Freitag, 22. Januar 2010

Buchabriss: Xose Tarrio, "Hau ab, Mensch!"

Das Buch von Xose Tarrio hab ich "brandneu" vom Literaturversand der Roten Hilfe erworben - laut Ankündigung gäbe es eine Einführung in das spanische FIES-Gefängnissystem. Nach Lesen stelle ich erstmal fest: das spanische FIES entspricht 100% dem deutschen Stuttgart-Stammheim.

Das Buch liefert eine Übersicht über das Leben von Xose in spanischen Gefängnissen, teilweise unvorstellbare Brutalität im Umgang der Schliesser mit den Gefangenen...

"... Am Nachmittag erhielt ich unangenehmen Besuch von einem Schliesser, den ich aus dem Gefängnis Zamora kannte. In jenem Gefängnis hatte er die Gelegenheit genossen, mich zusammen mit seinen Berufskollegen zusammenzuschlagen, und jetzt wollte er mich mit der Erinnerung an diese für ihn heldenhafte Tat unter Druck setzen.

"Was gibt's, Arschloch?", sagte er zu mir durch das Guckfenster. "Hast Du immer noch nicht gernug Prügel abbekommen? Heute habe ich Wache, pass also auf, denn beim kleinsten Anlass kriegst du eins drauf. Erinnerst du dich etwa nicht mehr an mich?"

Ich erinnerte mich bestens.

"Na klar erinnere ich mich an dich", antwortete ich und ging auf die Tür zu.

"Gut, ich will den ganzen Nachmittag über nichts hören, verstanden?"

Ich antwortete nicht auf diese Provokation. Eine Stunde nach diesem Besuch schlossen sie mir auf, damit ich auf dem Hof spazieren gehen konnte. In einem der Turnschuhe hielt ich ein selbstgemachtes Messer aus Eisen versteckt. Dieser Hundesohn würde seine offenen Rechnungen alle auf einmal bezahlen müssen. Ich brachte das Messer problemlos durch die Kontrolle, die man mir jedesmal angedeihen liess, wenn ich die Zelle verliess. Er befand sich in der Nähe der Tür zum Hof, dort ging ich hin. Auf seinem Gesicht stand das typische Mackertum jemandes geschrieben, der sich von seiner Uniform beschützt fühlt, von seiner Dienstmarke und von einem ganzen System; jemandes, der weiss, dass er straflos handeln kann, ohne Angst vor Recht und Justiz, denn wer wenn nicht er selbst war dort einziges Gesetz und einziger Richter? Er wollte mir gerade etwas sagen, als meine Faust auf sein Gesicht traf, was ihn nach hinten taumeln und zu Boden fallen liess. Völlig überrascht davon, dass ein Gefangener es gewagt hatte, gegen ihn zum Schlag auszuholen, rappelte er sich auf, ging auf die Wachstube zu und kam mit einem Knüppel bewaffnet wieder heraus.

"Jetzt kannst Du was erleben!" brüllte er wütend mit drohender Gebärde und warf sich auf mich.

Ich bückte mich, ging halb in die Knie und zog das Messer aus dem Schuh. Als er es sah, hielt er an, liess den Schlagstock los und hob die Hände, um mir zu zeigen, dass er sich nicht wehren würde. Sein Gesichtsausdruck war ein Gedicht: "Ruhig, Tarrio, bitte..."

Ich ging auf ihn zu, ergriff ihn am Hemd und zwang ihn, vor mir auf die Knie zu gehen. Ich stach mit dem Messer in Kopfhöhe auf ihn ein, und das Messer traf auf eine seiner Hände, mit denen er vor Schreck zitternd sein Gesicht schützte.

"Jetzt bist du nicht mehr so obercool, was?" schrie ich ihn an, ich war ausser mir. "Seid ihr nur mutig, wenn ihr in der Herde vor einem wehrlosen nackten Kind steht?" fügte ich hinzu und meinte die Prügel von Zamora.

"Beruhige dich, Mann, beruhige dich, wir werden das hier in Ruhe über die Bühne bringen, OK?" redete ein anderer Schliesser von der anderen Seite her auf mich ein.

"Mach keine Dummheiten, Tarrio, bitte beruhige dich..."

Ich sah meine Geisel an. Ich spürte den Wunsch ihn umzubringen, doch ich entschloss mich nicht dazu, aus Furcht vor den Konsequenzen, die diese Tat mir einbringen würde. Ich hatte immer noch Hoffnung, und ich würde Chancen haben, sie in die Tat umzusetzen. Deshalb liess ich ihn los.

"OK, du Schwein, diesmal kommst du noch davon. Falls du dich eines Tages rächen willst und es noch einmal wagst, mich zu verprügeln, schwöre ich, dass ich dich ohne Zögern umbringe. Ist das klar?"

"Ja, Tarrio, ich versprech's dir, alles klar..."

Ich ging zu meiner Zelle. Sie schlossen die Tür, und ich entledigte mich des Messers. Ich gab es über das Fenster an Caamano weiter. Ich legte mich auf das Bett, verstört und in gespannter Sorge darüber, was nun geschah. Nach einer Weile erschien eine grössere Gruppe Schliesser im Trakt, legte mir Handschellen an und brachte mich in eine andere Zelle. Weder schlugen sie mich noch drohten sie mir, sie beschränkten sich darauf, mich in eine andere Zelle zu stecken und mir so meine Sachen vorzuenthalten. Sie fragten mich nach dem Messer, und ich antwortete, ich hätte es das Klo hinunter gespült. Dann liessen sie mich allein, gefesselt in einer leeren Zelle. Später kam der Schliesser zu mir, auf den ich eingestochen hatte. Er hatte die Hand verbunden und kam in Zivilkleidung. Ich vermutete, sie hatten ihn krankgeschrieben. Wir redeten durch das Guckfenster miteinander.

"Sieh mal, Tarrio, ich weiß, dass das in Zamora nicht in Ordnung war, aber ich habe nur Befehle ausgeführt wie alle Beamten", entschuldigte er sich. "Was heute passiert ist, hat mich die Sache anders sehen lassen, wirklich. Ich habe mit meinen Kollegen geredet, damit sie wegen der Sache nicht zu Repressalien gegen dich greifen..."

"Gut", antwortete ich ihm, verwundert über seine Haltung.

"Wir alle werden mit der Zeit immer brutaler. Glaube nicht, dass es mir leicht fiele, hier so zu arbeiten, doch von irgendwas muss man ja leben."

"Es ist besser Hunger zu leiden als zu foltern, um es auszuschliessen", bekam er zur Antwort.

