Sonntag, 16. Februar 2014

Zehn Mythen über den Kapitalismus von Guilherme Alves Coelho

Vorbemerkung des Übersetzers Schon 20 Jahre lang erzählt man uns, daß der Kapitalismus – wenn schon nicht die ideale, so doch das beste aller möglichen Wirtschaftssysteme sei, welches die Menschen frei macht, jedem die gleichen Möglichkeiten bietet, sich zu verwirklichen und im Leben Erfolg zu haben. Desweiteren sagt man uns, daß die Krise, die seit 2008 in der ganzen Welt voranschreitet, kein Problem des Systems sei. Und sie geschehe deshalb, weil das bei uns jetzt kein Kapitalismus sei, sondern so eine Art Halbfabrikat. Wir müßten angeblich erst zum „reinen“ Kapitalismus übergehen, und alle unsere wirtschaftlichen Sorgen würden von sich zu Ende gehen. Jedoch bei weitem nicht alle denken so. Zum Beispiel, Guilherme Alves Coelho – ein Ökonom aus Portugal, einem Land das gerade alle „Vorzüge“ des modernen Kapitalismus ausprobiert – denkt darüber ganz anders. Er ist überzeugt, daß der Kapitalismus als System uneffektiv ist und sich erschöpft hat, und daß gerade durch die Alte Welt ein Gespenst geht – etwas ähnliches wie der „arabische Frühling“. Also, gehen wir ins Detail, um die Ansichten des portugiesischen Ökonomen kennenlernen, die er in seinem Artikel „10 Mythen über den Kapitalismus“ dargelegt hat. 10 Mythen über den Kapitalismus von Guilherme Alves Coelho Es gibt die bekannte Redensart, daß jedes Volk die Regierung hat, die es verdient. Das ist nicht ganz zutreffend. Die Menschen können von einer aggressiven Propaganda getäuscht werden, welche die Art und Weise des Denkens bildet, und dann werden sie einfach manipuliert. Lügen und Manipulationen sind die modernen Waffen der Massenbeeinflussung und Unterdrückung der Völker. Sie sind ebenso wirksam wie die traditionellen Mittel der Kriegsführung. In vielen Fälle ergänzen sie einander. Beide Methode werden für die Erringung von Wahlsiegen und zur Vernichtung der nicht ergebenen Länder verwendet. Es gibt viele Möglichkeiten, öffentliche Meinungen zu beeinflussen, in ihnen widerspiegelt sich die Ideologie des Kapitalismus. Und sie haben es bis zum Mythos gebracht. Es ist eine Mischung von falschen Wahrheiten, welche millionenfach über mehrere Generationen hinweg wiederholt werden, und die deshalb für viele als unanfechtbar gelten. Sie stellen den Kapitalismus als ein glaubwürdiges System dar und wurden erfunden, um die Unterstützung und das Vertrauen der Massen zu gewinnen. Zur Verbreitung dieser Mythen trugen die Massenmedien bei, am meisten wurden diesen Mythen verbreitet durch die Bildungseinrichtungen, durch familiären Traditionen, durch kirchlichen Einrichtungen usw.. Hier nun einige der gebräuchlichste Mythen: Mythos Nr. 1: Wer im Kapitalismus viel arbeitet, der kann reich werden. Das kapitalistische System gewährleistet angeblich automatisch den fleißigen Menschen großen Reichtum. Aus diesem Grunde entstehen bei gewöhnlichen Werktätigen illusorische Hoffnungen, und wenn die sich nicht erfüllen, so suchen sie die Schuld dafür nur bei sich selbst. In Wirklichkeit ist es im Kapitalismus so, daß unabhängig davon, wieviel einer arbeitetet, die Wahrscheinlichkeit des Erfolges etwa dem in einer Lotterei entspricht. Der Reichtum kommt, mit seltensten Ausnahmen, nicht durch harte Arbeit zustande, sondern ist das Ergebnis irgendeiner Gaunerei und die völlige Skrupellosigkeit dessen, der mehr Einfluß und mehr Macht hat. Es ist ein Mythos, daß der Erfolg angeblich das Ergebnis harter Arbeit ist, kombiniert mit Glück und einer guten Dosis Optimismus, und daß er von unternehmerischer Aktivität und Konkurrenzfähigkeit abhängt. Dieser Mythos erzeugt die Anhänger dieses Systems, die es dann unterstützen. Auch die Religion, insbesondere der Protestantismus, tut alles, um diesen Mythos so gut wie möglich zu unterstützen. Mythos Nr. 2: Der Kapitalismus schafft den Reichtum und Prosperität für alle Der Reichtümer, die sich in den Händen einer Minderheit angesammelt haben, werden angeblich früher oder später unter allen aufgeteilt. Das Ziel besteht darin, die Arbeiter zu veranlassen, den Reichtum zu akkumulieren, ohne Fragen zu stellen. Gleichzeitig wird die Hoffnung verbreitet, daß die Arbeiter früher oder später für ihre Arbeit belohnt und anerkannt werden. In