Dienstag, 21. April 2015
Nach Übergriff in Leipzig: linksjugend ['solid] Sachsen fordert Konsequenzen aus Polizeigewalt
21. April 2015
Linksjugend ['solid] Sachsen übt harsche Kritik an Polizei - Die Polizei hat ein Problem mit Hooligans in den eigenen Reihen Auf den Demonstrationen gegen LEGIDA am vergangenen Montag hat ein Kamerateam des MDR einen deutlichen Fall von Polizeigewalt dokumentiert. Dazu erklärt die linksjugend ['solid] Sachsen:
Solche Fälle sind leider kein Einzelfall. Sie werden durch die Verbreitung von Smartphones nur immer häufiger dokumentiert. Was die Polizei jahrzehntelang einfach abgestritten hat, muss sie nun endlich zugeben: es gibt ein massives Problem von Polizeigewalt. Die Polizei hat ein Problem mit Hooligans in den eigenen Reihen.
In jüngster Zeit waren immer wieder Fälle von Polizeigewalt bekannt geworden. Auch in Sachsen: Am 24. Februar veröffentlichte die "Morgenpost" ein Video, auf dem ein festgenommener junger Mann von den ihn abführenden Beamten geschlagen wird, obwohl er keine Form von Aggression zeigt. Mitte Februar kritisierte vor allem das Bündnis "Dresden Nazifrei" verbale und physische Übergriffe durch Polizeibeamte.
Die Verantwortung für Schläge und Tritte tragen die einzelnen Beamten. Die Verantwortung dafür, dass solche Fälle sich ständig wiederholen, ohne dass die Gewalttäter aus den Reihen der Polizei zur Verantwortung gezogen werden, liegt bei den leitenden Beamten. Wir fordern deshalb schon seit Jahren eine Kennzeichnungspflicht mit Namen und Nummern. Das ist in anderen Staaten durchaus normal und führt auch keineswegs zu einer steigenden Gefährdung der Beamten, wie die Polizeigewerkschaften immer wieder behaupten. Dass die Polizei sich dagegen sperrt, Maßnahmen zu ergreifen, die eine wirkungsvolle Strafverfolgung von Tätern aus den eigenen Reihen ermöglichen, ist im moralischen Sinne Strafvereitelung in Amt. Es ist unerträglich, dass gerade die, die dafür bezahlt werden, die körperliche Unversehrtheit von Dritten zu garantieren, dieses Anliegen selbst immer wieder mit Füßen treten - im wahrsten Sinne des Wortes.
Auf dem letzten Landesparteitag der sächsischen LINKEN hatte sich der Jugendverband der Partei gegen die Vorstandsmehrheit durchgesetzt, so dass auch DIE LINKE in Sachsen in ihrem Programm eine Kennzeichnung von Polizeibeamten nicht nur mit anonymen Nummern sondern auch mit Klarnamen fordert.
Video Chemnitz, aufgenommen am 23.02.: https://www.youtube.com/watch?v=ZCSMgiEyYDY
Video Leipzig, aufgenommen am 20.04.: http://www.mdr.de/mdr-aktuell/video266156.html
Gegen den Schweigemarsch der CDL am 01.06. in Annaberg-Buchholz
Aufruf
Wir haben uns dieses Jahr dafür entschieden, zwei Aufrufe zu erstellen. Es gibt einen Kurzaufruf, der die wichtigsten Kritikpunkte am Schweigemarsch aufführt und auch als Flyer verteilt werden kann. Und einen längeren, der die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen um den Schweigemarsch beleuchtet und unsere Kritik an der Argumentation der “Lebensschützer_innen” weiter ausführt. Diesen könnt ihr hier lesen.
Mein Körper gehört weder Kirche noch Staat – Weg mit §218!
Gegen den Schweigemarsch der Fundamentalist_innen am 1. Juni in Annaberg-Buchholz
Für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch*!
Was Feminist_innen erkämpft haben, stellen christliche Fundamentalist_innen seit jeher in Frage: Das Selbstbestimmungsrecht von schwangeren Menschen. In Deutschland versammeln sich Gegner_innen von Schwangerschaftsabbrüchen seit einigen Jahren zu so genannten „Märschen für das Leben“. Diese finden unter anderem in Münster, Berlin und Annaberg-Buchholz statt Während die Aufmärsche in Münster und Berlin nicht ohne Proteste von Feminist_innen ablaufen konnten, blieb der Annaberg-Buchholzer Schweigemarsch in den fünf Jahren seines Bestehens überwiegend unwidersprochen. Bis vergangenes Jahr eine kleine Gruppe von Leuten versuchte, mit eigenen Inhalten den Marsch zu begleiten. Wir haben damals versprochen „Uns ist kein Weg zu weit, wir kommen wieder nach Annaberg-Buchholz!”
Annaberg-Buchholz liegt im Erzgebirge im Südwesten Sachsens. In der Region hat sich selbst in der atheistischen DDR eine starke christliche Prägung erhalten. Diese war offenbar beste Voraussetzung für das Erstarken streng konservativer Christ_innen, sogenannter Evangelikaler, die durch eine wortgetreue Bibelauslegung, den Glauben an den strafenden Gott, aggressive Missionsarbeit, ihre Klagen über die Zerstörung der traditionellen Familie und ihre Äußerungen gegen Homosexualität von sich reden machen.i
Das Kreuz mit dem Kreuz
Über die starke Einflussnahme kirchlicher Einrichtungen im Erzgebirge hinaus bestehen auch Verbindungen in die Politik. Die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL), Organisator_innen des Schweigemarsches, verfügen in Sachsen bereits seit 1990 über einen eigenen Landesverband innerhalb der CDU. Steffen Flath – ehemaliger CDU-Fraktionsvorsitzender im sächsischen Landtag und prominenter Unterstützer des Schweigemarsches – beteiligt sich seit Jahren mit Redebeiträgen, in denen er das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen fordert. Erklärtes Ziel der CDL ist es, ihren Einfluss in der CDU zu nutzen, um Schwangerschaftsabbrüche nicht nur in Deutschland, sondern weltweit zu kriminalisieren. Die Versuche der christlichen Fundamentalist_innen, auf politische Entscheidungen einzuwirken, haben sich z.B. 2006 im Vorstoß der Gesundheitsminister_innen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen niedergeschlagen, die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen einzuschränken. Mit diesem Anliegen scheiterten sie damals zwar, aber mit weiteren Angriffen auf die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruches muss gerechnet werden. Auch auf europäischer Ebene zeigt sich ihr Einfluss. So hat das europäische Parlament mehrfach einen Bericht (“Estrela-Bericht”) zurückgewiesen, der auf die Lage von sexuellen und reproduktiven Rechten aufmerksam machen wollte und für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in Europa appelliert.
Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in Deutschland
In Deutschland sind die Missstände größer als viele denken. Feminist_innen kämpfen seit jeher gegen den heute immer noch bestehenden §218 des Strafgesetzbuchs. Dieser stellt seit 1871 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland unter Strafe.
In der DDR wurde 1972 erstmals der Schwangerschaftsabbruch in den ersten 12 Wochen entkriminalisiert. Zu dieser Zeit war es das fortschrittlichste Abtreibungsgesetz der Welt. Im Gegensatz zur BRD, wo erst 1995 die heute gültige Fristenregelung in Kraft trat.
Das bis heute geltende Gesetz sieht einen Schwangerschaftsabbruch weiterhin als Straftat, die nur unter folgenden Umständen nicht verfolgt wird: Ein Abbruch kann innerhalb der ersten 12 Wochen durchgeführt werden, wenn die schwangere Person zuvor eine staatlich anerkannte Beratung in Anspruch genommen hat. In vielen, vor allem ländlichen Gebieten, wird die erzwungene Beratung nur durch kirchliche Einrichtungen angeboten und die schwangere Person oft unter Druck gesetzt, sich für die Fortführung der Schwangerschaft zu entscheiden. Hinzu kommt eine dreitägige Wartefrist und die Kosten für diesen medizinischen Eingriff werden nur unter bestimmten Voraussetzungen durch die Krankenkassen übernommen. Eine Abtreibung nach den zwölf Wochen ist nur bei „hoher Gefahr für die physische oder psychische Gesundheit“ der schwangeren Person erlaubt.
Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch weltweit
Die Situation weltweit ist sehr unterschiedlich. Einige Länder haben den Schwangerschaftsabbruch komplett aus dem Strafgesetzbuch gestrichen, andere verbieten Abbrüche ohne Ausnahmen. Interessant dabei ist, dass die Gesetzgebung kaum einen Einfluss auf die Zahl der Abbrüche hat.
Zum einen stieg so die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nach Gesetzeslockerungen kaum an, wie es sich beispielsweise in den Niederlanden zeigt: Die Niederlande haben eines der liberalsten Gesetze und gleichzeitig eine der geringsten Abbruchquoten.
Zum anderen geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davon aus, dass knapp die Hälfte aller durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche gegen die gesetzlichen Bestimmungen der jeweiligen Länder verstoßen – und dies mit teilweise verheerenden Folgen.ii
Die tödlichen Folgen der Kriminalisierung
Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen führt dazu, dass Schwangere illegale Abbrüche vornehmen (lassen). Dies geschieht oft fernab von guten hygienischen und medizinischen Möglichkeiten. Nur wenige können sich die Reise in Länder mit fortschrittlicheren Regelungen leisten, um dann dort unter sicheren Bedingungen den Eingriff vornehmen zu lassen. Durch die mangelhafte hygienische und medizinische Betreuung kommt es immer wieder zu Komplikationen, welche bis zum Tod der Betroffenen führen. Infolge dessen sterben nach Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation jährlich 47.000 Menschen.iii
Ebenfalls schlimm steht es um die (Be-)Handlungsmöglichkeiten von geflüchteten und illegalisierten schwangeren Personen. Bereits gemeldete Personen müssen sich jede ärztliche Behandlung im Vorfeld von den jeweiligen staatlichen Bearbeiter_innen genehmigen lassen. Illegalisierte Geflüchtete haben nicht das Recht, Ärzt_innen aufzusuchen, und diese sind angehalten, illegalisierte Personen zu melden. Einzige Ausnahme sind direkt lebenserhaltende Maßnahmen, über deren Notwendigkeit allerdings allein die Ärzt_innen entscheiden. Für nicht gemeldete Personen kann jeder Ärzt_innenbesuch in letzter Konsequenz bedeuten, abgeschoben zu werden.
Warum wir im Kapitalismus von „Selbstbestimmung“ und nicht von Selbstbestimmung sprechen
Wir reden viel von der Selbstbestimmung von Menschen, die schwanger werden können. Dabei müssen wir uns jedoch dessen bewusst sein, dass diese Selbstbestimmung stark eingeschränkt ist. Sicherlich hat in Deutschland fast jede Person mit deutschem Pass die Möglichkeit, in den genannten Grenzen selbst zu entscheiden ob sie ein Kind austragen will oder eben nicht. Das begrüßen wir. Doch steht diese Entscheidung in einem gesellschaftlichen Kontext und es wird von verschiedenen Seiten versucht, diesen Kontext zu beeinflussen.
Zum einen spielen hier ökonomische Rahmenbedingungen eine Rolle. So ist die Familienpolitik des Staates darauf ausgelegt, den Kinderwunsch in bestimmten Bevölkerungsschichten durch Begünstigungen wie Elterngeld und Elternzeitgesetze zu fördern. Ärmere Bevölkerungsschichten, wie Erwerbslose, Geflüchtete sowie Illegalisierte profitieren von diesen Begünstigungen jedoch nicht. Hinzu kommt, dass mit Schwangerschaft auch eine Angst um finanzielle Sicherheit verbunden sein kann. So bedeutet Schwangerschaft immer noch ein Risiko für die Arbeitsstelle. Vor allem für Alleinerziehende bedeutet es häufig, am Rande der Armut zu stehen. Somit ist oft nicht der individuelle Kinderwunsch ausschlaggebend, sondern damit verbundene soziale oder ökonomische Bedingungen.
Zum anderen gibt es eine rassistisch und nationalistisch aufgeladene Diskussion darüber, wer in Deutschland Kinder bekommen sollte. Rassist_innen wie Sarrazin, Politiker_innen aus der AfD und auch religiöse Fundamentalis_innen sehen die weiße, christliche Kleinfamilie mit mindestens zwei Kindern als Grundlage der Nation an. Diese wollen sie bewahren und unterstützen, andere Lebenskonzepte wie zum Beispiel homosexuelle Partnerschaften oder kinderlose Beziehungen werden abgewertet. Migrant_innen und Schwarze Deutsche werden dabei besonders diskriminiert, da sie nicht in das reaktionäre Weltbild passen, ihre Kinder gelten manchen gar als Bedrohung der „deutschen Identität“.
Somit ist die Entscheidung über die eigene Schwangerschaft also nicht frei und komplett selbstbestimmt. Sie wird beeinflusst von ökonomischem und sozialem Druck der Gesellschaft. Diese Aspekte zu vernachlässigen und die Entscheidungen für oder gegen Kinder als eine rein persönliche Entscheidung der Eltern zu betrachten bedeutet auch, die Unterdrückungsmechanismen als ein individuelles Problem der Eltern zu sehen. Dabei handelt es sich aber um gesellschaftlich strukturelle Probleme und diese gehören als solche bekämpft!
Schwangerschaftsabruch und Selektion von Menschen mit Behinderungen**
Ein häufig genanntes Argument von Lebenschützer_innen ist, dass durch den freien Zugang zu Schwangerschaftsabrüchen in Kombination mit immer besseren Untersuchungsmöglichkeiten von Embryonen, Kinder mit Behinderungen nicht mehr zur Welt kommen würden und ihnen dadurch das Recht auf Leben abgesprochen wird. Wir halten eine Verlagerung der Debatte – weg von der individuellen, hin zur strukturellen Ebene – für notwendig: Die “Rechte für Menschen mit Behinderung” und das “Recht auf Selbstbestimmung” dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!
Die Situation für Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft ist katastrophal. Sie werden massiv ausgegrenzt und fallen aufgrund der kapitalistischen Verwertungslogik aus vielen Bereichen gesellschaftlicher Teilhabe heraus. Statt als aktive Mitglieder der Gesellschaft werden sie vor allem als Belastung wahrgenommen. Diese Zustände prangern wir an. Ebenso kritisieren wir die mangelhafte Unterstützung und Beratung von Schwangeren und Eltern, die möglicherweise ein Kind mit Behinderungen erwarten. Eine Gesellschaft, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verhindert, gehört bekämpft. Menschen die sich diesen Hürden widersetzen und sich für Kinder mit Behinderungen entscheiden, verdienen unsere Unterstützung.
Zurück oder nach vorn
Das bürgerliche Ideal der Kleinfamilie als „Keimzelle der Gesellschaft“ entstand mit dem Aufkommen des Kapitalismus. Seitdem ist es einem stetigen Wandel unterworfen, auch dank feministischer Bewegungen. Heute bröckelt dieses Ideal erheblich, denn wie in der Wirtschaft werden auch im familiären Bereich überkommene, ineffizient gewordene Formen des Zusammenlebens über Bord geworfen. Teilweise gelingt es emanzipatorischen Bestrebungen, dort anzuknüpfen und Freiräume zu erkämpfen, beispielsweise für “Regenbogenfamilien”.
Der neoliberale Umbau der Gesellschaft und die damit verknüpften individuellen Verunsicherungen führen allerdings auch zu dem Bedürfnis nach Halt und Orientierung. Eine Reaktion darauf sind chauvinistische, rückschrittliche Tendenzen: ein krampfhaftes Festhalten dessen, was im Grunde schon verloren ist. Dies trifft auch auf die restriktive Zweigeschlechtlichkeit und daran geknüpfte Geschlechterrollen zu.
Hier kommen Religion und Ideologie ins Spiel und befeuern den Backlash. Dieser zeigt sich heute in Form von sexistischer Diskriminierung und sexualisierter Gewalt, Homo- und Trans*phobie, des Rückfalls in klare Geschlechterrollen im Privaten, des gewalttätigen Festhaltens an der Zweigeschlechterordnung bis hin zur Verstümmelung intergeschlechtlicher Menschen – und eben auch an dem Auftrieb für Abtreibungsgegner_innen wie denen in Annaberg-Buchholz.
Alles vorbei?
Auf keinen Fall. Wir werden weiter kämpfen wie wir schon immer gekämpft haben und wir werden unsere Erfolge feiern! Die Pille danach ist seit März 2015 rezeptfrei, in Apotheken, erhältlich. In Bayern musste ein Münchner Gesundheitssenator aufgrund seiner Mitgliedschaft in einem christlich-fundamentalistischen Verein sein Amt niederlegen. In Spanien wurde dank einer breiten sozialen Bewegung ein schon sicher geglaubtes, extrem restriktives Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen gekippt. Der bundesweite Marsch für das Leben in Berlin wächst zwar an, war jedoch im vergangenen Jahr durch entschlossene und kreative Proteste kein Erfolg für die Abtreibungsgegner_innen. Lasst uns auch den Schweigemarsch in Annaberg-Buchholz zum Desaster machen!
Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen und §218 abschaffen!
Ein Schwangerschaftsabbruch ist keine Straftat, sondern Menschenrecht!
Wer einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen will, soll dies unter den besten Bedingungen tun können!
Wer nicht will, soll nicht dazu gedrängt oder gezwungen werden. Wer sich für ein Kind entscheidet, muss bestmöglich unterstützt werden!
Die Bedingungen, die dazu führen, sich für oder gegen ein Kind mit oder ohne Behinderungen zu entscheiden, müssen Gegenstand öffentlicher Diskussionen werden.
Für eine sinnvolle Aufklärung zu Sexualität und Verhütung! Für die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln inklusive der Pille danach!
Für einen guten Zugang zu parteilicher, ideologiefreier, qualifizierter Beratung und medizinischer Betreuung – für alle!
Mein Bauch gehört mir! Aborto Libre! Alerta Feminista!
Pro Choice Sachsen
unterstützt durch:
Antifaschistische Aktion Erzgebirge
Emanzipation und Antifaschismus
Referat Gleichstellungspolitik des StuRa der TU Dresden
Agenda Alternativ e.V. (Politische Bildungsarbeit im Erzgebirge)
Jusos Sachsen
Eva Brackelmann (Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Sachsen)
Karin Luttmann (Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Dresden)
Katharina Schenk (Vorsitzende Jusos Sachsen)
Unter http://schweigemarsch-stoppen.de/ findet ihr weitere Infos, auch zur An- und Abreise nach Annaberg-Buchholz aus Leipzig und Dresden
* Wir wollen in dem Zusammenhang mit Schwangerschaft darauf aufmerksam machen, dass es verschiedene Menschen gibt, die schwanger werden können. Dies kann nicht nur Frauen* betreffen, sondern z.B. auch Trans*Männer, intergeschlechtliche Personen oder Menschen, die sich nicht in Geschlechtskategorien einordnen (lassen) möchten. Obwohl wir Geschlechterkategorien als Konstruktion erkennen, ist die Zweigeschlechtlichkeit mitsamt ihren „natürlichen“ Zuschreibungen eine gesellschaftliche Realität, mit der wir immer wieder konfrontiert sind. Aus diesem Grund verwenden wir zwar die Bezeichnung „Frauen“, markieren diese aber mit einem Stern.
i vgl. Jennifer Stange: “Evangelikale in Sachsen”, Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, 2014 http://www.weiterdenken.de/sites/default/files/evangelikale_download_2014-08-19.pdf
ii vgl. Aufruf der Volksinitiative “Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache”: Nein!
http://www.svss-uspda.ch/abtreibungsfinanzierung.htm
iii vgl. WHO: “Unsafe abortion – Global and regional estimates of the incidence of unsafe abortion and associated mortality in 2008″, whqlibdoc.who.int/publications/2011/9789241501118_eng.pdf S.28
** Es ist uns bewusst, dass es ganz unterschiedliche Grade und Formen von Behinderungen gibt und damit auch unterschiedliche Probleme einhergehen. Wir sprechen hier dennoch von der Gruppen “Menschen mit Behinderung” um strukturelle Problemlagen einfacher aufzeigen zu können.
Die EU tötet Flüchtlinge: Fähren statt Frontex!
19.4.2015
Gestern Nacht sind mindestens 650 Bootsflüchtlinge ca. 73 Seemeilen nördlich der libyschen Küste auf dem Weg nach Italien ertrunken. Sie waren an Bord eines 30 Meter langen Kutters, der kenterte, als sich das Frachtschiff King Jacob näherte, um Hilfe zu leisten. Es gibt nur 28 Überlebende.
Es ist die größte Flüchtlings-Schiffskatastrophe in der neueren Geschichte des Mittelmeers. Die EU ist mit ihrem Beschluss vom 27. August 2014, die Seenotrettung im Mittelmeer herunterzufahren, verantwortlich für dieses Massensterben. Die EU hätte die Mittel und die Möglichkeiten, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zu retten. Aber sie lässt die Menschen ertrinken.
In den letzten Wochen wurden wir als Alarm-Telefon von Watch the Med direkte ZeugInnen, wenn Flüchtlinge auf Booten um das Überleben kämpften und Angehörige um sie bangten. Wir wurden zudem ZeugInnen, wie sich die Küstenwachen Italiens und Maltas sowie immer mehr Besatzungen kommerzieller Schiffe um Rettung bemühten, das Sterben aber oftmals nicht verhindern konnten, weil sie zur Rettung nicht ausreichend ausgerüstet waren. Hintergrund sind politische Entscheidungen der Europäischen Union.
Die Festung Europa hat in den letzten 25 Jahren zu zehntausenden Toten im Mittelmeer geführt.
Verantwortlich sind:
die PolitikerInnen und Polizeien, die mit dem Schengen-Regime den pauschalen Visazwang und die organisierte Fahndung nach visalosen Flüchtlingen und MigrantInnen beschlossen haben,
die PolitikerInnen, die Polizeien und Militärs, die in den letzten 10 Jahren mit Frontex den Grenzschutz vor die Menschenrechte gestellt und seit dem arabischen Frühling das Meer zwischen Libyen und Italien zu einer Meeres-Hochsicherheitszone umgewandelt haben,
die EU-SpitzenpolitikerInnen, die am 27. August 2014 in Brüssel das Ende der italienischen Mare Nostrum Operation, das Herunterfahren der Rettungsprogramme im Mittelmeer und die Abschottungsoperation Triton-Frontex vor den italienischen Küsten beschlossen haben!
Sie tragen die Verantwortung für die tausenden von Toten der letzten Monate in der Meereszone zwischen Libyen und Italien.
Das Sterben muss ein Ende haben:
Wir fordern eine sofort einzurichtende direkte Fährverbindung für Flüchtlinge aus Tripolis und anderen Orten Nordafrikas nach Europa.
Wir fordern sichere und legale Wege, um Zufluchtsorte zu erreichen, ohne sich in tödliche Gefahren begeben zu müssen.
Wir rufen, über alle Konfessionen und politischen Spektren hinweg, zu sofortigen direkten Aktionen gegen die mörderische Politik der EU auf.
Watch the Med Alarm Phone
http://www.watchthemed.net/
info@watchthemed.net
Pressekontakt (in Deutschland):
Hagen Kopp, hagen@kein.org, 00491724008990
Helmut Dietrich, info@ffm-online.org, 0176-35877605
25.04.2015 / Bochum: 595 Griechische Putzfrauen – Opfer der Krise – Symbol des Widerstandes – und nun Gewinnerinnen der neuen Regierung?