"Ja, aber irgendjemand muss diese Arbeit doch machen... Hör mal, an dem Messer war kein Blut oder so, oder? Ich sage das wegen HIV, du bist ja positiv..."

"Nein, es war sauber."

"Nun ja, ich muss los. Tut mir leid, dass alles so laufen musste."

"So ist das Gefängnis" antwortete ich und fasste damit alle möglichen Übel in diesem einen unheilvollen Begriff zusammen. Die Männer und Frauen dieser Welt täten gut daran, ihn an einem nicht allzu fernen Tag abzuschaffen."

S.302ff

Donnerstag, 21. Januar 2010

Naziaufmarsch in DD verhindern!

a) „Zusammen stehen gegen Rechts – keine Spaltung der Zivilgesellschaft“

„Das polizeiliche Vorgehen gegen das Aktionsbündnis „Dresden Nazifrei“ in
Dresden und Berlin ist absolut unangemessen. In den Geschäftsstellen des
DGB, der SPD, der Partei die Linke und Bündnis90/ Die Grünen in Thüringen
liegen weiterhin die Mobilisierungsplakate, welche gestern den Anlass für
Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen lieferten, zur Abholung bereit.
Wir mobilisieren gemeinsam weiter und lassen uns nicht in gute und böse
Proteste spalten. Die polizeilichen Maßnahmen haben der Demokratie in
Deutschland einen Bärendienst erwiesen, waren Wasser auf die Mühlen der
Nazis und sind ein völlig falsches Signal…“ Erklärung vom 20.1.2010 von
Renate Licht (Landesvorsitzende DGB Thüringen), Bodo Ramelow
(Fraktionsvorsitzender Die Linke im Thüringer Landtag) und Astrid
Rothe-Beinlich (Vizepräsidentin des Thüringer Landtag)
http://www.dresden-nazifrei.de/?p=542

b) Staatsgewalt gegen Zivilcourage

Gewerkschafts-Jugend von IG Metall und ver.di verurteilt Vorgehen der
Dresdner Staatsanwaltschaft gegen Anti-Nazi-Bündnis. Gemeinsame Erklärung
vom 20.1.2010
https://jugend.verdi.de/news/staatsgewalt-gegen-zivilcourage

c) Jetzt erst recht!

„Böse Blamage für Polizei und Staatsanwaltschaft: Die Beschlagnahme von
Plakaten gegen den Neonaziaufmarsch am 13.Februar in Dresden wird wohl zum
Bumerang. Nachdem die Polizei am Dienstag in Dresden und Berlin Tausende
dieser Plakate einkassiert hatte, gehen Antifaschisten jetzt bundesweit in
die Offensive…“ Artikel von Peter Wolter in junge Welt vom 21.01.2010
http://www.jungewelt.de/2010/01-21/041.php

d) Dresden verhindert Neonazi-Marsch am 13. Februar. Demonstrationen zum
Jahrestag der Zerstörung Dresdens soll es nicht mehr geben. Nur
Kundgebungen werden noch geduldet.

„Die Landeshauptstadt wird erstmals sämtliche Aufmärsche in der Innenstadt
am 13.Februar verbieten. Nach SZ-Informationen sollen weder
Rechtsextremisten noch gewaltbereite Linke das friedliche Gedenken am 65.
Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg mit ihren
Protestzügen stören. Stattdessen sollen nur noch Kundgebungen an einem
festgelegten Ort geduldet werden…“ Artikel von Alexander Schneider in
Sächsischer Zeitung vom 21.1.2010
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2367420

Freiheit für Mumia Abu-Jamal!

Gerichtsentscheidung über Mumia Abu-Jamal

„Der US Supreme Court hat vor wenigen Stunden eine Entscheidung des 3.
Bundesberufungsgerichtes von 2008 aufgehoben, die damals die Todesstrafe
gegen Mumia ausschloss. Damit hat das Gericht einen "Mittelweg" zwischen
sofortiger Todesstrafe oder aber Abweisung derselben gewählt, zugleich
aber auch die Position der Staatsanwaltschaft gestärkt…“ Infos der
Mumia-Hörbuchgruppe vom 19.01.2010 bei indymedia
http://de.indymedia.org/2010/01/271233.shtml

Siehe dazu auch: Mumia weiter im Todestrakt – Kein Grund zur Entwarnung!

„Der Oberste Gerichtshof der USA hat entschieden – allerdings (noch) nicht
für eine baldige Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal, sondern zunächst für
eine Zurückweisung des Falls an das 3. Bundesberufunsggericht. // WICHTIG:
DIE NOTFALLPROTESTE »Mumia 3 plus 12« sind ausgesetzt, um die weiteren
Schritte der Kampagne neu beraten zu können! Aber weil Mumia nach wie vor
zum Tode verurteilt ist und seine Gegner ihn weiterhin umbringen wollen,
läuft die Mobilisierung FREE MUMIA weiter, und natürlich geht es weiter um
die weltweite Abschaffung der Todesstrafe! (…) Weitere Artikel und
Stellungnahmen der Verteidigung und der Solidaritätsbewegung werden
folgen. Wir werden uns insbesondere mit den Falschmeldungen der
bürgerlichen Medien befassen, die am 19. Januar verbreitet haben, Mumia
bekäme angeblich einen »neuen Prozeß«. Leider stimmt das nicht, weil der
Supreme Court vom 3. Bundesberufungsgericht nur eine bessere juristische
Vorlage geliefert bekommen will, um Mumia schlußendlich doch hinrichten zu
können. Unterzeichnet vor allem weiter die Petition an Barack Obama…“
Bewertung der Entscheidung vom 19.01.10 bei freedom-now
http://www.freedom-now.de/news/artikel592.html

Freiheit für Mumia Abu-Jamal!

Gerichtsentscheidung über Mumia Abu-Jamal

„Der US Supreme Court hat vor wenigen Stunden eine Entscheidung des 3.
Bundesberufungsgerichtes von 2008 aufgehoben, die damals die Todesstrafe
gegen Mumia ausschloss. Damit hat das Gericht einen "Mittelweg" zwischen
sofortiger Todesstrafe oder aber Abweisung derselben gewählt, zugleich
aber auch die Position der Staatsanwaltschaft gestärkt…“ Infos der
Mumia-Hörbuchgruppe vom 19.01.2010 bei indymedia
http://de.indymedia.org/2010/01/271233.shtml

Siehe dazu auch: Mumia weiter im Todestrakt – Kein Grund zur Entwarnung!

