griechenlands für Flüchtlinge so weit
herumgesprochen hat, dass diese nicht nach Griechenland kommen würden,
selbst wenn der EU-Türkei Deal kippen würde…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 9. Dezember 2016
- EU-Parlament stimmt für Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei – Erdogan droht mit Flüchtlingen
Was
soll man noch sagen: Zahnloses EU-Parlament beschließt zahnlose
Resolution zum Abbruch der seit mindestens 10 Jahren ohnehin nicht mehr
stattfindenden EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Zoll-Union,
Wirtschaftssanktionen und, vor allem: der EU-Türkei-Deal in der
Flüchtlingsfrage bleiben unangetastet. Und so kann Erdogan weiter drohen
– mit Millionen Flüchtlingen, die er von der Türkei aus nach Europa
lassen will, wenn die EU Maßnahmen gegen die Türkei ergreift. Siehe Und
an der Innenpolitik in der Türkei ändert sich gar nichts. Siehe zum
Beschluss des EU-Parlaments und den Reaktionen einige Beiträge:
- EP Passes Motion to Freeze Accession Negotiations With Turkey
Beitrag vom 24. November 2016 bei bianet
über die Resolution des EU-Parlaments zum Einfrieren der
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Die Resolution hat, wie üblich,
keinen bindenden Charakter.
- Erdogan droht EU mit Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge
Meldung bei Tagesschau.de vom 25.11.2016 ,
in der es heißt: “Nach dem Votum des EU-Parlaments für ein Einfrieren
der Beitrittsgespräche mit der Türkei setzt deren Präsident Erdogan auf
Drohgebärden. Er werde die Grenzen für Flüchtlinge öffnen, sollte Europa
auf seinem Kurs gegen die türkische Regierungspolitik noch weiter
gehen…”
- Erdogan und Europa: “Die Türkei orientiert sich bereits in andere Richtungen”
“Wenn die EU die Beitrittsgespräche mit der Türkei aussetzen oder
gar abbrechen solle, hätte dies auf die Realpolitik in Ankara vermutlich
keine großen Auswirkungen, sagte der Politologe Ismail Küpeli im DLF.
In der Symbolpolitik würde die Türkei sicherlich einen Weg weg von der
Europäischen Union beschreiten…” Ismail Küpeli im Gespräch mit Oliver Ramme beim Deutschlandfunk vom 22.11.2016 , wo es u.a. heißt: “…
Wir müssen uns vielleicht auch fragen, ob zu einem früheren Zeitpunkt
ein ernsthafter Beitrittsprozess vielleicht eine positive Wirkung gehabt
hätte. Wir reden jetzt von den Jahren 2002, 2003, 2004, in denen die
AKP noch eine gewisse Reformbereitschaft signalisierte. Gerade in diesen
Jahren war aber die europäische Politik so, dass in der Türkei
wahrgenommen wurde, es gibt keinen realen Beitrittsprozess, egal was wir
in der Türkei unternehmen, es wird nie dazu kommen. Insofern ist diese
Abwendung von Europa zum Teil eventuell auch selbst verschuldet. Aber
wenn man sich die Türkei heute anschaut, dann ist gerade diese
feindliche Stimmung gegenüber dem Westen, gegenüber Europa eine der
Methoden, mit der auch die AKP in der Öffentlichkeit mobilisiert.
Insofern wird diese symbolische Feindschaft zur Europäischen Union
sicherlich nicht wegfallen, weil die AKP dies durchaus braucht. Und wenn
jetzt die Europäische Union diese Beitrittsgespräche abbrechen sollte,
dann wird das sicherlich auch gut passen in dieser öffentlichen
Mobilisierung. Aber ich bin da der Meinung, dass man deswegen nicht sich
eine Entscheidung diktieren lassen kann, nämlich dass man diese
Beitrittsgespräche fortsetzt, obwohl eigentlich beiden Seiten klar ist,
dass es nicht dazu kommen wird. Wir brauchen jetzt ein politisches
Signal auch aus Brüssel. Die Frage ist nur, ob die Aussetzung der
wirtschaftlichen Kooperation nicht mehr sich auswirken würde als diese
politische Aussetzung…“
- AP oylamasına CHP’den tepki
Beitrag vom 24.11.2016 bei CNN Türk ,
wo der stellvertretende CHP-Vorsitzende Öztürk Yılmaz bezüglich des
Beschlusses des EU-Parlamets mit den Worten zitiert wird: “… Das ist
keine Ehntscheidung zur Unterstützung des Kampfes für Demokratie
innerhalb der Türkei…”
- Aufstand in Istanbuler Abschiebezentrum
Das “Rückkehrzentrum” Kumkapı in Istanbul ist eines der ältesten
Abschiebezentren in der Türkei, berüchtigt für miserable Unterbringung,
Korruption, Missachtung grundlegender Rechte und Freiheiten. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits im Jahr 2014
geurteilt, dass hier das Recht auf Freiheit, auf Sicherheit, auf
Freiheit von Folter und Misshandlung verletzt werden. Seitdem hat es
immer wieder Proteste von Insassen wie Unterstützer*innen gegeben. A,
Samstag nun,dem 19. November 2016, haben Insassen in den Zellen Feuer
gelegt und während der Löscharbeiten der Feuerwehr ist 123 von ihnen die
Flucht gelungen. Die Polizei gab Warnschüsse in die Luft ab, 20 der
Geflüchteten wurden gestellt. Im Beitrag
“kumkapı göçmen isyanına dair // about the kumkapı migrant riot” vom
20. November 2016 beim Netzwerk Flüchtlingssolidarität
(Göçmen Dayanışma Ağı) wird klargestellt, dass die Zahl in
Rückkehrzentren inhaftierter Migrant*innen aufgrund des EU-Türkei-Deals
massiv angestiegen ist. Das Netzwerk fordert die Abschaffung des Deals
und Beweghungsfreiheit für alle, denn: Kein Mensch ist illegal.