Wirklichkeit kam gerade Marx zu der Erkenntnis, daß das Endziel des Kapitalismus nicht die Verteilung des Reichtums ist, sondern seine Akkumulation und Konzentration. Der in den letzten Jahrzehnte immer weiter vergrößernde Riß zwischen den Reichen und den Armen – insbesondere auch nach der Etablierung der Regeln des Neoliberalismus, hat des Gegenteil bewiesen. Dieser Mythos war während der Phase der „sozialen Wohlfahrt“ der Nachkriegszeit einer der am weitesten verbreiteten, und seine Hauptaufgabe war die Zerstörung der sozialistischen Länder. Mythos Nr. 3: Wir sitzen alle in dem gleichen Boot In der kapitalistischen Gesellschaft gibt es angeblich keine Klassen, deshalb liegt die Verantwortung für die Mißerfolge und die Krisen bei allen, und alle müssen für alle zahlen. Das Ziel besteht darin, bei allen Arbeitern einen Schuldkomplex zu erzeugen, der den Kapitalisten erlaubt, ihr Einkommen zu vergrößern, und die Kosten auf das Volk abzuwälzen. In Wirklichkeit liegt die Verantwortung vollständig bei der Elite, die aus den Milliardären besteht, die die Regierung unterstützen und von ihr unterstützt werden, und die sich stets großer Steuervergünstigungen, Offerten, finanzieller Spekulationen, Vergünstigungen und der Vetternwirtschaft etc. erfreuen. Dieser Mythos ist wird durch die Eliten implantiert, um sich der Verantwortung für die Notlage der Menschen zu entziehen und sie dazu zu zwingen, für die Fehler der Elite zu zahlen. Mythos Nr. 4: Der Kapitalismus bedeutet Freiheit Wahre Freiheit wird im Kapitalismus angeblich nur mit Hilfe der sogenannten „Selbstregulierung des Marktes“ erreicht. Das Ziel besteht darin, so etwas ähnliches wie eine Religion des Kapitalismus zu erschaffen, wo alles so hingenommen wird wie es ist, und wo den Menschen das Recht auf die Teilnahme an makroökonomischen Entscheidungen verwehrt bleibt. In Wirklichkeit ist die Freiheit, Entscheidungen zu treffen, die höchste Freiheit, doch diese Freiheit genießt nur ein kleiner, mächtiger Personenkreis, nicht das Volk, und auch nicht die Regierungsinstitutionen. Während der Gipfeltreffen und der Foren, im engen Kreis hinter verschlossenen Türen, treffen die Bosse der Großkonzerne, der Banken und der multinationalen Gesellschaften große finanzielle und ökonomische Entscheidungen von strategischem Charakter. Somit sind die Märkte keineswegs selbstregulierend, sie werden manipuliert. Dieser Mythos wurde benutzt, um die Einmischung in die inneren Angelegenheiten der nichtkapitalistischen Ländern zu rechtfertigen, was auf dem Dogma beruhte, daß sie keine Freiheit haben, sondern daß es Regeln gibt. Mythos Nr. 5: Der Kapitalismus bedeutet Demokratie Angeblich kann Demokratie nur unter kapitalistische Bedingungen existieren. Dieser Mythos, der sich nahtlos an das Vorhergesagte anschließt, wurde geschaffen, um die Diskussion über andere Modelle sozialer Ordnungen zu vermeiden. Es wird unterstellt, daß sie alle Diktaturen seien. Der Kapitalismus beansprucht für sich solche Konzepte wie Freiheit und Demokratie, wobei deren Sinn entstellt ist. In Wirklichkeit ist die kapitalistische Gesellschaft in Klassen geteilt, und die Reichen, welche eine winzig kleine Minderheit bilden, unterjochen alle anderen. Diese kapitalistische „Demokratie“ ist nichts anderes als eine versteckte Diktatur, und „demokratische Reformen“ bewirken das Gegenteil von einem Fortschritt. Wie der vorangegangene Mythos dient auch dieser als Vorwand, um nichtkapitalistische Länder zu kritisieren und zu attackieren. Mythos Nr. 6: Die Wahlen sind ein Synonym für Demokratie Die Wahlen sind angeblich gleichbedeutend mit Demokratie. Das Ziel dieses Mythos besteht darin, andere politische Systeme oder Wahlmöglichkeiten anzuschwärzen oder zu dämonisieren, wo Führer nicht durch bürgerliche Wahlen bestimmt werden, sondern bspw. aufgrund der Autorität ihres Alters, ihrer Erfahrung oder der Popularität der Kandidaten. In Wirklichkeit ist es das kapitalistische System, welches manipuliert und betrügt, wo eine Abstimmung nur ein bedingter Zeitabschnitt ist, und die Wahl nur ein formaler Akt. Die reine Tatsache, daß bei den Wahlen immer nur die Vertreter der bürgerlichen Minderheit siegen, macht sie unrepräsentativ. Der Mythos, daß die bürgerlichen Wahlen das Vorhandensein von Demokratie