„Der Oberste Gerichtshof der USA hat entschieden – allerdings (noch) nicht
für eine baldige Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal, sondern zunächst für
eine Zurückweisung des Falls an das 3. Bundesberufunsggericht. // WICHTIG:
DIE NOTFALLPROTESTE »Mumia 3 plus 12« sind ausgesetzt, um die weiteren
Schritte der Kampagne neu beraten zu können! Aber weil Mumia nach wie vor
zum Tode verurteilt ist und seine Gegner ihn weiterhin umbringen wollen,
läuft die Mobilisierung FREE MUMIA weiter, und natürlich geht es weiter um
die weltweite Abschaffung der Todesstrafe! (…) Weitere Artikel und
Stellungnahmen der Verteidigung und der Solidaritätsbewegung werden
folgen. Wir werden uns insbesondere mit den Falschmeldungen der
bürgerlichen Medien befassen, die am 19. Januar verbreitet haben, Mumia
bekäme angeblich einen »neuen Prozeß«. Leider stimmt das nicht, weil der
Supreme Court vom 3. Bundesberufungsgericht nur eine bessere juristische
Vorlage geliefert bekommen will, um Mumia schlußendlich doch hinrichten zu
können. Unterzeichnet vor allem weiter die Petition an Barack Obama…“
Bewertung der Entscheidung vom 19.01.10 bei freedom-now
http://www.freedom-now.de/news/artikel592.html

Montag, 11. Januar 2010

Folterdrohung gegen iranischen Studenten

Nachdem Majid Tavakkoli am 7. Dezember bei einer Demonstration an der Technischen Universität Amir Kabir in Teheran eine Rede gehalten hatte, wurde er beim Verlassen der Hochschule festgenommen. Die Demonstrationen fanden zum so genannten Studententag statt, der nach dem persischen Kalender am 16. Azar (7. Dezember) begangen wird. An diesem Tag wird im Iran des Todes dreier Studenten gedacht, die im Jahr 1953 von Sicherheitskräften erschossen worden waren.

Die Nachrichtenagentur Fars, die den Revolutionsgarden und der Justiz nahe steht, veröffentlichte am Tag darauf Fotos, auf denen Majid Tavakkoli in Frauenkleidung zu sehen war. Dazu schrieb sie, dass der Student die Frauenkleidung zum Zeitpunkt seiner Festnahme trug, um nicht erkannt zu werden. Auf studentischen und anderen Webseiten wurde diese Behauptung jedoch dementiert. Stattdessen vermutet man, dass er gezwungen wurde, die Frauenkleidung zu tragen, um ihn zu demütigen. Weiter hieß es, dass Majid Tavakkoli bei seiner Festnahme geschlagen wurde.

Bei den Demonstrationen, die am 7. Dezember in verschiedenen Städten im ganzen Land stattfanden, wurden zahlreiche Studierende und mehrere weitere TeilnehmerInnen festgenommen. Einige sind mittlerweile freigelassen worden, viele befinden sich jedoch nach wie vor in Haft. Genaue Angaben über die Anzahl der noch Inhaftierten sind nicht bekannt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Majid Tavakkoli ist Mitglied einer studentischen Vereinigung an der Technischen Universität Amir Kabir, wo er nach vorliegenden Informationen Schiffbau studiert. Bereits im Mai 2007 hatte man ihn zusammen mit drei weiteren Beteiligten in Verbindung mit der Veröffentlichung einer studentischen Schrift festgenommen, in der der Islam verunglimpft worden sein soll. Nach Aussagen anderer StudentInnen handelte es sich dabei jedoch um eine Fälschung. Majid Tavakkoli wurde gefoltert und wegen „Propaganda gegen das System“ und „Beleidigung des Religionsführers“ zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Nachdem Majid Tavakkoli Rechstmittel eingelegt hatte, wurde die Haftzeit auf 30 Monate verkürzt. Im August 2008 kam Majid Tavakkoli frei und durfte sein Studium wieder aufnehmen.

Zusammen mit rund 20 weiteren Studierenden wurde Majid Tavakkoli im Februar 2009 erneut festgenommen, nachdem er an einer Gedenkfeier teilgenommen hatte, die zu Ehren von Mehdi Bazargan stattfand, dem ersten Ministerpräsidenten nach der Revolution vom Februar 1979. Die meisten Studierenden wurden kurz darauf wieder frei gelassen, Majid Tavakkoli und drei weitere Studenten blieben jedoch ohne ein Gerichtsverfahren weiter in Haft. Im Juni 2009 kamen sie schließlich auf Kaution frei. Weitere Urgent Actions zu Majid Tavakkoli: UA 113/07 und UA 70/09.

Zwei Tage vor seiner Festnahme schrieb Majid Tavakkoli in seinem letzten Eintrag auf seiner Seite bei Facebook:
„Nur noch zwei Tage [bis zur Demonstration am Montag]. Mehr als zehn anstrengende Tage war ich nun unterwegs und bin mehr als 100 Stunden gefahren; jetzt muss ich mich auf den Weg nach Teheran machen. Ich schaue in die Augen meiner Mutter, die voller Tränen sind, und sehe die ängstlichen Blicke meines Vaters; es ist allein der tiefe Wunsch nach Freiheit, der mir trotz aller Hindernisse Kraft und Ausdauer verleiht. Und so stelle ich mich erneut all den Gefahren und ich fühle mich geehrt und bin stolz darauf, zusammen mit meinen Freunden am 16. Azar [7. Dezember] Schulter an Schulter gegen die Tyrannei zu protestieren. Für die Freiheit.“

Am 16. Dezember sagte Ali, der Bruder von Majid Tavakkoli, in einem Gespräch mit der in Prag ansässigen Radiostation Farda, dass die Familie seit seiner Festnahme nichts von Majid Tavakkoli gehört habe und dass sein Anwalt bislang nichts herausfinden konnte.

Als Zeichen der Solidarität und um die Freilassung von Majid Tavakkoli zu fordern, haben viele Iraner Fotos von sich in Frauenkleidung gemacht, auf denen sie ihr Gesicht verdecken und Schilder mit der Aufschrift „Wir sind Majid“ hochhalten, und diese ins Internet gestellt. Siehe beispielsweise (nur für Mitglieder bei Facebook aufrufbar): http://www.facebook.com/event.php?eid=198929939029#/photo_search.php?oid=198929939029&view=all

Bei Demonstrationen stehen Studierende immer wieder an der Spitze. Die andauernden Proteste richten sich gegen das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 und gegen die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen, die im Zuge des von den Behörden auferlegten Demonstrationsverbots und des harten und gewalttätigen Durchgreifens gegen Protestierende begangen worden sind. Dutzende wurden von Sicherheitskräften, die mit exzessiver Gewalt vorgegangen sind, getötet, tausende Menschen wurden festgenommen, die meisten von ihnen rechtswidrig, und viele wurden gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Hunderte Demonstrierende haben kein faires Gerichtsverfahren erhalten, manche mussten Massenschauprozesse über sich ergehen lassen. Mehr als 80 Betroffene wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, mindestens fünf erhielten das Todesurteil.

