Mittwoch, 27. August 2025
Musterrede gegen Mittelstreckenwaffen zum Antikriegstag 2025
„Keine Mittelstreckenwaffen in Europa!“
Liebe Freundinnen und Freunde,
zum Anlass des Antikriegstages – dem Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen 1939, in dessen Folge Menschen weltweit die schrecklichen Folgen von Krieg am eigenen Leib erleiden mussten – mahnen wir laut und deutlich: Nie wieder Krieg!
Heute erleben wir eine weltweite viele Kriege und beobachten eine massive Aufrüstung. Laut dem Osloer Friedensforschungsinstitut PRIO gab es 2024 so viele bewaffnete Konflikte wie seit 70 Jahren nicht mehr und laut SIPRI wurden 2,7 Billionen US-Dollar fürs Militär ausgegeben. Für uns ist klar: Aufrüstung schafft keine Sicherheit!
Das zeigt sich wie im Brennglas am Bespiel der landgestützten Mittelstreckenwaffen: Diese Waffengattung wurde gegen Ende des Kalten Kriegs mit dem INF-Vertrag komplett auf Seiten der USA und der Sowjetunion verbannt. Der Vertrag verbot landgestützte Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite zwischen 500 km und 5.500 km sowie Startvorrichtungen und die zu ihrer Stationierung notwendige Infrastruktur. Und das hatte gute Gründe, die auch heute noch immer Gültigkeit haben: landgestützte Mittelstreckenraketen können schnell verlegt und in Einsatzbereitschaft versetzt werden. Sie erreichen innerhalb von Minuten ihr Ziel – die Vorwarnzeit schrumpft, die Eskalationsgefahr wächst! Der Vertrag war ein Meilenstein der Abrüstung, der einen Ausweg aus der Unsicherheit der Abschreckungslogik aufzeigte. Sicherheit wurde auf dem Weg der Diplomatie und Abrüstung geschaffen.
2019 kündigte der damalige und jetzige US-Präsident Donald Trump den Vertrag nach jahrelangen gegenseitigen Vorwürfen der Vertragsverletzung auf, Wladimir Putin folgte dem unmittelbar. Das Interesse am INF-Vertrag war zu diesem Zeitpunkt längst erloschen. Die im Vertrag vorgesehenen Streitschlichtungsmechanismen wurden zunächst nur zögerlich, später gar nicht mehr genutzt. Gegenseitige Einladungen zur Verifikation, um die Vorwürfe auszuräumen, wurden weder von Russland noch von den USA angenommen.
Heute ist klar: Mittelstreckenwaffen sind zurück in Europa. Die USA haben am 10. Juli 2024 gemeinsam mit der Bundesregierung am Rande des NATO-Gipfels in Washington angekündigt, wieder landgestützte Mittelstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren: Marschflugkörper vom Typ Tomahawk und ballistische Raketen vom Typ SM-6 in einer modernisierten Variante mit einer Reichweite von jeweils ca. 1.600 km sowie den Hyperschallgleiter Dark Eagle mit einer Reichweite von über 2.700 km. Keine der Waffen sind derzeit nuklear zu bewaffnen. Sie sind der zweiten Multi-Domain Task Force in Wiesbaden unterstellt und sollen ab 2026 voraussichtlich in Grafenwöhr stationiert werden. Eine Entscheidung der Trump Administration steht noch aus, soll aber noch diesen Herbst erfolgen.
Aber selbst, wenn es unter der jetzigen Trump-Administration zu einer Rücknahme des Stationierungsbeschlusses kommen sollte, werden Waffen in dem Bereich der genannten Reichweiten kommen. Deutschland plant gemeinsam mit europäischen Verbündeten unter den Namen ELSA ein eigenes landgestütztes Waffensystem mit einer Reichweite zwischen 1.000 km und 2.000 km zu entwickeln. Deutschland beabsichtigt zudem, bis dahin zur Überbrückung sowie, als Ersatz oder Ergänzung für die amerikanischen Waffen, die Startvorrichtung Typhon zu kaufen, von der aus die Tomahawk Marschflugkörper und SM-6 Raketen gestartet werden können. Der Hersteller Lockheed Martin hat in Aussicht gestellt, das System bei baldigem Auftragseingang noch 2026 liefern und europäische Flugabwehrraketen integrieren zu können.
Der Einsatz von Mittelstreckenwaffen in Europa ist letztes Jahr schon zur Realität geworden: Am 21. November 2024 feuerte Russland die Mittelstreckenwaffe Oreschnik auf eine ukrainische Waffenfabrik ab. Russland, das erst wenige Tage zuvor seine Nukleardoktrin überarbeitet und die Einsatzschwelle für Atomwaffen gesenkt hatte, informierte die USA kurz vor dem Start, dass die Rakete keine Atomsprengköpfe trage. Putin erwähnte in seinem Statement zum Einsatz, dass die Rakete – Zitat – „in diesem Fall“ nicht nuklear bestückt war. Eine brandgefährliche Aussage! Und diese Waffen sollen noch dieses Jahr in Belarus stationiert werden.
Wir wollen deutlich machen: Der Abschreckungswettlauf schafft keine Sicherheit. Von der russischen Exklave Kaliningrad aus kann Russland schon heute mit den dort stationierten Waffen das gesamte Baltikum, Polen und die Strecke mindestens bis Berlin abdecken. Mit Oreschnik kann von Belarus aus ganz Europa abgedeckt werden. Umgekehrt reicht die Dark Eagle, die von den angekündigten US-Waffen die höchste Reichweite hat, bis weit hinter Moskau. Fühlt ihr euch schon sicherer? Unsere Antwort ist eindeutig: NEIN!
Deshalb fordern wir:
Keine neuen landgestützten Mittelstreckenwaffen, nicht in Deutschland, nicht in Russland, nirgendwo in Europa!
Dialog statt Aufrüstung! Verhandlungen zwischen den USA, Russland und gegebenenfalls weiteren Staaten über einen neuen Mittelstreckenvertrag!
Nicht Auflösung, sondern Stärkung des Völkerrechts und der Abrüstung!
Und wir fordern neue Initiativen für eine gemeinsame Sicherheit und Zusammenarbeit!
Das schafft auf Dauer Sicherheit in Europa!
Liebe Freundinnen und Freunde,
der Antikriegstag erinnert uns an die Vergangenheit – und fordert uns heraus, heute konsequent für den Frieden zu handeln. Mittelstreckenwaffen sind keine „Garant für Sicherheit“ – Mittelstreckenwaffen schaffen Unsicherheit und können schnell zur Eskalation führen.
Lasst uns ein starkes Signal senden – gemeinsam, laut und entschlossen. Für ein Europa ohne Mittelstreckenwaffen! Für eine Friedensordnung, die auf Völkerrecht und Solidarität basiert – nicht auf Angst und Abschreckung.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit – und euren Einsatz für eine friedliche Zukunft!
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