- Falls EU-Türkei-Deal scheitert: australische Insellösung vorgeschlagen
Gerald Knaus, österreichischer Soziologe, Architekt des
EU-Türkei-Migrations-Deals, macht sich gedanklich schon mal fit für das
anstehende Scheitern eben jenen Deals: Um eine Destabilisierung des
restlichen Balkans zu verhindern, sollen flüchtende Menschen auf einer
griechischen Insel konzentriert werden. Siehe dazu den Beitrag
“The German-Austrian Plot: Australia solution – All refugees on a Greek
island if EU Turkey deal fails” vom 20. November 2016 bei Keep Talking
Greece. Schon jetzt sind die griechischen Inseln massiv überlastet –
und überfordert. Der EU-Türkei-Deal sieht vor, dass Flüchtlinge bis zur
Bearbeitung ihres Asyantrags auf der griechischen Insel verbleiben, auf
der sie eingetroffen sind – unter miserabelsten Bedingungen. Bewohner,
angestachelt von einschlägigen Neonazis, wehren sich gegen den dringend
notwendigen Bau neuer Unterkünfte auf den Inseln.
- Drohung verlängert: Türkei droht mit Abbruch des Flüchtlingsdeals, wenn Visa-Freiheit nicht bis Jahresende kommt
Während die Türkei sich gerade von der besonders demokratischen Seite
zeigt und HDP-Abgeordnete reihenweise verhaften lässt – zur Erinnerung:
die Aufhebung der Immunität war bereits vor dem Sommer beschlossen
worden, der Putsch vom Juli hat den Prozess lediglich für einige Monate
unterbrochen – ist in der Frage des Flüchtlingsdeals mit der EU das
türkische Ultimatum ein weiteres Mal verlängert worden. Zu den
europäischen Zusagen aus dem Deal gehört bekanntlich die Visa-Freiheit
für türkische Staatsbürger*innen, allerdings nicht bedingunslos.
Ursprünglich hatte die Türkei diese für Juni gefordert, dann mit dem
Aussetzen des Deals gedroht, sollte die Visafreiheit nicht bis Oktober
kommen. Inzwischen lautet das Ultimatum auf Ende des Jahres. Siehe dazu
den Beitrag
“Turkey threatens to cancel EU Migration Deal unless “visa-free travel
to Turkish citizens by end of the year” vom 3. November 2016 bei Keep
Talking Greece
- EU-Türkei-Deal: schon geplatzt?
Wie es aussieht, können aktuell die aus dem EU-Türkei-Deal
vorgesehenen Rückschiebungen von Flüchtlingen aus Griechenland in die
Türkei nicht stattfinden: Nach dem gescheiterten Putschversuch Mitte
Juli sind die dafür zuständigen türkischen Polizisten aus Griechenland
abgezogen worden, manche wurden im Zuge der laufenden Säuberungsaktionen
aus dem Dienst entlassen. Die griechischen Behörden bemühen sich um
Kontakt für die Wiederaufnahme der “Kooperation”, werden aber immer
wieder vertröstet. Siehe dazu den Artikel
“Turkish police withdrawal from Greece stalls EU migration pact” von
Patrick Kingsley beim Guradian online vom 31. August 2016
- [Berlin, 2. September] Aufruf: Kein schmutziger Deal mit der Türkei – Stoppt den Krieg in Kurdistan
“Der Deal mit dem Erdogan-Regime macht die Doppelbödigkeit
und offensichtliche Skrupellosigkeit der aktuellen Politik von EU und
Bundesregierung in besonderer Weise deutlich. Er steht ebenso für
Abschottung wie für die Ausdehnung der Machtbasis der EU in den Nahen
Osten und ist Pilotprojekt für neue schmutzige Deals mit
nordafrikanischen Staaten. Im Kern soll die Türkei zu einem „sicheren
Herkunftsland“ erklärt werden, um Abschiebungen zu erleichtern. Die
Türkei wird so zum Bollwerk für die Abschirmung von Migrant_innen, die
vor Krieg, Hunger und in ein besseres Leben fliehen…” Demo-Aufruf bei der IL Berlin für den 2. September : 16 Uhr, Rotes Rathaus/ Neptunbrunnen. Wir erinnern an die Petition: Kein schmutziger Deal mit der Türkei!
- Flüchtlinge und Immigranten – Beginnt das Drama erneut?
“… Die Flüchtlingsankünfte in Griechenland steigen erneut an. Teile
der griechischen Presse bemerken bereits, dass auf Lesbos weniger
Einwohner als Flüchtlinge leben. Schließlich kamen am Montag, einen Tag,
nachdem der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu bei einem privaten
Besuch auf Kreta bemerkte, dass die Visafreiheit für Türken eine
Voraussetzung für die Einhaltung des Flüchtlingspakts ist, 462
Flüchtlinge und Immigranten auf den griechischen Inseln an. In Athen
gehen Beobachter davon aus, dass die Zahlen zum Ende des Septembers,
kurz bevor die EU im Oktober über die Visa-Freiheit entscheiden will,
noch einmal ansteigen werden…” Beitrag von Wassilis Aswestopoulos bei telepolis vom 31.08.2016
- Protestaktion: Aktivist*innen dekorieren Wahlkreisbüro von Thomas de Maizière in Großenhain um
“In der Nacht zum 11. August haben die Aktivist*innen des
„Kommandos_Großenhain“ das Wahlkreisbüro des Bundesministers des
Inneren, Thomas de Maizière, in Großenhain besucht. Dabei verklebten sie
Plakate mit Bildern vom Grenzzaun in Eidomeni und dem Mittelmeer. Auf
diesen wurde die menschenfeindliche Rechtfertigung des EU – Türkei Deals
des Ministers: „Auch wenn wir jetzt ein Paar harte Bilder aushalten
müssen, unser Ansatz ist richtig.“ zitiert. Außerdem legten die
Aktivist*innen Schuhe nieder, die sie direkt vom Strand des griechischen
Lagers Moria auf der Insel Lesbos eingesammelt haben. Mit der Aktion
will das Kommando „Großenhain“ auf die tödliche EU-Außenpolitik im
Allgemeinen und die menschenverachtende deutsche Politik im Speziellen
aufmerksam machen…” Pressemitteilung vom “Kommando Großenhain” bei Indymedia linksunten vom 11. August 2016 – dort auch der Link zur Videodokumentation
- Was, wenn Bild.de den Flüchtlingsdeal platzen lässt?
“… In Kurzform geht das Szenario so: Keine Visafreiheit für die
Türken. Die Türkei stellt „ihre Maßnahmen zur Eindämmung der Migration“
ein und löst Flüchtlingslager im Süden des Landes auf. Bus-Konvois
machen sich auf zum Drei-Länder-Eck Bulgarien-Griechenland-Türkei.
