Sonntag, 21. Januar 2018

Monatsrückblick: Weihnachtswünsche (Jane Zahn)


Verantwortung zum Selbstmord zeigt die SPD mal wieder und will Angela Merkel nicht länger zappeln lassen. Das geht doch nicht: Deutschland ohne Regierung! Und weil die CDU einfach keine Minderheitsregierung machen will, muss eben die SPD wieder ran, auch wenn das dann wohl definitiv das letzte Mal sein wird, dass sie vom Wähler gewählt wird. Denn der homo sozialdemocraticus germanicus, der gemeine deutsche Sozialdemokrat, der wird ums Verrecken nicht einsehen, dass man den Benachteiligten nichts geben kann, wenn man immer die gleichen bevorteilt. Und wenn dann Herr Gabriel in Spiegel online vom 16. Dezember noch rät, doch besser Umwelt- und Datenschutz sein zu lassen, damit Arbeitsplätze und Sicherheit erhalten bleiben, dann kann man wirklich gleich CDU wählen. Die schützt zwar auch nicht vor Arbeitslosigkeit und Armut, aber bietet wenigstens das Gefühl: »Uns geht’s doch gut.« Und aufs Gefühl kommt es ja an. Vor allem in Zukunft, wenn Siemens & Co noch mehr Arbeitsplätze abbauen, weil ihnen ab 2020 die Geldquelle BER abgedreht wird. Dann soll der Flughafen nämlich fertig sein, und die am Desaster beteiligten Unternehmen können sich nicht länger goldene Nasen verdienen. Sie werden übrigens nicht etwa verpflichtet, jetzt Termine einzuhalten, nein! Der Flughafen wird 2020 fertig, basta! Einen Plan B (müsste eigentlich schon weiter im Alphabet sein, nach meiner Zählung) wird es nicht geben, verkündet BER-Geschäftsführer Lütke Daldrup. Der Aufsichtsrat werde im März darüber beraten, wie die Fertigstellung finanziert werden kann. »Wir sind zuversichtlich.« Schön für ihn. Die Kosten für den drittgrößten deutschen Flughafen haben sich seit dem Baubeginn 2006 von zwei auf 6,5 Milliarden Euro erhöht – wegen der Verzögerungen und Baumängel, aber auch wegen Erweiterungen des Projekts. Kinder, es war kurz vor Weihnachten, da durfte man sich was wünschen! Die zuständige Baubehörde ist allerdings nicht in die Planung einbezogen.

Macht nix. Stuttgart 21 wird auch nicht fertig. Und die Bahn baut 25 Jahre an einer Schnellstrecke und fährt dann bei der Eröffnung noch langsamer als vorher, weil der Zug dauernd stehen bleibt. Wir Deutschen können alles außer schnell. Aber Europa kann schneller Krieg führen. Für Ratspräsident Donald Tusk wurde ein Traum wahr, weil die EU jetzt auch einen militärischen Arm bekommt, für mich ist das ein Alptraum. »Mit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit [PESCO – Permanent Structured Cooperation] ist ein Traum Wahrheit geworden ... Deshalb ist PESCO nicht nur eine gute Nachricht für uns, sondern auch für unsere Verbündeten. Und eine schlechte Nachricht für unsere Feinde« (zitiert nach jW, 16./17.12.17).

»Unsere Feinde«, natürlich die Russen, haben gerade den Abzug ihrer Truppen aus Syrien begonnen, Zeit für Trump, wieder Öl ins nachlassende Feuer zu gießen und Jerusalem zur Hauptstadt Israels zu erklären. Die vorhersehbare Folge: Der Nahe Osten ist in Aufruhr, die arabischen Staaten erklären Ost-Jerusalem zur (besetzten) Hauptstadt Palästinas, und die EU hält sich raus und will am Status quo festhalten – wie sie das durchsetzen will, ist ihr wohl selbst ein Rätsel. Aber Weihnachten, da durfte man sich ja was wünschen.

Die NATO wünscht sich neue Mittelstreckenraketen, Putin wünscht sich eine bessere Opposition (siehe jW vom 18.12.17), die SPD wünscht sich Ministerposten ohne Verantwortung, und ich wünsche mir mal einen Monat, in dem ich nicht weiß, was ich in diesem Rückblick schreiben soll, weil nichts passiert ist.

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