Mittwoch, 24. September 2014
Mexiko: Die Befragung der Indigenen Völker zwischen Wunschdenken und Wirklichkeit
(Berlin, 23. September 2014, npl).- Auf der heutigen (22. September) Eröffnungsfeier der ersten UNO-Weltkonferenz über Indigene Völker sprach auch Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto. Er mahnte an, dass Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Diskriminierung immer noch eine „schmerzliche Realität“ der indigenen Völker seien. Unter anderem mit Hinweis auf die mexikanische Verfassung führte er aus, dass in seinem Land das Recht der indigenen Gemeinden auf Selbstbestimmung garantiert sei. Seine Regierung habe in Erfüllung internationaler Verpflichtungen einen respektvollen und direkten Dialog mit unterschiedlichen Gemeinschaften geführt, um die öffentliche Politik und Infrastrukturprojekte in ihren Gebieten zu orientieren.
Genaue Regelung zur Befragung fehlt in Mexiko
Die Situation der mehr als 15 Millionen Indígenas in Mexiko könnte auch anders interpretiert werden. Dies fängt schon bei formalen Aspekten an. So ratifizierte das Land zwar bereits 1990 die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Indigene Völker und Stämme und ebenso die UNO-Erklärung über die Rechte der Indigenen Völker von 2007. Doch bis heute hat der mexikanische Kongress kein Gesetz verabschiedet, das die in beiden Dokumenten vorgesehene obligatorische Befragung der indigenen Völker vor der Durchführung von Projekten, die ihre Böden, ihre Territorien und ihre Ressourcen beeinträchtigen, genauer regelt.
Dies ermöglicht insbesondere bei großen Infrastrukturvorhaben, die Territorien indigener Gemeinden und Völker einbeziehen, ein dem Staat und den Firmen genehmes Vorgehen hinsichtlich der Befragungsmodalitäten und der ausgewählten indigenen „Repräsentanten”. Eine wirkliche Befragung, die laut UNO-Erklärung zum Ziel hat, die „freie, vorherige und informierte Zustimmung“ – ein verbindliches Veto ist bisher nicht vorgesehen – der indigenen Völker zu erhalten, ist daher Wunschdenken.
Zweifel an einem ernsthaften Regierungswillen
Erst vereinzelt hat sich die mexikanische Justiz an dem internationalen Rechtsinstrument der freien, vorherigen und informierten Zustimmung orientiert. So wurden Projekte zumindest auf dem Papier gestoppt, wenn eine Befragung überhaupt nicht stattfand beziehungsweise eher einer Farce ähnelte. Ein Beispiel sind die richterlichen Verfügungen gegen die Aussaat von Gensoja auf der von den Mayas bewohnten Halbinsel Yucatán. Ein anderes Beispiel ist der Justizentscheid gegen den Bau einer Wasserleitung und die Wasserentnahme auf dem Territorium der Yaqui im Bundesstaat Sonora.
Gerade letzterer Fall zeigt jedoch, dass selbst Gerichtsurteile von der Exekutive teilweise ignoriert und der soziale Protest kriminalisiert werden. Zudem lassen die gerade erst in Mexiko verabschiedeten Ausführungsgesetze der Energiereform Zweifel an einem ernsthaften Regierungswillen aufkommen, auf indigene Rechte Rücksicht zu nehmen. Der Bodennutzung für den Bergbau- und Energiesektor wird in diesen Gesetzen absoluter Vorrang vor anderen Nutzungen eingeräumt.
Ban Ki-moon: Versprechen reichen nicht
Dennoch wird Mexiko das Schlussdokument der Weltkonferenz, in dem die „freie, vorherige und informierte Zustimmung“ ausdrücklich erwähnt wird, sicherlich mitunterzeichnen. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte da bei seiner Ansprache schon recht. Es sei sehr wichtig, Versprechen der Regierungen zu bekommen. „Aber noch wichtiger ist es, Aktionen zu sehen.“
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