EMPFOHLENE AKTIONEN: SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE

Fordern Sie von den iranischen Behörden die sofortige und bedingungslose Freilassung von Majid Tavakkoli und allen anderen, die im Zuge der Demonstrationen am 7. Dezember 2009 festgenommen wurden. Sie werden nur wegen der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit gefangen gehalten.
Äußern Sie sich besorgt darüber, dass Majid Tavakkoli ein Opfer des „Verschwindenlassens“ ist und fordern Sie die sofortige Bekanntgabe seines Aufenthaltsortes.
Drängen Sie bei den Behörden darauf, sicherzustellen, dass Majid Tavakkoli vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird, dass ihm sofortiger und regelmäßiger Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung seiner Wahl und eventuell notwendiger medizinischer Versorgung gewährt wird.
Fordern Sie eine umgehende und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe, dass Majid Tavakkoli in der Haft geschlagen wurde.

APPELLE AN:
OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT VON TEHERAN
Ali Reza Avaei
Karimkhan Zand Avenue
Sana'i Avenue, Corner of Ally 17, No 152
Tehran, IRAN (korrekte Anrede: Dear Mr Avaei)
E-Mail: avaei(at)Dadgostary-tehran.ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadeqh Larijani
Howzeh Riyasat-e Qoveh Qazaiyeh
(Office of the Head of the Judiciary)
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri
Tehran, 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: via website http://www.dadiran.ir/tabid/75/Default.aspx
Erste Textzeile mit rotem Sternchen: Ihr Vorname. Zweite Textzeile mit Sternchen: Ihr Nachname. Dritte Textzeile mit Sternchen: Ihre E-Mail-Adresse. Appelltext in die große Textbox darunter.

KOPIEN AN:
LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammad Javad Larijani
Howzeh Riassat-e Ghoveh Ghazaiyeh
Pasteur St. Vali Asr. Ave., south of Serah-e Jomhuri Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Larijani)
Fax: (00 98) 21 3390 4986
E-Mail: bia.judi@yahoo.com
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

S.E. Herr Ebrahim Sheibany, ao. u. bev. Botschafter
Botschaft der Islamischen Republik Iran
Jaurèsgasse 9, A-1030 Wien
Fax: +43-1-713 57 33, +43-1-713 46 94
E-Mail: public(at)iranembassy-wien.at

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Januar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Textvorschlag:

(Der Textvorschlag ist nur als Anregung gedacht. Falls Ihre Fremdsprachenkenntnisse ausreichen, dann verfassen Sie das Appellschreiben bitte selbst! Je individueller die Briefe sind, desto besser!)

(Entsprechende Anrede),

I would like to bring to your attention the case of student leader MAJID TAVAKKOLI, who was arrested on 7 December after a demonstration. His whereabouts are unknown and he is at risk of torture or other ill-treatment. Amnesty International considers him to be a prisoner of conscience, held solely for the peaceful exercise of his right to freedom of expression, association and assembly.

I call on you to immediately and unconditionally release Majid Tavakkoli, and any others detained around the 7 December demonstrations who are held solely for the peaceful exercise of their rights to freedom of expression, association and assembly.

I am deeply concerned that Majid Tavakkoli has been subjected to enforced disappearance and urge you to disclose his whereabouts immediately. Please also ensure that he is protected from torture and other ill-treatment and that he is granted immediate and regular access to his family, a lawyer of his choice and any medical treatment he may require.

Additionally, I ask you to investigate promptly and impartially the reports that Majid Tavakkoli was beaten during his arrest.

I trust that you will give appropriate attention to this case.

Yours sincerely,

Hartz Vier muss weg!

BA erteilt rechtwidrige Anweisung zur Abweisung von Überprüfungsanträgen
und Widersprüchen Hartz IV

„Erwerbslosen Forum Deutschland empfiehlt unbedingt zu klagen. Erweiterte
Musterklage veröffentlicht. BA soll zügig ihre rechtwidrige Anweisung
zurück nehmen
Mit einer Dienstanweisung (21.12.2009) hat die Bundesagentur für Arbeit
allen Arbeitsagenturen und Arbeitsgemeinschaften Weisung erteilt, dass die
verstärkt gestellten Überprüfungsanträge, die in Folge des beim BVerfG
anhängigen Normenkontrollverfahrens zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe der
Hartz IV-Regelleistungen nach § 20 SGB II als unbegründet zurück zuweisen.
Ebenso sollen eingehende Widersprüche auf die Überprüfungsanträge sowie
Neu- und Folgeanträge als unbegründet zurück gewiesen werden. Damit trifft
die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales eine offensichtlich rechtwidrige Entscheidung….“ Pressemitteilung
des Erwerbslosen Forum Deutschland vom 06.01.2010
http://www.erwerbslosenforum.de/nachrichten/6_062010060106_363_1.htm

Siehe dazu:

a) Überprüfungsanträge bzgl. der Hartz-IV-Verfahren vor dem BVerfG

Dokumentation von Thomas Kallay, einem der 3 Kläger vor dem BVerfG, bei
chefduzen
http://www.chefduzen.de/index.php/topic,20406.msg187805.html#msg187805

b) Klageformular für den Fall, daß ARGEn die Ü-Anträge oder Widersprüche
ablehnen mit der Begründung, sie seien bzgl. der Erwachsenen-Regelsätze
nicht zulässig (pdf)
http://www.chefduzen.de/tk/Ueberpruefungsantraege/Klage_gg_ARGE_wg__HEGA_20122009.pdf

Donnerstag, 7. Januar 2010

Werner Braeuner: Zauberorte

Werner Braeuner wurde 2001 wegen Totschlags am Verdener Arbeitsamtdirektor zu 12 Jahren Haft verurteilt. Werner greift auch unter den sehr beschränkten Bedingungen der Haft nach wie vor in die gesellschaftliche Diskussion um Arbeit und Arbeitszwang mit schriftlichen Beiträgen ein. Die vorliegende öffentliche Erklärung stammt von April 2007. Darin nennt er Bedingungen für seine Rückkehr in die Freiheit - nämlich die Beendigung aller arbeitsmarkt -und sozialpolitischen Zwangsmaßnehmen.

"Es gibt zahlreiche Wege, die sich dem Knast nähern.