"Litsa" Evagelia Alexaki, eine der Hauptorganisatorinnen des griechischen Putzfrauen-Protests, ist am Samstag, den 25.4. um 19 Uhr im Sozialen Zentrum zu Gast. Sie ist 57 Jahre alt, hat zwei Kinder und 19 Jahre lang hat sie als Putzfrau für die Steuerbehörde in Athen gearbeitet, dann wurden sie mit vielen anderen Reinigungskräften auf die Straße gesetzt.
Am 17. September 2013 wurden alle 595 Putzfrauen des Finanzministeriums zur „freien Verfügung“ gestellt und 8 Monate später vollends entlassen – bei gleichzeitiger Auftragsvergabe der Reinigungsarbeiten an eine private Firma. Seitdem kämpfen sie, demonstrieren, werden von der Polizei geschlagen – und geben nicht auf. Symbol ihres international bekannten Widerstands wurde der Putzhandschuh.
Für die neue SYRIZA-Regierung hat das Thema "ethische und symbolische Bedeutung" (Finanzminister Yanis Varoufakis anlässlich eines Treffens mit den Putzfrauen am 04.03.2015), Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou lud die Frauen am Internationalen Frauentag ins Griechische Parlament ein und ließ ihren Auftritt vom TV-Kanal des Parlaments live übertragen.
Die Putzfrauen zeigten sich daraufhin zuversichtlich, kündigten aber an, erst mit den Zelten abzuziehen, wenn sie tatsächlich wieder eingestellt würden. Am 07.04. 2015 trafen sie sich mit dem stellvertretenden Minister für Verwaltungsreform und öffentliche Ordnung Katrougalos. Er versicherte ihnen, dass ihre Entlassung unrechtmäßig sei, wies aber darauf hin, dass die Verfassung eine Neuausschreibung der Stellen vorsehe.
"Litsa" Evagelia Alexaki wird über den Kampf der Putzfrauen und über deren Perspektiven berichten.
Die Veranstaltung wird von Mag Wompel, LabourNet Germany moderiert. LabourNet Germany ist Mitveranstalter dieses Abends.
Übersetzerin ist Céline Spieker.
Wo: Soziales Zentrum, Josephstr.2, 44791 Bochum
Wann: 19:00 Uhr
Veranstalter: Soziales Zentrum / LabourNet Germany
Link: http://www.labournet.de/?p=60331
24.04.2015 / Berlin: Erwerbslose zwischen Lethargie, listiger Resistenz und kollektivem Widerstand
mit Harald Rein (Frankfurter Arbeitslosenzentrum) und Thilo Broschell (ehemals Erwerbslosen- und Jobberinitiative Schwarze Katze Hamburg, heute Stadtteilaktivist) Galten Erwerbslose am Ende des 19. Jahrhunderts noch als „permanenter Unruheherd“, so ist es um diese zurzeit ruhig geworden. Harald Rein verdeutlicht, warum Erwerbslose nur in besonderen Augenblicken Geschichte schreiben. Sie führen aber tagtäglich einen individuellen Kampf um Würde und Anerkennung. Nur ein kleiner Teil der Betroffenen leistet kollektiven Widerstand. Aufgabe der Behörden ist das permanente in Bewegung halten der Erwerbslosen, niemand soll über seine Zeit frei verfügen können, es sollen keine Freiräume entstehen.
Thilo Broschell referiert über das Thema: Vom Existenzrecht zum Wohnen mit Hartz IV. Er gibt einen kurzen Rückblick, um dann über aktuelle Kämpfe um Miete und Wohnraum in den letzten Jahren in Berlin zu berichten. Menschen mit geringem Einkommen sind in gewissen Abständen immer als handelnde Subjekte in Erscheinung getreten, um ihr Recht auf bezahlbaren Wohnraum durchzusetzen.
(Realisiert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin)
Wo: Mehringhof, Gneisenaustr.2a
Wann: 19:00 Uhr
Veranstalter: Bildungswerk Berlin der Heinrich- Böll-Stiftung
Link: http://teilhabe-berlin.de
Lauter gute westliche und böse russische Gründe für den Stellvertreterkrieg in der Ukraine
23.04.2015 / Nürnberg
Ein Vortrag mit Redakteuren der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt
Wo: Haus Eckstein | Burgstraße 1 | Nürnberg
Wann: 20:00 Uhr
Veranstalter: Sozialistische Gruppe (SG) - Hochschulgruppe Erlangen/Nürnberg
Link: http://www.sozialistischegruppe.de/
Link2/Mail: http://www.sozialistischegruppe.de/hefte/2015/shz_86.pdf
Der Krisenfall Griechenland: Ein Lehrstück über Kredit und Macht in Europa
Di, 21. April 2015 | 19:30
Mehringhof, Versammlungsraum (Gneisenaustr. 2a)
Vortrag und Diskussion
Der Krisenfall Griechenland:
vom Euro ruiniert – um Euro-Kredit kämpfend – am Euro-Regime scheiternd
Ein Lehrstück über Kredit und Macht in Europa
Seit dem Wahlsieg der linken Syriza eskaliert der Streit um die „Rettung Griechenlands“. Der dreht sich, so heißt es, vor allem um die Frage, wie die „wirtschaftliche Konsolidierung“ dieses südeuropäischen Landes am besten zu erreichen sei: Eher durch „Haushaltskonsolidierung“, also gnadenloses Zusammenstreichen von allen als überflüssig definierten Staatsausgaben insbesondere für den Unterhalt des Volkes? Oder doch eher durch „kreditfinanzierte Wachstumsanreize“, also eine Politik, die für den Dienst des Volkes am Wachstum sorgen soll? Eigentliches Sorgeobjekt der Politik, so heißt es weiter, seien die „kleinen Leute“: Wo die griechische Regierung darauf verweist, dass griechische Angestellte, Rentner, Arbeitslose, Kranke… schon jetzt Opfer bis weit über jede Schmerzgrenze hinaus erbracht hätten, da zitiert z.B. Schäuble den hart arbeitenden deutschen Steuerzahler, der bereits vor Jahren die scharfen Einschnitte als notwendig eingesehen habe, die man darum jetzt auch von den Griechen erwarten dürfe.
Ob nun Objekt ernster Sorge oder bloßer Berufungstitel: Gestritten wird jedenfalls zwischen den Regierungen nicht um die Ansprüche des jeweiligen Volks, sondern die der Regierungen, um deren ökonomische Mittel und Anrechte – und über die gibt der Streit damit ein paar bemerkenswerte Auskünfte:
– über den Kredit, um den sie streiten
Die Schäuble-Fraktion besteht mit ihrer Forderung nach ausschließlicher Verwendung europäischer Kredite zur Schuldenbedienung und nach gleichzeitiger Streichung aller „unproduktiven“ griechischen Ausgaben darauf: Kredit ist ein ökonomisches Unterwerfungsverhältnis. Weil sich Geldwirtschaft und Staat des Kredits bedienen, hat das nationale Geschäftswachstum und der Staat mit seinen Schulden auch den Rechnungen der Krediteure zu genügen, nur so und nur dafür vergeben sie ihn. Alles produktive Treiben der Gesellschaft ist dem mit Rechtsgewalt verbürgten Geldvermehrungsinteresse des kreditgebenden Finanzkapitals untergeordnet. Kredit ist kein universell einsetzbares Mittel für beliebige Zwecke, sondern für das Wachstum des Kapitals, dem das gesellschaftliche Leben dient – oder es hat sein Lebensrecht verloren. Und das anerkennt die Tsipras-Mannschaft auf ihre Weise auch, wenn sie die Sache umgekehrt buchstabiert und um neuen Kredit als unbedingt nötiges nationales Lebens– und Wachstumsmittel streitet. Dann – nur dann – verspricht sie ja, dass auch ihr Dienst für die „Geldgeber“, also deren Zweck wieder gelingen kann.
– über ihr ganzes famoses „Projekt Europa“
Im laufenden Streit um Griechenland und seine Pleite fordert Schäuble allen voran im Namen der Euro-Gemeinschaft, dass Griechenland seine Schulden gefälligst weiter zu bedienen hat, damit der Euro stark bleibt, den nicht Griechenland, sondern Deutschland, d.h. mit dem sein Kapital so prima nicht zuletzt an Griechenland verdient hat und noch verdient. Syriza umgekehrt ruft in Richtung Troika: „finanzpolitisches Waterboarding!“, fordert von der Gemeinschaft mehr Euro-Kredit, damit das Land wieder geschäftsfähig wird, und verweist darauf, dass die anderen Euro-Staaten einen griechischen Exitus finanzpolitisch selber nicht aushalten, weil der den Euro gefährdet. So führen die lieben europäischen Partner vor, was der feine Euro-Club mit seinem Gemeinschaftsgeld ist, in dem Griechenland Mitglied ist und gerne bleiben will: Europa ist institutionalisierte Standortkonkurrenz. Die Euro-Nationen wirtschaften mit einem Geld, aber sie konkurrieren dabei um das gemeinsame Geld, um Euro-Kredit, der das Lebensmittel ihrer Marktwirtschaften ist und sein soll, erbittert gegeneinander. Sie brauchen und gebrauchen den Kredit dafür, sich in dieser Konkurrenz zu erfolgreichen Geschäftsstandorten zu machen, um Geldreichtum bei sich zu akkumulieren. Und da scheiden sich Gewinner und Verlierer daran, wer mit seinen Erfolgen in dieser Konkurrenz den Zuspruch der Finanzmärkte genießt, und wer nicht. Griechenland jedenfalls nicht! Das Urteil fällen nicht bloß die Finanzmärkte, das unterschreiben und exekutieren die politischen Herren über den Euro-Kredit. Die deutschen Politiker bestehen als Konkurrenzsieger darauf, dass Griechenland als Verlierer für seine Schulden einsteht und sich wieder „für den europäischen Wettbewerb fitmacht“, das heißt alles zusammenstreicht, was sich an Griechenland nicht lohnt. Ihre Konkurrenzerfolge und ihre Euro-Kreditmacht dürfen mit dem Ruin von Konkurrenzverlierern einfach nicht Schaden leiden. Und mit dem ökonomischen Erfolg haben sie im gemeinschaftlichen Euro auch das politökonomische Machtmittel, das in ihrer ‚Gemeinschaft‘ als gültige ökonomische ‚Vernunft‘ durchzusetzen.
– über die Rolle ihrer Völker, auf die sie sich so gern berufen
Wenn die deutsche Politik stolz auf die von ihr – abwechselnd in Rot-Grün-Schwarz-Gelb – gesetzlich erzwungenen Leistungen der Deutschen beim Arbeiten für immer weniger Geld als Grund für deutsche Wirtschaftserfolge verweist; wenn die griechische Politik zu bedenken gibt, dass ein ruiniertes Volk auch in Zukunft für keinen Wirtschaftsaufschwung mehr zu gebrauchen ist – dann geben konservative wie linke Euro-Politiker zu verstehen: „Die Menschen“ sind dafür da, dass die kapitalistischen Rechnungen mit ihnen vorankommen. Sie haben sich in Fabriken, Büros und sonstwo nützlich dafür zu machen, dass mit ihren Arbeitsdiensten möglichst viel Geld verdient wird. Darum ist ihr wichtigster Dienst über alle Konjunkturen und Krisen hinweg, in allen großen und kleinen Standorten immer der eine: Sie haben billig zu sein, ihr Lebensunterhalt hat sich entsprechend zu beschränken, verschwenderisch dürfen sie ja schon beim Arbeiten genug sein. So ist ihre Armut nützlich – gerade in den Gewinner-Nationen Europas. Und nach der gleichen Logik kennt ihre Verarmung überhaupt keine Grenzen mehr, wenn sich die Armut als unnütz erweist, weil das nationale Kapital – wie in Griechenland – sie wegen seiner Konkurrenzniederlagen nicht zu nutzen versteht. Und wenn die griechische Regierung darum kämpft, Land und Volk irgendwie lebensfähig zu halten, um die wieder produktiv zu machen, dann heißt es aus der europäischen Zentrale, dass sich Griechenland das bisherige Leben des Volkes nach den Erfolgsmaßstäben des Euro-Kapitals und –Kredits endgültig nicht mehr leisten kann. So streiten beide Seiten um den nationalen Nutzen ihrer Massen.
Es scheint, dass sich die europäischen Massen das alles eigentlich nicht leisten können.
Zeitgenössische Berichte vom Völkermord an den Armeniern
Henry Morgenthau Amerikanischer Botschafter in Konstantinopel, 1913-1916
„Eines tages trat Talat Pascha*** mit einem Anliegen an mich heran, der vielleicht das erstaunlichste war was ich jemals gehört hatte. Die Versicherungesfirmen New York Insurance und Equity Life New York hatten jahrelang gute Geschäfte mit den Armeniern gemacht. Ich wünschte mir sagte Talat Pascha, sie könnten diese Versicherungsfirmen dazu bringen uns eine komplette Liste der armenischen Versicherungsnehmer zu schicken. Sie sind jetzt praktisch alle tot und haben keine Nachkommen die das Geld bekommen könnten. Anspruchsberechtigt sind jetzt wir, die Regierung (türkische), Tun Sie das?”
Leslie A. Davis Amerikanischer Konsul in Harpur, 1914-1917:
„Diese Arbeit wurde nicht nur von Kurden erledigt, sondern meistens von Gendarmen die die Trupps der Deportierten begleiteten, oder von bewaffeneten Kompanien der sogenannten Tchetes. Das sind ehemalige Sträflinge die aus keinem anderen Grund freigelassen wurden, ausser um Armenier zu ermorden”
Tacy Atkinson, amerikanische Missionsschwester in Harput, 1902 – 1917
„Tatsache ist, die Männer wurden umgebracht, die Mädchen in Harems und in Haushalten geschleppt, die Frauen wurden ausgeraubt und hilflos zurückgelassen. Sie wussten nicht was noch kommt”
Martin Niepage, Lehrer an der deutschen Schule in Aleppo, 1913-1916
„Viel entsetzlichere Dinge erzählten die Ingenieure der Baghdad-Bahn nachdem sie nach Hause zurückgekehrten. Sie berichteten dass am Bahndam bei Tel Abbait und Rasulain, geschändete Frauenleichen massenhaft herumlagen. Viele von ihnen hatte man Knüppel in den After hinein getrieben”
„Der deutsche Konsul aus Mosul, Herr Holstein berichtete, er habe auf manchen Stücken des Weges, von Mosul nach Allepo, soviele abgehackte Kinderhände liegen sehen, dass man hätte damit den ganze Weg pflastern können”
Leslie A. Davis Amerikanischer Konsul in Harpur, 1914-1917:
„Die Türken zogen natürlich ihren Vorteil aus dieser Situation, die es ihnen erlaubte, alle möglichen Dinge praktisch umsonst zu bekommen. Raub und Plünderung fanden in einem noch nie gewesenen Ausmaß statt. Türkische Männer und Frauen gingen in die Häuser der Armenier und nahmen alles an sich. Die Szene erinnerte an hungrige Geier, die sich auf die Reste derjenigen stürzen, die auf der Strecke geblieben sind.”
*** Innenminister und Großwesir des Osmanischen Reichs und Führer der Jungtürken.
Ratschläge für den Genozid
BERLIN/ANKARA
german-foreign-policy vom 21.04.2015 – Der aktuelle Berliner Streit um die offizielle Bezeichnung für den Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich ist ein Streit um die offizielle Einstufung auch deutscher Staatsverbrechen. Dies ergibt sich aus historischen Untersuchungen und aus neuen Recherchen, die die Beihilfe hoher Funktionsträger des deutschen Kaiserreichs für den Genozid klar nachweisen. Demnach haben deutsche Offiziere, die im Ersten Weltkrieg führende Positionen in der osmanischen Armee bekleideten, etwa an Deportationsbeschlüssen mitgewirkt, die die armenischsprachigen Einwohner des Osmanischen Reichs der genozidalen Gewalt osmanischer Militärs und anatolischer Banden preisgaben. Weit mehr als eine Million Armenier wurden ab April 1915 massakriert oder gezielt dem Tod durch Hunger, Durst und Krankheiten ausgesetzt. Wie eine aktuelle Publikation des Journalisten Jürgen Gottschlich belegt, war die deutsche Beihilfe dadurch motiviert, dass man der Ansicht war, die Armenier stünden mit Russland im Bunde und müssten deshalb ausgeschaltet werden. Bezeichnet der Bundestag in seiner für den hundertsten Jahrestag des Beginns der Massaker geplanten Resolution den Genozid tatsächlich als Genozid, dann räumt er ein, dass sich deutsche Offiziere und Regierungsstellen eines Verbrechens schuldig gemacht haben, das nicht verjährt.
Streit um die Sprachregelung
In Berlin hält der Streit darum an, wie der Genozid an der armenischsprachigen Bevölkerung des Osmanischen Reichs in offiziellen Dokumenten und in Stellungnahmen staatlicher Stellen genannt werden soll. Bislang weigert sich die Bundesregierung, von einem Genozid zu sprechen, und zieht sich auf Begriffe wie „Vertreibung“, „Massaker“ oder „ethnische Säuberung“ zurück. Hintergrund ist, dass die Einstufung des Massenverbrechens nicht nur Taten osmanisch-türkischer Funktionsträger betrifft, sondern auch hochrangige Offiziere und höchste Staatsorgane des Deutschen Reichs. Dies belegen wissenschaftliche Untersuchungen und neue Recherchen, die die deutsche Beihilfe zum Genozid an den Armeniern im Detail dokumentieren.
Der Weg zur Weltmacht
Die deutsche Beihilfe zum Genozid an der armenischsprachigen Bevölkerung des Osmanischen Reichs resultierte letztlich aus der strategisch angelegten deutschen Südost-Expansion. In den 1880er Jahren hatte Berlin militärisch und wirtschaftlich eine intensive Zusammenarbeit mit Konstantinopel aufgenommen. 1882 begann es mit der Entsendung von Offizieren, die das marode osmanische Militär reformieren und dadurch das schwächelnde Osmanische Reich wieder stärken und vor allem unter deutschen Einfluss bringen sollten. 1888 erhielt ein deutsch geführtes Konsortium den Auftrag zum Bau der Anatolischen Eisenbahn, die von Konstantinopel ins Innere Anatoliens bis Konya beziehungsweise Ankara führte. 1899 folgte der Auftrag zum Bau der Bagdadbahn, die das Gebiet des heutigen Irak erschließen und letztlich bis Basra führen sollte. Ziel war es nicht nur, den Mittleren Osten als Rohstoffquelle und als Absatzgebiet für deutsche Waren zu gewinnen, sondern auch, über das Osmanische Reich weiter nach Osten vorzudringen – bis Iran und weiter bis Indien, das „Kronjuwel“ des damaligen Britischen Reichs. Die Zusammenarbeit mit dem Sultan, die 1889 und 1898 durch zwei Besuche Kaiser Wilhelms II. in Konstantinopel gefestigt wurde, galt in Berlin als notwendiger Schritt auf dem deutschen Weg zur Weltmacht.
In Führungspositionen
Entsprechend setzte Berlin auch im Ersten Weltkrieg auf ein enges Bündnis mit dem Osmanischen Reich. Begünstigt wurde dies dadurch, dass deutsche Offiziere seit Beginn der deutsch angeleiteten Militärreformen führende Positionen in den osmanischen Streitkräften übernommen hatten. Generalleutnant Friedrich Bronsart von Schellendorf etwa besaß als Generalstabschef der Osmanischen Armee maßgeblichen Einfluss auf die gesamte osmanische Kriegsführung. Mit Otto von Feldmann leitete ein deutscher Soldat die Operationsabteilung der Obersten Heeresleitung des Osmanischen Reichs. Deutsche Offiziere befehligten auf unterschiedlichen Ebenen auch konkrete osmanische Kriegsoperationen. So kommandierte General Otto Liman von Sanders, offizieller Leiter der deutschen Militärmission in Konstantinopel, 1915 die Abwehrschlacht von Gallipoli, die die deutsch-osmanische Kontrolle über die Verbindung zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer sicherte und Russland von den Weltmeeren fernhielt. Major Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg wirkte als Stabschef des stellvertretenden Kommandeurs der osmanischen IV. Armee. Die Beispiele ließen sich leicht vermehren.
Deutsche Ratschläge
Deutsche Offiziere waren daher äußerst eng eingebunden, als die politisch-militärische Führung in Konstantinopel im Frühjahr 1915 gegen die armenischsprachigen Bevölkerungsteile des Landes mobilzumachen begann – dies mit der Behauptung begründend, die christlichen Armenier hätten sich auf die Seite des russischen Kriegsgegners geschlagen und betrieben zu dessen Gunsten Subversion. Wie der Journalist Jürgen Gottschlich in einer aktuellen Publikation zeigt, beschränkte sich die deutsche Rolle dabei keineswegs auf das passive Tolerieren osmanischer Massaker, sondern bezog eigene Initiativen ein. „Es soll und darf … nicht geleugnet werden, daß auch deutsche Offiziere – und ich selbst gehörte zu ihnen – gezwungen waren, ihren Rat dahin zu geben, zu bestimmten Zeiten gewisse Gebiete im Rücken der Armee von Armeniern freizumachen“, gab etwa Operationschef Otto von Feldmann später zu.[1]
Organisatorische Köpfe
Tatsächlich gaben deutsche Militärs nicht nur in den allgemeinen Debatten des osmanischen Generalstabs Ratschläge zu den Armenier-Deportationen. Wie der damalige osmanische Innenminister Talaat in seinen Memoiren schildert, wurde die Vorlage für das Deportationsgesetz vom 27. Mai 1915, das die Verschleppung der Armenier festlegte, vom Generalstab unter seinem Chef Bronsart von Schellendorf erstellt. Gottschlich weist darauf hin, dass Experten wie der türkische Historiker İlber Ortaylı Bronsart von Schellendorf gar für den „organisatorische(n) Kopf hinter den Deportationen“ halten.[2] Deutsche Offiziere setzten die Deportationen teilweise sogar gegen Widerstand durch. Dies gilt etwa für die Verschleppung armenischer Arbeiter, die beim Bau der Bagdadbahn tätig waren. Bemühungen des Bagdadbahn-Vizepräsidenten Franz J. Günther, eine Ausnahmeregelung für seine Angestellten zu erhalten, scheiterten letztlich an Oberleutnant Karl Anton Böttrich, dem Leiter der Eisenbahn- und Transportdivision im Osmanischen Generalstab. Böttrich unterschrieb im Oktober 1915 eigens einen Deportationsbefehl gegen sie. Günther hielt trocken fest: „Die Unterschrift eines Mitglieds der deutschen Militärmission beweist, daß die Deutschen nicht nur nichts getan haben, um die Verfolgung der Armenier zu verhindern, sondern stattdessen verschiedene Befehle dazu von ihnen ausgegangen sind und unterzeichnet wurden.“ In einzelne Operationen waren Deutsche sogar militärisch aktiv eingebunden. Major Wolffskeel etwa beteiligte sich ab März 1915 an Operationen der IV. Armee gegen Armenier in Zeitun (heute: Süleymanlı) und an der Niederschlagung des armenischen Widerstands in Urfa im Oktober 1915.