garantieren, ist einer der am meisten verwurzelten, und sogar einige Parteien und Kräfte des linken Flügels glauben es. Mythos Nr. 7: Die Wechsel der machthabenden Parteien bedeutet, eine Alternative zu haben Die bürgerlichen Parteien die einander von Zeit zu Zeit an der Macht abwechseln, stellen angeblich verschiedene Plattformen das. Das Ziel ist, das kapitalistische System mit der herrschenden Klasse am Laufen zu halten, wobei man den Mythos füttert, daß sich Demokratie auf Wahlen beschränkt. In Wirklichkeit ist es unverkennbar, daß das Zweiparteisystem oder das parlamentarische Mehrparteiensystem ein Einparteiensystem ist. Es sind zwei oder mehrere Cliquen ein und derselben politischen Kraft, sie wechseln einander ab, haben ein alternatives Programm. Das Volk wählt immer einen Vertreter des Systems und kann sicher sein, daß es nicht das ist, was sie tun. Der Mythos, daß die Parteien der Bourgeoisie unterschiedliche Plattformen haben oder sogar in Opposition zueinander stehen, ist einer der wichtigsten. Und er wird ständig diskutiert, um das kapitalistische System in Gang zu halten. Mythos Nr. 8: Der gewählte Politiker vertritt das Volk und kann deshalb für es entscheiden Der Politiker wurde angeblich vom Volk mit Macht ausgestattet, und darf deshalb entscheiden. Der Zweck dieses Mythos ist es, die Menschen mit leeren Versprechungen zu füttern und die realen Absichten zu verbergen, die in der Praxis realisiert werden. In Wirklichkeit erfüllt der gewählte Führer diese Versprechen nicht, oder schlimmer, er beginnt, nicht-erklärte Maßnahmen zu verwirklichen, die oft Konflikte hervorrufen oder sogar verfassungswidrig sind. Oft erreichen solche von der aktiven Minderheit gewählte Politiker inmitten einer Wahlperiode ihr Minimum an Popularität. In solchen Fällen führt der Vertrauensverlust nicht zur Ablösung des Politikers durch den Verfassungsgeber, sondern ganz im Gegensatz zur Degeneration der kapitalistischen Demokratie, zu realer oder versteckter Diktatur. Die systematische Praxis der Verfälschung der Demokratie im Kapitalismus ist einer der Gründe für die wachsende Zahl der Menschen, die nicht zu Wahlen gehen. Mythos Nr. 9: Es gibt keine Alternativen zum Kapitalismus Der Kapitalismus ist nicht perfekt, aber angeblich das einzig mögliche ökonomische und politische System, und daher auch das am meisten geprüfte. Das Ziel des Mythos ist es, das Studium und die Werbung für ein anderes System und eine Konkurrenz zu unterbinden, wobei alle möglichen Mittel, einschließlich der Gewalt, genutzt werden. In Wirklichkeit gibt es andere politische und ökonomische Systeme, das bekannteste ist der wissenschaftliche Sozialismus. Doch auch innerhalb des Kapitalismus gibt es Varianten des südamerikanischen „Frühsozialismus“ oder des europäischen „Nachkapitalismus“[1]. Dieser Mythos ist gemacht, um die Menschen einzuschüchtern, um Diskussionen über Alternativen zum Kapitalismus zu unterbinden und Einstimmigkeit zu erzeugen. Mythos Nr.10: Sparsamkeit bringt Reichtum hervor Die Wirtschaftskrise wird angeblich hervorgerufen durch exzessive Vergünstigungen für die Arbeiter. Wenn sie zurückgenommen werden, ist die Regierung imstande, das Land zu retten und reich zu werden. Das Ziel ist es, die Verantwortung für die kapitalistischen Schulden, einschließlich der Pensionen, dem öffentlichen Sektor aufzubürden. Ein weiteres Ziel ist es, das Volk dazu zu bringen, die Armut zu akzeptieren, indem man ihnen erklärt, dies sei nur vorübergehend. Es ermöglicht auch die Privatisierung des öffentlichen Sektors. Das Volk soll davon überzeugt werden, daß die Einsparungen der „Sanierung“ dienen, ohne zu erwähnen, daß durch die Privatisierung der gewinnbringendsten Sektoren erreicht wird, das künftigen Einkünfte verloren gehen. Diese Politik führt zur Senkung der Staatseinnahmen und zur Kürzung der Sozialleistungen, der Renten und der Sozialhilfe. Das, was heute in den EU-Ländern geschieht, wo die Massenkürzung der sozialen Ermäßigungen geschieht, und begeben sich Hundert Milliarden Euro auf die Rettung der führenden Banken, ist eine anschauliche Illustration der abstoßenden Realität dieser kapitalistischen Einsparung. http://www.globalresearch.ca/ten-myths-about-capitalism/30084

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