An die Kommunikationsmedien
An die Gesellschaft im Allgemeinen
Heute jährt sich erstmals der feige Mord an Nadia Vera, Yesenia Quiróz, Olivia Alejandra Negrete, Mile Virginia und Rubén Espinosa. Zeit ist seitdem vergangen und die Untersuchungen laufen schlechter als sie anfingen, da sich die Behörden dazu veranlasst haben, ihre Arbeit mit Fahrlässigkeit und ungehinderten Unregelmäßigkeiten anzugehen.
Nichts stimmt überein.
- Alles deutet auf eine Beteiligung von mehr Personen in dem Mehrfachmord hin; dies schließt sich daraus, dass vier der fünf Opfer Folterspuren vor ihrer Hinrichtung aufweisen. Da der Zeitraum, in dem sich die Kriminellen vermutlich in der Wohnung aufhielten, sehr kurz war – 43 Minuten – ist es unwahrscheinlich, dass nur drei Personen Teil hatten an den dort begangenen Gräueltaten.
- Eine Schusswaffe ohne Schalldämpfer wurde abgefeuert, ohne dass die Nachbarn den Knall gehört haben.
- Es war bisher nicht möglich, den zeitlichen Ablauf der Taten innerhalb der Wohnung festzulegen. Das hängt damit zusammen, dass die Staatsanwaltschaft [Procuraduría General de Justicia] eine Vertiefung des Gutachtens über das Geschehen innerhalb der Wohnung verweigert und eine Version der Videos, die von den umliegenden Überwachungskameras aufgenommen wurden, bearbeitet hat und diese den Kommunikationsmedien übergab. Jedoch weigert sich die Staatsanwaltschaft, die Aufnahmen vor und nach den Morden zu zeigen. Wir brauchen die kompletten Videos und ohne Manipulationen, um aufzuklären, was vor, während und nach dem Mehrfachmord passierte.
Fahrlässigkeit.
Die Staatsanwaltschaft von Mexiko-Stadt [PGJ], angeführt von Rodolfo Ríos Garza, hat sich durch das Verletzen der Rechte der Opfer in flagranti strafbar gemacht. Zum Beispiel:
- Sie hat keine klare Untersuchungslinie hinsichtlich dem Mordmotiv festgelegt.
- Sie hat sensible Informationen den Kommunikationsmedien zugespielt, mit der Absicht eine Version zu untermauern, die die Opfer kriminalisiert.
- Sie ist keiner sorgsamen Untersuchung nachgegangen
- Sie hat sich erniedrigend gegenüber den indirekten Opfern (Familienangehörige der ermordeten Personen) verhalten
- Im Fall von Rubén Espinosa ist die Spezialisierte Agentur für die Betreuung von Begangenen Verbrechen und Beschwerden gegen Journalisten [Agencia Especializada para la Atención de Delitos Cometidos en Agravio de Periodistas] nicht eingeschritten, obwohl ausreichend dokumentiert wurde, dass er von der Regierung des Bundesstaat Veracruz bedrängt und bedroht wurde, da seine journalistische Tätigkeit die Behörden belästigte
- Die Beweissicherungskette bei der Wohnung wurde gebrochen: der Mord passierte am 31. Juli und dennoch haben die Behörden erst am 2. August grundlegende Beweise für die Untersuchung gefunden. Diese – unerklärliche – Zeitspanne ermöglicht die erste Manipulierung des Tatortes.
- Die ersten Versionen behaupteten, dass Mile Virginia mit dem Verkauf von Drogen etwas zu tun hatte. Diese Beschuldigung wurde ausgeschlossen, da sie im Register des Flughafens von Mexiko-Stadt kein einziges Mal auftaucht, weswegen sie auch keinen Koffer abgeholt haben konnte, der vermeintlich Rauschgift beinhaltet haben sollte. Aber der Schaden war bereits getan: öffentlich wurde eine kolumbianische Staatsbürgerin kriminalisiert, die in Wahrheit Opfer eines Feminizids war.
- Seitens der Staatsanwaltschaft [Ministerio Público] wird sich geweigert das Motiv des Mehrfachmords aufzuklären, obwohl es 55 Hinweisbegehren abgegeben wurden. Bis zum heutigen Tag, wurde lediglich 16 dieser Begehren nachgegangen, was einem Vorankommen von 29% entspricht. Hinsichtlich den anderen 39 Sorgfaltspflichten weigert sich das MP einfach, diese zu realisieren. Das Argument der Staatsanwaltschaft [PGJ] ist, dass sie keine legale Verpflichtung dazu hat, das Motiv aufzuklären – das heißt, sie haben nicht die Pflicht, das Recht auf die Wahrheit zu garantieren – da schon drei Personen gerichtlich vermerkt sind, was in deren Augen ausreicht, um den Fall zu schließen.
Das Vergessen ist keine Option.
Wegen all dem vorherigen, machen wir direkt Rodolfo Ríos Garza für das Blockieren der Untersuchungen verantwortlich. Auch wenn Miguel Ángel Macera, Regierungschef von Mexiko-Stadt, ihn dazu gedrängt hat seine Arbeit adäquat zugunsten der Opfer zu verwirklichen, hat es keine Unterstützung der Staatsanwaltschaft [PGJ] gegeben, die sich an ihrer „Historischen Wahrheit“ festhält.
Wir fordern, dass Miguel Ángel Mancera die Karten in die Hand nimmt und das Beispiel eines weiteren Falles berücksichtigt, in dem unter der Parole der Vertuschung der Fakten, wie es in Ayotzinapa ist, bereits der Generalstaatsanwalt wegen seines offiziellen Mangels an und geringer Fähigkeit zur Aufklärung der Tat ersetzt wurde; dass er Gewissheiten schafft, den Zugang zu Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und die Garantien der Nicht-Wiederholung ermöglicht.
Ein Jahr nach den Vorfällen verdienen wir es zu wissen was und wer Rubén, Nadia, Mile, Alejandra und Yesenia umgebracht hat und warum.
31. Juli 2016.
FotoReporteros Mx, Colectivo Voz Alterna, Periodistas de a Pie, Artículo 19, Derecho a Informar, Ojos de Perro, Grupo por los Derechos Humanos y la Justicia Social, Journalisten aus Mexiko-Stadt, Familienangehörige der Opfer und Künstler*innen.
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