„Von Rußland genährte Wühlarbeit“
Während einzelne deutsche Diplomaten in osmanischen Provinzhauptstädten wegen der Massaker, deren Folgen sie unmittelbar erleben mussten, Protest einlegten, wurde der Genozid von der diplomatischen Führungsebene stets gedeckt. „Die von Rußland genährte armenische Wühlarbeit hat Dimensionen angenommen, welche den Bestand der Türkei bedrohen“, schrieb etwa der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Hans Freiherr von Wangenheim, am 31. Mai 1915 nach Berlin. Man dürfe deshalb „die türkischen Maßnahmen … nicht grundsätzlich hindern“, auch wenn sie „in der gesamten uns feindlich gesinnten Welt wieder große Aufregung verursachen“. Internationale Appelle an Berlin, seinen maßgeblichen Einfluss auf Konstantinopel zu nutzen, um den Verbündeten zur Mäßigung zu veranlassen, prallten an der deutschen Diplomatie ab. Botschafter Wangenheim reichte folgenlose verbale Protestnoten bei der osmanischen Regierung lediglich ein, um Berlin reinzuwaschen, wie er gegenüber dem Auswärtigen Amt erläuterte: „Um eventuellen späteren Invektiven unserer Feinde, als seien wir mitschuldig an dem rigorosen türkischen Vorgehen, wirksam entgegentreten zu können“, habe er es „für geboten erachtet“, offizielle osmanische Stellen „darauf aufmerksam zu machen, daß wir die Deportationen der armenischen Bevölkerung nur insofern billigen, als sie durch militärische Rücksicht geboten ist und zur Sicherung gegen Aufstände dient, daß aber bei Ausführung dieser Maßregel die Deportierten vor Plünderung und Metzeleien zu schützen seien“.[3]
Berlins oberstes Ziel
Nachdrückliche Schritte, um Letzteres auch wirklich durchzusetzen, unternahm Wangenheim freilich nicht. Als sein Nachfolger Paul Graf Wolff Metternich sich für eine kurze Zeit darum bemühte, wurde er, wie Gottschlich schildert, von Berlin abberufen. Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg persönlich setzte sich dafür ein. Zur Begründung schrieb er an das Auswärtige Amt: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zugrunde gehen oder nicht.“[4]
[1], [2], [3], [4] Zitate nach: Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord. Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. Berlin 2015 (Christoph Links Verlag). Unsere Rezension finden Sie hier.
A14—Going Back on the Offensive to Stop Murder by Police
April 16, 2015 | Revolution Newspaper | revcom.us
The demonstrations against police murder on April 14 marked a new beginning for the struggle against this outrage. This is crucially important, for without mass struggle there can be no progress whatsoever and the powers-that-be will just hammer people into the ground. Further, these demonstrations had important potential significance for revolution—for finally getting free of a society in which murder by police continues to go on daily and more, and people continue to be oppressed more generally... a society in which the lives of Black and other oppressed people are treated as if they do not matter. A14 was a great day, a great beginning—and now the challenge is to learn the lessons and take it further.
Last fall, sparked by the actions of the “defiant ones" in Ferguson, Missouri, thousands rose up. They took over the streets against the outrageous decisions to NOT indict the police responsible for murdering first, Eric Garner in New York and then, not even a month later, Michael Brown in Ferguson. Then the powers-that-be hit back. They took advantage of the killings of police in New York to silence people. The police in New York City and around the country used those killings to “flex their muscles” and threaten people, and the politicians who had temporarily posed as allying with the movement suddenly began to call for moratoriums on demonstrations. In January, demonstrators who attempted to block traffic in Massachusetts and Stanford students who did the same in California were hit with very heavy charges. Then the Justice Department and Attorney General Eric Holder—who many had told the people to put their faith in—not only failed to indict the murderer of Michael Brown, but fabricated an identical story to that of the original prosecutor, essentially blaming the unarmed Brown for his own murder.
All this put a pall on the movement. Even though masses of people had NOT stopped rising up—in Washington, in Madison, in Philly and elsewhere—there was not a nationwide retaking of the offensive. Things were in danger of being bottled back up, with masses forced off the streets and the activists burrowed into micro-projects that did not challenge things on a scale where all society had to take notice. The powers-that-be were trying to lock tight the door that had been burst open in the fall, and—to be perfectly frank—they were having some success at this. Meanwhile, one murder by police followed another, one more outrageous than the last.
In the face of all that, these actions on April 14 kicked that door back open! The several thousands who took the streets, braving police attacks and arrests, stated by their actions that “no, we are NOT going back. We ARE going forward, to STOP these outrageous murders.” These were not as big as the demonstrations in the fall; nor were they as big, and defiant, as they need to be... and can become. But, again, the people on A14 DID kick the door back open and they opened up the possibility for many many more people to surge through that door—that is, to go back on the offensive. To use a metaphor, it’s as if an army that is hemmed in suddenly opens a breach in the enemy’s lines—now the question is how to push on through and change the whole momentum of things.
This must be done. And the work to do that—and to make that count toward a revolution — must begin now. From that very standpoint of now going forward, we want to emphasize a few points:
On the Offensive
It is very important to go on the political and legal offensive against any brutality perpetrated by police and any arrests they made. This is an absolutely necessary part of the fight, and an important way to draw in new people. At the same time, it is even more important to stay on the offensive against the overall outrage of murders by police.
The Role of the Youth
A major element—you could even say the driving force—in the success of A14 were the youth who are fed up with this and refuse to be bottled up, or put in the pen of protest-as-usual. These youth came with a moral certitude that was really refreshing and has to be fostered. Those who flooded into the streets blocking traffic... those who stood firm against threats and brutality... those who showed real determination—all that has to be defended and, more than that, built on. These youth included people from all sections of society, including the most oppressed. In addition, and related to that, the kinds of things done by students at UC Berkeley who refused to let other students go through the gate to school, and grew in numbers through doing that... the students in the ghetto high schools of Chicago and LA who defied authorities—and in some cases were arrested—to walk out of school... the young man at De Paul who lay down with a Stolen Lives poster the day before A14 and thereby challenged other students—this too has to be built on, given more expression and more initiative. This spirit is a major positive good thing and we need more of it!
This System Is Illegitimate
It is very important to continue to hammer at the legitimacy of the crimes of murder by police and the criminals who inflict them, and what it says about the legitimacy of the whole system which defends and requires those crimes. The Stolen Lives poster, and the larger installations that were made of that, were a key way in which people were re-polarized and given strength and determination for A14. These should be used even more in the months to come.
At the same time, these posters point to something deeper—to a whole history of this country and this system... a whole current-day reality in which “white supremacy”—a way of life whose viciousness and horror cannot be captured in those two words—has been interwoven with the development of capitalism-imperialism. Today that development and that interweaving have given rise to a program with a genocidal thrust. People need to be given the ways to dig more deeply into that. And they need to be exposed to the fact that this Party has an answer to that, and a way for people to really get free.
One important lesson of this struggle was the role played by the premieres of REVOLUTION AND RELIGION: The Fight for Emancipation and the Role of Religion, the film of the dialogue between Cornel West and Bob Avakian, Chairman of the Revolutionary Communist Party, USA. This film raised the sights and strengthened the initiative of most of those who saw it; and while this film plays and must play a far larger role than that, it is still important to note the connection. Similarly, revcom.us not only carried out exposure of this outrage, but showed its source in society and its links to other struggles, here and around the world; exposed the need for revolution, and showed how this battle contributed to that; and gave guidance to the movement as to how to meet the challenges it encountered. And Revolution Clubs played an important role building for and on April 14. All this must be built on and linked even more closely to this struggle.
Build on—and Keep Fighting for—the Unity
One real strength of A14 was the breadth of those who supported it and came out to it. People came from all different parts of society, from homeless to more comfortable, as well as prominent people from the clergy, the arts, the sciences, and elsewhere spoke out in support. A few days before April 14, La Opinión, the largest Spanish-language paper in the U.S., featured a major story on the Shut It Down protests, including a big front-page photo of the Stolen Lives banner. Activists in the struggle around the 43 Mexican students kidnapped by the government were a part of the day in NYC, and they marched with a banner with the faces of the missing youth, alongside the huge banners of victims of police murder in the U.S. This presented people very broadly with the fact they need to take a stand—and it gave them a way in to do so. Very important within that was the powerful role played by the relatives of those who have been murdered by the police. This unity should be further forged and their voice in society must be more powerfully amplified. In addition, a small but significant number of people associated with the “street life” called on people to not fight each other but to fight the system on this day.
This unity and this will needs to be organized. Without organization, what is needed cannot happen. But the Stop Mass Incarceration Network has tremendous potential to grow off A14, and grow it must—the time is now to seize that opportunity. There are all kinds of things that SMIN could do if those who actually support its mission could be organized and given things to do. In addition, there is a real need to raise money—aren’t there all kinds of people who supported what was done on A14 who would donate to increase the capacity of the organization that worked, struggled, stayed up all night and threw all they had into making it happen?
But even if organized, this unity cannot go forward in a straight line nor can it be preserved in a static way. But it CAN advance and it MUST advance. This will require us to confront new challenges which will be posed to this unity by both the powers-that-be and forces who, for their own reasons, don’t like that unity. Bob Avakian’s work “Freedom and Necessity, and Proceeding from a Strategic Standpoint: Some Thoughts on Methods and Leadership” provides very good guidance on understanding those dynamics; as does Ardea Skybreak's discussion of the concept of being a “strategic commander” in the interview “Science and Revolution: On the Importance of Science and the Application of Science to Society, the New Synthesis of Communism and the Leadership of Bob Avakian.”
Get Organized for an Actual Revolution
In our New Year’s editorial we said that the upsurge against this outrage had changed things to the point where a revolutionary situation could possibly arise out of the further unfolding of this social contradiction, in concert with other developments. This remains true, and will be truer still if A14 turns out to be the first step in weathering the counter-offensive of the rulers and coming back harder. (And A14 must be that step!)
That won’t happen without hard and creative work by people who want to see that revolutionary situation arise as soon as possible. Now some of that work involves building this struggle even more powerfully.
Yet getting to a revolutionary situation—and then being able to make good on that situation and actually WIN — will require much more than that.
There is first of all the question of really getting what Bob Avakian has brought forward—the new synthesis of communism, the strategy for revolution—way out there into society, and raising big funds to do that. Getting this out there—familiar to millions and actively taken up by thousands—is fundamental to really being able to seize on, or even recognize, any opening for revolution. Huge advances must be made on that this summer. And there are other important struggles as well that have to be built—against the oppression of women that is interwoven into the core of this system… against the ecological depredations of this system… against the wars and war crimes it carries out… and against the oppression and demonization of immigrants.
There is also the need for people to get organized for an actual revolution—actually drawing people into forms of organization, including but not limited to the Party, which would be key to both getting to a situation where a revolution could be made, and then carrying through and actually making and winning such a revolution. And people should be building and joining Revolution Clubs.
So, with all that in mind, take a moment to savor the sweetness of having burst the pall that the powers tried to put on things… celebrate the courage of those who stood up… and then get ready to go back on the offensive!
Eric Harris—Another Black Life Stolen By This System!
Tulsa Sheriffs Caught on Video Murdering a Black Man!
Statement by Carl Dix
April 12, 2015 | Revolution Newspaper | revcom.us
Another Black man gunned down by police. This time it happened in Tulsa, Oklahoma, and Eric Harris is the man whose life was stolen. On April 2, officers of the Tulsa Sheriff's Department chased Harris, and wrestled him to the ground. Harris is swarmed by cops who struggle to handcuff him. In the midst of this, Robert Bates, a 73-year-old reserve officer, which means he is a part-time cop, pulls out his gun and fires one shot, killing Harris. The Tulsa Sheriff's Department quickly announced that Bates had neither committed a crime nor violated any police policies. To use their words, the shooting was the result of a stressful situation, and Harris' own actions contributed to his death.
The inhumanity the cops showed in taking Harris's life is stunning After Bates shot Harris, the cops kept wrestling with him and telling him to “stop fighting.” As Harris cried out again and again, “He shot me,” the cops continued to kneel into his back and twist his neck. Near the end of the video, Harris cries out: “I'm losing my breath.” And the fucking pigs respond, “You fucking ran! Shut the fuck up!" And "Fuck your breath." In exonerating these killer cops, the authorities explained that the other pigs didn't know Harris had been shot.
Bull Shit! They didn't care that he had been shot. This was a free one because Harris had run from them. This meant that they had a free hand to brutalize him, and even kill him as a lesson to both him and anyone else who might think about forcing the cops to chase after them. Eric Harris didn't have to die. His death resulted from the way Black people are demonized and dehumanized in this country, treated like permanent suspects; guilty until proven innocent, if they can survive to prove their innocence. So, if a part-time pig kills one of them, no big deal.
And I don't want to hear any shit about Harris being a dangerous criminal the police needed to use deadly force on. Or that this was just an accident caused by Bates getting confused between a taser and a gun. The cops had swarmed Harris and wrestled him to the ground. And it is a symptom of the sickness of this system that someone who donates money to the local sheriff's election campaigns and to buy equipment for the cops gets to go out on the streets with a badge and a gun, inflicting brutality and even murder on oppressed people.
This wasn't an older, part-time cop bungling things, and it, together with all the other videos and stories of cops brutalizing and murdering people, shows that this doesn't come down to few bad apples or rogue cops. This was the police doing what they are out there to do: to beat people down and even murder them as part of playing their real role in society: protecting and serving the system that rules over the people—keeping the exploitation and oppression; the poverty, misery and degradation the system inflicts on people in effect.
These sheriffs were swaggering thru a Black neighborhood like an occupying army. This is racist and illegitimate and must be STOPPED! It's up to us to STOP it!
This murder underscores the need for people all across the country to stand up and say NO MORE to police being given a green light to murder people.
April 14 is the day to act. If not now, when? If not you, who?
ON APRIL 14—DISRUPT BUSINESS AS USUAL BECAUSE AMERICA'S BUSINESS AS USUAL MEANS POLICE KILLING BLACK AND LATINO PEOPLE!
Wohngeld & ALG II: Behörde haftet für Fehler
Die Richter des Verwaltungsgerichts Braunschweig entschieden, dass die Wohngeldstelle bei zu viel gezahltem Wohngeld den Betrag nicht von dem Leistungsberechtigten wiederholen darf, sondern sich direkt an das Jobcenter wenden muss, wenn der Leistungsempfänger Hartz IV Leistungen bezieht und die Kosten der Unterkunft zusätzlich bezieht. Ein Anspruch auf Erstattung steht der Wohngeldbehörde also nur gegenüber dem Jobcenter. Verwaltungsgericht Braunschweig AZ: 3 A 80/13.
Im verhandelten Fall lebt die Klägerin in einer Mietwohnung in Braunschweig. Zunächst bekam die junge Mutter Wohngeld in Höhe von 384 bzw. 470 Euro je Monat zugesprochen. Später teilte das Jobcenter der Betroffenen mit, dass nachträglich zwei Monate Arbeitslosengeld II gewährt wird. In diesen Monaten hatten die Klägerin Wohngeld bezogen. Sobald eine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II eintritt, erlischt der Anspruch auf Wohngeld, da die Leistungsberechtigten die Kosten der Unterkunft durch das Jobcenter „im angemessenen Rahmen“ erhalten. Doch die Wohngeldbehörde forderte gleichzeitig die bereits gezahlten Leistungen in Höhe von 854 Euro von der Klägerin zurück. Dagegen setzte sich die Betroffene zur Wehr.
Das Gericht gab der Klägerin Recht. In derartigen Fälle müsse die Wohngeldstelle sich die Leistungen beim Jobcenter zurück holen. Das ist deshalb so, weil das Jobcenter den Fehler beging, und Hartz IV Leistungen zahlte, obwohl ein Wohngeld-Bezug vorlag. Bei Behördenfehler müsse nicht der Bürger Nachteile erleiden, sondern die Behörden müssen Ansprüche klären. (sb)
Hartz IV Eingliederungsvereinbarungen prüfen!
Zwei Bewerbungen trotz fehlender Stellenangebote laut Gericht zumutbar
19.04.2015
Bei der Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung sollte diese genau geprüft werden. Denn die Vereinbarungen sind oftmals auch vor Gericht bindend. So erging es auch einem Hartz IV Betroffenen, der vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz klagte und verlor. Das Jobcenter hatte den Kläger zu mindestens zwei Bewerbungen pro Woche verpflichtet. Weil diese Mindestanzahl nicht eingehalten wurde, verhängte die Behörde eine Regelsatz-Kürzung. Der Kläger machte jedoch deutlich, dass es nachweislich in der Region nicht genügend passende Stellenangebote gäbe, so dass die Mindestzahl nicht immer eingehalten werden konnte. (Az.: L 3 AS 505/13, Landessozialgericht Rheinland-Pfalz)
Im vorliegenden Fall schloss ein 1956 geborener Arbeitslosengeld II Bezieher mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Jobcenters eine Eingliederungsvereinbarung. Diese sah vor, mindestens zwei Bewerbungen pro Woche zu verfassen und zu verschicken. Der Leistungsberechtigte dachte sich, dass diese Mindestanzahl vernünftig und umsetzbar sei, ohne zu wissen, wie die tatsächliche Situation am Arbeitsmarkt ist. Vor dem Bezug hatte der Betroffene als Kraft- sowie Taxifahrer, Versandarbeiter und in der Reisevermittlung gearbeitet. Weil aber nach einer gewissen Zeit alle Firmen abgegrast, und auch keine neuen Stellen ausgeschrieben waren, konnte der Kläger die Mindestzahl nicht mehr einhalten. Daraufhin sanktionierte die Behörde mit 30 Prozent.
Eingliederungsvereinbarung ist bindend: Deshalb vorher prüfen!
Dagegen klagte der Mann. Vor Gericht erläuterte der Kläger die Gründe. Zum einen habe der Kläger selbst an gesundheitlichen Beschwerden zu leiden, darüber hinaus muss der Mann seine schwerkranke Mutter pflegen. Da es nicht genügend Stellenangebote gab, konnten die vorgegebenen zwei Bewerbungen nicht eingehalten werden. Die Richter ließen die vorgetragenen Gründe allerdings nicht gelten. Zum einen habe der Kläger nicht ausreichend beweisen können, dass es nicht genügend Stellenangebote gäbe. Laut der behandelnden Ärzte habe sich auch die gesundheitliche Situation des Klägers verbessert, so dass auch hier keine Hinderungsgründe erkennbar sein. Die Pflege der Mutter nehme nach Ansicht des Gerichts nicht derart viel Zeit ein, so dass auch hier ein Hinderungsgrund erkennbar wäre. Das Landessozialgericht bestätigte damit das vorangegangene Urteil des Sozialgerichts. Die Sanktionen seien somit gerechtfertigt. Rat:Vor Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung diese genau prüfen. Nicht gleich vor Ort unterzeichnen, sondern sich Bedenkzeit erbeten und den Vertrag nach Hause nehmen. Im Zweifel eine Beratungsstelle aufsuchen. (sb)
Softwareprobleme legt alle Jobcenter lahm
In den Arbeitsagenturen und Jobcentern hat eine Softwareaktualisierung das zentrale IT-Netz der BA zum Erliegen gebracht
20.04.2015
Nichts geht mehr! Das zentrale IT-Netz der Jobcenter und Arbeitsagenturen wurde am heutigen Montag offenbar durch eine Softwareaktualisierung am Sonntag lahmgelegt. Die Hartz IV- und Arbeitslosengeld I-Bezieher sollte ihre Pflichttermine beim Amt aber dennoch wahrnehmen, da anderenfalls Sanktionen drohen.
Hartz IV-Bezieher müssen trotz lahmgelegter IT im Jobcenter erscheinen
Technische Probleme im zentralen IT-Netz der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben am Montag die Arbeitsagenturen und Jobcenter bundesweit außer Gefecht gesetzt. „Die Kolleginnen und Kollegen in allen Dienststellen haben keinen Zugriff auf die Software, die zentral läuft", erklärte eine BA-Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Deshalb könnten die Arbeitsvermittler auch keine Stellenanzeigen abrufen und dieser als Vermittlungsvorschläge unterbreiten. Der Sprecherin zufolge seien sogar Email-Programme von der Störung betroffen. Auch die Bearbeitung von Hartz IV- und Arbeitslosengeld I-Anträgen dürfte sich durch die IT-Panne verzögern. Auszahlungsschwierigkeiten der Regelleistung sind aber nicht zu erwarten, da die Überweisungen immer am Monatsende erfolgen. Kurzfristige Geldleistungen wie Vorschüsse in Notsituationen oder auch die Beantragung von Darlehen liegt aber sehr wahrscheinlich vorerst auf Eis. „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Behebung der Störung“, betonte die Sprecherin.
Statt den Leistungsbeziehern in einer solchen Situation, die allein auf das Verschulden der BA zurückzuführen ist, entgegenzukommen, erklärte die Sprecherin weiter, dass Hartz IV und Arbeitslosengeld I-Bezieher, die am heutigen Montag einen fest vereinbarten Termin in den zuständigen Behörden hätten, diesen unbedingt wahrnehmen sollten – auch wenn die Sachbearbeiter tatsächlich weder Anträge bearbeiten noch Vermittlungsvorschläge unterbreiten können. „Die Kunden sollen auf jeden Fall kommen, weil da ja oft Sanktionen und Ähnliches dranhängen." Die Vermittler würden auf Stift und Schreibblock zurückgreifen, um sich das Erscheinen der Leistungsbezieher zu notieren. (ag)
Hartz IV: Wieder rechtswidrige Mietobergrenzen
Sozialgericht Heilbronn: Datengrundlage für Mietobergrenzen muss verlässlich und gültig sein
21.04.2015
Immer wieder müssen sich die Gerichte mit der Angemessenheit der Unterkunftskosten bei Hartz IV- und Sozialhilfebeziehern beschäftigen, da diese von den Kommunen vielerorts häufig zu niedrig festgesetzt werden. So auch das Sozialgericht Heilbronn, das zu dem Schluss kam, dass die Datengrundlage zur Ermittlung der Mietobergrenzen verlässlich und gültig sein muss. Ein veralteter und lückenhafter Mietspiegel könne deshalb nicht als Datengrundlage herangezogen werden (Aktenzeichen: S II SO 1505/13 L).
Mietobergrenzen können nach Werten der Wohngeldtabelle ermittelt werden
Im konkreten Fall hatte eine Sozialhilfebezieherin aus Heilbronn geklagt, die in einer 58 Quadratmeter großen Wohnung mit einer monatlichen Kaltmiete von 440 Euro lebte. Der Leistungsträger weigerte sich die Mietkosten in voller Höhe zu übernehmen und überwies der Frau lediglich 297 Euro monatlich, da dieser Wert laut Mietspiegel als Obergrenze für einen Einpersonenhaushalt gilt. Das wollte die Frau nicht hinnehmen und zog vor Gericht.
Die Richter am Sozialgericht entschieden zugunsten der Sozialhilfebezieherin, da die als angemessen definierte Mietobergrenze unrealistisch sei. Der zugrunde gelegte Mietspiegel basiere nicht auf einer ausreichenden Datenerhebung. Stattdessen sei lediglich eine Stichprobe von 15 Fragebögen berücksichtigt und die Daten für Wohnungen ab einem Baujahr von 1978 gar nicht erfasst worden. Zudem werden Einpersonenhaushalte mit Wohnungsgrößen bis 45 Quadratmeter nicht miteinbezogen. Auf einer solch lückenhafte Datengrundlage könne kaum eine angemessene Mietobergrenze für Hartz IV- und Sozialhilfebezieher ermittelt werden, erklärte das Gericht.