Bulgarien lässt die Geflüchteten durch. Serbien lässt die Geflüchteten
durch. Kroatien lässt die Geflüchteten durch. Slowenien lässt die
Geflüchteten durch. Österreich lässt die Geflüchteten durch. Tausende
Geflüchtete stehen vor der deutschen Grenze. (…) Kurz gesagt: Sodom und
Gomorra in Europa. Es gab mal eine Zeit, da haben sich Julian Reichelt
und Kai Diekmann und einige andere „Bild“-Mitarbeitern — zumindest
theoretisch — bei den vielen Flüchtlingshelfern in diesem Land
untergehakt und „refugees welcome“ und „Wir helfen“ geschrien. Diese
Zeit ist offensichtlich vorbei. Inzwischen schüren die „Bild“-Medien
wieder die Angst vor Zuwanderern…” Blog von Moritz Tschermak vom 3. August 2016 beim BILDblog
- [3.8.2016] Kundgebung “Kein Deal mit der Türkei” von Richtern, Anwälten, Staatsanwälten und Bürgerrechtlern
“In
der Türkei wird der Rechtsstaat mit Füßen getreten. Durch die
Verhaftung und Entlassung von tausenden unserer Kollegen, leiden nicht
nur die direkt Betroffenen. Die fehlende Unabhängigkeit der Justiz
trifft jeden, von Privatpersonen bis Unternehmen. In Anbetracht des
Vorgehens der türkischen Staatsführung in den vergangenen zwei Wochen
nach dem versuchten Militärputsch, rufen zehn Organisationen von
Anwälten, Staatsanwälten, Richtern und Bürgerrechtlern zu einer
gemeinsam Kundgebung auf. Anlässlich der Kundgebung werden Erklärungen
verlesen, die die aktuelle Situation der verschiedenen verfolgten,
suspendierten und verhafteten (Berufs-)Gruppen wie Rechtsanwält*innen,
Richter*innen, Staatsanwält*innen, Journalist*innen, Akademiker*innen
und Gewerkschafter*innen verdeutlichen. Angesichts der massiven
Menschenrechtsverletzungen in der Türkei darf es keinen Deal mit der
türkischen Regierung über Menschenrechte – auch nicht mit den
Menschenrechten von Flüchtlingen – geben. Die zehn
Organisationen fordern die Bundesregierung in einer gemeinsamen
Erklärung u.a. dazu auf: Einen sofortigen Abschiebestopp für die Türkei
zu erlassen; sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass die
willkürlichen und politisch motivierten Verhaftungen, Entlassungen oder
Suspendierungen sofort aufgehoben werden; die Wiederherstellung der
richterlichen Unabhängigkeit und der freien Berufsausübung von
Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen, Staatsanwälten und
Staatsanwältinnen und die Freiheit der Medien in der Türkei einzufordern.”
Aus der Einladung von 10 Bürgerrechts- und Jurist*innen-Organisationen
zur Teilnahme an der Kundgebung “Kein Deal mit der Türkei” am Mittwoch,
den 3.8.2016 von 14 – 15:30 Uhr vor dem Bundeskanzleramt, gemeinsame
Kundgebung von Richtern, Anwälten, Staatsanwälten und Bürgerrechtlern –
siehe
- Türkei: Die EU darf Erdogan nicht weiter stärken!
“… Anstatt sich an Pappkameraden abzuarbeiten, sollten die EU und
die deutsche Regierung endlich Konsequenzen aus ihren schweren Fehlern
in der Kooperation mit dem türkischen Staatschef ziehen. Schließlich
waren es europäische Politiker, die Erdogan im Interesse der Abschottung
der EU vor Flüchtlingen den Rücken gestärkt haben. Wenn Erdogan jetzt
noch skrupelloser gegen Kritiker vorgeht, ist das auch das Ergebnis der
Toleranz, mit der die EU die bisherigen Menschenrechtsverletzungen
seiner AKP-Regierung hingenommen hat. Wer allen Ernstes daran festhält,
das Land zum sicheren Drittstaat erklären zu wollen, darf sich über die
Folgen nicht wundern. Erdogan hat die Botschaft verstanden und weiß
diesen Freibrief zu nutzen. Die EU muss den Türkei-Deal sofort beenden,
denn die Türkei ist für niemanden sicher: weder für Flüchtlinge noch für
Oppositionelle. Die auf EU-Ebene geplante Einstufung als sicheres
Drittland, die nicht zuletzt von der Bundesregierung vorangetrieben
wird, muss umgehend gestoppt werden…” Pressemitteilung von Barbara Lochbihler (ehemals Amnesty International, jetzt Grüne Europaabgeordnete) vom 19. Juli 2016
- [24. Juni, Berlin] Der DIRTY DEAL: Merkels Pakt und Erdogans Beitrag
“… Die Bilder, die aus Städten wie Nusaybin, Amed, Gever u.v.m. zu
sehen sind, gleichen denen aus dem kriegszerrütteten Syrien. Tausende
KurdInnen starben oder wurden schwer verletzt, auch etliche Soldaten
wurden getötet. Diese Republik im Ausnahmezustand wurde durch den
EU-Türkei-Deal im Handstreich zu einem „sicheren Herkunftsstaat“. Merkel
rühmt sich, mit diesem Deal die „Flüchtlingsströme“ zu stoppen, von den
Regierungsbänken wird unverhohlen gefordert zur türkischen Innenpolitik
zu schweigen und nicht „der Schiedsrichter bei Menschenrechten“ (de
Maizière) zu sein. Wir haben eine Journalistin, eine Akademikerin und
einen Politikwissenschaftler eingeladen, um von den Geschehnissen in der
Türkei zu berichten und eine Diskussion um den Merkel-Erdogan-Deal
anzuregen…” Veranstaltung der Interventionalistischen Linken (IL)
und des Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin (AKI) zur
Politik der EU und zur Repression gegen linke Intellektuelle,
Minderheiten und die Gewerkschaftsbewegung am Freitag, 24. Juni 19.30
Uhr, im Berliner IG Metall Haus – die Einladung
- Griechenland und der EU-Türkei-Deal: Was nicht passt,wird passend gemacht
Mindestens 8.400 Menschen sitzen auf ihrer Flucht vor Krieg und
Verfolgung aktuell auf den griechischen Inseln fest – mehr als die
Hälfte von ihnen soll in den nächsten Wochen zurück in die Türkei
geschoben werden. Kein Problem, denn Syrer/innen seien kaum darunter.