Aufbauend auf der kulturpsychologischen Arbeit von Friedrich Nietzsche (1844 - 1900) und Erich Neumann (1905 - 1960) öffnet sich mit diesem Beitrag ein Blickfeld, das verblüffende Einsichten in den deutschen Strafvollzug bietet: Knast als Kulturort von Zaubermacht und Machtzauber.

Knast ist nicht, was er zu sein vorgibt, er schützt die Allgemeinheit nicht vor Kriminalität. Die Erkenntnisse der Kriminologie sind eindeutig; spezielle und generelle Prävention bzw. Abschreckung greifen nicht, da StraftäterInnen nicht aufgrund überlegter Wahl, sondern lebenssituativ handeln. Bei schwer persönlichkeitsgestörten bzw. verrückten StraftäterInnen muss Abschreckung durch Strafe ohnehin versagen, und Drogensüchtige wegsperren, ist nackter Mutwillen, ließe sich deren kriminelle Energie doch durch kontrollierte Abgabe synthetischen Heroins leicht neutralisieren.

Was die schwerte und organisierte Kriminalität betrifft, versagt Knast erst recht. Der Mafia-Jäger Roberto Scarpinato, leitender Staatsanwalt im sizilianischen Palermo, ehemals Chefankläger im Prozess gegen Giulio Andreotti und Schüler der 1992 ermordeten Anti-Mafia-Legende Falcone und Borsellino, steht seit 1988 im Kampf gegen die Mafia. Scarpitano meint, in Deutschland seien die rechtlichen Mittel, die organisierte Kriminalität einzudämmen, stumpf. Daher sei Deutschland prädestiniert gewesen, zum Ruhe- und Aktionsraum der Mafia zu werden. Scarpinato: "Die Gefahr für Deutschland besteht nicht darin, dass sich dort 100 oder 200 Mafioso tummeln, sondern darin, dass in Deutschland Gelder in Milliardenhöhe angelegt wurden und immer mehr Einfluss auf Wirtschaft und Politik nehmen (...) Ich nehme Bezug auf den Bericht des BKA, dem zufolge 2005 in Deutschland inkriminierte Güter im Wert von 93 Millionen Euro beschlagnahmt wurden. Nur zum Vergleich: Meine Dienststelle hat im selben Jahr Güter im Wert von 500 Millionen Euro konfisziert, und das allein in Palermo." ("Ich bleibe, um den Toten einen Sinn zu geben", FAZ von um den 10. - 15.12.2007)

Wenn das nun aber so ist, wie es ist, wozu dann dient Knast wirklich??? Hier sollen Knast und Strafe als Kult vorgestellt werden, als eine an eigens dazu eingerichteten Orten öffentlich vonstatten gehende szenische Demonstration eines machtvollen Zaubers und eines Machtzaubers, der sich alleine den gesellschaftlichen Eliten dienstbar machen will, da er allein ihnen den unmittelbaren Zugang zu seinem Wirkorte erlaubt - die zugleich anwesenden Gefangenen sind lediglich passive Kunststaffage, Statisten. Mit solchem Kult inszeniert sich die gesellschaftliche Elite, Arbeit & Kapital, als im Bunde mit überweltlicher Macht; es ist jener Bund zugleich Ursprungsmythos der drei großen monotheistischen, "abrahamitischen" Religionen Judentum, Christentum und Islam.

Mittels Kulthandlungen wird jener Ursprungsmythos auf jeweilige konkrete gesellschaftliche Gegebenheiten hin aktualisiert. Dazu wird sich durchweg der Figur eines mit strengen Zutrittsregeln und -sperren belegten "innersten Heiligtums" bedient, welches in den abrahamitischen Religionen unterschiedliche Formen gefunden hat.

Im Judentum der innerste Bereich des Tempels, das "Allerheiliogste", das die Bundeslade beherbergte, im Islam die Kaaba in Mekka, eventuelle ebenso die durch Verhüllung und Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben zu außer- bzw. überweltlichen Orten gemachten Frauen - wenn auch in hoch widersprüchlicher, da patriarchaler Weise; im Christentum der den Altar umgebende Bereich, der im vorreformatorischen Kirchbau durch den "Lettner", eine viele Meter hohe Mauer, gegen das Langschiff des Gebäudes hin und so gegen Blicke und Zutritt seitens der im Langschiff versammelten Beherrschten hermetisch abgeriegelt war, wie eine Skizze des Grundrisses jenes Kirchbaus zeigt.

Im Chorgestühl saßen Repräsentanten der Elite; sie allein hatten Priester, Altar und Kulthandlungen unmittelbar vor Augen. Eine oben auf dem Lettner befindliche Person signalisierte den Beherrschten per Handzeichen, welche Rituale von ihnen zu vollführen waren. Die Beherrschten erfuhren so, welche Kulthandlungen gerade hinter dem Lettner vollzogen wurden. Im Zeitalter der Moderne, seit der Französischen Revolution, folgen das Gefängnis, seine Personale und seine verfahrenen Verfahren dem Modell der Kultfeier im hier skizzierten Kirchbau. Nun allerdings umschliesst der Lettner das innerste Heiligtum allseitig in Form einer mehrere Meter hohen Gefängnismauer.

Jene überweltliche Macht, mit welcher der Christenpriester im innersten Bereich in kultischen Verkehr tritt, entäußert sich dort in Form eines Zaubers, theologisch als "Transsubstantion", deutsch "Wandlung", bezeichnet: Brot und Wein verwandeln sich in den Leib des Gottessohnes Christus, selbst ein Gott - also verwandeln sich Brot und Wein in einen Gott. Schon im Mittelalter wurde dies bespottet, der priesterliche Zauberspruch "Hic est corpus" (dies ist der Leib) wurde durch ein auf den Priester zielendes "Hoc est porkus" (jener ist ein Schwein) ergänzt, woraus späterhin "Hokuspokus" sowie das Schimpfwort Schweinepriester wurden. Brot und Wein, etwas Weltliches bzw. Materielles, werden in einen Gott verwandelt, in etwas Überweltliches, Geistiges. Mehr noch wird zugleich Böses in Gutes verwandelt, denn das Weltliche gilt im Christentum dem "Herrn der Welt" zugehörig, eine dort gängige Bezeichnung für den Teufel.

Der Christenzauber wandelt eine Substanz in eine andere um, Materielles in Geistiges, Böses in Gutes. Solche Alchemie durchwirkt die christlichen Kulturen und die aus ihnen hervorgekommenen modernen Gesellschaften bis in sämtliche Aspekte. Zum Beispiel wandelt die kapitalistische Produktionsweise materielle Menschenleiber bzw. die von ihnen entäußerte Arbeit in etwas Nichtmaterielles, Abstraktes, Geistiges um: in "Wert", Kapital, Geld.