Da eine Aktualisierung des Mietspiegel aufgrund von Personalmangel von der Stadt abgelehnt wurde, legte das Sozialgericht die Werte der Wohngeldtabelle zugrunde. Danach ergeben sich im Fall der Sozialhilfebezieherin 394 Euro pro Monat als angemessene Mietobergrenze. (ag)
Rechtsextreme "Neoschutzstaffel" existiert wohl doch
Im Zuge der Ermittlungen zu Verbindungen zwischen der rechtsextremen Szene in Baden-Württemberg und der Terrorgruppe NSU kommen immer mehr Details ans Licht. Nach einem Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" gibt es im Südwesten wohl doch eine rechtsradikale Gruppe, die sich "Neoschutzstaffel" nennt. Sie soll sich nach Aussage eines Aussteigers einmal mit den Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) in Öhringen östlich von Heilbronn getroffen haben. Die Ermittler hatten bisher die Existenz der "Neoschutzstaffel" bezweifelt.
Der Aussteiger aus der rechtsextremen Szene, Florian H., war 2013 in einem brennenden Wagen gestorben. Sein Vater hatte angedeutet, dass sein Sohn wohl wusste, wer hinter dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn steckte. Florian H. habe den Münchner Prozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe als Farce bezeichnet, solange nicht weitere Personen auf der Anklagebank säßen. Dabei habe er einen "Matze" genannt. Für die Bundesanwaltschaft sind dagegen die nicht mehr lebenden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als frühere NSU-Mitglieder Kiesewetters Mörder.
"Matze" Soldat bei der Bundeswehr
Nach Informationen der "Stuttgarter Nachrichten" kommt dieser "Matze" aus Neuenstein im Hohenlohekreis und ist zurzeit Soldat der Bundeswehr. Er soll Mitglied der "Neoschutzstaffel" sein und habe "NSS" auf seinem Körper tätowiert, berichtet das Blatt.
Die Polizei hat "Matze" vor kurzem identifiziert, wie ein Beamter am Freitag im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags sagte. Seine Identifizierung ist von Bedeutung, weil die Ermittler Florian H. bislang für wenig glaubwürdig hielten.
Florian Heilig – Der Tod eines Zeugen. Mord oder ein Suizid aus Liebeskummer?
Am 2. März 2015 wurden Vater und Schwester von Florian Heilig im parlamentarischen Untersuchungsausschuss/PUA in Baden-Württemberg gehört. Die ehemalige Freundin wurde in einer nicht-öffentlichen Sitzung gehört.
Der folgende Beitrag fasst die zahlreichen Gesprächen mit der Familie Heilig und die eigenen Recherchen der letzten 1 ½ Jahre zusammen.
Genau acht Stunden vor seiner Vernehmung als Zeuge bringt sich Florian Heilig auf fürchterliche Weise selbst um. Er verbrennt in seinem eigenen Auto – um 9 Uhr morgens, 70 Kilometer von seinem Heimatort entfernt. Das behauptet die Staatsanwaltschaft in Stuttgart, das behauptet der Gall-Bericht des SPD-geführten Innenministeriums im Februar 2014.
Am 16. September 2013, kurz vor 9 Uhr, ist ein Zeuge mit dem Fahrrad unterwegs zur Arbeit und wird auf ein am Cannstatter Wasen abgestelltes Auto aufmerksam. Als er das Auto zum ersten Mal sah, war er ca. 230 Meter davon entfernt. Weder sah er eine Person einsteigen, noch konnte er aus dieser Entfernung sehen, ob Personen im Auto saßen. Als er ca. 100 Meter von dem Auto entfernt war, sah er eine ca. 15 bis 30 Zentimeter hohe Stichflamme auf der Höhe der Fahrerseite aufsteigen. Kurz danach kam es zu einem Knall. Als sich der Zeuge bis auf 30 Meter dem Fahrzeug genähert hatte, brannte das Fahrzeug bereits lichterloh.
Um 9.03 Uhr rief der Zeuge die Feuerwehr. Erst als das Fahrzeug gelöscht worden war, konnte er erkennen, dass sich in dem ausgebrannten Auto eine Person befand.
Ohne die Leiche zu bergen, wurde das Auto abgeschleppt. Geht man von einem normalen Prozedere aus, folgen nun aufwendige Ermittlungen in alle Richtungen. Was spricht für Selbstmord? Welche Indizien schließen auf Fremdverschulden? Was spricht für ein Unglück? Mit der Identifizierung der Leiche ergeben sich weitere Ermittlungsschritte: Was wollte Florian Heilig früh morgens dort? Gibt es Hinweise, die sein Tun, seinen Tod erklären? Ergeben die persönlichen Gegenstände weiteren Aufschluss über seine Absichten, über das, was er Stunden zuvor gemacht hat? Gibt es Hinweise und Indizien, dass Florian Heilig bedroht wurde?
Um all den verschiedenen Möglichkeiten nachzugehen, die zum Tod von Florian Heilig geführt haben, bräuchte man viel Zeit. Genau diese spielte bei der Aufklärung der Todesumstände offensichtlich keine Rolle.
In der gemeinsamen Presserklärung von Polizei, LKA und Staatsanwaltschaft vom 20.9.2013 findet sich folgendes Ergebnis:
»Die am Montagabend (16.09.2013) durchgeführte Obduktion ergab, dass ein Fremdverschulden oder ein Unfallgeschehen nahezu ausgeschlossen werden kann. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei haben ergeben, dass der junge Mann das Fahrzeug vermutlich selber in Brand gesteckt hat. Die Hintergründe für den Suizid dürften im Bereich einer persönlichen Beziehung liegen.«
In dem Statement des Pressesprechers im Innenministerium Rüdiger Felber fällt bereits das ›nahezu‹ weg: »Wie bei jedem anderen Suizid wurde auch hier gewissenhaft geprüft, ob eine Fremdeinwirkung vorliegen könnte. Das ist eindeutig zu verneinen.«
»Daher ermitteln wir nicht mehr weiter«, so Polizeisprecher Thomas Ulmer. (Südwest Presse vom 15.10.2013)
Alles schien in wenigen Tagen abgeklärt worden zu sein, auch das Motiv: »Die Polizei geht von einem Selbstmord aus, angeblich aus Liebeskummer.« (Berliner Zeitung vom 1.10.2013). Mangels eines Abschiedsbriefes wollen die Ermittler dies »aus dem familiären Umfeld« erfahren haben.
Auf den ersten Blick suggerieren diese Polizeiangaben also einen aus privaten Gründen begangenen Selbstmord eines jungen und ansonsten unauffälligen Mannes. Alles scheint schlüssig und widerspruchsfrei. Wer diese Pressemitteilungen liest, überfliegt sie so uninteressiert wie eine Verkehrsmeldung.
In der Kontinuität falscher, manipulierter Ermittlungsergebnisse
Fast nichts stimmt an diesen veröffentlichten Ermittlungsergebnissen. Die Behauptung, man habe in alle Richtungen ermittelt, ist vorsätzlich falsch. Der Versuch, den politischen Kontext dieses Todes zu verleugnen, ist eine gewollte Irreführung. Die Behauptung, man kenne das Motiv für den Selbstmord, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Die Unterschlagung von behördlichem Wissen, das einen Mord wahrscheinlicher macht, als das selbst erfundene Motiv ›Liebeskummer‹, macht diese Art der Entsorgung eines Mordopfers besonders perfide und widerlich.
Tatortbereinigung
In einigen Zeitungen wurde die Meldung lanciert, (ein) Zeuge/n soll(en) gesehen haben, dass unmittelbar vor dem Inbrandsetzen des Autos eine Person das Auto bestiegen habe. Das ist falsch. Keine einzige Person konnte dies sehen. Der zitierte Zeuge, der die Feuerwehr über den Brand informiert hatte, gab vielmehr an, dass er keine Person gesehen habe und erst einmal davon ausging, dass es sich um ein leeres, abgestelltes Fahrzeug handelte. Erst als der Brand gelöscht war, konnte der Zeuge auf der Fahrerseite eine Person erkennen, die zurückgekrümmt, am Autositz gepresst saß.
Das ausgebrannte Auto wurde zur kriminaltechnischen Untersuchung abgeschleppt, die Leiche obduziert. Selbstverständlich gibt es trotz Brand sehr viele Spuren, die – wenn es mit rechten Dingen zuginge – in alle Richtungen hin abgeklärt werden müssten. Gibt es Fingerabdrücke, die nicht Florian Heilig zugeordnet werden können? Wie lange stand das Auto am Cannstatter Wasen? Welche persönlichen Gegenstände befanden sich im Auto? Was ergab die Auswertung der Handydaten, des Funkzellenprotokolls, die Auswertung der letzten Verbindungsdaten? Mit wem hat Florian Heilig in den Stunden, in den Tagen zuvor telefoniert? Was hat die Überprüfung dieser Personen ergeben? Was war Gegenstand der Gespräche, die Florian Heilig geführt hatte, nachdem er das Elternhaus verlassen hatte?
Kurzum: Wenn die Polizei ihren eigenen Ermittlungsmethoden – auch in diesem Fall – folgen würde, ginge es erst einmal darum, für verschiedene Geschehensabläufe die entsprechenden Indizien zu sichern, auszuwerten und zuzuordnen. Erst wenn dies geschehen ist, folgt der zweite Schritt: Gibt es aufgrund der vorhandenen Indizien einen Geschehensablauf, der gegenüber allen anderen glaubhaft und überprüfbar dokumentierbar ist.
Auffallend ist – wie an vielen anderen NSU-Tatorten auch– das geradezu angestrengt und durchgehend über eigene Ermittlungsmethoden hinweggegangen wurde.
Welche Spuren, die nicht Florian Heilig zuzuordnen sind, wurden gefunden und sichergestellt? Wo ist der Schlüsselbund von Florian Heilig geblieben, wo der Zündschlüssel vom Auto? All das ist weder geklärt, noch dokumentiert worden. Eilig hatten es die Ermittlungsbehörden hingegen damit, das Auto als Beweismittel verschwinden zu lassen. Bereits am 17.9.2013, als gerade einmal ein Tag nach dem tödlichen Ereignis wollte das LKA das Auto in die Schrottpresse geben. Dem kam die Familie Heilig zuvor, indem sie darauf bestand, das Auto ausgehändigt zu bekommen.
Nicht einmal der Todeszeitpunkt ist hinreichend geklärt. Auf der Sterbeurkunde vom 23.9.2013 wird der Zeitraum »zwischen dem 15.09.2013 20:30 Uhr und dem 16.09.2013 9:17 Uhr« genannt.
Anders gesagt: Bis heute hat die Polizei weder den Eltern noch der Öffentlichkeit glaubhaft belegen können, dass Florian Heilig durch Suizid ums Leben kam. Und bis heute haben weder Polizei noch Staatsanwalt auch nur im Ansatz den Willen dokumentiert, andere Geschehensabläufe überprüfbar auszuschließen.
Mit welchem Vorsatz buchstäblich auf der Straße liegende Spuren und Indizien ignoriert werden, macht folgender Umstand deutlich: In dem Auto, das die Eltern nach ein paar Tagen abholen konnten, befanden sich u.a. ein Laptop und das Handy von Florian Heilig. Eine Fundgrube für mannigfache und miteinander zu verknüpfende Spuren (digitale Fingerabdrücke) – in jedem anderen Fall. In diesem Fall passierte gar nichts, was man wohl kaum mit einer ›Panne‹ erklären kann. Auf die Frage, warum diese beiden beweiserheblichen Gegenstände nicht ausgewertet wurden, antwortete der Polizeisprecher der Polizei in Stuttgart: Da man von einem Suizid ausgehe, habe man auf deren Auswertung verzichtet. Noch dreister war die Antwort, die der Familie Heilig gegeben wurde: Es habe »kein öffentliches Interesse« gegeben, diesen wertvollen Spuren nachzugehen.
Nun, man kann der Polizei und der Leitenden Staatsanwaltschaft vieles zutrauen, nur eines ganz bestimmt nicht: Die Bedeutung von Handy und Laptop als Beweismittel zu unterschätzen bzw. unbeachtet zu lassen. Selbstverständlich wissen sie um die Bedeutung von Handy-spezifischen Daten und Datensätze, die auf dem Laptop zu finden sind (Dateien, Fotos, E-Mail-Verkehr,IP-Adressen etc.). Es gehört zu den Selbstverständlichkeiten einer Ermittlung im Todesfall, diese zu sichern und auszuwerten. Mit diesen ehrenwerten Gründen wurde immer und immer wieder die Vorratsdatenspeicherung bei Providern verlangt und durchgesetzt. Nichts findet man dazu in den Ermittlungsakten. Hat das Ergebnis dieser Abfrage gestört?
Das Selbstmordmotiv – ein Trojaner der Ermittlungsbehörden
Bereits wenige Stunden nach dem tödlichen Ereignis wurden die Eltern von der Polizei darüber benachrichtigt, dass ihr Sohn Selbstmord gegangen habe. Über die Presse erfuhren sie dann, dass sich ihr Sohn aus Liebeskummer umgebracht haben soll. Das will man aus dem »familiären Umfeld« erfahren haben.
Die Ermittler wissen, dass das ›familiäre Umfeld‹ ein behördeneigenes Phantom ist. Die Familie, die Geschwister und zahlreiche Freunde erklären übereinstimmend das Polizeiwissen für bodenlos haltlos und falsch.
Florian Heilig hatte eine Freundin und er hatte sich tatsächlich von ihr getrennt. Die Gründe, wenn man sie denn suchen will, waren viele – nur keine, die etwas mit Liebenskummer zu tun hatten. Die ehemalige Freundin von Florian Heilg könnte sicherlich viel dazu sagen. Sie kennt die Gründe der Trennung.
Florian Heilig war also weder lebensmüde, noch in einer aussichtslosen Lage. Er war voller Ideen und Vorsätze. Bevor er am 15. September 2013 sein Zuhause verließ, plante er für die kommende Woche umfangreiche Reparaturen an seinem Auto und gemeinsame Instandsetzungsarbeiten am elterlichen Haus.
Das Motiv für einen Selbstmord ist eine mit Vorsatz in die Welt gesetzte, nicht haltbare Lüge.
Florian Heilig fuhr nicht ca. 70 Kilometer, um sich in Bad Cannstatt aus Liebeskummer umzubringen. Er war für diesen Tag geladen, (ergänzende) Aussagen über Neonazis zu machen, die bei dem Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 beteiligt waren.
Florian Heilig war kein Lebensmüder, sondern ein ehemaliger Neonazi, der sich ab Mitte 2011 im Aussteigerprogramm BIG Rex vom LKA Baden-Württemberg befand.
Florian Heilig plagte kein Liebeskummer, sondern die Angst, dass ihm als Verräter etwas zustoßen könnte. Das liegt nicht nur nahe, es passierte bereits. Ende 2011 wurde er von Neonazis in Heilbronn mit einem Messerstich im Bauch verletzt. Gegenüber den Eltern machte er deutlich, wovor er wirklich Angst hatte: »Sie finden mich immer, wo immer ich bin.«
BIG Rex – Ein Aussteigerprogramm, das vor allem strafbare Handlungen deutscher Behörden schützt, am wenigsten aussteigewillige Neonazis.
Florian Heilig kam 2010 über seine Ausbildung als Krankenpfleger in Klinikum Heilbronn/SLK in Kontakt mit organisierten Neonazis. Er lebte zu dieser Zeit in dem zum Klinikum gehörenden Personalwohnheim. Über diese Freundschaften hatte er auch Zugang zu den neonazistischen Strukturen rund um Heilbronn. Wie alle Neonazis durchlief er die übliche neonazistische ›Karriere‹: Er beteiligte sich an Neonazi-Demos, er veränderte sein Aussehen zusehens (Springerstiefel, Thor-Stein-Klamotten, Glatze). Er war bei Kameradschaftstreffen dabei. Am 1. Mai 2011 wird er im Zuge eines Naziaufmarsches in Heilbronn wegen Waffenbesitzes und Mitführens von Quarzhandschuhen festgenommen. Wenige Wochen später findet eine groß angelegte Razzia im Klinik-eigenen Wohnheim statt. In seinem Zimmer werden eine Nazi-Flagge und zahlreiche scharfe Waffen beschlagnahmt. Waffen, die andere Neonazis bei ihm deponiert hatten, da er bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war.
Die Razzia, das eingeleitete Ermittlungsverfahren, die drohende Anklage sind ideale und gerne benutzte Möglichkeiten für ›Angebote‹ von staatlicher Seite. Man nutzt den Repressions- und Verfolgungsdruck und bietet das Fallenlassen einer Anklage an, wenn der Betreffende ›kooperiert‹. Tatsächlich machte Florian Heilig wenig später, im Juni 2011, Aussagen über die Neonazi-Szene in und um Heilbronn – als ein halbes Jahr, bevor alle deutschen Behörden etwas von der neonazistischen Terrorgruppe NSU gewusst haben wollen.
Er führte u.a. aus, dass es neben dem NSU noch eine weitere neonazistische Terrorgruppe gibt. Ihr Name: ›Neoschutzstaffel‹ (NSS): »Diese NSS sei von H. als ›zweite radikalste Gruppe‹ neben dem NSU bezeichnet worden. Den Aussagen des Zeugen zufolge hätten sich auch Aktivisten beider Gruppierungen einmal in Öhringen, etwa 25 Kilometer östlich von Heilbronn gelegen, getroffen.« (Südwest Presse vom 15.10.2013)
Von keiner geringeren Brisanz sind seine Aussagen zum Mordanschlag auf die beiden Polizisten in Heilbronn 2007. Er nannte dabei mehrere Personen, die am Mordanschlag beteiligt gewesen sein sollen. Unter den Genannten befinden sich polizeibekannte Neonazis – kein Uwe Mundlos, kein Uwe Böhnhardt, die nach offizieller Version den Mordanschlag begangen haben sollen.
Ein Zeuge, der für Neonazis ein Verräter ist und für die staatlichen Behörden eine Gefahr
Von diesen Aussagen zum Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007, zum NSU und zu weiteren neonazistischen Terrorgruppen, wusste die Öffentlichkeit bis zum Tod von Florian Heilig – nichts.
Nun passierte abermals etwas, was in den vergangenen drei Jahren bereits bestens eingeübt und mittlerweile zur Routine geworden ist. Wenn man etwas nicht mehr leugnen kann, erklärt man es für unwichtig, für nicht belastbar, für nicht zielführend. Konfrontiert mit der Existenz dieser unterschlagenen Aussagen, erklären die Ermittlungsbehörden heute, dass diese zu vage und nicht verifizierbar gewesen wären. Bis heute liegen diese Vernehmungsprotokolle nicht vor.
Wenn man weiß, dass dieselben Ermittlungsbehörden dreizehn Jahre zahlreiche Spuren für wertlos und irrelevant erklärten, weil sie ihre ›Aufklärung‹ störten, kann und muss man auch in diesem Fall von einer gewollten Irreführung ausgehen.
Selbstverständlich wissen die Ermittler heute mehr denn je: Würde ein Zeuge wie dieser, einen nicht mehr aus der Welt zu schaffenden Beweis erbringen, dass der NSU nicht aus exakt drei Mitgliedern bestand, dass der Mordanschlag auf die Polizisten in Heilbronn von weiteren Neonazis begangen wurde, würde nicht nur die Fiktion vom ›Zwickauer Terrortrio‹ in sich zusammenstürzen, sondern auch die Anklage im Münchner NSU-Prozess.
Ein Zeuge, den es nicht geben darf
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass bis heute die aberwitzige Behauptung aufrechterhalten wird, der NSU habe aus drei Mitgliedern bestanden und man habe keine Kenntnisse über neonazistische Gruppierungen gehabt, die dem NSU nahe standen bzw. mit ihm kooperierten, dann ahnt man die Brisanz dieser Aussagen.
Mit dieser Aussage wäre einmal mehr belegt, dass die Behörden von der Existenz eines Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) gewusst hatten, bevor sich dieser im November 2011 selbst bekannt machte. Weiterhin wäre bewiesen, dass die ermittelnden Behörden von weiteren neonazistischen Terrorgruppen wussten.
Die Aussagen von Florian Heilig, die mit seinem Tod auftauchten, sind also für Ermittlungsbehörden, für Generalbundesanwaltschaft und für die Anklagevertretung im NSU-Prozess kein wichtiger Hinweis, sondern eine nicht zu unterschätzende Bedrohung für das vorgetäuschte Behördenversagen über dreizehn Jahre hinweg. Das Gegenteil wäre einmal mehr evident: Man hatte Hinweise und Spuren, die zum NSU und zu weiteren neonazistischen Tätern geführt hätten, wissentlich unterschlagen. Eine (ganz zurückhaltend formulierte) Strategie des Gewährenlassens, die bis zum heutigen Tag gedeckt wird – auch dank des Todes eines Zeugen, der sich nun nicht mehr gegen die behauptete Vagheit seiner Einlassungen wehren kann.
Mithilfe von Freunden und mit Unterstützung der Eltern löste sich Florian Heilig aus der Neonaziszene. Er kehrte zurück ins Elternhaus und setzt die Lehre als Stahlbetonbauer fort. Den Unwillen vonseiten deutscher Behörden, mit den gemachten Aussagen tatsächlich auch etwas anzufangen, spürte Florian Heilig sehr schnell. Mehrmals formulierte er gegenüber seinen Eltern, dass er sich alleine gelassen, dass er sich benutzt fühle.
In den Tagen vor seinem Tod versuchten Polizeibeamte auffällig oft, mit Florian Heilig in Kontakt zu kommen. Sie warteten zu diesem Zweck bei den Eltern, bis Florian von der Arbeit kam. Nachdem er sich verspätete, wurde ein Termin für Montag, den 16. September um 17 Uhr ausgemacht.
Der Sonntag davor, der 15. September 2013 war der letzte Tag, den Florian bei seinen Eltern verbrachte. Der Tag verlief wie jeder andere Tag auch. Man sprach Termine für die nächste Woche ab, man vereinbarte Arbeiten am Haus, an denen sich Florian beteiligen wollte. Das Glück, dass sich Florian aus der Neonaziszene gelöst, neue Freunde gefunden hatte und wieder bei der Familie wohnte, war auf beiden Seiten. Dennoch stand dieser Sonntag im Schatten der bevorstehenden Zeugenvernehmung. Florian Heilig machte noch einmal seine Angst deutlich: »Wenn ich jetzt sage, was ich weiß, bin ich tot.« Angesichts dieser massiven Angst überlegte man noch einmal, ob er einfach die Aussage verweigern sollte, ob man der Zusage, ihn ins Zeugenschutzprogramm zu nehmen, Glauben schenken könne. Nachdem man verschiedene Möglichkeiten durchgespielt hatte, entschied sich Florian Heilig doch, sein Wissen in dem anstehenden Gespräch zu offenbaren.
Gegen 17 Uhr bekam Florian Heilig einen Anruf auf seinem Handy. Danach stellten die Eltern einen massiven Stimmungswandel fest. Auf die besorgte Nachfrage, was denn los sei, antwortete Florian: »Ich komme aus dieser Scheiße nie wieder raus.« Ohne weitere Erklärungen packte Florian Heilig seine Sachen zusammen. Er sollte um 22 Uhr im Lehrlingswohnheim sein. Er war bereits losgefahren, als er noch einmal umkehrte. Er hatte ein Geodreieck und seine Arbeitsstiefel vergessen.
Sieht so ein Tagesablauf eines Selbstmörders aus? Packt ein Lebensmüder Geodreieck und Sicherheitsstiefel ein, um sich dann qualvoll selbst zu verbrennen?
