Wahlprüfsteine der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener
für die Landtagswahl am 1.9.2019 in Sachsen
Die Fragen unten hat die-BPE der CDU, SPD, FDP, DIE LINKE und GRÜNE jeweils mit der Bitte um Antwort als Wahlprüfsteine und mit einem Hinweis auf die anschließende Veröffentlichung gestellt. Die Ergebnisse der Umfrage:
- Die CDU hat sich in ihrer hier dokumentierten Antworten hinter dem Bundesverfassungsgericht verschanzt und dokumentiert damit (insbesondere in der Antwort zum ersten Wahlprüfstein), dass sie offensichtlich (trotz Nachfrage) davon überzeugt ist, dass das Bundesverfassungsgericht sich über das absolute Folterverbot hinwegsetzten kann, das in völkerrechtlich bindenden Verträgen und den Menschenrechten gründet. Die Argumentation der CDU beruft sich auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht sowohl zur Zwangsbehandlung 2011 als auch zur „Fixierung“ genannten zwangsweisen Fesselung 2018, in denen das BVerfG gesetzliche Regelungen zugelassen hat, die angeblich diese Menschenrechtsverletzungen legalisieren könnten und sowohl das absolute Folterverbot wie die Behindertenrechtskonvention unterlaufen, bzw. (zumindest punktuell) negieren. Den Beweis, dass das BVerfG (wie nun die CDU Sachsens) dies zu Unrecht getan hat, haben wir hier veröffentlicht: Bundesverfassungsgericht bricht Jus Cogens
Besonders enttäuscht die CDU damit, dass sie behauptet, Zwang und Gewalt könne medizinisch gerechtfertigt werden, obwohl das immer nur eine rechtlich-politische Frage sein kann! Sie behauptet damit, die folterartige Zwangsbehandlung könne unverändert dem Filz von Ärzten und Betreuern überlassen bleiben, bzw. von Richtern gedeckt werden und ignoriert völlig die Stellungnahme von Papst Franziskus, der diese als Folter bezeichnet hat, siehe hier. Wir können von deren Wahl deshalb nur abraten.
. - DIE LINKE gibt in ihrer hier dokumentierten Antwort zu, dass „durch das Landeswahlprogramm kein ausdrücklicher Auftrag [zur Abschaffung der psychiatrischen Sondergesetzgebung] vorgegeben ist.“ Sie stellt sogar fest, Zitat: Dies stellt aber nicht in Abrede, dass Zwangsmaßnahmen nicht in jedem Fall als letzte Möglichkeit, als ultima ratio, angewendet werden, obwohl sie nur als solche zulässig sind. Wenn es um angeblich „ultima ratio“ ginge, dürfte es kein psychiatrisches Sondergesetz geben, denn wie es kein Gesetz für den Abschuss eines Zivilflugzeuges geben darf, so darf es genausowenig ein Gesetz zur Legalisierung von Foltermaßnahmen geben. Entsprechend zeugt dieser Satz in der Antwort der LINKEN: „Deshalb muss der Schutz vor Zwangsbehandlungen nach unserer Ansicht ausgebaut werden“ nur davon, dass Zwangsbehandlung gerade NICHT abgeschafft werden soll, sondern nur deren regelrechter Gebrauch besser überwacht werden soll. Sie konterkariert damit die Feststellungen des UN-Komitees für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und auch den Bericht des UN-Sonderberichterstatters über Folter. Tendenziell macht sie damit auf Landesebene sogar das Bundeswahlprogramm 2017 der eigenen Partei unglaubwürdig, in dem auf Seite 32 die gewaltfreie Psychiatrie versprochen wurde: Wir wollen eine gewaltfreie Psychiatrie und die Abschaffung von Sondergesetzen.
Noch deutlicher wird dies durch diese Forderung, Zitat: „Die Partei DIE LINKE wird sich … dafür einsetzen, dass die für die Erstattung entsprechender Gutachten zu zahlenden Honorare erhöht werden.“ Also mehr Geld für Gutachten, die die Foltermaßnahmen rechtfertigen sollen, statt die Foltermaßnahmen abzuschaffen. Damit sollen noch mehr Mittel in das Kerkersystem mit Folterregime fleißen, wie Michel Foucault die Zwangspsychiatrie zutreffend genannt hat. Welche Schlussfolgerung daraus zu ziehen ist, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.
. - Die SPD hat sich entschuldigt, es nicht geschafft zu haben, innerhalb der Frist auf unsere Whalprüfsteine zu antworten, siehe hier. Die Grünen und die FDP haben ohne jegliche Erklärung nicht geantwortet, ob aus Ignoranz, Missachtung oder weil sie vermeiden wollen, sich zu den Foltergesetzen zu äußern, um damit behaupten zu können, sie hätten eine weisse Weste, auch wenn sie sich nie von diesen Sondergesetzen distanziert haben, mag dahingestellt bleiben. Daraus eine Schlussfolgerung zu ziehen bzw. eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.
Wegen der erwähnten Vorbehalte können wir bei dieser Landtagswahl KEINE Wahlempfehlung geben.[Da die AfD offenkundig mit Rechtsradikalen verwoben ist, können wir nur ganz besonders von deren Wahl abraten – wo diese in Deutschland an die Macht gekommen waren, hatten sie den Ärzten freie Bahn für den systematischen Massenmord in den Psychiatrien verschafft.]
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