Der heute noch von Staat und Justiz betriebene Knast- und Strafhokuspokus versucht sich in derselben Alchemie. Böse StraftäterInnen will er in gute Menschen bzw. brave StaatsbürgerInnen verwandeln. Brave StaatsbürgerInnen sind fleißige Arbeitskräfte, weswegen die Justizministerien unermüdlich die herausragende Bedeutung der Arbeit für die Wandlung - Verzeihung, bitte! - für die "Resozialisierung" herausstreichen: Ergebniskontrolle im Namen des Volkes - und tatsächlich applaudiert jenes moderne buntbraune demokratische Herdenvieh: Arbeit macht gut und Arbeit macht frei!

Je böser nun ein Straftäter geredet werden kann, um so eindrucksvoller kann der Wandlungszauber seine Macht demonstrieren. Überdies können die Staatlinge mit dem Hervorkehren des besonderen Bösen eines Bösewichts von ihrer eigenen und zunehmend offenen Gewalttätigkeit und Gefährlichkeit ablenken, wenn nur die Brutalität ihrer Arbeits- und Sozialpolitik gesehen wird.

der Mann auf dem Lettner sind heutzutage jene Medien, die staatstreu aus dem Knast über den Knast berichten, soeben erst Heribert Prantl, Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung", in Print und TV aus der neuen JVA Oldenburg über die neue JVA Oldenburg, ein Hochsicherheitsgefängnis, das geschmeichelt ist, wenn Medien es als "Alcatraz des Nordens" betiteln (ARD 2005). Prantls TV-Beitrag stellt den Anstaltsleiter Koop vor, einen bekennenden Katholiken und bekennenden Sauberkeitsfanatiker - Kultorte haben blitzsauber zu sein! - , der um so munterer und offener auf bestehendes Strafvollzugsrecht scheißt: Überwachung des Textinhalts postlicher und telephonischer Kommunikation bei allen Gefangenen, gemeinschaftlicher Vollzug von Untersuchungs- und Strafgefangenen und vieles andere mehr!

Im Beisein seiner MeßdienerInnen vom Sozialen und Psychologischen Dienst führt Koop einen wegen Totschlags verurteilten Gefangenen vor, indem er diesem vor der Kamera die dümmliche Frage stellt, ob das denn "in Zukunft noch einmal passieren" werde (gemeint ist der Totschlag) , woraufhin der dümmlich Bedrängte natürlich nur treuherzig beteuern kann, das werde es nicht. Als würde der Gefangene sich die Tat vorher genüsslich überlegt haben - Schweinepriester und ihre guten Schäfchen wissen um die Wahlfreiheit in der Entscheidung zu Gut oder Böse und so auch um die Chance durch alchemistischen Substanzenwandel. Das niedersächsische Justizministerium spricht ausdrücklich vom "Chancenvollzug".

Mitnichten leider ist der verdruckste Wille der Staatlinge zur Transsubstantion nurmehr eine Lachnummer. Sie nehmen ihre Sache todernst, ist jener Wille doch zugleich einer zur Macht bzw. zu deren Selbstvergewisserung in Zeiten kapitalistischer Großkrisen, welche jene Macht schwer anzuschlagen begonnen haben. Und so kann der Wille zur Transsubstantion jederzeit umschlagen in den zur Vernichtung: Sicherungsverwahrung auf unbestimmte Zeitdauer, Knast bis zum letzten Atemzug. Und dazu braucht es keine Straftat, sondern allein eine gerichtlich bestätigte Einschätzung als "gefährlich", sprich als böse.

Es reicht die willentliche Weigerung der bösen Substanz, sich in eine gute wandeln zu wollen, also willfährig an den vom Knast eingeforderten "Resozialisierungsmaßnahmen" teilzunehmen: psychologische Tests und Gespräche, "Soziales Training", "Anti-Aggressions-Training", "Gewaltfreie Kommunikation" oder gar ein langjähriger Aufenthalt in einer "Sozialtherapeutischen Anstalt".

Eine wissenschaftliche Evaluation all diesen faulen Zaubers gibt es nicht, auch nicht eine Statistik über die Rückfälligkeit von Strafgefangenen nach der Entlassung. Doch wird diese allgemein über 80% geschätzt, was als summerische Evaluation gelten kann und dem Resozialisierungshokuspokus ein schlechtes Zeugnis ausstellt.

Vielleicht liegt die Rückfallquote sogar wegen der Faulzauberei so hoch, niemand weiss Genaues. Die Gefangenen begreifen die Forderung nach Teilnahme nämlich als eine zur blinden Unterwerfung. Und nichts anderes bedeutet "Resozialisierung" tatsächlich! Am schlimmsten die Sozialtherapeutische Anstalt mit ihrer Jahre dauernden entgeisternden Schurigelei durch Sauberkeits- und Wohlverhaltensterror. "Da wirst du kaputtgemacht!" berichten die zahlreichen Abbrecher durchweg.

Kaputtmachen, vernichten - in seinem innersten Heiligtum herrscht das deutsche Volk unmittelbar, direkt und total. Knast ist die Fortsetzung der arbeits- und sozialpolitischen Zwangsmaßnahmen draußen. Doch wird im Knast nicht allein gedemütigt sowie seelisch und körperlich krank gemacht. Hier kann vernichtender gestraft werden als draußen, indem Menschen durch jahrelange sensorische und soziale Ausmergelung - im Falle einer Sicherungsverwahrung bis zum letzten Atemzug! - in groteske Schattenwesen verwandelt werden können.

Wem nach vieljähriger Haft einmal die Nerven aggressiv durchgehen, dem droht überdies verschärfte Haftfolter, die völlige Isolation in einer Sicherheitsstation. Um dem zu entgehen, nimmt ein beträchtlicher Teil der Langzeitgefangenen Beruhigungsmittel oder sonstige Psychopharmaka ein, welche ihnen vom Ärztlichen und Psychologischen Dienst geradezu aufgedrängt werden. Bedröhnte Gefangene sind pflegeleichte Gefangene.

Die Staatlinge weichen dem seelischen Druck durch die ihnen dienstlich obliegenden Grausamkeiten aus, indem sie mit immer grausamerem und blinderem Eifer Unterwerfung verlangen, sprich Teilnahme an Resozialisierungsmassnahmen.

Eine Psychologin der JVA Sehnde drohte offen, die Anstalt werde mir zum Anlass der gerichtlichen Anhörung über eine eventuelle vorzeitige Entlassung eine "ganz schlechte Stellungnahme schreiben", falls ich nicht an Massnahmen der Resozialisierung teilnähme. Das ein solches Verhalten kriminell ist, wird die Dame sicher nicht begreifen können. Schliesslich will sie doch nur das Gute bzw. meine Transsubstantiation.

