Das Rheinbad hat in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt. Medien hatten über einen Mob von 60 jungen Männern mit »nordafrikanischen Wurzeln« berichtet. Wegen angeblicher Massenprügeleien habe die Badeanstalt dreimal vorzeitig geschlossen werden müssen, hieß es. Vom »Angstraum« Freibad war die Rede. Recherchen des ARD-Magazins »Monitor« ergaben jedoch: In der Badeanstalt hatten es lediglich verschiedene Jugendliche mit dem Toben etwas zu arg getrieben. Nach den Schließungen folgten ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Deutsche wegen Beleidigung und Bedrohung und ein Verfahren gegen Jugendliche, die nach Angaben eines Polizisten, der privat im Rheinbad war, zusammen auf einer Rutsche waren, bevor der Bademeister kam und diese sperrte.
Zur Debatte sind indes nur etwa 60 Bürger gekommen. Stamp und Güler teilen sich das Podium mit Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Rechts von ihm sitzt Wladimir Chetverik, ein Bademeister der Düsseldorfer Bädergesellschaft. Er berichtet, er erlebe »oft Beleidigungen, man wird mit Vergewaltigung der Mutter bedroht«. Oder er bekomme Dinge zu hören wie: »Ich töte dich, ich zünde dich an.« Im vergangenen Jahr sei er auch körperlich angegriffen worden. Die Bademeister hätten häufig Probleme mit größeren Menschengruppen und pubertierenden Jugendlichen.
OB Geisel, der nach der letzten Badräumung Ende Juli noch von »möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen« gesprochen hatte, sagt nun, er habe die Vorfälle »reflektiert«. »Es war im Prinzip ein Badebetrieb, der, außer in einem Zeitraum von 20 Sekunden, weiter gegangen ist. Da sind dann in rascher Folge überwiegend dunkelhäutige Männer migrantischer Herkunft runter gerutscht.« Geisel schloss hier offensichtlich von der Hautfarbe der Menschen, die er auf einem Video gesehen hat, auf ihre Herkunft.
Ob vermeintlich migrantische Jugendliche oder Pubertierende allgemein ein Problem sind, ist bestimmendes Thema des Abends. Um Rassismus geht es nur kurz, als ein zugewanderter Softwareingenieur sagt, er sei oft mit rassistischen Stereotypen konfrontiert. Die Staatssekretärin erklärt ihm, das sei vor allem ein Problem »an den Rändern der Gesellschaft«.
Ein Mann berichtet von der zweiten Räumung im Juni. Er habe mit seiner Frau das Bad verlassen, weil er sich von »Afrikanern« bedroht gefühlt habe. Ein Video eines Augenzeugen zeigt die zugehörige Szene: Kurz nachdem verkündet worden war, dass das Bad geschlossen wird, springen Dutzende Menschen nacheinander ins Becken, ohne zu warten, bis die vorher Gesprungenen beiseite geschwommen sind.
Ein Mann teilt mit, es gebe auch »Ausländer, die uns sehr viel Freude machen«, zum Beispiel Japaner, die sich stets korrekt verhielten. Zwei Menschen klatschen. Gegen Ende der Debatte spricht Integrationsminister Stampf nochmals von »spezifischen Gruppen von jungen Männern« aus Nordafrika, »die auf der Straße groß geworden sind und an verschiedenen Stellen in Europa tatsächlich marodieren«.
Einen Kontrapunkt setzt kurz darauf der Sozialpädagoge Samy Charchira. Er konstatiert, es sei an diesem Abend viel über das Rheinbad, aber wenig über Werte gesprochen worden. Doch an der Debatte sei »niemand aus Nordafrika beteiligt« gewesen, kritisiert er und fügt hinzu: »Wir machen Schuldige fest, die gar nicht da waren. Ich finde, das vergiftet das gesellschaftliche Klima.«
Eigentlich hätte sich die Debatte auch um die Frage drehen sollen, ob bestimmte Gruppen von Menschen heute schneller einem Generalverdacht ausgesetzt sind. Gegenüber dem »nd« erklärt Minister Stampf zum Verlauf des Abends: »Mir ist es wichtig, dass man keine Ressentiments befördert. Ich glaube, dass sehr viele der Teilnehmer hier ein sehr offenes, positives Verhältnis zu einer offenen Gesellschaft haben.«
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1124794.duesseldorf-das-rheinbad-und-die-fake-news.html
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