Dienstag, 22. Januar 2019

Feindeslisten der Rechtsextremen: »Bagatellisierung von Seiten der Behörden«


Buch: Antifaschismus als FeindbildMehr als 35 000 Menschen stehen auf verschiedenen sogenannten Feindeslisten von Rechtsextremen. Das teilte die Bundesregierung vergangene Woche als Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linkspartei mit. Die Jungle World hat mit der Abgeordneten Martina Renner gesprochen, die die Anfrage initiierte. (…) Ich teile die Einschätzung der Sicherheitsbehörden nicht, dass diese Listen, die ja zum Teil Hunderte oder sogar Tausende Namen umfassen, keine konkrete Gefahr darstellen. Bei Franco A. wurde ja nicht nur eine Liste gefunden, sondern auch Munition und Aufzeichnungen zu potentiellen Anschlagsorten. Man hatte etwa bei der Amadeu-Antonio-Stiftung die Räumlichkeiten ausgekundschaftet und Skizzen angefertigt. Bei Nordkreuz haben wir eine ähnliche Problematik. Einer der Beschuldigten ist Polizist und hatte in dieser Funktion Zugang zu gesperrten Meldedateien. In Mecklenburg-Vorpommern sind vor allem Politikerinnen und Politiker der Partei »Die Linke« in den Fokus geraten. Wenn man sich die Mühe macht, sich Zugang zu gesperrten Meldeadressen zu verschaffen, und dazu noch Zugang zu Waffen hat, weil man Polizist oder Reservist ist, dann muss die Gefährlichkeit in diesem Kontext betrachtet werden. Die Bagatellisierung dieser Listen von Seiten der Behörden ist absolut sachfremd. Es wird immer gesagt, das sei nur eine Sammelwut, es gebe keine konkrete Anschlagsplanung. Der NSU ist der Gegenbeweis. (…) Ganz grundsätzlich braucht es von den Sicherheitsbehörden ein Eingeständnis, dass wir es derzeit mit gefährlichen und aktiven rechtsterroristischen Strukturen zu tun haben. Das würde zur Folge haben, dass man Waffenbesitz, Schießübungen und Feindeslisten anders behandelt als derzeit…” Small Talk von Johannes Simon in der Jungle World vom 9.8.2018 externer Link mit Martina Renner (Linkspartei) über von Rechtsextremen angelegte Feindeslisten. Siehe dazu:
  • Rechte „Feindeslisten“ sind eine konkrete Gefahr für Betroffene New 
    Immer wieder erstellen Rechtsextreme Listen ihrer politischen Gegner*innen, die im Internet veröffentlicht oder bei polizeilichen Ermittlungen gefunden werden. Für die Betroffenen können solche „Feindeslisten“ eine ganz konkrete Bedrohung darstellen. Wichtig ist eine bessere Informationspraxis seitens der Polizei. Anfang Januar 2019 wurde auf dem linken Internetportal Indymedia eine rechte Drohliste veröffentlicht. Überschrieben war diese mit dem Titel „Wir kriegen euch alle“. Aufgeführt wurden darin mehr als 200 Klarnamen und Adressen von Aktivist*innen, Journalist*innen und Politiker*innen. Die meisten von ihnen passen nicht in ein rechtes Weltbild, weil sie sich gegen Rassismus oder Rechtsextremismus engagieren. Einigen Einträgen wurden kurzem Hinweise oder Beleidigungen vorangestellt: „grün und homo“ oder „hetzt gegen AfD“ heißt es da zum Beispiel. Solche Feindeslisten stellen kein neues Phänomen dar. Sie dienen schon länger der Auswahl möglicher Anschlagsziele sowie der Einschüchterung von politischen Gegner*innen der rechten Szene. Darüber hinaus erleichtern Feindeslisten die Möglichkeit zum Missbrauch der persönlichen Daten. (…) Für Abgeordnete von demokratischen Parteien, Gewerkschafter*innen, Journalist*innen, antifaschistische Aktivis*innen oder Angehörige von Geflüchteteninitiativen besteht somit aus Sicht von Opferberatungsstellen jetzt schon eine hohe Gefahr. Seitens der Zivilgesellschaft wird vor allem eine bessere Informationspraxis von den staatlichen Ermittlungsbehörden gefordert. Betroffenen soll die Möglichkeit gegeben werden, ihre Gefährdung selbst einzuschätzen…” Beitrag von Kai Stoltmann vom 14. Januar 2019 bei belltower-news externer Link

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