Doch auch mit Blick auf die Braven unter den Gefangenen tun Justizvollzugsanstalten alles, damit sie nicht vorzeitig in die Freiheit entlassen werden können. Durchgängig berichten Gefangene von zusätzlichen Straftaten seitens des Anstaltspersonals mit dem Ziel, Gutachter und Gerichte zu täuschen, meist durch Aktenmanipulationen, die nahelegen können, ein Gefangener sei unwillig oder unfähig zur Transsubstantiation bzw. Resozialisierung.

In seinem innersten Heiligtum bricht sich der Irrsinn des Christenzaubers breite Bahn. Knast gewinnt mehr und mehr den Charakter eines Vernichtungsortes. Vom Leben hin zum Tode ist eben auch ein Substanzenwandel. Zauberauftrag erfüllt! So wie das Vorbild Christus Leib und Blut hingab für das ewige Heil... Christen und ihre moderne Nachkommenschaft namens Staatsuntertanen sind gefährliche Freaks und Irre. An ihren Zauberorten sollt ihr sie erkennen.

W.B."

Mittwoch, 6. Januar 2010

Arge Erfahrungen...

a) Jobcenter 1: Hauptsache, man ist nicht allein

Wenn der Termin beim Jobcenter ansteht, haben Arbeitslose oft Angst davor.
Manche begleiten sich deshalb gegenseitig aufs Amt. Artikel von Sebastian
Brinkmann in der Taz-Berlin vom 29.12.2009
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/hauptsache-man-ist-nicht-allein/

b) Jobcenter 2: Die Angst vor Repressalien bleibt

Die Initiative "Keine/r muss allein zum Amt" zieht eine gemischte Bilanz
ihrer Arbeit. Artikel von Peter Nowak in der Taz-Berlin vom 29.12.2009
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/die-angst-vor-repressalien-bleibt/

c) Arbeitslose Mutter soll Zeugnisse des Sohnes vorlegen

„Es ist nicht der erste Fall dieser Art: Die Vestische Arbeit verlangt von
einer Hartz IV-Bezieherin, die Zeugnisse ihres 15-jährigen Sohnes
vorzuzeigen. Die Behörde erklärt, dies diene der Förderung des Jungen.
Seine Mutter empfindet das Vorgehen als Eingriff in die Privatssphäre…“
Artikel von Sabine Latterner in DerWesten vom 27.12.2009
http://www.derwesten.de/staedte/castrop-rauxel/Arbeitslose-Mutter-soll-Zeugnisse-des-Sohnes-vorlegen-id2310318.html

d) Überzählige. "Arge" - Erfahrungen

„Ein verzweifelter Hartz IV-Bezieher schickt an die für ihn zuständige
Behörde (ARGE) eine Morddrohung. Im Internet forderten ARGE-Vermittler die
Freigabe von Organhandel als Möglichkeit zur Finanzierung des
Lebensunterhalts…“ Deutschlandfunk - Das Feature von Nora Bauer vom
29.12.2009
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dasfeature/1059933/

Dienstag, 5. Januar 2010

Fünf Jahre Hartzgesetze - Danke, es reicht...

a) Verfassungswidrige Säule

„Vor fünf Jahren trat am 1. Januar 2005 in Deutschland das "Vierte Gesetz
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", allgemein als "Hartz IV"
bekannt, in Kraft. Für die wohl umstrittenste sozialpolitische
Entscheidung in der Geschichte der Bundesrepublik liegen somit fünf Jahre
an praktische Erfahrungen vor und auch die wissenschaftliche
Begleitforschung kann mittlerweile auf diverse Studien verweisen. Die hier
unternommene Bilanz greift zunächst die zentrale Frage nach der Wirkung
der "Reformen" beim Abbau der Arbeitslosigkeit auf und widmet sich dann
den "Kolateralschäden", also den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen…“
Artikel von Rudolf Stumberger auf Telepolis vom 01.01.2010
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31781/1.html

b) Finten und Schliche

Fünf Jahre Hartz IV: Unter dem Druck der weiteren Kapitalproduktion in
Krisenzeiten ­verschärft die politische und ökonomische Elite die
Ausbeutung von Arbeitslosen. Artikel von Reinhard Jellen in junge Welt vom
05.01.2010
http://www.jungewelt.de/2010/01-05/036.php

c) Eine kritische Bilanz von Hartz IV fünf Jahre nach Inkrafttreten des
Gesetzes am 1.1.2005

„Die sog. Hartz-Gesetze, vor allem das am 1. Januar 2005 in Kraft
getretene vierte als ihr unrühmlicher Höhepunkt, sind Kernbestandteil
eines Projekts zur Restrukturierung der Gesellschaft, das die ganze
Architektur und die innere Konstruktionslogik des bisherigen Sozialstaates
in Frage stellt. Es ging dabei nicht bloß um Leistungskürzungen in einem
Schlüsselbereich des sozialen Sicherungssystems, vielmehr um einen
Paradigmawechsel, anders formuliert: um eine gesellschaftliche
Richtungsentscheidung, die das Gesicht der Bundesrepublik seither prägt.
Die rot-grüne, durch eine Mehrheit der damaligen Oppositionsparteien
CDU/CSU und FDP im Bundesrat und die Kompromissbereitschaft der
Regierungsparteien radikalisierte Arbeitsmarktreform hat unser Land so
tiefgreifend verändert, dass es kaum übertrieben erscheint, von der
„Hartz-IV-Republik“ oder der „Hartz-IV-Gesellschaft“ zu sprechen…“ Artikel
von Christoph Butterwegge in den Nachdenkseiten vom 5.1.10
http://www.nachdenkseiten.de/?p=4438#more-4438

Freiheit für mexikanische politische Gefangene

Diese Eilaktion kann gleich Online ausgefüllt werden:

http://www.chiapas98.de/ua2.php?id=65


Unterstützungsbrief für Juan Manuel
Urgent Action (UA) vom 04.01.2010

übersetzung Regine


Während des sozialen Aufstandes gegen den Gouverneur im Sommer und Herbst 2006 in Oaxaca starben mindestens 23 Personen, darunter der unabhängige Indymediajournalist Brad Will aus New York. Es gab Dutzende Verletzte, Verschwundene und Verhaftete. Verantwortlich für diese Verbrechen sind die Regierung und von ihr beauftragte paramilitärische Gruppen. Bis heute wurde keiner der Mörder oder Hintermänner angeklagt, stattdessen wurde im Oktober 2008 Juan Manuel Martínez Moreno, selbst Aktivist innerhalb der sozialen Bewegungen Oaxacas, als Mörder von Brad Will präsentiert und angeklagt. Er sitzt seit dem 16.10.2008 im Gefängnis in Oaxaca.

