Mittwoch, 27. Oktober 2021
Israel verbietet sechs im Westjordanland arbeitende palästinensische Nichtregierungsorganisationen
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PALÄSTINA UND ISRAEL Haltlose Anschuldigungen
network26. OKTOBER 2021
Von Gerrit Hoekman
Israel hat am Freitag sechs palästinensische NGOs verboten, die auf der Westbank aktiv sind. Das berichtete die israelische Internetzeitung Times of Israel. Die betroffenen Organisationen sollen angeblich eng mit der marxistischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) zusammenarbeiten, die von Israel, den USA und der EU als terroristische Vereinigung eingestuft wird. Von dem Verbot sind laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA Al Haqq, Addameer, die Union der palästinensischen Frauenkomitees (UPWC), das Bisan Center, die palästinensische Sektion der internationalen NGO Defense for Children und die Union der landwirtschaftlichen Arbeiterkomitees betroffen.
»Sie waren unter dem Deckmantel zivilgesellschaftlicher Organisationen aktiv, gehören aber in der Praxis der Führung der PFLP an, deren Hauptaktivität die Befreiung Palästinas und die Zerstörung Israels ist«, zitierte Times of Israel am Freitag das Büro des Verteidigungsministers, Benjamin Gantz. Die NGOs hätten auf internationaler Ebene, insbesondere in Europa, große Geldsummen gesammelt. »Diese Gelder dienten der Volksfront für Zahlungen an die Familien von Sicherheitsgefangenen und Märtyrern, für Löhne von Aktivisten, für die Rekrutierung von Aktivisten, für die Förderung von Terroraktivitäten und deren Stärkung, für die Förderung der Aktivitäten der Volksfront in Jerusalem und für die Verbreitung der Botschaften und der Ideologie der Organisation«, so das Verteidigungsministerium laut Times of Israel.
»Die haltlosen Anschuldigungen stellen eine alarmierende und ungerechtfertigte Eskalation der Angriffe gegen das palästinensische Volk in seinem Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und das Recht auf Selbstbestimmung dar«, wies der Direktor von Al Haqq, Schawan Dschabarin, den Vorwurf am Sonnabend auf der Homepage der Organisation zurück. Israel verleumde systematisch die Arbeit der NGOs. Al Haqq (Das Recht) dokumentiert seit 1979 Menschenrechtsverletzungen der israelischen Besatzer auf der Westbank, aber auch solche der Palästinensischen Autonomiebehörde.
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»Terrorismusbekämpfungsgesetze dürfen nicht dazu verwendet werden, legitime Menschenrechts- und humanitäre Arbeit einzuschränken«, zeigte das UN-Menschenrechtsbüro in den besetzten Gebieten laut WAFA am Sonntag ebenfalls wenig Verständnis. Die Vorwürfe seien äußerst vage oder irrelevant. Unter anderem werfe Israel den NGOs friedliche und legitime Aktivitäten wie Rechtshilfe und die »Förderung von Schritten gegen Israel in der internationalen Arena« vor. »Das UN-Menschenrechtsbüro fordert Israel auf, das Recht auf Vereinigungsfreiheit und freie Meinungsäußerung in vollem Umfang zu respektieren, ohne jegliche Einmischung oder Schikanen gegen die Organisationen oder ihre Mitarbeiter.«
Unterstützung erhielten die verbotenen NGOs auch aus Israel. Die Menschenrechtsgruppe B’Tselem bezeichnete das Verbot laut der britischen Tageszeitung The Guardian vom Freitag als »einen für totalitäre Regime charakteristischen Akt«.
»Sie können uns vielleicht schließen. Sie können unsere Gelder beschlagnahmen. Sie können uns verhaften. Aber sie können uns nicht von unserer festen und unerschütterlichen Überzeugung abbringen, dass diese Besatzung für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden muss«, sagte Schawan Dschabarin gegenüber Times of Israel. Nach Ansicht der israelischen Regierung soll Dschabarin Mitglied der PFLP sein. Stichhaltige Beweise dafür kann sie offenbar bislang nicht vorlegen. »Ich fordere jeden von ihnen – den Verteidigungsminister, Schin Bet, jeden – auf, das zu beweisen«, sagte Dschabarin.
Von Gerrit Hoekman, junge Welt 26.10.21
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