Donnerstag, 21. März 2019

There Is Power in a Union. Machtaufbau durch Organizing. Erfahrungen aus den USA inspirieren deutsche Gewerkschaften


[Buch] Geheimnisse einer erfolgreichen OrganizerIn“… Schon seit einigen Jahren belebt die Auseinandersetzung mit den Organizing-Methoden der US-amerikanischen Gewerkschaften die gewerkschaftliche Diskussion und Praxis in Deutschland. Eine systematische Kampagnenführung unter Einschluss gesellschaftlicher Bündnispartner, neue Formen der Ansprache betrieblich Aktiver, die gezielte Erschließung unorganisierter Bereiche und der Fokus auf den Aufbau betrieblicher Strukturen haben viele Gewerkschafter hierzulande inspiriert. Allerdings wurden in der deutschen Debatte bisher vor allem bestimmte Ausschnitte der amerikanischen Organizing-Diskussion rezipiert. (…) In den letzten Jahren wird verstärkt versucht, Organizing in die Regelarbeit der Gewerkschaften zu integrieren. Dies vollzieht sich in den einzelnen Gewerkschaften auf unterschiedliche Weise. So sind Organizing-Methoden Bestandteil der Ausbildung vieler Gewerkschaftssekretäre geworden und kommen gezielt in der Erschließungsarbeit bisher gewerkschaftsfreier Betriebe zum Einsatz. Hier tut sich unter anderen die IG Metall hervor, die in vielen Landesbezirken ressourcenstarke »gemeinsame Erschließungsprojekte« (GEP) ins Leben gerufen hat. Aber auch im Verdi-Landesbezirk NRW besteht eine Erschließungsabteilung. Das Organizing stieß in Deutschland wegen der weitverbreiteten Wahrnehmung der Krise des bisherigen sozialpartnerschaftlichen Modells auf großes Interesse. Während es von einigen nur als Methode zur Stärkung der Organisationsmacht in bisher gewerkschaftsfreien Randbereichen angesehen wurde, ohne die strategische Grundausrichtung der Gewerkschaften zu tangieren, waren andere von der Notwenigkeit einer umfassenderen strategischen Neuausrichtung der Gewerkschaften überzeugt.” Vorabdruck des leicht gekürzten Vorworts von Florian Wilde aus »Keine halben Sachen. Machtaufbau durch Organizing« von der US-amerikanischen Gewerkschafterin Jane McAlevey in der jungen Welt vom 6. Februar 2019 externer Link. Das Buch erscheint diese Tage bei VSA zum Preis von 16,80 Euro (248 Seiten) – siehe auch ein Interview mit der Autorin:
  • US-Aktivistin über Streikorganisation: „Wir können Amazon schlagen!“ New 
    “„Organizing“ heißt das Zauberwort linker US-Gewerkschafterinnen. Jane McAlevey erklärt, warum die deutsche Streikkultur ihr den Schweiß auf die Stirn treibt. (…) Es gibt aktuell viele gelungene Mobilisierungen in den Bereichen Klimawandel, Antirassismus, Antifaschismus, Mieter*innenbewegung. Die Proteste sind groß, bekommen viel Aufmerksamkeit. Beim Organisieren geht es aber darum, reale Macht langfristig aufzubauen. Es geht darum zu gewinnen. Ich habe das Organisieren bei Leuten gelernt, denen es wiederum von Gewerkschafts-Organizerinnen der 1930er beigebracht wurde. Die waren Mitglieder der CIO, der radikaleren der beiden großen Industriegewerkschaften in den 1930ern. Diese Gewerkschaft hatte damals viele Mitglieder, viel Macht und Einfluss. Die sind sehr strategisch vorgegangen. Sie haben sich notiert, wo viele Menschen arbeiten, wen sie schon erreicht haben und wen nicht. Dann sind sie die Fabriken durchgegangen, Etage für Etage, Büro für Büro, Abteilung für Abteilung, bis der Letzte überzeugt war, bis es eine maximale Beteiligung an den Streiks gab. [Das Ziel ist, dass alle streiken?] Das muss das Ziel sein! Dass einhundert Prozent aller Arbeiter*innen streikbereit sind. Wenn ihr Deutschen sagt: „Drei Abteilungen haben ihre Arbeit niedergelegt“, dann bekomme ich als US-Amerikanerin Schweißausbrüche! In den USA würden die 30 Prozent einfach rausgeschmissen. Aber auch ihr solltet die 100 Prozent anstreben, denn nur so können wir eine Machtumkehr in der Gesellschaft erreichen. Nur so haben wir den mächtigen und reichen Unternehmen wirklich etwas entgegenzusetzen. (…) Alle wichtigen Dinge müssen immer vorher besprochen werden. Wir machen eine große Versammlung, die Arbeiter*innen stimmen über die Verträge ab, die sie vorher selbst ausgearbeitet haben. Alle, die wollen, können mitmachen. Das sind oft riesige Versammlungen mit Tausenden Leuten! Wir schreiben unsere Vertragsbedingungen für alle gut lesbar auf, bevor wir abstimmen lassen – und der Punkt, dass wir uns nicht spalten lassen, muss auf die Liste mit drauf! Streiks dauern lange, sind kräftezehrend. Aber alle wissen dann vorab, worauf sie sich einlassen und was sie wollen. (…) Die NRA, die National Rifle Organization, hat die Menschen organisiert, die Donald Trump gewählt haben. Das ist komplett unter dem Radar der Demokraten abgelaufen, weil sie keine Ahnung vom Organisieren haben. Die Rechten haben genau das gemacht, was ich predige…” Interview von Nina Scholz vom 17.3.2019 bei der taz online externer Link

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