Eine breite Kampagne bestehend aus Familienangehörigen von Brad Will (die Eltern von Brad Will sind in direktem Kontakt mit der Familie von Juan Manuel) und Juan Manuel sowie von Menschenrechtsorganisationen hat sich zum Ziel gesetzt, die Schuldigen vor Gericht zu bringen und die Freiheit von Juan Manuel zu erlangen. Es wurden bereits Hungerstreiks, Demonstrationen, Gebete, Protestbriefe, Solidaritätserklärungen etc. in Solidarität mit Juan Manuel gehalten. Aktuell prüft Amnesty International, Juan Manuel als politischen Gefangenen zu deklarieren.

Eine Richterin hat Juan Manuel freigesprochen. Dies hat leider in Mexiko nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Es wäre nicht das erste mal, dass eine Freilassung trotzdem nicht zustande kommt, deshalb ist das Unterzeichnen dieser UA wichtig.

Siehe auch:
http://groups.yahoo.com/group/oaxacastudyactiongroup/message/6578
http://groups.yahoo.com/group/oaxacastudyactiongroup/message/6576
http://fridaguerrera.blogspot.com/2009/12/en-breve-libertad-de-juan-manuel.html
http://www.milenio.com/node/350618

ARGE und Aerger...

Die Arbeitsagentur und ihre "Kundendaten"

Nach Kritik von Datenschützern Bundesagentur bereinigt Datenbank

„Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat auf die Kritik von Datenschützern
reagiert und ihre Internet-Jobbörse von möglicherweise unseriösen
Unternehmen gesäubert. Nach Angaben der BA wurden mehr als 34000
Arbeitgeber näher überprüft. Danach seien die Datensätze von etwa 400
Arbeitgebern gelöscht worden, teilte eine Sprecherin der Nürnberger
Behörde der Süddeutschen Zeitung mit…“ Artikel von Thomas Öchsner in der
Süddeutschen Zeitung vom 23.12.2009
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/302/498595/text/

Montag, 4. Januar 2010

Weiter Menschenrechtsverletzungen in Mexico

Diese Eilaktion kann hier online ausgefüllt werden:


http://www.chiapas98.de/ua2.php?id=64


Mexiko
UA-344/2009
Index: AMR 41/066/200922.
Dezember 2009

ARMANDO MENDOZA PONCE, führendes Mitglied des Umweltdachverbands »Frente Amplio Opositor« (FAO) und andere FAO-Mitglieder

Der 65-jährige Umweltschützer Armando Mendoza Ponce ist in Mexiko mit dem Tod bedroht worden. Andere AktivistInnen wurden mit Steinen beworfen. Sie bereiteten gerade die Begrüßung mexikanischer Parlamentsabgeordneter in Cerro San Pedro im Bundesstaat San Luis Potosí vor.

Am 11. Dezember 2009 versammelten sich mehrere Mitglieder der FAO, um eine Delegation von Abgeordneten aus dem mexikanischen Parlament zu begrüßen. Die FAO ist ein Dachverband mehrerer Gruppen, die sich gegen ein in der Region tätiges Bergbauunternehmen engagieren. Die Abgeordneten waren angereist, um mit den BewohnerInnen der Region über die Auswirkungen eines in der Nähe betriebenen Bergwerks zu sprechen. Kurz vor der Ankunft der Abgeordneten versammelten sich etwa 100 BergwerksbefürworterInnen und warfen Steine auf die FAO-AktivistInnen, die gerade Essen für den Besuch vorbereiteten und Banner aufhängen wollten. Die BefürworterInnen des Bergbaus entwendeten einige Banner und verbrannten sie. Darüber hinaus zerstörten oder stahlen sie Kameras der FAO-Mitglieder. Bei dem Angriff wurden einige UmweltaktivistInnen leicht verletzt. Armando Mendoza Ponce, der ein führendes Mitglied der FAO ist, wurde von AngreiferInnen mit den Worten bedroht: »Wir werden dich verjagen, es wird Blut fließen« (te vamos a desterrar, va correr sangre).

Armando Mendoza Ponce ist eines der ungefähr acht FAO-Mitgliedern, die größtenteils bereits über 65 Jahre alt sind und die noch immer in dem Dorf Cerro San Pedro zusammen mit den BergbaubefürworterInnen leben. Die meisten der anderen FAO-Mitglieder leben außerhalb von Cerro San Pedro. Armando Mendoza Ponce und andere AktivistInnen, die in Cerro San Pedro wohne, sind in Gefahr, denn sie leben isoliert und erhalten keinerlei Schutz, weder von der Gemeindepolizei noch von der Polizei des Bundesstaates.

Armando Mendoza Ponce wurde bereits zuvor wegen seiner Arbeit bedroht und angegriffen. 2007 beschossen Männer seinen Kleintransporter, um ihn abzuschrecken und von seiner Arbeit abzuhalten. Der Kleintransporter, der vor seinem Haus stand, war jedoch leer. Im Jahr 2008 drohte man, ihn zu töten. Auch andere UmweltaktivistInnen sind bereits Opfer von Angriffen, Drohungen und Vandalismus geworden. Zu ihnen gehört auch Mario Martínez Ramos. 2008 verübte man einen Mordanschlag auf ihn, den er überlebte.

Der Bergbau in Cerro San Pedro wurde im November unterbrochen, nachdem das zuständige Verwaltungsgericht die Bergbaukonzession entzogen hatte, da das Unternehmen es versäumt hatte, Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen auf die Umwelt zu ergreifen. Das Unternehmen hat Rechtsmittel eingelegt und den Betrieb mittlerweile wieder aufgenommen. Das Rechtsmittelverfahren ist noch anhängig.

Hintergrundinformationen

Das Dorf Cerro San Pedro liegt auf einem Berg, in dem seit Jahrhunderten Gold und Silber abgebaut werden. Ein Bergbauunternehmen begann 1996 mit der Erkundung und nahm 2006 den vollen Betrieb auf. Lokale BergbaugegnerInnen geben an, dass der Abbau die Umwelt und den Berg schädigt sowie das Trinkwasser kontaminiert.

Amnesty International hat bereits zwei Urgent Actions zu Armando Mendoza Ponce und anderen FAO-Mitgliedern veröffentlicht. Siehe hierzu UA-217/2007 (22. August 2007 und 22. Juli 2008).