Kein Problem auch, weil die im griechischen Asylsytem vorgesehenen
unabhängigen Beschwerdestellen – die in den letzten Wochen in immerhin
70 Fällen gegen eine Überstellung in die Türkei entschieden hatten -auf
Druck der EU und mit Billigung des griechischen Parlaments kurzfristig
neu besetzt werden: war bisher eines der drei Mitglieder dieser
Kommission immer ein “Mitglied der Zivilgesellschaft”, werden diese nun
durch Richter ersetzt und es wird mit deutlich weniger Widerstand gegen
die Abschiebungen gerechnet. Pro Asyl begleitet derweil zwei Fälle, bei
denen durchaus Syrer von drohender Rückschiebung betroffen sind –
notfalls bis vor den Menschenrechtsgerichtshof. Und die Ärzte ohne
Grenzen haben erklärt, bis zur Aussetzung des EU-Türkei-Deals auf
Fördergelder der EU oder deren Mitgliedsstaaten zu verzichten –
sozusagen die NGO-Version von politischem Hungerstreik. Siehe dazu
verschiedene Beiträge:
- Greece wants send thousands of migrants back to Turkey in coming weeks
Meldung bei Reuters vom 17. Juni 2016 über die geplante Abschiebung tausender Flüchtlinge in die Türkei
- Greece sidelines officials who blocked expulsion of refugees to Turkey
Artikel im Guardian vom 17. Juni 2016
über die von der EU forcierte und vom griechischen Parlament gebilligte
Umbesetzung der nunabhängigen Beschwerdestellen für Flüchtlinge in
Griechenland
- Hot Spots in der Ägäis: Zonen des Elends und der Rechtlosigkeit
Beitrag von und bei Pro Asyl vom 17.06.2016
über die Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln und die
begleitung zweier Fälle, in denen Syrer von Rückschiebung in die Türkei
bedroht sind
- EU States’ dangerous approach to migration places asylum in
jeopardy worldwide: MSF to no longer take funds from EU Member States
and institutions
Stellungnahme der Ärzte ohne Grenzen vom 17. Juni 2016 , aus Protest gegen den EU-Türkei-Deal bis auf weiteres auf Fördergelder der EU und deren Mitgliedsstaaten zu verzichten
- EU-Türkei-Deal: Berufungsinstanz stoppt Abschiebungen in die Türkei
“Am 31. Mai wurden drei positive Entscheidungen des Asylkomitees auf
Lesbos veröffentlicht: Die Türkei ist kein sicherer Drittstaat, die
betroffenen Syrer dürfen nicht abgeschoben werden. Anwältinnen des PRO
ASYL-Projektes „RSPA“ hatten die Vertretung der neun syrischen
Schutzsuchenden in den Verfahren übernommen. (…) Der zynische
Großversuch in der Ägäis muss endlich gestoppt werden. Die Abschiebungen
in die Türkei müssen beendet werden. Tausende Schutzsuchende wurden
seit dem 20. März inhaftiert, es fehlt an Essen, es mangelt an
medizinischer Versorgung. Die Haftlager und provisorischen Unterkünfte
sind völlig überfüllt und die hygienischen Verhältnisse katastrophal. In
den sogenannten Hotspots gelangen Schutzsuchende kaum an Informationen
zum Verfahren. Lediglich wenige spendenfinanzierte AnwältInnen
versuchen, unter widrigsten Bedingungen gegen ablehnende Entscheidungen
der ersten Instanz vorzugehen. In solch einer Situation, in der
Flüchtlingen weder eine geregelte Basisversorgung, noch ihre Sicherheit
in den Lagern gewährleistet wird, kann es kein rechtsstaatliches
Verfahren geben…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 01.06.2016
- EGB und IGB zur Flüchtlingssituation: “Menschen sind keine Handelswaren”
“Scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik vieler westlicher Staaten
üben die Spitzen des Europäischen und des Internationalen
Gewerkschaftsbundes (EGB und IGB) in einem gemeinsamen Statement.
Abschottung sei nicht der richtige Weg. “Die Gewerkschaften sagen:
‘Refugees welcome'”, heißt es in einem Beitrag von EGB-Generalsekretär
Luca Visentini und IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow…” Bericht beim DGB vom 27.05.2016 . Zum Inhalt:
- Dort heißt es, wie zu erwarten “selbstlos”: “… “Menschen sind
keine Handelswaren”, heißt es im gemeinsamen Statement der beiden.
Kritik üben sie am so genannten EU-Türkei-Deal. Er sei ein
“heuchlerischer Versuch”, internationale Verpflichtungen zu umgehen.
Außerdem ignoriere er die Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts, in
dem Europa Flüchtlinge in der Arbeitswelt vieler Länder willkommen
geheißen habe – was zu mehr Beschäftigung und wachsender Wirtschaft
geführt hat. (…) Viele Länder, auch in Europa, bräuchten mehr
Arbeitskräfte, um Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum zu fördern.
Das nutze sowohl den Geflüchteten als auch den Gesellschaften, die sie
aufnehmen…“
- Immerhin aber auch: “… Aber im Mittelpunkt der Flüchtlingskrise
stehen zu allererst Menschen, betonen Burrow und Visentini. Jedes
demokratische Land könne noch mehr tun, um Menschen in Not einen
sicheren Zufluchtsort zu ermöglichen…“
- Siehe dazu das komplette Statement von EGB-Generalsekretär Luca Visentini und IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow (Englisch)
- EU-Türkei-Flüchtlingsdeal muss beendet werden
“Inhaftierungen, Abschiebungen, kein Zugang zum Asylverfahren: Der
EU-Türkei-Deal hat an Europas Grenzen zu rechtlosen Zuständen geführt.
PRO ASYL hat die fatalen Folgen des Deals in einem Bericht dokumentiert
und fordert anlässlich der Reise der Bundeskanzlerin in die Türkei am
22. Mai die Aussetzung des EU-Türkei-Abkommens…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 20.05.2016 . Siehe dazu den Bericht von Pro Asyl
- Keine Chance mehr auf Asyl für Flüchtlinge aus Nicht-Syrien?