Tatsächlich kam Florian Heilig gegen 22 Uhr in Geraldstetten an. Dort ließ er mitgenommene Arbeitskollegen aussteigen und fuhr dann weiter. Anhand verschiedener Fakten ist belegbar, dass er in Richtung Stuttgart weiterfuhr. Was er zwischen 22 Uhr und 9 Uhr morgens machte, wen er treffen sollte/wollte, ob dafür das im Elternhaus entgegengenommene Telefonat entscheidende Hinweise geben könnte, wäre leicht zu ermitteln, wenn dies nicht mit Vorsatz unterlassen worden wäre: Der Anrufer um 17 Uhr ist zurückverfolgbar. Außerdem liefert das Handy von Florian Heilig ein sehr präzises Bewegungsprofil von 17 Uhr abends bis morgens um 9 Uhr. Ebenfalls kinderleicht ließen sich weitere Telefonate vor und in dieser Nacht zurückverfolgen …
Die Staatsanwaltschaft feilte noch am absolut sicheren Selbstmord
Nach all dem, was Polizei und Staatsanwaltschaft öffentlich erklärten, gibt es keine Zweifel an dem von ihnen festgestellten Selbstmord. Dann dürften die Ermittlungsverfahren längst abgeschlossen sein, Fragen zum abgeschlossenen Verfahren möglich sein. In dieser Überzeugung bat ich die Leitende Staatsanwaltschaft um die Beantwortung folgender Fragen:
»Die Familie Heilig schließt Selbstmordabsichten ihres Sohnes oder ein Motiv, das zu Selbstmord führen könnte, aus. Wie kommt die Polizei zu einem Motiv, das niemand aus der Familie und dem Freundeskreis kannte? Was haben Ihre Ermittlungen diesbezüglich ergeben?
Wie in jeden anderen Fall auch wurde im Fall Florian Heilig in alle Richtungen ermittelt. Auf welche Weise wurde ermittelt, ob Fremdverschulden vorliegen könnte?
Die Tatsache, dass Florian Heilig dabei war, Aussagen gegen Neonazis zu machen, sich im BIG Rex-Programm befand, machte ihm auch Feinde bei seinen ehemaligen Freunden und in der Naziszene, die ihn als Verräter bezeichneten. Sind Ihre Ermittlungen diesen Bedrohungen nachgegangen?
Im Auto von Florian Heilig befanden sich sein Handy und sein Laptop. Wurden diese ausgewertet, um (mittels eines Funkzellenprotokolls bzw. der Verbindungsdaten) rekonstruieren zu können, was sich in den letzten Stunden vor seinem Tod zugetragen hat?
Die Überreste, die die Polizei sichergestellt hat, wurden der Familie Heilig zurückgegeben. Können Sie bestätigen, dass bei den zurückgegebenen persönlichen Gegenständen kein Autoschlüssel bzw. Schlüsselbund dabei war?«
Die Antwort war überraschend:
»Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Daher haben wir auch noch keine Ergebnisse, die wir Ihnen mitteilen könnten. Ich möchte Sie bitten, sich zu einem späteren Zeitpunkt – so gegen Anfang Februar 2014 – wieder bei mir zu melden.« (Claudia Krauth, Erste Staatsanwältin, Staatsanwaltschaft Stuttgart, vom 13.12.2013)
Wenn die Staatsanwaltschaft also noch ermittelte, warum wird dann unentwegt von Selbstmord geredet?
Der Gall-Bericht, der sich u.a. den Todesumstände von Florian Heilig widmete, wurde im Februar 2014 vorgestellt:
»Nach den Ermittlungen der EG Umfeld und den Ermittlungen des für das Todesermittlungsverfahren zuständigen Polizeipräsidiums Stuttgart bestehen keine Zweifel, dass es sich um einen Suizid des jungen Mannes gehandelt hat, es konnten keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden gewonnen werden.«
Dabei handelt es sich um ein vorsätzliche Falschaussage, denn die Ermittlungen wurden laut Staatsanwaltschaft Stuttgart erst zwei Monate später, im April desselben Jahres für abgeschlossen erklärt.
Unterlassene Ermittlungen
Um Fremdverschulden auszuschließen, reicht es nicht, sich auf einen Suizid festzulegen. Fakt ist, dass nicht einmal im Ansatz der Möglichkeit eines Racheakts durch Neonazis nachgegangen wurde, obwohl allen Behörden das Gefährdungspotenzial für ›Aussteiger‹ bekannt ist.
Nicht ein einziger Satz findet sich dazu in den Ermittlungsakten. Aufschluss für Motiv und Grund, noch in der Nacht auf den 16. September 2013 nach Bad Cannstatt zu fahren, könnte die Auswertung von Handydaten und eine entsprechende Funkzellenabfrage ergeben, auch mit Blick auf ermittlungsrelevante Fragen: Von wem kam der Anruf gegen 17 Uhr am 15. September, ein Anruf, der Florian Heilig völlig veränderte?
Mit wem hatte Florian Heilig bis zum Morgen des 16. Septembers Kontakt? Fuhr er in der Nacht auf den 16. September alleine nach Stuttgart? Was ist mit den 35 WhatsApps, die Florian Heilig zwischen 22.00 Uhr und 4:38 Uhr des Todestages abgesetzt hatte? (Mit WhatsApps kann man sowohl Kurznachrichten verschicken, als auch Standortdaten teilen)
Warum haben die Ermittler nicht die Facebook-Seite von Florian Heilig gesichert und gesichtet? Dann wären sie auf Löschungen gestoßen, die kurz nach seinem Tod vorgenommen worden sind. Es wäre technisch ein Leichtes, die zugangsberechtigte Person zu ermitteln! Woll(t)en die Ermittler die Person decken, die Zugang zu diesem Account hatte und diese Löschungen vorgenommen hatte?
All diese Auswertungsmöglichkeiten standen den Ermittlern zur Verfügung. Wenn man damit eine ›private Tragödie‹ belegen könnte, hätten sie dies in ihren Ermittlungsakten dokumentiert. Warum findet man dazu nichts?
Was zum Standardprogramm kriminaltechnischer Untersuchungen gehört, wurde hier mit Vorsatz unterlassen! Dieser Art von Ermittlungsarbeit gab der Thüringer Abschlussbericht den Namen: Freiwillige Erkennntisisolation.
Solange diese unterbleibt, ist ein Mord nicht auszuschließen, sondern eine weitaus begründetere Annahme.
1.3.2015
Wolf Wetzel
Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund – wo hört der Staat auf? Unrast Verlag 2013, 2. Auflage
https://wolfwetzel.wordpress.com/2015/03/01/florian-heilig-der-tod-eines-zeugen-mord-oder-ein-suizid-aus-liebenskummer/#more-5572
NSU-Watch: Protokoll 152. Verhandlungstag – 21. Oktober 2014
An diesem Prozesstag wird zunächst Sitta I., eine Ex-Freundin von Hans-Ulrich Müller, zum Weg der Mordwaffe Ceska vernommen. Sie kann sich allerdings nur noch brückstückhaft erinnern. Ihre Aussage wird am Nachmittag unterbrochen, da die GBA plötzlich eine den Verfahrensbeteiligten unbekannte Vernehmung erwähnt, die erst allen zugänglich gemacht werden muss. Sitta I. wird von der Zeugin Sabine Ri. abgelöst, die für das LKA Baden-Württemberg die Bezüge des NSU in dieses Bundesland ermittelt hat. Durch eine nicht umfassende Aussagegenehmigung bleiben auch hier die Informationen teilweise begrenzt.
Zeuginnen:
Sitta I. (Umfeld Hans-Ulrich Müller, Ceska)
Sabine Ri. (KHK, LKA Baden-Württemberg, Bezüge des NSU nach BaWü)
Der Verhandlungstag beginnt um 9.49 Uhr. RA Stahl ist heute nicht da. Nach der Präsenzfeststellung sagt Richter Götzl, er wolle nochmal zur Erklärung der Verteidigung Wohlleben am Ende des letzten Sitzungstages feststellen, was beantragt wurde. Götzl nennt Widersprüche gegen die Vernehmung von I., von Staudemann, die Verlesung der im Rechtswege erhobenen Vernehmungen Müller und Germann. Außerdem nennt er den Antrag, Müller unter Zubilligung freien Geleits nochmal zu laden. Klemke bejaht das. Dann sagt Götzl, dass die Vernehmung von I. angeordnet wird. Klemke beanstandet das und verlangt einen Beschluss, die Vernehmung diene nur der Verfahrensverzögerung. Die Verteidigung Zschäpe schließt sich an. OStA Weingarten sagt, er habe bereits beim letzten Mal angedeutet, dass bei der Verteidigung da wohl ein Missverständnis der Ausführungen des GBA vorliegt, man halte beim GBA die Einvernahme zu an der Einfuhr der Ceska beteiligten Personen für geboten. Es folgt eine Unterbrechung bis 10.15 Uhr. Danach verkündet Götzl, dass die Einvernahme I.s angeordnet wird. Die Frage, ob dem Lieferweg der Waffe Relevanz zukommt, obliege der Urteilsberatung.
Dann betritt Sitta I. den Saal. Nach der Belehrung, auch nach § 55 StPO, sagt Götzl, es gehe um I.s Beziehung zu Müller und dann um die Frage, ob I. jemals eine Waffe der Marke Ceska aus der Schweiz nach Deutschland eingeführt hat. I. solle zunächst einmal von sich aus zur Beziehung zu Müller berichten. Müller habe sie zwischen 1989 und 1990 kennengelernt und eine kurze Beziehung mit ihm geführt, sagt I. Für sie sei das nach 14 Tagen eigentlich vorbei gewesen, aber Müller habe wieder da gestanden und mit ihr geschäftlich etwas aufbauen wollen, einen Autohandel, Gebrauchtwaren. Man sei nach Apolda gezogen und habe ein Geschäft eröffnet. Müller habe gemeint, sie solle Werbung machen und er den Autohandel. Sie hätten die Autos aus der Schweiz überführt. Das sei vier, fünf Jahre gegangen. Sie habe eine Werbefirma gehabt mit einer Angestellten, Frau P. Dann sei Müllers Mutter gestorben und er habe alleine nach Thun fahren wollen. Sie sei dann aber nachgefahren in die Schweiz. Da habe sie dann festgestellt, dass ihre Angestellte ihn begleitet habe, und da sei alles in die Brüche gegangen. Der Autohandel habe nicht in Apolda, sondern in einem anderen Ort im Haus ihrer Mutter stattgefunden. Müller habe auch einen Angestellten gehabt, Herrn Gr. Die Beziehung sei dann auseinandergegangen. Müller sei aus dem Haus der Mutter geflogen.
Auf Frage Götzls, sagt I., sie habe ab und an noch Kontakt zu Müller gehabt. Er habe ihr des öfteren angeboten, die Firma zu kaufen, was sie abgelehnt habe. Eine Scheune in Mattstedt, wo Ersatzteile gelagert hätten, habe dann ihr Sohn abgekauft, das sei ein ideales Objekt für Autobeschriftungen gewesen. Dann habe Müller sie nochmal in Apolda aufgesucht, und gesagt, dass sie diejenige sei, weswegen er P. habe heiraten müssen. P. sei mit in die Schweiz gegangen und sie, I., habe eine Anzeige beim Immigrationsamt gemacht, da hätte P. nach einem Vierteljahr wieder aus der Schweiz gehen müssen. Außerdem sei ein Brief aus dem Gefängnis in Erfurt gekommen, in dem Müller um 100 DM bat. Das wisse sie nicht mehr so, es sei fast 20 Jahre her. Götzl fragt, was es mit dieser Haft auf sich hatte. Müller sei in die JVA nach Erfurt gekommen, so I., weil sie damals einen Verdachtsbrief geschrieben habe, dass er wahrscheinlich in kriminelle Handlungen verwickelt sei. Götzl hakt nach. I. sagt, sie wisse nicht mehr, was in dem Brief stand.
Götzl fragt, was I. denn wusste, wenn sie gesagt habe, dass Müller in kriminelle Handlungen verwickelt gewesen sei. Tatsächlich gewusst habe sie nicht viel, so I. Müller habe in der Schweiz einen langjährigen Freund gehabt, Rolf Bau. Der sei ein ziemlich guter Schütze und da sei es ab und an um Waffen gegangen. Bau. habe eine Security-Firma gehabt und sei viel zu Veranstaltungen gereist, wo geschossen wurde. Auf Nachfrage berichtet I. von einem Gespräch zwischen Müller und Bau., das sie in der Schweiz mitgehört habe. Da habe Müller Waffen bestellt. Auf Frage, um welche Waffen es bei der Bestellung ging, sagt I., es sei um die Kuli, irgendwie “Kugelschreiberwaffen” gegangen. Götzl fragt nach, bei wem Müller Waffen bestellt hat. Bei Bau., antwortet I., das sei bei dem zuhause gewesen in Spiez. Müller und Bau. hätten meist zusammengehangen. Sie selbst und Bau.s Freundin seien in der Küche gewesen und dann sei irgendwann die Tür zugemacht worden.
Götzl fragt, ob I. weiß, was aus dieser Bestellung wurde. Sie habe nie etwas persönlich gesehen, so die Zeugin, es tue ihr leid, das wisse sie nicht. Götzl fragt, ob es in I.s Brief an die Behörden um diesen Sachverhalt ging. I.: “Der Brief in Deutschland?” Sie wisse wirklich nicht mehr, was sie in den Brief geschrieben habe, so I. weiter. Sie habe den gesucht, aber nicht mehr gefunden, habe zwischendurch auch einen Wohnungswechsel gehabt. Götzl fragt, wie es dann weiter gegangen sei, Müller habe sich ja aus der Haft gemeldet. Durch den Brief, antwortet I., sie habe aber keine 100 DM geschickt. Müller habe später die ganzen Räumungen vorgenommen, was bei ihrer Mutter im Haus gewesen sei, habe die Sachen wo auch immer hin getragen. Er sei dann in die Schweiz gegangen und habe Konkurs angemeldet. Sie hätten während ihrer Beziehung Objekte gekauft. Ein Haus, das noch gebaut worden sei, sei später in Flammen aufgegangen, “warum auch immer”.
Götzl fragt, ob die Objekte von I. als Miteigentümerin erworben wurden. I. sagt, das sei ihre “rosarote Brille” gewesen, Müller sei immer eingetragen gewesen. Sie habe ein Darlehen für ihre Werbefirma bekommen. Da sei ein Teil für ihre Geräte genutzt worden und der Rest sei in Objekte für 5.000 bis 10.000 DM geflossen. I. nennt ein paar Grundstücke und Häuser in Thüringen. Götzl fragt, ob die genannte Scheune auch von Müller erworben wurde, was I. bejaht. Götzl: “Mit welchen Mitteln?” Es sei teilweise ihr Geld gewesen, so I. Götzl fragt, was I. zu Müller und Waffen sagen könne. In der Schweiz habe Müller eine Waffe zuhause gehabt, man solle sie nicht nach dem Typ fragen. Das sei in der Schweiz so üblich gewesen, dass jeder eine Waffe haben darf. Müller sei viel mit Bau. zum Schießen gewesen in der Schweiz, die Orte wisse sie nicht mehr. Bei der Vernehmung sei ihr von der Polizei in Apolda gesagt worden, so I., dass sie angeblich was überführt hätte. Davon wisse sie auch nichts. Das hätte angeblich Müller gesagt.
Götzl fragt nach der Waffe, die Müller in der Schweiz hatte. Das sei eine kleine Waffe gewesen, so I., es sei kein Gewehr gewesen. Sie wisse noch, dass sie silbern aussah. Götzl fragt, ob sie sich darüber unterhalten hätten, welche Einstellung Müller zu Waffen hatte. Der Rolf sei ab und zu nach Apolda gekommen, so I., und da sei sehr oft über Waffen gesprochen worden. Der habe auch in Deutschland irgendwelche Schießveranstaltungen besucht. Zwischen ihr und Müller seien Waffen eher weniger Diskussionsthema gewesen. Götzl fragt, ob I. etwas darüber weiß, ob Müller Waffen verkauft oder gekauft hat. Sie habe nur das eine Mal mit der Bestellung gehört, antwortet I. Auf Frage sagt I., sie sei irgendwo mal in einem Waffengeschäft in der Schweiz gewesen, aber sie könne nicht sagen, in welchem. Sie seien auch mal in einem Schießbunker in einem Berg gewesen. Das sei öffentlich zugänglich gewesen. Götzl fragt, was Müller in diesem Geschäft gemacht hat. I.: “Ich saß im Auto und er ist rein.” Müller habe gesagt, er müsse kurz rein, sie solle hier warten, er komme gleich wieder. Auf die Frage, ob Müller was gekauft hat, sagt I., er habe nichts in der Hand gehabt. Zeitlich sei das irgendwo zwischen 1990 und 1994 gewesen, wo sie zusammen waren. Sie wisse nicht mehr, wo das Geschäft war.
Auf Frage sagt I., Gr. sei beim Kraftfahrzeughandel beschäftigt gewesen, ein Schn. habe ab und zu ausgeholfen. Und sie hätten öfters jemanden gesucht, der Autos von der Schweiz überführen kann. Sie habe nicht immer mitfahren können wegen ihres Sohnes. Gr. sei dabei gewesen, Schn., die Brüder von P., dann der Herr Pe. [phon.], denke sie. Sie verneint, dass ihr die Namen Theile oder Länger etwas sagen. Götzl fragt, ob im Zusammenhang mit dem Überführen von Autos nach Deutschland mal die Rede davon war, dass irgendwelche Waffen transportiert werden: I.: “Nein, nie.” Götzl möchte wissen, ob I. mal eine Waffe in der Schweiz gekauft oder abgeholt und nach Deutschland verbracht hat. I.: “Nein, weder noch. Da wäre ich wahrscheinlich an der Grenze gestorben.” Götzl fragt, ob ihr der Name Zbinden etwas sagt. I. verneint das, das sage ihr ganz und gar nichts.
Ein Dieter Sch. sei ihr bekannt, der komme aus Apolda, habe früher ein Eiscafé gehabt. Sie persönlich habe den nicht gekannt, aber Müller sei in das Eiscafé gegangen. Die hätten sich gut gekannt. Der sei in Apolda bekannt, “laut Buschfunk”, dass er kriminelle Handlungen habe “so lang wie eine Toilettenrolle”. Wissen tue sie es nicht. Sie sammle in Apolda u.a. Schrott und da treffe sie ihn ab und zu auf dem Schrottplatz. Das sei im Jahr vielleicht dreimal. Ansonsten pflege sie keinen Kontakt zu dem Herrn. Götzl fragt, was I. mit “laut Buschfunk kriminellen Handlungen” meint. Götzl müsse sich vorstellen, so I., dass Apolda eine Kreisstadt von 26.000 Einwohnern ist. Wenn da was passiert, dann spreche man darüber, ohne dass man wisse, ob das wirklich passiert ist. Sie habe da keine Grundlage, könne nicht sagen, was Sch. konkret tut, und man forsche da auch nicht nach. Götzl fragt: „Von wem stammen da jetzt die Informationen, dass Sch. kriminell wäre?” I. nennt “Rudi”, der habe gesagt, dass Sch. früher “kein guter Junge” gewesen sei. Das seien Menschen, mit denen Sch. groß geworden sei.
Götzl fragt, um was es bei “kriminell” geht. Angeblich habe Sch. wohl mal viel Geld gehabt und die ganzen Häuser habe er halt nicht mehr. Er bereite in dem Objekt, wo er jetzt sei, Autos vor. Sie könne nur nacherzählen, was die anderen erzählen, sie wisse es nicht. Das Betreiben von Autohandel sei nicht per se kriminell, erwidert Götzl, und auch der Besitz von Häusern nicht: “Meine Frage bleibt letztlich unbeantwortet.” Es tue ihr leid, so I., sie könne es nicht beantworten. Götzl fragt nach konkreten Umständen, Taten, Vorkommnissen, von denen I. erfahren haben könne. Sie wisse nicht, was er tut und was nicht, so I. Götzl fragt, ob I. in Bezug auf Sch. mal erfahren hat, ob der Kontakt zu Waffen hat, dass man bei ihm Waffen kaufen konnte. Sie wisse nur, dass der sehr viel mit Thomas Pe. zu tun gehabt habe, so I. Pe., Müller und Sch. hätten sehr viel zusammengehangen.
Götzl fragt zu Pe. Sie habe einen Zulassungsservice gemacht in Apolda, so I., und Versicherungen verkauft; der sei Kunde gewesen. Sie habe auch Beschriftungen machen und T-Shirts drucken dürfen. Pe. habe ihre Rechnungen nicht bezahlt, das habe sie eingefordert. Pe. habe sich adoptieren lassen von einer Frau, die sehr viele Häuser gehabt habe, und als die verstorben sei, habe der die ganzen Sachen geerbt. I. spricht von einem Abschleppfahrzeug Iveco, irgendwann seien Müller und Pe. zusammengetroffen. Einmal habe Müller Hausmeister werden sollen für Pe.s Häuser. Auf Frage sagt I., Pe. sei einfach ein Kunde gewesen, sie habe mit dem keinen privaten Kontakt gehabt. Der habe seine Ware bekommen, teilweise habe er bezahlt, teilweise nicht. Götzl fragt zum Verhältnis Pe. und Müller. Soweit sie wisse, sei Pe. auch mal mitgefahren, Autos zu überführen, antwortet I. Man könne schon sagen, dass die befreundet waren, der habe auch mal seinen Iveco gefahren. Die hätten sich mal vertragen und mal nicht vertragen. Pe. sei zwischenzeitlich gestorben, so I. Das sei vielleicht 5 Jahre her, sie sei sich nicht sicher. Götzl fragt, ob I. im Hinblick auf den Tod Pe.s mit Müller nochmal Kontakt hatte. I.: “Nein, gar nicht. Doch, zwecks dieses Scheunenverkaufs habe ich noch Unterlagen gebraucht. Da habe ich anrufen müssen, weil der Notar Papiere gebraucht hat.”
Götzl fragt, inwiefern da Pe. noch eine Rolle gespielt hat. I. sagt, der habe da keine Rolle gespielt. Götzl fragt, ob Müller vom Versterben Pe.s wusste. Dass wisse sie nicht, so I., sie habe Müller davon nichts gesagt. Ob Gr. Angestellter von Müller oder am Geschäft beteiligt war, wisse sie nicht mehr genau, so I. auf Frage, sie denke, dass der am Anfang angestellt war und dann hätten sie eine GbR gemacht. Gr. sei vier, fünf Jahre mit Müller zusammen tätig gewesen. Der Grund für den Brief an die Schweizer Behörden sei gewesen, dass sie sauer gewesen sei, dass Müller mit der “durchgebrannt” sei. Die Frage, ob sie mit Pe. mal in der Schweiz gewesen ist, verneint I., aber wahrscheinlich Müller mal, der habe immer jemand anderes zum Autoüberführen mitgenommen. Müller sei oft spontan unterwegs gewesen, manchmal habe er es auch nur gesagt und sei dann bei P. gewesen. Die Trennung von Müller sei ca. 1994/ 95 gewesen, vielleicht auch 1996. Götzl: “Sagt Ihnen der Begriff ‘Madley’ was?” I.: “Nein, überhaupt nicht.” Auch nicht als Name eines Ladens, so I. auf Nachfrage. Götzl fragt, ob I. mal einen Unfall hatte mit einem Fahrzeug von Müller. Sie habe mehrere Unfälle gehabt, aber sie könne nicht sagen, ob das jetzt das Auto von Müller war oder nicht, so I. Götzl: “Haben Sie in irgendeinem Ihrer Fahrzeuge mal Waffen transportiert oder gesehen?” I.: “Nein, weder noch.” Wenn sie die Autos von der Schweiz rübergefahren habe, habe sie die Autos kontrolliert betreffs Warndreieck, Verbandskasten, Papiere. Waffen seien da nicht dabei gewesen. Auf jeden Fall nicht in ihrem Fahrzeug, was sie selber geführt habe.
