Sonntag, 8. Dezember 2013
"Bali-Pakt": Ein historisches Knebelabkommen zugunsten des internationalen Finanzkapitals
Am 5. Dezember 2013 drohte der sogenannte "Bali-Pakt" noch zu scheitern. Heute Nacht wurde es dann doch abgeschlossen: Das erste Welthandelsabkommen nach der Gründung der World Trade Organization (WTO – Welthandelsorganisation) 1995. Vertreter von 159 WTO-Mitgliedsstaaten unterzeichneten bei ihrer 9. WTO-Ministerkonferenz auf der indonesischen Insel Bali – etliche bis zum Schluss widerstrebend – ein Vertragswerk, das eine neue Stufe der Liberalisierung des Welthandels unter dem Diktat des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals markiert. Der Brasilianer Roberto Azevêdo, WTO-Generaldirektor seit September 2013, war über das Abkommen, das erneut Hundertausende oder Millionen kleiner Bauern in den Entwicklungsländern ruinieren wird, zu Tränen gerührt.
Angeblich käme der vereinbarte "Abbau von Agrarsubventionen", die Vereinfachung von Zollformalitäten im grenzüberschreitenden Warenverkehr sowie erleichterte Exportmöglichkeiten besonders armen Entwicklungsländern zugute. Indien, das mit 46 anderen Ländern zusammen Front gegen das WTO-Abkommen machte, wurde der egozentrischen Subventionspolitik bezichtigt. Neben den USA und der EU machten sich auch Staaten wie Pakistan und Thailand für das Abkommen stark. Tatsächlich geht es um das komplette Aufbrechen der Märkte für die Produkte der internationalen Agrarübermonopole. Ganz offen formuliert die FAZ, es ginge um nichts anderes als den "freien Zugang für die Waren und Dienstleistungen des Westens zu den Märkten der Schwellenländer". Die angeblichen Vorteile für Entwicklungsländer entpuppen sich als Heuchelei. Theoretisch können z.B. arme Bauern in Bolivien genauso zollfrei Lebensmittel nach China exportieren wie Nestlé. Jeder weiß, dass das in der Praxis nicht vorkommen wird, dass aber der komplette Wegfall staatlicher Maßnahmen zum Schutz heimischer Wirtschaft vor der ausländischen Konkurrenz gerade die kleinen Bauern in den Entwicklungsländern ruiniert.
Das im August 2013 in Neu-Delhi auch im Hinblick auf das indische Wahljahr 2014 verabschiedete Nahrungsmittelprogramm namens "National Food Security Act" ist den internationalen Agrar- und Handelsmonopolen ein Dorn im Auge. Das Programm beinhaltet, dass der Staat Getreide aus der heimischen Landwirtschaft aufkauft und es verbilligt an die Bevölkerung gibt. In Deutschland wurde der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) deutlich: "Auch die letzten Blockierer sollten das Gesamtinteresse ihrer Länder im Auge behalten und sich einen Ruck geben", forderte Stefan Mair von der BDI-Spitze.
Der "Bali-Pakt" setzt jetzt solchen Programmen zur Sicherung der Ernährung enge Grenzen. An Indien als potentiellen "Blockierer" wurde das Zugeständnis gemacht, dass es "in Krisenzeiten" sein Getreideprogramm fortsetzen kann. Das Programm darf aber auf keinen Fall auf eine breitere Palette von Lebensmitteln wie Linsen oder Milch ausgeweitet werden. Zudem gilt die Ausnahmeregel nur für schon bestehende Programme.
Auch "Brot für die Welt" kritisiert die WTO-Freihandelsregelungen als ein großes Hindernis im Kampf gegen Hunger und Armut. "Die WTO", heißt es schon in "Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'", "schwenkt die Flagge der freien Konkurrenz, im Grunde geht es aber nur darum, nationale Barrieren aus dem Weg zu räumen, damit die internationalen Monopole sich in jeder beliebigen Volkswirtschaft ausbreiten und sie sich unterordnen können" (Seite 384). Wie in dem Buch von Stefan Engel weiter nachgewiesen wird, verlangt die Neuorganisation der internationalen Produktion eine immer direktere Einflussnahme internationaler Organisationen wie der WTO. Umso bedeutsamer ist der Zusammenschluss der internationalen Arbeiterklasse und der Unterdrückten weltweit gegen das internationale Finanzkapital, insbesondere die Stärkung der ICOR.
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