Drei Mitglieder des Europäischen Parlaments, Cornelia Ernst, Marina
Albiol and Josu Juaristi, haben 40 im Zusammenhang mit dem
EU-Türkei-Deal abgeschobene Geflüchtete in zwei Abschiebezentren in der
Türkei interviewt. Alle 40 kamen nicht aus Syrien, sondern aus anderen
Konfliktherden dieser Welt. Und alle 40 gaben an, sie hätten weder in
Griechenland, noch in der Türkei die Chance bekommen, einen Antrag auf
Asyl zu stellen. Die EU hatte vollmundig anderes versprochen. Seit ihrer
Ankunft in der Türkei haben die Geflüchteten keine Informationen
erhalten, was nun weiter mit ihnen geschieht. Siehe dazu den Bericht “Non-Syrians denied asylum claims under EU-Turkey deal” von Patrick Kingsley am 10. Mai 2016 beim Guardian online
- Abschottung: Soll Athen die Rolle Ankaras übernehmen?
“EU diskutiert über Alternativen zu umstrittenem Türkei-Deal /
Bericht: Griechische Inseln als Abschiebezentren für Geflüchtete / Stopp
der Milliardenzahlungen an Ankara erwogen – Geld soll an Athen gehen…” Meldung beim ND online vom 9. Mai 2016 . Aus dem Text: “…
Angesichts des Gebaren der Regierung in Ankara steht der umstrittene
Deal mit der Türkei zur Abschottung Europas offenbar vor dem Scheitern.
Deshalb würden laut einem Bericht die Regierungschefs einiger EU-Staaten
schon über Alternativen diskutierten. (…)Erdogan hat nach dem
angekündigten Rückzug seines Regierungschefs Ahmet Davutoglu erklärt,
dass er eine Änderung der Anti-Terrorgesetze seines Landes ablehne –
diese Gesetzesänderung ist aber ein wichtiger Baustein des
Flüchtlingspaktes der EU mit der Türkei, weil sie Voraussetzung für die
von Ankara geforderte Visumfreiheit für Türken ist…“
- Türkischer Mauerbau – mit Selbstschussanlagen?
„Rund
900 Kilometer ist die syrisch-türkische Grenze lang. Seit letztem
Sommer baut die Türkei hier an einer gewaltigen Schutzanlage, um
illegale Grenzübertritte aus dem Bürgerkriegsland Syrien zu verhindern.
Ein Drittel des Projekts sei inzwischen fertig, wurde Anfang April
vermeldet. In strategisch wichtigen Abschnitten besteht die Mauer aus
drei Meter hohen Betonblöcken, andernorts muss ein einfacher Zaun
reichen. Doch bei der Mauer allein soll es nicht bleiben: Auch von
Patrouillen rund um die Uhr und Überwachung mit Wärmebildkameras ist die
Rede. Und von Türmen mit Selbstschussanlagen, wie es sie zu Zeiten der
DDR auch an der innerdeutschen Grenze gegeben hatte“ – aus dem Artikel „Selbstschussanlagen gegen Flüchtlinge“ von Luca de Carli am 03. Mai 2016 in der Basler Zeitung ,
worin zwar auf die Parallelen zur Mauer zwischen DDR und BRD
hingewiesen wird, das Modell-Mäuerchen an der USA Südgrenze (ohne
Schießanlagen, dafür mit schießwütigen Grenzern) aber vergessen wird, zu
erwähnen…
- Erdogan droht Beendigung des Flüchtlingsabkommens an
“Alle Versprechungen müssen eingelöst werden, bislang sei noch
nichts geschehen, so der türkische Präsident, der seine Macht gegenüber
der EU ausspielt…” Beitrag von Florian Rötzer bei telepolis vom 07.04.2016 . Aus dem Text: “…
Heute warnte Erdogan schließlich die EU, dass die Türkei das
Flüchtlingsabkommen zur Reduzierung der Flüchtlinge nicht umsetzen
werde, falls Brüssel nicht die ausgehandelten Bedingungen einhält. Dazu
gehört die Einräumung einer visafreien Einreise von Türken in die EU bis
“spätestens Juni 2016”, was innerhalb der EU-Mitgliedsländer und auch
in Deutschland auf Widerstände stößt, und die Beschleunigung der
Betrittsverhandlungen – besonders schwierig nach dem harten Vorgehen
gegen die Presse- und Meinungsfreiheit. Es gebe “genaue Bedingungen”,
sagte Erdogan: “Wenn die EU nicht die notwendigen Schritte unternimmt,
dann wird die Türkei das Abkommen nicht umsetzen.” …” Kommentar:
Für unseren Geschmack erntet Jan Böhmermann in diesem Beitrag mehr
Mitleid, als er aktuell verdient. Davon abgesehen würden wir es aber
ausdrücklich begrüßen, wenn der EU-Türkei-Deal schnellstmöglich wieder
ausgesetzt wird. Nur: Eine Lösung für die in Griechenland festsitzenden
Flüchtlinge muss dann immer noch gefunden werden… Siehe dazu unser Dossier “Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren”
- Nein, das Boot ist noch längst nicht voll!
“… Die europäischen Staatschefs haben entschieden, dass weder
Mitleid noch Menschenrechte die Leitlinien europäischen Handelns sein
können. Abwehr von Flüchtlingen bleibt das Ziel europäischer Politik und
Negation europäischer Werte der Weg. Geltendes Recht wird außer Kraft
gesetzt. Flüchtlinge dürfen zwar nicht in Länder abgeschoben werden, in
denen ihnen politische Verfolgung oder die Gefahr einer
Kettenabschiebung in das Verfolgerland drohen. Mit der Türkei aber wird
ein menschenverachtender und völkerrechtswidriger Deal geschlossen, der
die Flüchtlinge zur Ware macht. Die Türkei erhält Geld und wird zum
sicheren Drittstaat erklärt, der für Flüchtlinge, aber auch für Kurden
in der Türkei, höchst unsicher ist. (…) Die Flüchtlinge, die Europa
keineswegs überfordern würden, werden aus Griechenland abgeschoben. Ihr
individuelles Recht auf Asyl und rechtliches Gehör wird mit Füßen
getreten. Wenige syrische Flüchtlinge, und nur syrische, erhalten im
Gegenzug ein Ticket in eines der EU-europäischen Länder. Montag, 4.