Es liege ein Schreiben des NK-Vertreters RA Ünlücay vor, sagt Götzl, und der schreibe, dass er am 25.6.2014 in der Schweiz mit Müller gesprochen habe, und was Müller gesagt haben soll. Vorhalt: Müller habe ihm, Ünlücay, gegenüber sinngemäß angegeben, dass die Tatwaffe von Zbinden. an den Sch. verkauft worden sei, dieser sei von Sitta I. und Pe. abgeholt worden. Sie sei nicht mit Pe. in die Schweiz gefahren, so I.: “Wann soll das gewesen sein?” Vorhalt: Dies sei nach der Trennung von ihr gewesen. Weder noch, so I., davon wüsste sie bestimmt was. Leider könne man Pe. ja nicht mehr fragen. Vorhalt: Auf die Frage, woher die beiden den Zbinden. kennen, habe Müller geantwortet, dass I. mal mit ihm in der Schweiz gewesen sei, wo sie einen Umweg gemacht hätten und zu Zbinden. gefahren seien. Sie wisse nicht mal was Zbinden. ist, so I. zu dem Vorhalt. Ob das ein Ort ist, ein Name, ein Laden sei. Sie sei nicht dort gewesen, das sei eine reine Unterstellung. Vorhalt: Sch. und I. würden mit Waffen handeln, die Einstellung der Käufer spiele dabei keine Rolle. I.: “Da bin ich sprachlos, das trifft überhaupt nicht zu.”
Götzl fragt nochmal zu Kontakten zu Müller in den letzten Jahren und zur Scheune. I. berichtet, ihr Sohn habe die Scheune gekauft und die sei jetzt wieder verkauft worden. Der Notar habe noch Unterlagen gebraucht. Sie sei deshalb gezwungen gewesen, Müller anzurufen, damit der ihr das Papier schickt. Müller habe das dem Notar zugesendet. Das sei 2011 oder 2012 gewesen. Götzl fragt, wie das Telefonat atmosphärisch verlief. Sie habe zuerst die Nummer suchen müssen, sagt I. Müller habe gesagt, das koste Geld, 140 Franken, und sie habe ihn gebeten, dass direkt zum Notar zu schicken. Sie verneint, dass es Spannungen, Drohungen gegeben habe, sie habe nur gewollt, dass die Papiere kommen und fertig. Das sei der letzte Kontakt gewesen. Auf die Frage, wann der letzte Kontakt vor diesem Kontakt war, sagt I., sie könne da nicht so einen genauen Zeitpunkt sagen. Einmal sei Müller in Apolda gewesen in den 90ern, da habe er sie angerufen, ob man einen Kaffee trinken geht. Sie habe Müller ausdrücklich gesagt, dass sie mit ihm nichts zu tun haben möchte. Auf Frage sagt I., der Kauf der Scheune durch ihren Sohn sei ungefähr 2001, 2002 gewesen, vielleicht ein Jahr eher oder später. Götzl: “Haben Sie da Kontakt mit Herrn Müller gehabt?” Sie habe den angerufen, so I., der habe ja verkaufen wollen, und gesagt, ihr Sohn wolle es kaufen. Ihr Sohn habe das dann gekauft und in Raten abgezahlt. Es folgte eine Pause bis 11.42 Uhr.
Danach fragt Götzl , ob I. weiß, ob solche Schießkugelschreiber dann geliefert wurden, ob Müller welche hatte, ob er welche weitergegeben hat. I.: “Ich habe damals was ausgesagt in dem Brief, dann war das so. Aber zum heutigen Zeitpunkt kann ich nichts mehr sagen.” Auf Frage sagt sie, sie sei sich nicht sicher, ob sie mal von einem Polizeibeamten vernommen wurde, aber sie sei mal in Weimar bei einer Verhandlung gegen Pe. war. Götzl fragt, ob der Brief, den I. verschickt habe, eine Anzeige war. Das sei ein Brief an die StA gewesen, so I. Götzl: “Was wollten Sie erreichen?” Zum damaligen Zeitpunkt sei sie wohl ziemlich sauer gewesen sein, so I., deshalb habe sie das auch getan. Es sei keine konkrete Anzeige gewesen, aber sie könne sich wirklich nicht an die Details erinnern. Auf Frage sagt sie, das habe sich, soweit sie wisse, nur gegen Müller gerichtet.
Götzl sagt, es gebe eine Vernehmung I.s von 1996 bei der KPI Jena. Da sei sie auch mal gewesen, sagt I., da habe sie eine Stimme identifizieren sollen, das sei ihr in Erinnerung geblieben. Vorhalt: Mit dem Gegenstand der Vernehmung vertraut gemacht, könne I. sagen, dass sie im Februar 1996 in Erfurt Anzeige erstattet habe gegen Petra und Sergej [phon.] P. I. sagt, Petra P. sei ihre Angestellte gewesen und Sergej ihr Ehemann. Götzl fragt, was der Vorwurf in der Anzeige war. Das könne sie zum heutigen Zeitpunkt gar nicht mehr sagen, so I., da müsste sie das Schriftstück lesen. Götzl sagt, er habe I. so verstanden, dass sich die Anzeige gegen Müller gerichtet hat. Vorhalt: In dieser Anzeige habe sie, I., auch geschildert, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte Müller Straftaten begehe: I.: “Wenn ich das damals so geschrieben habe, war das damals so.” Götzl: “Ging es da um den Sachverhalt Schießkugelschreiber?” I.: “Ich weiß es wirklich nicht mehr.”
Vorhalt: Sie, I., habe auch geschildert, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte Müller Straftaten begeht, indem er Drogen und Waffen aus der Schweiz in die BRD bringt. Wenn sie das damals geschrieben habe, dann sei es auch so gewesen zu dem Zeitpunkt, sagt I. darauf. Auf die Frage, was sie heute noch zu diesem Punkt sagen könne, antwortet I., sie könne nichts mehr sagen, es sei wirklich lange her: “Teilweise weiß ich nicht mehr was ich vor 14 Tagen gegessen habe.” Götzl: “Das ist ein Alltagsvorgang. Aber wenn der Lebensgefährte Waffen oder Drogen transportiert, ist das etwas anderes, das wird man nicht vergleichen können.”
Vorhalt: Konkret wisse I. dazu, dass Müller bei Rolf Ba. insgesamt zehn Schießkugelschreiber bestellt habe. Wenn sie das so niedergeschrieben oder ausgesagt habe, dann sei das so gewesen, antwortet I. Vorhalt: Ihrer, I.s, Meinung nach sei es im Dezember 1993 gewesen, als Müller die Bestellung der zehn Schießkugelschreiber aufgegeben habe. Götzl fragt, ob da eine Erinnerung kommt. I. verneint das. Vorhalt: Bei der Bestellung sei keine weitere Person zugegen gewesen. Götzl sagt, heute habe I. davon gesprochen, dass sie sich mit der Freundin von Ba. in ein anderes Zimmer zurückgezogen habe. Sie seien mehrmals bei Ba. gewesen, erwidert I. Vorhalt: Beim Gespräch mit Ba. habe der erzählt, er habe Schießkugelschreiber und ihnen auch einen gezeigt. Wenn das da so stehe, sei es auch so gewesen, sagt I. Vorhalt: Einige Monate später habe ihr dann Müller erzählt, dass er sie alle verkauft habe. I. sagt, sie könne nur sagen, dass das, was sie geschrieben habe, damals auch so gewesen sei. Vorhalt: Das sei in Apolda gewesen, als sie noch zusammen gewohnt hätten, an wen Müller sie verkauft habe, wisse sie nicht.
Götzl fragt, ob sich I. erinnere, dass sie mit einer Frau F. von der Zulassungsstelle gesprochen hat. I. bejaht das, sie habe ja den Zulassungsservice gehabt und Kennzeichen drucken lassen bei F. Und damals habe sie sich mit ihr unterhalten. Sie erinnere sich aber nicht an den Inhalt des Gesprächs. Götzl sagt, das Protokoll sei sehr schlecht zu lesen, aber da könne stehen, dass I. ein Gespräch mit F. von der Zulassungsstelle etwa im April 1995 geführt habe, daher wisse sie, “dass Thomas Pe. mindestens einen der Schießkugelschreiber”, und mehr sei da wegen der Kopie nicht lesbar. So wie Götzl es ihr jetzt schildere, sage ihr das etwas, so I. Pe. müsse dann auf jeden Fall einen bekommen haben, aber wie, das wisse sie nicht. Vorhalt: Konkret habe F. erzählt, dass Pe. bei der Zulassung eines Fahrzeugs nicht habe zahlen können und als Pfand solch einen Schießkugelschreiber hinterlassen habe; F. habe den offensichtlich in Zahlung genommen und später wieder an Pe. übergeben, als der seine Schulden bezahlt habe; der Buschfunk in Apolda behaupte, dass man immer noch Waffen bei Müller bestellen und kaufen könne. Wenn sie das damals niedergeschrieben habe, dann sei das so gewesen, aber zum heutigen Zeitpunkt könne sie nicht viel mehr dazu sagen, so I.
Vorhalt: Sie, I., wisse auch, dass Müller sich immer noch ab und zu in Apolda aufhalte, sie sei bis 1994 mit ihm zusammen gewesen, danach sei er ausgezogen. I.: “Ausgezogen worden.” Götzl sagt, hier werde noch ein Vorfall mit Müller geschildert: Im Sommer 1994 habe I. mit Müller ein Haus kaufen wollen, als man dort hingefahren sei, habe ein Mann in einem dunkelblauen BMW auf Müller gewartet. Dazu sagt I., ab und zu hätten dubiose Fahrzeuge gewartet, ihre Mutter habe auch darüber berichtet. Vorhalt: Müller habe gesagt, es gehe um ein Geschäft, als sie gefragt habe, was für ein Geschäft, habe Müller auf seinen Schießkugelschreiber geblickt, der in seiner Jacke gesteckt habe. I.: “Dann war das so.” Sie könne sich erinnern, da gewesen zu sein und dass noch ein Auto da gewesen sei, aber an den Mann könne sie sich nicht mehr erinnern.
Vorhalt: Als Müller zurück gekommen sei, habe er auf Frage I.s, ob er ihn verkauft hat, gesagt, dass alles klar gegangen sei; das sei alles was sie, I., zu den Waffen sagen könne. I. sagt, dann sei es so gewesen. Götzl sagt, er müsse nochmal nachfragen: “Kennen Sie Enrico Theile?” Der sei ihr bekannt, so I., aber persönlich weniger, nur durchs Gespräch mit Müller. Der sei bei Müller in Jena gewesen, und einmal sei sie mitgefahren, aber sie habe nicht gewusst, um was es da konkret geht. Das sei in Drackendorf in Jena gewesen, so einem Wohngebiet. Sie habe im Auto gesessen, Müller sei hoch gegangen in eine Wohnung, wohin konkret wisse sie nicht. Sie könne nicht mehr die Hausnummer sagen, wo der Enrico gewohnt habe. Aber das sei hinten in Drackendorf gewesen. Sie würde schon sagen, dass Müller und Theile befreundet waren, Müller sei des öfteren da gewesen, so I. auf Frage. Was die beiden zusammen unternommen haben, könne sie überhaupt nicht sagen. Götzl fragt, ob im Zusammenhang mit Enrico Theile mal die Rede von Waffen gewesen ist. I.: “Nein, auf jeden Fall nicht in meinem Beisein.” Es sei auch nicht um irgendwelche Straftaten gegangen.
Auf die Frage, ob Theile Personen aus I.s Umkreis kennt, sagt I., vielleicht sei der auch mal mit bei ihren Eltern gewesen, das könne sein, sie selbst sei in Apolda gewesen. Vielleicht habe Gr. den auch mal geholt, sie wisse es nicht. Götzl legt die Mittagspause ein.
Um 13.23 Uhr geht es weiter. Götzl hält aus dem Schreiben von RA Ünlücay vor: Seine, Müllers, damalige Freundin I. habe mal in einem seiner Fahrzeuge einen Unfall gehabt und er habe damals vier Waffen darin gesehen. Das stimme nicht, so I., sie habe mal einen Unfall gehabt, aber das mit den Waffen stimme nicht. Vorhalt: Er, Müller, habe ein gestörtes Verhältnis mit I., sie belästige ihn mit SMS. I. sagt, sie habe Müller weder bedroht noch sonstiges. Zu Dieter Sch. fragt Götzl, ob I. wisse, ob Sch. noch Gegenstände von Müller hatte oder hat. Sch. habe sie vor kurzem angesprochen, so I., ob sie noch Müllers Nummer hätte, und sie habe gesagt, dass sie alles gelöscht habe. Sch. habe gesagt, er habe noch Dokumente, irgendwelche Urkunden von den Grundstücken, die sie, I. und Müller, früher besessen hätten. Sie könne nur vermuten, dass Müller die Dokumente, als er ausgezogen sei, dort abgelegt habe, um die später abzuholen. Götzl fragt, ob I. wisse, ob Sch. Kontakt zu rechtsextremistischen Kreisen hat. Sie habe weder jemanden gesehen im Eiscafé, sagt I., noch habe sie so guten Kontakt zu Sch. Auf Frage sagt sie, es sei möglich, dass Sch. Theile kennt, wissen tue sie es nicht. Durch das Eiscafé hätten sich ja wirklich viele dort getroffen. Sch. habe ja später das Eiscafé zuschließen können und so sei es für den möglich gewesen, sich mit gewissen Menschen zu treffen.
Kontakt von Pe. zu Theile habe bestanden, vermute sie, denn die hätten ja Autos überführt, so wie er [vermutlich Müller]es mal gesagt habe. Er habe Autos in der Schweiz gechartert und sei “schwuppdiwupp” weg gewesen, habe von unterwegs angerufen, dass er Autos überführe. Sie bestätigt, am 9.7.2014 nochmal durch das BKA vernommen worden zu sein. Vorhalt aus der Vernehmung: Die Frage, ob sie schon mal in einem Waffengeschäft in der Schweiz war, habe I. bejaht, mit dem Müller zusammen, sei nehme an in Thun, sei sich aber nicht sicher. I.: “Ja, wir waren da öfters mal, nein, was heißt öfters, ich war da zwei, dreimal dabei.” Aber es seien unterschiedliche Geschäfte gewesen. Das eine, was sie ausgesagt habe, da “dächte” sie, das sei in Thun gewesen, aber sie wisse es nicht. Die Orte seien da so verrückt geschrieben, da könne sie es sich nicht so merken. Götzl: “Ja, waren Sie im Geschäft?” Sie habe im Auto mit dabei gesessen, sagt I., und einmal sei sie auf jeden Fall mit drin gewesen. Sie sei nur kurz drin gewesen, “die Herrschaften” seien separat gegangen und sie sei wieder raus, denn sie wolle das nicht sehen und nicht hören. Sie habe ein “gestörtes Verhältnis” zu Waffen, sei der Meinung, wenn man mit Waffen zu tun hat, dann wird man durch diese getötet.
Götzl sagt, er habe I. heute so verstanden, dass es nur einmal Kontakt zu einem Waffengeschäft gab, bei dem sie es nicht betreten habe. I.: “So ist es korrekt.” Götzl: “Und jetzt haben Sie doch einmal eins betreten.” Das sei verdammt lang her, so I., sie könne sich auf jeden Fall entsinnen, dass sie dort gewesen seien. Einmal sei sie auf jeden Fall draußen im Auto gewesen. Götzl hält nochmal die Annahme vor, dass es in Thun war, I. sich aber nicht sicher sei. Vielleicht auch in Spiez, sagt I. Götzl fragt nach der Grundlage für die Annahme. I. sagt, das sei eine Vermutung, es gebe keinen Anhaltspunkt. Vorhalt: In dem Laden habe Müller sich auch aktiv über Waffen informiert. I.: “Wenn ich das so geschrieben habe, dann war das so.” Götzl sagt, die Vernehmung sei am am 9.7.2014 gewesen, und fragt, was I. dazu in Erinnerung hat. Zwischenzeitlich seien auch noch persönliche Ereignisse eingetreten bei ihr, so I. Das SEK sei bei ihr gewesen, die hätten in die untere Wohnung gewollt und aus Versehen seien die auch in ihrer Wohnung gewesen. Götzl: “Na gut. Aber wenn Sie mal nachdenken, dass Sie in einem Waffengeschäft in der Schweiz waren, ich wüsste nicht, warum das durch den Einsatz überlagert worden sein soll.”
Müller habe sich viel mit Waffen auseinandergesetzt, so I. Das sei im Prinzip sein Hobby gewesen. Wenn sie unterwegs etwas gesehen hätten, einen Waffenladen, dann habe der da rein gemusst. Manchmal sei sie mitgegangen, manchmal nicht. Sie sei ein oder zweimal vielleicht mit rein gegangen. Sie wisse es nicht mehr so. Götzl fragt nach Germann. Der sei mal zu Besuch gewesen, aber wenn man ihr ein Foto zeigen würde, würde sie ihn nicht erkennen. Götzl fragt, wo zu Besuch. I.: “Ich nehme an, es war bestimmt in der Schweiz, vielleicht sind wir vorbeigefahren oder der war mal da. Aber die zwei kennen sich.” Götzl fragt, ob I. im Zusammenhang Germann und Müller etwas in Erinnerung hat in Bezug auf Waffen oder Waffengeschäfte. Was sie wisse, so I., sei, dass er [vermutlich Müller]sich immer bei Leuten Geld geborgt habe, aber bei Waffen habe er immer versucht, sie außen vor zu lassen.
Götzl fragt, ob denn im Zusammenhang mit Borgen von Geld und Germann etwas in Erinnerung sei. I. spricht von einer Person, die Müller um Geld habe prellen wollen und von Motorradläden, wo Müller sich Geld geborgt habe. Bei Germann sei sie sich nicht sicher, sie sei ja auch auch nicht ständig bei ihm gewesen. Götzl: “Können Sie mit Waffenerwerbsschein etwas anfangen?” I.: “Nicht so wirklich.” Sie verneint, dass das mal Gesprächsthema mit Müller oder Germann war. Götzl sagt, es gehe ihm noch um eine Vernehmung Germanns vom 25.6.2014, wo es um die Übergabe von Waffenerwerbsscheinen geht. Bundesanwalt Diemer sagt, er müsse kurz unterbrechen. Es gebe noch eine weitere Vernehmung der Zeugin, vom 28.6.2014. Falls die nicht vorliege, handele es sich um einen Kommunikationsfehler. Es folgt eine Unterbrechung bis 14.04 Uhr. Danach sagt Götzl, dass die Einvernahme unterbrochen wird, damit die Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit haben, die Vernehmung durchzulesen.
Es folgt die Zeugin Sabine Ri., KHK beim LKA Baden-Württemberg. Zunächst wird Ri.s Aussagegenehmigung verlesen. Die wird Ri. erteilt für Ermittlungen im Rahmen der Soko Parkplatz und für Ermittlungen der EG Umfeld, soweit diese aus dem als Verschlusssache eingestuften Bericht in den offenen Bericht zu Bezügen der Terrorgruppe NSU nach Baden-Württemberg (BW) Eingang gefunden haben. Götzl sagt, es gehe um Bezüge der Angeklagten und auch von Mundlos und Böhnhardt nach BW und um die Frage, ob sich Zschäpe zum Zeitpunkt der Tat in Backnang aufgehalten hat. Ri. sagt, es sei vielleicht fürs Verständnis wichtig, ihre Position im Verfahren nochmal zu erklären. Sie sei innerhalb der Soko Parkplatz [Ermittlungen zum Mord an Michèle Kiesewetter und Mordversuch an Martin A. vor der Selbstenttarnung des NSU] in verschiedenen Bereichen tätig gewesen.
Sie habe die Soko Parkplatz ab 2007 unterstützt, habe ab 2009 im LKA bei der Soko Parkplatz gearbeitet und sei dann zum Regionalen Einsatzabschnitt (RegEA) bei der BAO Trio [Besondere Aufbauorganisation, Ermittlungen zum NSU] gestoßen. Nach Abgabe des Verfahrens an den GBA/BKA im April 2012 sei sie bis Ende 2012 punktuell noch unterstützend tätig gewesen. Dann ab Januar 2013 sei sie zur EG Umfeld [Ermittlungsgruppe des LKA BW zu Bezügen des NSU nach BW] gestoßen. Das seien also verschiedene Phasen und unterschiedliche Bereiche. Sie habe hier natürlich Schnittmengen im Strafprozessualen und Polizeirechtlichen, wenn es um Bezüge nach BW gehe. Ri. beginnt mit dem Hinweis, dass sich Zschäpe in Backnang aufgehalten haben solle. Diesen Hinweis habe nicht sie bearbeitet, sie habe sich das aber in den Unterlagen angeschaut und mit dem Sachbearbeiter gesprochen.
Am 7.1.2014 habe sich das Revier Backnang bei der EG Umfeld gemeldet, dass bei dem Revier anonym der Anruf eingegangen sei, dass Zschäpe um die Tat, dem Mord an Kiesewetter, herum bei einem Mann in Backnang übernachtet habe. Backnang sei 35 km vom Tatort entfernt. Die Anruferin habe nicht ermittelt werden können, aber die Person, die die Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt haben soll. Dies sei laut der Person 2011 oder 2012 gewesen, als Zschäpe bereits in Haft saß, auf jeden Fall nicht zur Tatzeit 2007. Auf Frage, wie man denn auf diese Person gekommen sei, sagt Ri., die Anruferin habe den Namen gesagt.
Götzl sagt, dann solle Ri. zu den anderen Themen übergehen. Ri. sagt, zu den Ermittlungen bei der EG Umfeld zu den Kontaktpersonen des NSU und NSU-Umfeldes nach BW könne sie nichts sagen, was über den Bericht des Innenministeriums hinaus geht. Ihre Ermittlungen oder die Ermittlungen von Kollegen seien Verschlusssachen. Da müsse sie vielleicht konkrete Fragen bekommen, weil sie natürlich in der EG Umfeld polizeirechtlich ermittelt habe, aber auch im Auftrag des GBA Ermittlungen durchgeführt habe. Die EG Umfeld sei ja eingerichtet worden, weil Ende 2012 über Medien und Diskussionen im UA Sachverhalte bekannt geworden seien, die sie zum Zeitpunkt der Auflösung des RegEA BW nicht gewusst hätten. Es sei so, dass sie beim RegEA BW die meisten Spuren schon in Bearbeitung gehabt und in einem Sachstandsbericht verfasst hätte. Ein Beispiel sei, dass in Bezug auf Ludwigsburg in Zwickau ein Bild einer Frau gefunden worden, die mit Zschäpe abgebildet gewesen sei. Das hätten sie auch beim RegEA BW schon ermittelt, aber sie hätten dann überlegt, wo man polizeirechtlich weiter ermitteln müsse, z.B. zu den Garagenasservaten. Ri. sagt, für sie sei das nicht einfach, das Polizeirechtliche von den strafprozessualen Dingen zu trennen.
Dann geht sie zu Ludwigsburg über, dem Komplex, den sie federführend bearbeitet habe. Im Februar 2012 sei ihnen mitgeteilt worden, dass auf einer Telefonliste des Mundlos vier Telefonnummern stehen. Die Nummern und die Personen seien bei ihnen überprüft und dem BKA mitgeteilt worden. Sie hätten aber nicht die Hintergründe und nicht das Originalasservat gehabt. Später habe das BKA zu diesen Personen die Vernehmungen durchgeführt, da seien sie nicht dabei gewesen. Sie sei dann erst bei der EG Umfeld mit diesem Personenkomplex Telefonliste/Garagenasservate nochmals betraut worden und habe sich die angeschaut in Bezug auf Bezüge zur rechten Szene, ob sie noch aktiv sind, Organisation usw. Die EG Umfeld sei im Januar 2013 eingesetzt worden. Man habe sich mit dem BKA zusammengesetzt, damit sie diese Ludwigsburger Kontaktpersonen nochmal vernehmen. Das BKA habe dem GBA ein Ermittlungskonzept vorgelegt mit 11 Personen. Bei den Namen wisse sie nicht, ob sie die nennen darf. Die hätten sie vernommen und darüber hinaus hätten sie weitere Personen vernommen, die auf Bildern aus Ludwigsburg in einem Privatkeller abgelichtet waren. Da seien Zschäpe, Mundlos und andere Personen aus Jena und Chemnitz und die Ludwigsburger abgebildet gewesen.
Eine Zeugin, die auch auf der Telefonliste gestanden habe, habe ihnen weitere Bilder ausgehändigt, so sei man noch auf weitere Personen gekommen, die Auskünfte geben konnten über Aufenthalte von Zschäpe und Mundlos. Bei Böhnhardt seien sich die meisten gar nicht sicher gewesen, hätten den Namen schon gehört, würden aber sagen, der sei, wenn überhaupt unauffällig oder nur ein, zweimal da gewesen. Sie hätten verifizieren können, dass es Besuche gab von 1993 bis Januar, Februar 2001. Es gehe um Besuche im Privatkeller einer Person, die am 30.3.2003 verstorben sei. Mit einer Zeugin, auf deren Angaben man sich verlassen könne, weil sie die Bilder anhand privater Daten festmache, Schwangerschaft etc., habe man acht Besuche von 1993 bis 2001 herausarbeiten können. Diese Zeugin schätze aber, dass das Trio zwischen 1993 und 1996, alle paar Wochen da war, einmal sage sie, dass es sechs bis acht Wochen gedauert habe, bis das Trio wieder da war. Es sei immer vom Trio gesprochen worden, aber es habe sich bei den Vernehmungen herausgestellt, dass die meisten Besuche in BW von Zschäpe und Mundlos stattgefunden hätten. Der nächste Zeuge, der auf der Liste gestanden habe, habe sich nicht mehr so genau an die Daten erinnern können.
Die Personen, die auch noch in BW eine Rolle spielten, z.B. eine “Schnittstellenperson”, die zwischen 1991 und 1994 von Chemnitz nach Stuttgart verzogen sei, um dort eine Ausbildung zu machen, die mit dem toten Zeugen auf der Schule gewesen sei und schon zwischen 1991 und 1994 Kontakte zum Trio gehabt habe, sei nicht kooperativ gewesen. Den habe man mit dem BKA zusammen vernommen. Diese “Schnittstellenperson” habe den Erstkontakt hergestellt nach Chemnitz und Jena. Der Privatkeller sei laut Anwohnerbefragungen zu der Zeit ein Treffpunkt der rechten Szene gewesen. Diese Anwohner würden sagen, da seien in dem Zeitraum viele Leute gewesen. Die meisten würden sich bis 1998 festlegen, so Ri. weiter, bis auf diese eine Zeugin, die behaupte, dass es noch 1999 ein Treffen gegeben habe mit Mundlos, und, wie gesagt, 2001 im Januar/ Februar. Identifiziert auf den Bildern hätten die Kellerbesucher Zschäpe, Mundlos, Kontaktpersonen aus Jena. Böhnhardt sei nicht auf den Bildern.
Es gebe in den Garagenasservaten einen Brief von Mundlos an den Beschuldigten Starke, der einen Besuch an Ostern 1996 in Ludwigsburg beschreibt. Da schreibe Mundlos davon, dass sie “über Ostern in Ludwigsburg bei den Spätzles” gewesen seien, wieder bei der Person im Keller. Mundlos beschreibe dann, dass es im Rahmen dieses Besuchs einen Besuch in einer Gaststätte in Ludwigsburg außerhalb des Kellers gegeben habe, wo es Streit zwischen zwei nationalen Grüppchen gegeben habe. Wer das war und warum habe sich nicht erschlossen, Mundlos schreibe aber, dass sie erstaunt gewesen seien über die Waffen, die sie alle haben. Ihre Ermittlungen seien in Richtung dieser Waffen gegangen, so Ri., welche Personen mit Waffen zu tun haben. Da seien sie bei einem Kellerbesucher aus Ludwigsburg auf Delikte gekommen, wo es polizeiliche Durchsuchungen gegeben habe. Aber da seien nur Dekorationswaffen sichergestellt worden. Sie hätten also bis zum heutigen Tag nicht nachweisen können, um was es in dieser Passage ging.
In Bezug auf Zschäpe habe die Zeugin auch Angaben gemacht, zur Person, zum Grund der Besuche. Die Zeugin habe das Ganze beschrieben, dass man Spaß gehabt habe, auf Konzerte gegangen sei, es habe keine politischen Aktionen oder Diskussionen gegeben. Keiner der Zeugen sage, er habe etwas gewusst über politische Aktionen. Manche würden “Konzerthopping” sagen, manche “Saufgelage”, manche “freundschaftliche Besuche”. Es habe sich schon gezeigt, dass es da über Jahre hinweg eine Freundschaft gegeben habe. Die meisten würden sagen, dass die Treffen im Keller bis 1998 stattgefunden hätten. Der Zeuge, der wissen könnte, was danach war, sei tot. Und die Zeugin spreche von zwei Besuchen danach, wo nur Mundlos da gewesen sei, was untypisch gewesen sei, denn sonst sei er in Begleitung von Jenaern gewesen. Sie sage auch, dass Jenaer und Chemnitzer unabhängig voneinander gekommen seien. Nur bei Gegenbesuchen im Osten habe man Jenaer und Chemnitzer wieder zusammen gesehen. Die Zeugin, so Ri., spreche von insgesamt vier Gegenbesuchen zwischen 1993 und wahrscheinlich 1998. Ri. sagt, sie könne da jetzt ewig weitererzählen.
Götzl erwidert, Ri. solle einfach die Komplexe jeweils vorstellen. Beim Komplex Ludwigsburg, so Ri., sei es hauptsächlich um diese Kontaktpersonen und die Besuche gegangen. Die andere Sache sei, dass man im März 2013 auf einen Internetartikel gestoßen sei, in dem es um das Umzugsverhalten von Personen aus dem Umfeld des NSU nach BW gehe, ob man daraus etwas erkennen könne an möglichem Unterstützernetzwerk.
Darin sei von einem Jug Pu. die Rede, der angeblich mit den Ludwigsburgern und dem NSU-Umfeld zu tun gehabt haben, bei B&H gewesen sein und auch in Ludwigsburg wohnen solle. Das hätten sie überprüft. Die vorhin genannte Zeugin, die auch immer bei den Kellerrunden und auf der Telefonliste gewesen sei, gebe an, dass 1996, als die in der “Oase” in Ludwigsburg gewesen seien mit Mundlos und Zschäpe, dass es zu der Zeit auch Stammgäste gegeben habe, darunter dieser Jug Pu., der auch habe identifiziert werden können.
Das BKA habe ihnen dann den Auftrag erteilt, diese Person und auch das Umfeld abzuklären. Das habe sie gemacht und dem BKA übersandt. Dann habe es noch die Identifizierunggegeben der bis dahin unbekannten Frau auf dem Foto, das gefunden worden sei in den Asservaten Frühlingsstraße. Die Frau habe das BKA ermittelt und befragt. Stand beim RegEABW sei gewesen, dass der Besuch schon 1991 [phon.] gewesen sei. Das sei anhand des Baugerüsts am Ludwigsburger Schloss eingrenzbar gewesen. Die Frau habe gesagt, sie sei einmal mit Zschäpe bei ihrer Tante in Ludwigsburg zu Besuch gewesen.Die beiden hätten sich aus der Schulzeit in Jena gekannt. Ri. sagt, sie habe die Frau auch selber befragt, z.B. dazu, wer das Bild gemacht hat, ob es Kontakte zu Personen aus der Kellerrunde gab. Das habe nichts ergeben. In Ludwigsburg habe es dann noch einen Hinweis von einem Streetworker gegeben, dass 1994 bei ihnen in einem Jugendclub eine Frau gewesen sei, die rechte politische Parolen abgelassen habe. Am Anfang habe er gesagt, es könne Zschäpe gewesen, er habe sich dann aber nicht festlegen können, ob es Zschäpe war.
Im Jahr 2014, sie meine im Januar, habe es noch einen Hinweis aus dem LfV BW gegeben, dass eine Quelle angegeben habe, dass bei einer Person in Ludwigsburg-Hoheneck mglw. das Trio auch zur Übernachtung untergekommen wäre. Diese Person sei im Auftrag des BKA/GBA als Zeuge vernommen worden. Sie gebe an, sie kenne diesen Mann, wo die Kellerrunden waren, aus der Schulzeit, aber der Kontakt sei früh abgebrochen, nach einem Vorfall Anfang der 90er. Da habe es wohl eine Auseinandersetzung zwischen Hooligans im Rahmen eines Basketballspiels gegeben, wo einer verstorben sei. Da seien der verstorbene Kellerrundenmann und dieser vom LfV benannte Zeuge involviert gewesen. Danach habe der Zeuge den Kontakt zu dem, der die Kellerrunden veranstaltet hat, abgebrochen. Polizeilicherseits habe es keine Erkenntnisse gegen diesen Übernachtungsgeber gegeben und es habe Aussagen anderer gegeben, dass der schon lange Zeit ausgestiegen ist. Er selber gebe, wohl glaubwürdig, an, dass es sich nicht um das Trio gehandelt habe.
Dann geht Ri. zu Heilbronn über. Zuerst geht sie auf eine Spur ein, dass Tino Brandt in Hardthausen-Kochersteinsfeld ein Haus gekauft habe. Da wisse sie, dass Brandt nur Strohmann gewesen sei, das hätten sie so ans BKA abgegeben. In Heilbronn habe es Mitte, Ende der 90er auch einen Treffpunkt der rechten Szene “örtlich wie überörtlich” gegeben, der komischerweise ebenfalls “Keller” genannt worden sei, ein privater Keller, auch “Bayernkeller” genannt. Hier hätten sich wieder die Ludwigsburger Kontaktpersonen des Trios aufgehalten und auch die Person aus diesem Internetartikel habe sich dort aufgehalten. Ein Zeuge aus der unmittelbaren Nachbarschaft zu diesem Keller, der sich 2012 bei ihnen gemeldet habe, habe gesagt, dass die Tat in Heilbronn mit Personen aus dem Keller zu tun gehabt haben könnte. Da hätten sie Ermittlungen und Vernehmungen durchgeführt, so Ri., aber da könne sie wegen der Aussagegenehmigung nichts dazu sagen. Die Personen der Telefonliste hätten sie dazu auch befragt und die würden sagen, sie waren mit dem Trio nicht in diesem Keller in Heilbronn. Man habe keine Erkenntnisse gewinnen können, dass das Trio in Heilbronn in diesem Keller gewesen ist.
In Heilbronn habe es dann noch aus den Asservatenauswertungen Erkenntnisse gegeben. Da sei es um Krankenversicherungskarten oder einen Ausweis gegangen, der gefunden worden sei in der Frühlingsstraße. Diese Person habe auch mal einen Ausweis in Heilbronn gehabt. Aber sie könne nicht beurteilen, ob die Person dann mit dem NSU in Verbindung gebracht worden ist oder nicht. Das sei ans BKA gegangen, sie kenne den Stand nicht. Dann berichtet Ri. über “Festivitäten” in Heilbronn: 1993 eine Privatveranstaltung, ausgerichtet mglw. von Brüdern oder Zwillingen, man habe diese Brüder nicht zweifelsfrei identifizieren können. Ludwigsburger Kontaktpersonen hätten gesagt, dass hier Mundlos, evtl. auch Zschäpe gewesen wären. Man habe das nicht eindeutig verifizieren können. Das seien Berichte von Besuchern des Ludwigsburger Kellers. Diese “Zwillingsfeier” sei in Öhringen gewesen. Es habe noch ein Treffen gegeben, wohl 1991, das gebe auch ein Beschuldigter an, dass sie dort gewesen seien.
Diese Besuche in Heilbronn und in Ludwigsburg, das seien immer die gleichen Kontaktpersonen des NSU aus Chemnitz und manchmal auch aus Jena gewesen, ein relativ gleicher Personenkreis. Aber die Zeugenaussagen hätten nicht immer völlig korrespondiert, es gebe keine objektiven Beweismittel dafür. Es seien in der Frühlingsstraße Stadtpläne gefunden worden von Heilbronn, Ludwigsburg, Stuttgart, so Ri. weiter. Da wisse sie den aktuellen Stand auch nicht, das sei beim BKA weitergeführt worden. Zum Komplex Stuttgart sagt sie, da habe es den Stadtplan gegeben. Es sei der Campingplatz Bad Cannstadt überprüft worden. Da sei festgestellt worden, dass zwei Personen im Zelt eingebucht waren, sie meine 2003 im Juni. Da seien Aliaspersonalien von Mundlos und Böhnhardt festgestellt worden. Dann habe es in den Asservaten des BKA auf einer CD auch ein Bild des Böhnhardt gegeben, das im Bereich Nordbahnhof Stuttgart aufgenommen worden sei. Sie seien davon ausgegangen, dass es mglw. mit der Übernachtung zu tun haben könnte. Aber auch da habe sie den Stand nicht. Von ihnen habe das nicht belegt werden können, dass in der Nordbahnhofstraße beispielsweise ein Ausspähversuch gewesen sein könnte.In Stuttgart, unweit der Nordbahnhofstraße habe auch einer der Besucher der Kellerrunden in Ludwigsburg gelebt. Der sei auch vernommen worden, habe aber wenig Angaben machen können. Der habe gesagt, die seien zwei, dreimal da gewesen, und habe damit Mundlos und Zschäpe gemeint,an Böhnhardt hätten sich ja die wenigsten erinnern können.
Dann habe sich nach dem 4.11.2011 eine Zeugin gemeldet, berichtet Ri. weiter, dass mglw. Zschäpe mit Begleitung in einer Obdachlosenunterkunft in Stuttgart gewesen sei. Das habe nicht verifiziert werden können. In Stuttgart habe es dann noch einen Szenetreffpunkt gegeben. Ri. sagt, man habe also jetzt drei Szenetreffs, in denen sich immer die ähnliche Personengruppe aufgehalten habe: der Keller in Ludwigsburg, der Keller in Heilbronn und in Stuttgart die Gaststätte Hirsch. Die sei von Personen frequentiert worden, die auch im Keller Ludwigsburg und im Keller Heilbronn gewesen seien. Was sie nicht hätten nachweisen können, sei, ob das Trio in Stuttgart oder in Heilbronn im Szenetreff war. Zeugenaussagen und Bilder gebe es für den Keller in Ludwigsburg. Aber die Personen, die 1993 bis 1998 in der rechten Szene verankert gewesen seien im Szenetreff, seien in Stuttgart gewesen. Da gebe es eine korrespondierende Aussage eines Staatsschutzbeamten aus Stuttgart. Der habe bei der EG Umfeld angegeben, dass er sich sicher ist, dass er im Jahr 1996 oder 1997 im Stuttgarter Szenetreff schon mal Mundlos und Böhnhardt kontrolliert hat. Auf den noch vorhandenen Kontrolllisten seien die Namen aber nicht aufgeführt, so Ri.
Auf der “10.000er-Liste” seien Leute mit Wohnsitz in Stuttgart aufgeführt, aber das seien BKA-Spuren. Götzl fragt zu Ri.s Aussagegenehmigung: “So wie ich das sehe, ist bei bestimmten Personen für Sie klar, dass Sie den Namen nicht nennen dürfen, und dann besteht eine Unsicherheit bei Ihnen.” Ri. spricht von Schnittmengen zum Verfahren hier, das sei ihr schon zuvor unklar gewesen. Götzl sagt, die Frage der Aussagegenehmigung kläre nicht das Gericht, sondern das müsse Ri. mit ihren Vorgesetzten klären. Ri. sagt, ihr sei gesagt worden, sie dürfe Namen nichtsagen.Hinter dem offenen Bericht stehe der Bericht der EG Umfeld und dahinter Berichte der Sachbearbeiter, die seien Verschlusssache und dazu dürfe sie keine Angaben machen.
NK-Vertreter RA Langer fragt, ob man, soweit man die Namen schon aus den Akten kennen, auch nicht nach den Namen fragen könne. Götzl sagt, das müsse Ri. mit denjenigen klären, die die Genehmigung erteilt haben. Ri. erwidert, sie könne nicht bewerten, was in die Akten des GBA eingeflossen ist. Siedürfe über den offenen Bericht der EG Umfeld hinaus keine Aussagen machen, so gernesie würde.Götzl sagt, man könne ja drei Punkte aus dem Beweisantrag ansprechen, wo es ganz konkret um Personen geht. Es gehe zu Backnang um die Identität der Person die damals vernommen wurde. Und zum anderen gehe es im Beweisantrag um die Angaben eines Angehörigen des LfV BW zu einem Aufenthalt von Mundlos in Heilbronn und um den Hinweisgeber. Ansonsten sei es so, dass Ri. den Umfang der Aussagegenehmigung klären müsse, sofern sie Zweifel habe.
Ri. sagt, für den Hinweis auf die Übernachtung Zschäpes sei das BKA zuständig. Es handele sich um eine Person portugiesischer Abstammung namens Pi., der Arbeitgeber heiße Ra. Zu dem Komplex ehem. Mitarbeiter des LfV BW sagt Ri., das sei eine Spur, die im Abschlussbericht des RegEA BW aufgeführt sei. Das sei ein Hinweisgeber, der sich beim BKA gemeldet habe, ein Polizeibeamter namens St.:”Da mache ich kein Geheimnis draus, weil das im UA rauf und runter ging.” Ob das aber die Klarpersonalie ist, wissesie nicht. Der gebe an, 2003 habe er über eine Quelle Kenntnisse erlangt, dass Mundlos in Heilbronn gewesen sei und dass auch der Begriff NSU gefallen wäre. Der ehem. Mitarbeiter des LfV habe gesagt, er habe diese Quelle über einen Pfarrer aus Flein vermittelt bekommen. Sie hätten den Pfarrer vernommen und auch die Quelle. Das habe sie nicht selbst gemacht, so Ri., aber sie wisse, dass die Quelle das bestritten hat. Der Pfarrer aus Flein habe zunächst gesagt,da sei irgendwas über die rechte Szene gesprochen worden, habe sich aber nicht auf den Namen Mundlos oder NSU festgelegt.
Der ehem. Polizeibeamte, der dann beim LfV tätig gewesen sei, habe gesagt, aus seiner Erinnerung heraus sei es so gewesen und es gebe noch Unterlagen dazu. Aber das LfV habe keine Einträge finden können, wo der Name Mundlos oder NSU fixiert gewesen sei. Die Ermittlungen zu dieser Spur habe sie nicht gemacht, so Ri. Was jetzt noch eine Rolle spiele im Bezug auf Heilbronn, sei, dass die ehemalige Quelle, die behauptet habe, Mundlos sei 2003 in Heilbronn gewesen, nach Aussagen der Polizei Heilbronn auch in diesem “Bayernkeller” gewesen sei. Wobei der Keller in Heilbronn laut Erkenntnissen der Polizei und des LfV schon Ende der 90er Jahre geschlossen worden sei. Und der Hinweisgeber sage ja, dass Mundlos 2003 bei dieser Quelle gewesen sei. Dann spricht sie davon, dass die Rede von geeigneten Objekten für Raubüberfälle gewesen sei. Götzl legt eine Pause bis 15.32 Uhr ein.
Dann sagt Götzl, er habe zu Ri.s letztem Satz noch Fragen. Es sei ja zuletzt um den Mitarbeiter desLfV, St., gegangen und um die Informationen der Quelle und des Pfarrers. Er habe zuletzt verstanden, es seien geeignete Raubüberfallsobjekte zu finden gewesen, das solle Ri. erklären. Ri. sagt, dass in einer Vernehmung der Quelle oder des LfV-Mitarbeiters St. stehe, dass es da wohl irgendwiedarum gegangen sein soll, dass die Quelle für geeignete Raubüberfallsobjekte Ansprechperson gewesen sein soll. Sie wolle sich nicht festlegen, sie habe die Befragung nicht gemacht, so Ri.Götzl: “Ja, Ansprechpartner für wen?” Für Mundlos, so Ri., deswegen habe man auch Haftzeiten überprüft und wegen was diese Quelle schon in Haft gewesen ist. Das könne man in der Vernehmung eins zu eins nachlesen, sie wolle sich nicht hundertprozentig festlegen: “Das wäre nicht zielführend.”Götzl: “Und von wem stammt diese Information?” Ri. sagt, der Mitarbeiter sei vernommen worden, die Quelle sei vernommen worden, sie wolle sich nicht festlegen. Götzl: “Also, entweder oder?”Ri.: “Genau, ich möchte mich jetzt nicht festlegen.”
Sie bejaht, dass der Name der Quelle bekannt ist. Götzl: “Den Namen werden Sie nicht nennen dürfen.” Wieder spricht Ri. davon, dass sie nicht wisse, welche Ergebnisse der EG Umfeld Gegenstand der Sachakten hier sind. Sie könne jetzt nicht beurteilen, ob sie, wenn sie den Namen angebe, einen Fehler macht, polizeirechtlich. Sie wolle kein keine Straftat begehen, indem sie Geheimnisse verrät. Götzl bittet Ri. nochmal zusammenfassend darzulegen, inwieweit außer jetzt Besuchskontakten Bezüge zwischen den Angeklagten, Böhnhardt, Mundlos und Dritten in BW feststellbar gewesen sind. In BW wohne ja ein Beschuldigter in diesem NSU-Komplex, so Ri. Und ob dieser Beschuldigte wieder Kontakt gehabt habe zum Trio, könne sie nicht abschließend bewerten. Die Ermittlungen hätten da nichts ergeben. Die Direktkontakte, die sie zum Trio nach BW hätten, das seien die Ludwigsburger. Da sei von den Zeugen bestätigt worden, dass sie Kontakte hatten, 1993 bis 2001, am Anfang mehr. Die Zeugin habe gesagt, so Ri., dass der Verstorbene, der den Keller hatte, ihr mal gesagt habe, nach 1998 seien sie noch ein paarmal da gewesen. Bei anderen wisse sie, Ri., nicht, ob sich das bestätigt hat durch Ermittlungen des BKA.