April 2016, begann die „Rückführung“ derjenigen, die zu Illegalen, zu
illegal Eingereisten gemacht worden waren. Als hätten sie eine Chance,
legal Schutz zu suchen, als wäre es illegal, Schutz in Europa zu suchen…” Beitrag von Elke Steven beim Grundrechtekomitee vom 7. April 2016
- Das Asylrecht bleibt bestehen und Türkei ist ein “sicherer
Drittstaat”? Der Flüchtlings(abschiebe)skandal und der EU-Türkei-Deal
müssen sofort beendet werden!!!
Siehe erschreckende Informationen über die Lage sowohl in Griechenland als auch in der Türkei:
- Menschliches Versagen oder: Europäische Lösung (II)“Massive
internationale Proteste begleiten den Beginn der EU-Massenabschiebung
von Flüchtlingen in die Türkei. Vom heutigen Montag (4.4.16) bis zum
Mittwoch sollen die ersten 750 Flüchtlinge von den griechischen Inseln
an die türkische Küste abtransportiert werden; mehr als 5.400 weitere
sind in den EU-“Hotspots” auf den Inseln interniert, um sie daran zu
hindern, sich späteren Abschiebemaßnahmen zu entziehen. Mehrere
UNO-Stellen haben die EU-Maßnahmen, die maßgeblich von der
Bundesregierung durchgesetzt worden sind, öffentlich als
völkerrechtswidrig kritisiert; Berlin und Brüssel bewegen sich mit dem
Festhalten an der Massenabschiebung auf einen offenen Konflikt mit den
Vereinten Nationen zu. Internationale Hilfsorganisationen haben ihre
Tätigkeit in den Haft-“Hotspots” aus Protest eingestellt: Man wolle
nicht zum Komplizen der
EU-Machenschaften werden, heißt es. Auf den griechischen Inseln wie
auch auf dem Festland eskalieren die Flüchtlingsproteste; die Regierung
in Athen rechnet mit massivem Widerstand gegen die Massenabschiebung. Um
diese dennoch sicherzustellen, hat Berlin deutsches Personal auf die
griechischen Inseln entsandt – Bundespolizisten sowie Mitarbeiter des
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die Bundesregierung misst dem
völkerrechtswidrigen Vorgehen strategische Bedeutung bei…” Redaktioneller Beitrag bei German Foreign Policy vom 4. April 2016 . Siehe dazu:
- Aus dem Text: “… Dass der Abschiebepakt mit der Türkei in
eklatanter Weise internationales Recht bricht und gegen fundamentale
Menschenrechte verstößt, haben Flüchtlings- und
Menschenrechtsorganisationen immer wieder ausführlich belegt. Die von
Berlin energisch vorangetriebene Umsetzung des völkerrechtswidrigen
Deals führt nun zu beispiellosen internationalen Protesten gegen die
deutsch inspirierten Praktiken der EU. (…) Zum Wochenende hat ein
Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International den
Protesten neuen Rückenwind verschafft. Auch Amnesty hatte bereits zuvor
geäußert, der Deal mit Ankara sei ein “historischer Schlag gegen die
Menschenrechte”. Nun berichtet die Organisation, die Türkei schiebe seit
Mitte Januar nahezu täglich Gruppen von rund hundert Flüchtlingen nach
Syrien ab, darunter unbegleitete Kinder. In den vergangenen sieben bis
neun Wochen seien mutmaßlich Tausende Flüchtlinge in das syrische
Kriegsgebiet ausgewiesen worden. (…) Während Berlin und die EU auf einen
offenen Konflikt mit den Vereinten Nationen zusteuern, üben auch in
Griechenland aktive Bürgerinitiativen scharfe Kritik. So heißt es in
einem griechisch-deutschen Appell, die in Griechenland gestrandeten
Flüchtlinge dürften nicht weiter blockiert werden; sie sollten vielmehr
umgehend mit Sonderzügen in die Bundesrepublik geholt werden…“
- Türkei schiebt massenhaft syrische Flüchtlinge ab
“Amnesty-Recherchen beweisen, dass die Türkei seit Januar fast
täglich syrische Männer, Frauen und Kinder in Gruppen von bis zu 100
Menschen nach Syrien abgeschoben hat. Dieser Verstoß gegen
internationales Recht ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Türkei kein
sicherer Drittstaat für Flüchtlinge ist, in den die EU bedenkenlos
Schutzbedürftige zurückschicken kann…” Beitrag von Amnesty International vom 1. April 2016
- Besonders unschön: Während das erste Schiff mit zurückgeschobenen
Geflüchteten unterwegs ist, sammelt sich am Kai in Dikili/Türkei, wo die
Menschen ausgeladen werden sollen, bereits die Journalisten-Meute (Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der “Welt” lässt uns an diesem Ausblick teilhaben ). Irgendwer muss die Bilder ja auch fotografieren, die dann im weiteren zur Abschreckung verwendet werden sollen.
- Solidarität gefragt: Appell „ZÜGE DER HOFFNUNG“ für Flüchtlinge in Griechenland
- Kettenabschiebung reloaded: Türkei will Flüchtlinge in Herkunftsländer zurückschicken
“Die EU will mit einem Rückübernahmeabkommen abgelehnte Asylbewerber
in die Türkei zurückschicken. Nun will Ankara ähnliche Verträge mit den
Heimatländern abschließen. Die Türkei will die Rückführung von
Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer mit Hilfe von Verträgen mit
insgesamt 14 Staaten beschleunigen. Die Verträge könnten nach
entsprechenden Verhandlungen unterzeichnet werden, sagte
Außenamtssprecher Tanju Bilgic am Mittwoch in Ankara. Um welche Länder
es sich handelt, blieb offen…” Meldung bei DiePresse.com vom 02.03.2016
- EU-Türkei-Deal: Falsche Rücksichtnahme – mit Konsequenzen
Während der deutsche Bundestag sogar eine Erklärung zum Völkermord an
den Armeniern suspendiert, um der Türkei keinen übermäßigen Stress zu
bereiten, deutet sich im Mittelmeer bereits an, wie sich das Schweigen
zur aktuellen Menschenrechtslage insbesondere in den kurdischen Gebieten
in der Türkei auswirken wird: “Neue Fluchtwelle in der Ägäis?
Küstenwache greift erstmals Kurden auf”, titelte n-tv.de am 24. Februar
2016. Da helfen dann Europa auch alle Mauern an der syrisch-türkischen
Grenze nicht. Siehe dazu drei Beiträge
- Neue Fluchtwelle in der Ägäis? Küstenwache greift erstmals Kurden auf
“Mit militärischer Gewalt geht Erdogan gegen die Kurden vor – im
eigenen Land und jenseits der Grenze. Das Vorgehen des türkischen
Präsidenten hat Folgen: Auf der Suche nach Sicherheit machen sich Kurden
auf den Weg nach Europa…” Meldung bei n-tv.de vom 24. Februar 2016 . Dort heißt es: “… Türkische Medien hatten zuvor berichtet, es habe sich um eine Familie aus der Stadt Idil in der Provinz Sirnak gehandelt…“Idil steht seit einigen Tagen unter Beschuss (LabourNet Germany berichtete)
- Der türkische Grenzwall. Betonblöcke und Selbstschussanlagen
“Um 138 Meter täglich wächst bei der türkischen Stadt Kilis die
Grenzbefestigung gegen Syrien. Der Ort hat mehr Flüchtlinge als
Einwohner…” Beitrag von Marco Kauffmann Bossart bei der nzz online vom 20.2.2016
- Vorerst keine Erklärung zu Massakern an Armeniern
“Waren die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren
ein Völkermord? Eine gemeinsame Positionierung des Bundestags zu dieser
Frage ist bislang fehlgeschlagen…” Beitrag bei tagesschau.de vom 25. Februar 2016 – stilecht schreibt das staatliche Fernsehen denn auch von “Massakern” statt vom Völkermord
- Flüchtlinge: Balkanroute ade?
“Ein geplantes Umsiedlungsprogramm könnte sowohl positive als auch
negative Konsequenzen für Flüchtlinge haben. Kommen bald die ersten
Flüchtlinge mit dem Flugzeug aus der Türkei nach Deutschland? …” Artikel von Michael Martens bei der FAZ online vom 14.02.2016
- Aus dem Text: “… Die Flüchtlingskrise könnte bald ungewohnte
neue Bilder produzieren, schöne und hässliche. Die schönen: glückliche
syrische Familien, die in Ankara, Istanbul oder Gaziantep in ein
Flugzeug nach Deutschland, Schweden oder Österreich steigen, um dort als
Flüchtlinge aufgenommen zu werden. Ohne Schlepperbanden, ohne die
potentiell lebensgefährliche Überfahrt mit Schlauchbooten auf
griechische Inseln, ohne den beschwerlichen Weg über die Balkanroute.
Auf den hässlichen Bildern könnten ebenfalls syrische Familien zu sehen
sein, aber auch Pakistaner, Iraner und andere Migranten. Diese Bilder
drohen auf Lesbos, Kos, Chios und den anderen griechischen Ägäisinseln,
wo die meisten Einwanderer nach Europa erstmals den Boden der EU
betreten. Auf solchen Bildern wären wütende, verzweifelte, wohl auch
weinende Menschen zu sehen, die notfalls mit Gewalt auf Fähren gebracht
werden, die sie zurückbringen in die Türkei, die von Griechenland
unlängst als „sicherer Drittstaat“ für Flüchtlinge und Migranten
eingestuft worden ist. (…) Auf solche Bilder könnte ein Plan
hinauslaufen, der derzeit im Eiltempo zwischen der Türkei, Deutschland
und einigen weiteren Staaten ausgearbeitet wird…“
- Siehe dazu auch den Beitrag “EU-Papier: Die Balkan-Route ausspielen” von Thomas Pany am 14.02.2016 bei telepolis , wo es zusammenfassend heißt: “Bei
den Eckpunkten spielt die Türkei eine große Rolle. An ihrer
Bereitschaft, Flüchtlinge zurückzunehmen, hängt der ganze Plan. Er sieht
folgende große Linien vor: Flüchtlinge aus Syrien, und nur aus Syrien,
könnten künftig von einem türkischen Flughafen aus direkt in ein
europäisches Asylland fliegen. Damit würde ihnen – und den
Transitländern – der mühsame und gefährliche Weg über die Balkan-Route
erspart. Um zu ermitteln, ob die Asylsuchenden dazu berechtigt sind,
sieht der Plan die Einrichtung von “gemeinsame Bearbeitungszentren” in
der Nähe von türkischen Flughäfen vor. Gemeinsam bedeutet, dass auch
Behördenvertreter der aufnehmenden Staaten vor Ort sind und an der
ersten Auswahl beteiligt sind. (…) “Kandidaten zur Umsiedlung” werden
dann in europäische Prüfungszentren gebracht. Wo diese genau liegen
sollen, geht aus dem Zeitungsbericht nicht hervor (…) Abgesehen davon,
dass Standortfragen anscheinend noch offen sind und die Schaffung
solcher Zentren nicht nur einen ziemlichen organisatorischen und
personellen Aufwand benötigen, dazu Erfordernisse einer menschenwürdigen
Unterbringung, da die Flüchtlinge offenbar dort oder in der Nähe das
“Ja” abwarten müssen, tun hier auch noch weitere Komplikationen auf,
grundlegend zum Beispiel: Wer sind die aufnehmenden Staaten?“
- Grenzschutz: Ankara will mehr Geld und einen anderen Auszahlungsmodus
“Premierminister Renzi gibt seinen Widerstand auf. Italiens Beitrag
für den drei Milliarden Euro dicken Türkeihilfe-Fonds werde bezahlt.
Offenbar gibt es Annäherungen zwischen der EU-Kommission und Italien.
Renzi hatte die Zahlungen zunächst verweigert mit Verweis auf die
eigenen Leistungen und Belastungen beim EU-Außengrenzschutz und mit
Kritik am Türkeihilfspaket, das seiner Auffassung nach aus dem EU-Budget
beglichen werden sollte. Er machte Zugeständnisse in der Frage davon
abhängig, dass er mehr Schulden machen dürfe als derzeit erlaubt. Noch
sind nicht aber nicht alle Beiträge eingegangen, “mehrere
EU-Mitgliedstaaten” seien den an sie gerichteten Anforderungen bisher
nicht nachgekommen, kritisiert ein Bericht des Brüsseler
EU-Verbindungsbüros für den Bundestag. Laut Tagesschau gibt es kaum
Zweifel daran, dass die Türkei ihre Forderungen nach oben schrauben
wird. Davutoğlu hatte bereits vor den Berliner Konsultationen
angedeutet, dass Ankara mehr Geld will: ‚‚Drei Milliarden Euro sind nur
dazu da, den politischen Willen zur Lastenteilung zu zeigen.” Seither
ist die Zahl von 5 Milliarden Euro, also 2 Milliarden plus, im Umlauf.