NK-Vertreter RA Scharmer fragt, ob Ri. die Namen der11 Personen, vor allem Ludwigsburger, die unmittelbar mit Mundlos und ZschäpeKontakt gehabt haben sollen, hier namentlich nennen könne. Ri. verneint das. Auf Nachfrage sagt sie, sie könne die Namen nennen, soweit sie Gegenstand dieses Verfahrens sind. Aber sie könne die Namenskürzel aus dem Innenministeriumsbericht nicht mit Namen füllen. Da müsse man Kontakt aufnehmen mit dem Innenministerium. Scharmer fragt zum Verständnis, ob es um Personen geht, wo Ri. auch Ermittlungen angestellt habe, ob bspw. über politische Dinge geredet wurde oder nicht. Ri. verneint das. Bei dem polizeirechtlichen Verfahren habe sie Befragungen durchgeführt, da sei es um Personengeflechte der rechten Szene in BW gegangen, aus dem NSU-Komplex und darüberhinaus. Sie hätten sich das gefahrenabwehrrechtlich anschauen müssen, ob es da eine größere Szene gibt, wo Gefahren ausgehen könnten. Aber auf der anderen Seite habe das BKA zu diesen Personen Ermittlungen durchgeführt, und sie habe bei Vernehmungen beiwohnen können. Aber ihr Sachstand sei, dass diese Erkenntnisse in Verfahren eingeflossen sind und das BKA auskunftsfähig ist. Diese Vernehmungen seien paritätisch besetzt gewesen, zwei Personen vom BKA und sie, Ri.
Scharmer fragt, welche Vernehmungen Ri. mit Kollegen des BKA durchgeführt hat. Bei den Zeugen, die auf der Garagenliste stehen aus Ludwigsburg, so Ri.Scharmer fragt, welche das sind. Ri. nennt Hans-JoachimSchm.und Barbara Ei. Scharmer fragt, ob Ri.Kenntnisse über eine Vernehmung von Thomas Richter habe. Sie kenne den Namen, habe da aber selber keine Vernehmung gemacht, so Ri. Sie wisse, dass eine Vernehmung durchgeführt wurde, aber kenne den Inhalt nicht. Bei der zeitlichen Einordnung derVernehmung müsse sie passen, es sei während der EG Umfeld gewesen, das müsse dann 2013gewesen sein.Scharmer fragt nach der Vernehmung von Achim Schmid. Ri. sagt, sie seien beim RegEA BW ersucht worden, den zu vernehmen. Das habe dann nicht geklappt, weil der eine Zeitlang nicht lokalisierbar gewesen sei. Das habe dann das BKA selber gemacht. Das könne schon 2012 gewesen sein, da wolle sie sich nicht festlegen.
Den Namen der verstorbenen Person mit dem Keller in Ludwigsburg könne sie nennen, so Ri. auf Frage, das sei Michael El..Scharmer fragt nach Staatsschutzerkenntnissen zu El.. Polizeiliche Erkenntnisse habe es nur bei diesem einen Fallbei der Hooligan-Auseinandersetzung am Bahnhof Ludwigsburg gegeben, den sie geschildert habe, so Ri.Ansonsten seienaufgrund der Löschfristen die Daten gelöscht. Der sei 2003 verstorben, aber bei der Polizei Ludwigsburg als Angehöriger der rechten Szene bekannt gewesen. Scharmer: “Waren Sie beteiligt oder haben Kenntnisse über eine geplante Vernehmung von Florian He.?” Das sei sie nicht beteiligt gewesen, so Ri. Sie wisse nur, dass diese Spur schon beim RegEABW eingegangen sei. Eine Krankenpflegerin vom Klinikum Heilbronn habe sich nach dem 4.11. bei der Polizei gemeldet und gesagt, dass ein ehemaliger Schüler von ihr, der Florian He., zwei Schülerinnen gegenüber schon vor dem 4.11. Angaben gemacht hätte, dass er wisse, wer die Polizistenmörder sind. Die Ausbilderin sei dann von Kollegen vom RegEA BW vernommen worden. Die habe die Namen der Schülerinnen nicht genannt, aber gesagt, dass es eine Durchsuchung gegeben habe bei He., der in der rechten Szene bekannt gewesen sei. Es hättensich dann Schülerinnen bei derAusbilderin gemeldet, sie meineim August 2011, dass der die Mörder kenne.
Heilig sei dann im Auftrag des BKA vernommen worden und habe da wohl angegeben, sinngemäß, dass er bei einem Treffen in Öhringen gewesen sei in einem nicht zu lokalisierenden Jugendklub, und da seien wohl die zwei radikalsten Organisationen vorgestellt worden, und zwar “NSU” und “NSS”. Zur Bewertung der Vernehmung sagt Ri., dass He. den Jugendclub nicht mehr habe lokalisieren können und zu den Namen der Polizistenmörder habe er gesagt, dass er die nicht kenne, man habe da allgemein drüber gesprochen. Bei diesem Bewertungsstand sei das damals abgegeben worden, so Ri. Erst bei der EG Umfeld habe man im Rahmen des “Spurencontrollings” He. nochmal vernehmen wollen und dann sei er ja verstorben, Suizid, wie ihre Sachlage sei. Sie verneint, in die Ermittlungen um den Tod von He. involviert gewesen zu sein. Die Vernehmung mit dem “NSU/NSS” sei auf jeden Fall vor April 2012 gewesen, zwischen Januar und April 2012.
Scharmer fragt, ob Ei. die Zeugin mit der Übernachtung von Zschäpe und Mundlos befasst war [vermutlich ist eine spätere Übernachtung gemeint]. Ri. verneint das, das sei die Zeugin, die angegeben habe, dass es nach 1998 noch Besuche von Zschäpe und Mundlos in Ludwigsburg gegeben haben soll, dass sie das von El. wisse, dass es noch mehrere Besuche gegeben habe. Und dass sie selber noch 1999 Mundlos getroffen habe in einer Kneipe wohl im Raum Ludwigsburg, zusammen mit dem El. und einer weiteren Person aus BW. Und dass sie sich ganz sicher sei, dass noch Mundlos im Januar, Februar bei El. in der Wohnung gewesen sei, bei Zschäpe sei sie sich nicht sicher. Sie habe das so fix gemacht, weil sie das noch ganz genau wissen, denn sie habe mit der Mutter in die Ferien fahren wollen und habe Streit mit dem Mann bekommen, weil das Kind krank gewesen sei. Das habe man aufgrund von Daten wie der Geburt des Kindes auf Januar,Februar 2001 eingrenzen können. Aber da sei es nicht zu einer Übernachtung bei Ei. gekommen.
Scharmer fragt, ob Ei.Angaben machen konnte zum Verhältnis Mundlos und Zschäpe. Da sei nachgefragt worden, so Ri.,Zielrichtung sei gewesen, ob es da Gespräche gab in Richtung politische Aktionen oder Debatten. Da habe Ei. nichts dazu sagen können. Sie habe angegeben, wegen Spaß in der Szene gewesen zu sein, sie sei nicht politisch gewesen und habe mit Zschäpe nur über “Frauendinge” gesprochen, sie hätten nie politisiert oder über rechtsextreme Dinge gesprochen. Zschäpe sei bei ihr, Ei.,mal zur Übernachtung gewesen, sie meine Ostern 1996, sie sei ab und an bei ihr über Nacht gewesen. Zschäpe habe dann mit ihrer Mutter z.B. über Gartenthemen gesprochen, denn die Mutter von Ei. habe da ein Hobby gehabt und Zschäpe habe eine Ausbildung gemacht im Bereich Gartenbau.
Scharmer fragt, ob Ri. weitere Ermittlungen angestellt hat, wer damals Kontaktpersonen von El. waren. Nach Angaben von Ei., die mit Ellinger wirklich eng befreundet gewesen sei und die einzige Person gewesen sei, die bis zu dessen Tod regelmäßig Kontakt mit ihm hatte, sei El. schon 2000, 2001 ziemlich krank gewesen durch seine Alkoholsucht, so Ri. Das habe auch ein weiterer enger Freund von ihm bestätigt. Die anderen Kontakte zu ihm seien schon 1998 abgebrochen. Ein paar gebe es noch bis 2000, aber als er in die Klinik gekommen sei, sei der Kontakt abgebrochen. Es habe noch einen Onkel gegeben, der habe auch nicht Auskunft geben können. Die Mutter sei schon verstorben, auch die Nachbarn hätten keine Auskunft geben können. Die Nachbarschaftsbefragungen und die Befragungen der Kellerbesucher, soweit sie auf den Bildern identifizierbar gewesen seien und ein Kontakt zum Trio feststellbar gewesen sei, seien im Auftrag des BKA/GBA gemacht worden. Und polizeirechtlich hätten sie noch weitere Besucher im Keller von El. befragt, natürlich in enger Abstimmung mit dem BKA, denn das habe sich weitere Auskunftspersonen erhofft.
Scharmer sagt, Ri. differenziere also unter den Kellerbesuchern, und fragt, ob sie die Namen derjenigen nennen könne, die als Zeugen in diesem Verfahren hier befragt worden seien. Sie selber habe Schm. und Ei. vernommen, so Ri. Außerdem sei eine weitere Person als vernommen worden, nicht von ihr, die Mutter sei vernommen worden, auch nicht von ihr, die Ex-Frauen von Schm. und der aus Chemnitz stammende Friedel. Friedel sei vernommen worden, weil er mit El. zusammen die Ausbildung gemacht habe von 1991 bis 1994 und den Kontakt hergestellt haben solle zwischen Ludwigsburg und Jena/Chemnitz. Scharmer: “Also ist Markus Friedel die Schnittstelle?” Ri.: “Genau.” Der sei 2013 mit dem BKA vernommen worden, aber zuvor auch schon mal vom BKA. Der habe sich durchgängig unkooperativ gezeigt:”ist mir alles wurscht”, “ich war alkoholisiert”, “ich weiß nicht was sie wollen”. Das seien alles Stakkatosätze gewesen. Auch zu den Lichtbildern, wo er mindestens mit Mundlos, sie meine aber mit Mundlos und Zschäpezu sehen gewesen sei, habe er immer gesagt, die kenne er nicht oder er habe keine Ahnung. Auch im Bezug auf Mundlos und Böhnhardt habe er gesagt, er kenne die nur aus der Presse und es sei ihm alles “wurscht”.
Es seien Friedel Teile aus einem Brief von Mundlos an einen Inhaftierten der JVA Waldheim vorgelesen worden, wo es auch um ihn ging. Das habe er alles abgestritten, die kenne er nicht und ihm sei alles “wurscht”. Friedel habe gesagt, er kenne bloß El. Friedel habe nicht gewusst, dass Ellinger tot ist, da habe er ihrem Empfinden nach glaubwürdig reagiert. Aber vom Beweiswert seien die Angaben Friedels unbrauchbar, sage sie jetzt mal. Sie wisse nicht mehr, ob versucht wurde, ihn staatsanwaltlich zu vernehmen, aber das BKA habe das thematisiert und Friedel habe gesagt, das sei ihm “wurscht”, wenn er nach Karlsruhe geladen werde, dann gehe er halt zum Anwalt. Scharmer sagt, seine Frage vorhin sei zu den Besuchern dieser Kellerveranstaltung gewesen, und fragt, ob Ri. nur die genannt habe, die sie vernommen hat. Es habe noch mehr Kellerbesucher gegeben, so Ri., aus Chemnitz, aus Jena noch, sie habe nur die aufgeführt, die sie als Zeugen vernommen habe für das BKA. Die anderen habe sie namentlich nicht benannt. Scharmer fragt nach Namen der Kellerbesucher aus Jena und Chemnitz, abgesehen von Friedel, Zschäpe und Mundlos. Soweit das die Vernehmungen Ei. und Schm. betreffe, könne sie sie nennen, so Ri. Aus Chemnitz sei das ein Ri. (2), ein Pö., ein Du. und es sei angegeben worden, dass Starke einen Kontakt zu El.hatte, wenngleich er nicht als Kellerbesucher angegeben worden sei.
El. und Starke sollten ein enges Verhältnis gehabt haben, man habe aber Besuche in Ludwigsburg nicht verifizieren können. Dann habe es von Jena den Cousin von Zschäpe, den Stefan Apel gegeben, dann die Yvonne B. Die sei auch als Zeugin vernommen worden von einem Kollegen. Dann der Herr Schau, den sie nicht vernommen hätten, und der Herr Lasch. Scharmer fragt, wie Ri. den Zusammenhang zu Schau herstellt. Die Zeugin sagt, das BKA habe ja eine Konzeption gehabt, habe sich mit ihnen zusammengesetzt, dass man bestimmte Personen mit BW zusammen vernehmen wolle, z. B. Schau, den Ri. (2)und sie meine sogar Lasch, dass man die zu den Kontakten nach Ludwigsburg befragt. Und Schau und der Ri. (2) seien der Vorladung nicht gefolgt. Es sei, so Ri. auf Nachfrage, in den Aussagen von Schm. und Ei. erwähnt, dass diese Personen Kontakt nach Ludwigsburg hatten, sowohl bei Treffen, wo die Ludwigsburger rübergefahren seien, aber auch im Ludwigsburger Keller oder bei den Konzerten in Öhringen oder der “1.000-Dosen-Party” in Heilbronn. Und dass die auch bei einem Fest oder Treffen in Waiblingen gewesen seien, einem Abschiedskonzert für Ian Stuart Donaldson.
Scharmer fragt, ob die Quelle, deren Namen Ri. nicht nennen werde, die mit den Raubüberfallsobjekten, auch vom BKA vernommen worden ist. Das sei eine Zeugenvernehmung beim RegEA BW gewesen, so Ri., da handele es sich um einen Herrn Ogertschnik. Scharmer: “Weil Sie vorher sagten, Sie können die nicht namentlich nennen.” Sie könne die Sachen benennen, die sie beim Reg EA für das Strafverfahren gemacht hätten, so Ri., sie könne nur zu den Sachen, die sie bei der EG Umfeld polizeirechtlich überprüft hätten, keine weiteren Angaben machen. Auf Frage sagt Ri., die Vernehmung von Ogertschnik sei 2012 gewesen, sei sei sich aber nicht sicher. Die Spur sei auch groß Gegenstand des Bundestags-UA gewesen. Scharmer fragt, ob Ogertschnik eine Aussagegenehmigung des LfV hatte. Davon gehe sei aus, so Ri., er sei als Zeuge vernommen worden, zu dem Zeitpunkt sei er keine Quelle mehr gewesen. Sie wisse nicht, wie es dazu kam, dass das offengelegt wurde. Sie bejaht, auch Vermerke verfasst zu haben. Scharmer fragt, wenn die ans BKA oder die BAW weitergeleitet worden seien, zu welchem Aktenzeichen das passiert ist. Ri.: “Zu dem Verfahren gegen Unbekannt.” Scharmer nennt ein Aktenzeichen, das mit “274” beginnt. Ri. sagt, sie wisse auf jeden Fall, dass die Zahl 74 drin sei.
RA Daimagüler fragt, von wem die EG Umfeld eingesetzt wurde. Vom Innenministerium BW, so Ri. Die Aufgabenstellung sei gewesen, Bezüge des NSU, Kontaktpersonen und Personenverflechtungen in BW aufzuhellen, die bis dahin nicht bekannt waren, und “Ermittlungsüberhänge” aus dem laufenden Verfahren des BKA zu untersuchen. Es sei darum gegangen, ob es Personenverbindungen gebe, wo es einen Handlungsbedarf gebe, gefahrenabwehrrechtlich. Sie verneint, sich im Rahmen der EG Umfeld auch mit einer Operativen Fallanalyse des LKA BW beschäftigt zu haben. Der Abschlussbericht der EG Umfeld sei ihr bekannt, bejaht Ri. Daimagüler sagt, da seien Fallanalysen erwähnt. Das Innenministerium habe das ausgeführt, so Ri., aber sie hätten keinen OFA-Bericht ausgewertet bei der EG Umfeld. Götzl sagt, ihm sei nicht klar, was das für eine Relevanz für das Verfahren hier habe. Daimagüler sagt, die Zeugin habe über die EG Umfeld gesprochen, da werde man Details hinterfragen dürfen. Zschäpes Verteidiger Heer sagt, man bewege sich sehr weit weg vom Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung. Ri. sagt, der Bericht sei vom Innenministerium geschrieben worden und nicht von der EG Umfeld. Das Ministerium habe nicht nur die Ergebnisse der EG in den Bericht einfließen lassen, sondern auch Dinge aus dem UA und andere Untersuchungen.
RA Langer fragt, ob man habe ermitteln können, wer das Foto mit Zschäpe von 1991 gemacht hat, das Ri. erwähnt habe. Die Frau sei ermittelt und vom BKA als Zeuge vernommen worden, so Ri.. Langer fragt, ob die einen Bezug zur rechten Szene oder zur Kellergruppe hatte. Ri. verneint das, zur Kellergruppe habe es nie eine Aussage dahingehend gegeben, und zur rechten Szene habe die auch keine Erkenntnisse gehabt. RA Narin fragt zu einer Vernehmung eines Thomas Ba. 2012, bei der Ri. anwesend gewesen sein solle. Da sei von Ri. gesagt worden, dass Ba. ihr gegenüber nach einer Vernehmung im Mai 2011 für die Soko Parkplatz sinngemäß Äußerungen gemacht habe, die im Zusammenhang mit dem Staatsschutz stehen würden, und dass Ri. gefragt habe, was damit gemeint war. Narin fragt, ob der Kollege Ba. da genauere Angaben habe machen können. Ri. verneint das, sie könne nur sagen, was in der Vernehmung steht. Narin fragt, ob als Treffpunkt der Personen aus dem Umfeld in Ludwigsburg auch die “Rockfabrik” genannt wurde. Ri. bejaht das, das sei eine größere Diskothek, etabliert, aber kein Treffpunkt der rechten Szene. Die sei benannt worden als Ort, wo man sich mal aufgehalten habe, aber nicht in Bezug auf das Trio. Narin hält vor, dass Ei. angegeben habe, man habe über die “Rockfabrik” häufiger Kontakt gehabt, am Anfang sei El. noch nicht rechts gewesen, aber da hätten sie sich gefunden, auch Schm. sei da gewesen.
Narin fragt, ob Ri. bei den Befragungen des Beamten Timo H. gefragt worden sei, ob der sich mit Mitgliedern des KKK auch in der “Rockfabrik” getroffen hat. Ri. verneint das. Dann fragt Narin zureinem Hinweis auf die strafgefangenen Brüder Sp.Damit könnesie im Moment nichts anfangen, so Ri. Das seien zwei Personen aus der rechtsextremen Szene gewesen, aus der Clique von Heilig, sagt Narin. Damit sei sie nicht befasst gewesen, so Ri. RAin Basay sagt, dem Bericht der EG Umfeld sei zu entnehmen, dass 30 Spuren nicht abgearbeitet werden konnten. Vorweg wolle sie sagen, so Ri., dass mittlerweile mehr Spuren angefallen seien, denn der Bericht sei schon vom 31.1. Es seien mehr Spuren angefallen, aber auch mehr abgearbeitet worden. Sie habe sich bei der früheren Leiterin erkundigt. Es seien nur noch ganz wenige offen, z. B. Spuren, die an andere Dienststellen rausgegangen seien, da warte man noch. Das sei z. B. so, wenn ein Hinweis eingeht und der zu Vernehmende in einem anderen Bundesland lebt, dann stelle man ein Ersuchen die Person zu vernehmen. Sie habe keine Erkenntnisse über die Spuren, sie sei da am 20.1. weg und die EG sei noch bis März gegangen. Basay sagt, der Bericht sei vom 31.1.2014. Das sei der Bericht des Innenministeriums, erwidert Ri.,aber die EG Umfeld sei da nicht beendet worden, genau weil es noch offene Spuren gegeben habe. Die fünf offenen Spuren zu Ludwigsburg seien bspw. nach ihrem, Ri.s, Ausscheiden noch von einem Kollegen bearbeitet worden.
Nach der Einvernahme widerspricht RAin Sturm der Verwertung der Angaben der Zeugin, soweit es sich um Erkenntnisse aus der Durchsuchung der Garage 1998 handelt. RA Klemke schließt sich an.
Dann gibt RA Scharmer eine Erklärung nach § 257 ab.Der Bericht der EG Umfeld spreche davon, dass keine Querverbindungen belegbar seien. Die Zeugin habe aber hier bekundet, dass Ri. (2),Pö., Starke, Apel, Schau, Lasch in enger Beziehung stehen,insofern könne das, was im Bericht steht, mit der Aussage nicht in Einklang gebracht werden. Dann seien hier zahlreiche Vernehmungen durchgeführt werden mit Beziehungen zum Verfahren. Z.B. mit Ogertschnik über geeignete Raubüberfallsobjekte. Diese Vernehmungenseiennicht in den hiesigen Akten, sonderninsVerfahren gegen Unbekannt übersandt worden, obwohl klar Verfahrensbezug erkennbar sei. Das sei jetzt schon mehrfach passiert.
Auch die Aussage der Zeugin I. sei, wenn vielleicht auch unbeabsichtigt, in diesem Verfahren gegen Unbekannt abgeheftet worden. Er werde beantragen, diese Vernehmungen beizuziehen. Es würde, so Scharmer weiter, diesem Verfahren vom Beschleunigungsgebot her wesentlich besser stehen, wenn die BAW endlich Akteneinsicht gewähren würde. So fische man im Trüben. Bundesanwalt Diemer erwidert, der GBA könne nur dann Akteneinsicht gewähren, wenn es die StPO zulasse. Sie seien an Recht und Gesetz gebunden im Gegensatz zu manch anderen, die sich zu dem Verfahren äußern und das nicht seien. Scharmer erwidert, diese Vernehmungen, die er genannt habe, hätten ganz klar Bezug zu diesem Verfahren. Und es sei falsch und im Grunde auch rechtswidrig, wenn das in das andere Verfahren abgeheftet werde. Wenn das ein Fehler sei, dann müssten die halt hier nachgereicht werden. Wenn das Verfahren unter dem Label “terroristische Vereinigung” geführt werde, dann habe man natürlich kein Akteneinsichtsrecht. Aber es gehe hier auch um versuchten Mord, und dann wären sämtliche Akten auch für NK-Vertreter einsehbar. Diemer sagt, dann solle der NK-Vertreter einen entsprechenden Antrag stellen. Man führe ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt gegen mögliche weitere Unterstützer des NSU. Man könne auch aus Gründen des Ermittlungserfolgs nicht jede Vernehmung gleich an den Senat geben. Man habe das Ermittlungsverfahren und hier habe man dieses Strafverfahren, da müsse man doch mal unterscheiden: “Aber stellen Sie Anträge und wir werden uns zu den Anträgen verhalten.”
Der Verhandlungstag endet um 16.40 Uhr.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
“Und auch am heutigen Verhandlungstag wurde diese „Unbekannt“-Akte wieder interessant. Mitten in der Vernehmung der ehemaligen Freundin des Schweizers Müller, der die Mord-Ceska nach Deutschland geliefert haben soll, fragte Bundesanwalt Diemer den Vorsitzenden Götzl, ob er denn die Vernehmung der Zeugin vom 18.6.2014 nicht kenne. Die kannte Götzl nicht – sie war ja auch erst am Vormittag von Karlsruhe aus an die Vertreter der Bundesanwaltschaft in München geschickt worden. Daraufhin musste die Vernehmung der Zeugin unterbrochen werden, denn die Prozessbeteiligten müssen natürlich zunächst Gelegenheit haben, Kenntnis von dieser Vernehmung zu nehmen. Ein solcher Vorgang ist nicht nur wegen der Verzögerung des Prozesses relevant, die ja immer mal gerne den NebenklägervertreterInnen angehängt wird, wenn sie „zu viele“ Fragen stellen. Insbesondere stellt sich aber die Frage, wie viele andere möglicherweise wichtige Vernehmungen und Ermittlungen die BAW noch in dieser „Unbekannt“-Akte bunkert, um sie geheim zu halten und nur nach Bedarf herauszugeben.”
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2014/10/21/21-10-2014/
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