Zwar bestätige weder Brüssel noch Berlin die Zahl, so der
Tagesschaubericht, aber gegen das Argument, Europa wolle keine
Flüchtlinge, dann müsse es die Türkei anständig dafür bezahlen, sei
wenig auszurichten. Die türkische Regierung sitze am längeren Hebel,
lässt der Beitrag verstehen…” Beitrag von Thomas Pany bei telepolis vom 02.02.2016
- Die „türkische Lösung“: EU-Präsidentschaft will Zurückweisungen in die Türkei
“Die niederländische Regierung, die aktuell die EU-Präsidentschaft
inne hat, arbeitet an einem Plan, der vorsieht Schutzsuchende, die in
Griechenland ankommen, direkt in die Türkei zurückzuführen. Der Plan
ist, in Anbetracht der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen gegen
Flüchtlinge, skrupellos – und er verstößt gegen internationales Recht.
Wer als Flüchtling in Griechenland ankommt, soll nach wenigen Tagen
wieder mit der Fähre in die Türkei geschickt werden – so will es die
niederländische Regierung. Auch Deutschland und andere EU-Staaten sollen
an dem Plan beteiligt sein. Im Gegenzug dafür, dass die Türkei die
Schutzsuchenden wieder aufnimmt, wollen einige EU-Länder mit der
regulären Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei beginnen – die Rede
ist von 150.000 – 250.000 pro Jahr. (…) Der Plan verstößt gegen
europäisches und internationales Recht: Rückführungen von Asylsuchenden
in die Türkei sind illegale Zurückweisungen, die gegen das
Non-Refoulement-Gebot der Genfer Flüchtlingskonvention und der
Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen. Ebenso illegal sind
direkte Push-Backs – gewaltsames Zurückdrängen von Flüchtlingsbooten in
der Ägäis, zu denen Griechenland laut Migrationsminister Mouzalas
bereits offen von anderen EU-Staaten aufgefordert wurde…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 29. Januar 2016
- Eklatante Verletzungen von Flüchtlingsrechten – Europa gewährt der Türkei menschenrechtlichen Rabatt
“Weil die EU ihren Deal zur Flüchtlingsabwehr mit dem autoritären
türkischen Präsidenten um jeden Preis realisieren will, schweigt Europa
über die eklatanten Verletzungen von Menschenrechten und
Flüchtlingsrechten in der Türkei. Berichten zufolge kommt es zu
zahlreichen willkürlichen Inhaftierungen und Hunderten illegale
Abschiebungen nach Syrien und in den Irak…” Beitrag von und bei Pro Asyl vom 19. Januar 2016
- Europäische Union finanziert Haftzentren für Flüchtlinge in der Türkei
“Die Europäische Union läuft Gefahr, die Türkei bei schwerwiegenden
Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen zu unterstützen. Wie der neue
Amnesty-Bericht “Europe’s Gatekeeper” zeigt, haben türkische Behörden
seit dem Beginn der Verhandlungen über den Aktionsplan mit der EU im
September Hunderte Flüchtlinge an der Westgrenze der Türkei festgenommen
und in mehr als 1000 Kilometer entfernte Haftzentren im Süden und Osten
des Landes gebracht. “Die Türkei stellt die Menschen vor eine
unmenschliche Wahl: Entweder sie bleiben auf unbestimmte Zeit in Haft,
oder sie kehren in ihre Heimatländer Syrien und Irak zurück, wo ihnen
Verfolgung, Folter und Tod drohen. Damit verstößt die Türkei eindeutig
gegen internationales Recht und handelt im starken Kontrast zu ihrer
bisherigen sehr humanitären Haltung”, sagt Wiebke Judith, Asyl-Expertin
bei Amnesty International in Deutschland. (…) Flüchtlinge zeigten
Amnesty Hinweisschilder von Betten und Regalen aus einem Haftzentrum, in
dem sie gefangen gehalten wurden. Diese belegen, dass die Einrichtung
mit EU-Geldern betrieben wird…” Meldung bei Amnesty International vom 15. Dezember 2015 . Siehe dazu den Amnesty-Bericht “Europe’s Gatekeeper” (englisch)
- Zwei Wochen danach: Die ersten fatalen Folgen des EU-Türkei-Deals
Am 29.11. vereinbarten die EU-Regierungschefs das Abkommen mit der
Türkei: Das Land erhält 3 Milliarden Euro und die Verhandlungen um einen
EU-Beitritt werden intensiviert – im Gegenzug unterstützt die türkische
Regierung Europa bei der Abwehr von Flüchtlingen. Die Folgen für die
Schutzsuchenden: Masseninhaftierungen, Abschiebungen nach Syrien,
Todesfälle durch gefährlichere Fluchtrouten. Beitrag von und bei Pro Asyl vom 11. Dezember 2015 . Aus dem Text: “…
Am 29.11. hat die EU ihre demokratischen und menschenrechtlichen
Standards wie so oft hinten angestellt – oberste EU-Prämisse ist die
Abschottung der europäischen Außengrenzen. Dafür möchte die Europäische
Union Recep Tayyip Erdogan zum Türsteher Europas machen und vergütet ihm
diese Dienste fürstlich: Mit finanzieller Unterstützung und – für den
autoritären Präsidenten besonders wichtig – stillschweigender
Tolerierung der innenpolitischen Linie Erdogans. Leidtragende dieses
Paktes sind die Schutzsuchenden, die nun im Niemandsland an der
syrisch-türkischen Grenze oder in den prekären Verhältnissen in der
Türkei ausharren müssen, ebenso wie die türkischen
MenschenrechtsaktivistInnen. Schon lange protestieren sie gegen die
Menschenrechtsverletzungen im Land, erhalten dabei aber keinen Beistand
von Europa – schließlich möchte man dort die Unterstützung der
türkischen Regierung bei der Flüchtlingsabwehr nicht verlieren.“
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