Montag, 8. September 2014
Sind die BRICS-Staaten ein gleichberechtigtes Bündnis?
Quelle: https://vk.com/wall-72901692_56
Übersetzung: Florian Geißler, Jena
Das Gipfeltreffen der Länder — Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika — in der Stadt Fortalese kennzeichnet den Beginn einer neuen Stufe der Zusammenarbeit auf den verschiedenen Gebieten der Industrie und Wirtschaft, von der Erforschung und Gewinnung von Kohlenwasserstoff bis zur Herstellung geeigneter Finanzstrukturen, die eine entsprechende Alternative zu westlichen Geldinstituten werden sollen. Wobei die Formierung eines neuen Bündnisses bestmöglich übereingestimmt mit dem Zeitpunkt der militär-politischen Krise in der Ukraine, mit der Einleitung der von den USA und einigen westlichen Ländern erlassenen politischen und handels-ökonomischen Sanktionen (zum Beispiel gegen die Reihe von „effektiven Managern“, die in den Führungen der verschiedenen „nationalen Besitztümer“ stehen, wurden zur persona non grata in Ländern, die zu den Initiatoren der Sanktionen gehören — die USA, Kanada, führende Staaten der EU und Japans). Aber die Teilnehmer des Gipfels haben Wladimir Putin eidesstattlich versichert, dass sich ihre Länder den gegen Russland gerichteten Sanktionen nicht anschließen werden…
Die BRICS-Entwicklungsbank, deren Umfang sich auf 100 Mrd. Dollar beläuft, soll einen Reservefonds für die Teilnehmer bilden zum Schutz ihrer Wirtschaften vor Wirtschaftskrisen und für Umrechnungen in die nationalen Währungen.
Der Präsident Russlands begann seine Südamerikarundreise auf der „Insel der Freiheit“, wo er, nachdem er sich mit dem Führer der kubanischen Revolution Fidel Castro getroffen und ihn freundschaftlich umarmt hatte, mit seinem Bruder Raul eine Reihe von Verträgen unterschrieb. So erließ Putin den Kubanern 90 % ihrer Kreditschulden die noch aus Zeiten der UdSSR stammten. Außerdem gewährte der neue Commandante, der sich noch gut an die revolutionäre Vergangenheit und die langjährige kubanisch-sowjetische Freundschaft erinnern konnte, das Recht auf den Abbau der Ölvorkommen von Boca de Jaruco[1]. Bei den Verhandlungen ging es auch um die Errichtung einer Station im Rahmen des GLONASS-Projektes[2] der Russischen Föderation.
Auf der Besuchsliste stand außerdem ein Land, welches ebenfalls auf Seiten der Russischen Föderation steht, und das die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens anerkannt hat, nämlich Nicaragua. Interessanterweise ging das Gerücht um, dass W. Putin seinem Kollegen, dem Sandinistischen Revolutionsführer, Daniel Ortega, zureden würde, die „Rückkehr“ der Krim in die Russische Föderation anzuerkennen.
Als W. Putin beim Endspiel der Fußballweltmeisterschaft weilte, übernahm er die Stafette für die Durchführung der Weltmeisterschaften in Moskau, Sankt Petersburg, Saransk und weiteren russischen Städten.
Alle diese Ereignisse waren von der Mehrheit der russischen Bevölkerung als das Sammeln eines neuen politischen Blocks als Gegengewicht zu den USA wahrgenommen worden…
Warum widmet Russland den südamerikanischen Ländern letzthin so viel Aufmerksamkeit?
Erstens sind die Länder Kuba und Venezuela langjährige Partner der Russischen Föderation bei der Erdöl- und Kohleverarbeitung und Käufer verschiedenartiger russischer Ausrüstungen.
Zweitens sind Brasilien, als Mitglied der BRICS-Organisation, und Argentinien, als einer der möglicherweise künftigen Teilnehmer dieser Organisation, in ökonomischer Hinsicht führend auf dem südamerikanischen Kontinent, und sie verfügen über einen Millionenabsatzmarkt.
Und drittens hat bisher kein anderer Teil der Welt, wie Lateinamerika, den Einfluss des amerikanischen Imperialismus so stark empfunden und sah sich so sehr dem Druck nationaler Regierungen, die im Interesse amerikanischer Monopole arbeiten, und großen kurzlebigen Diktatoren ausgesetzt, welche einander „auf Befehl“ der CIA ablösten. Die Popularität der BRICS-Organisation liegt also auch in ihrer Rolle als anti-us-amerikanische Organisation begründet.
Aber in dem Wunsch keimt auch der Gedanke, die wachsende Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik der Teilnehmerländer des Gipfeltreffens (wie man, sagen wir, in Brasilien im Zusammenhang mit den Protesten gegen die wahnsinnigen Ausgaben für die Olympiade und den Zusammenstößen mit der Polizei feststellen konnte) in ein anderes „Flussbett“ zu leiten, um der us-amerikanischen Politik entgegenzutreten und der westlichen Globalisierung einen gewissen Schlag zu verpassen.
Inwiefern ist solcher „Schlag“ stark genug? Wir werden sehen. Das BRICS-Bündnis muss erst, wie die Teilnehmer des Gipfeltreffens sagen, ein gleichberechtigtes Bündnis werden. Fürs erste man muss feststellen, dass alle Länder sich entwickeln und kapitalistisch sind, das heißt, jedes der Länder vertritt seine eigenen Interessen, die manchmal anderen Länder widersprechen, oft sogar einem anderen Teilnehmerland dieses Blocks. Ein auffälliges Beispiel dafür sind die territorialen Streitigkeiten zwischen China und Indien, die schon eine längere Zeit andauern und bis zu militärischen Konfrontationen führten: einige Grenzbezirke im Bergland Indiens zu Tibet waren durch die Volksrepublik China besetzt, und im Verlaufe des chinesisch-indischen Grenzkrieges von 1962 okkupierte Indien die ganze Provinz Arunatschal-Pradesch. Wenn man berücksichtigt, dass die Bevölkerung jedes dieser Länder bereits die Milliardengrenze seit langem überschritten hat, so gibt es keine überflüssigen Gebiete, und die Flamme eines neuen Krieges wird wieder entbrennen.
Die Republik Südafrika gehört mit ihren Naturschätzen, wie z.B. mit den berühmtesten Diamantvorkommen der Erde und ihrer Goldindustrie, seit der Annexion während der englisch-burischen Kriege in Transwaal und der Orangen Republik dem angloamerikanischen Kapital unter dem Namen Anglo-American PLC, denen mehr als 80% der Aktien des weltgrößten Rohdiamantenherstellers „De Beers“ gehören. Somit verfügt die Gesellschaft „De Beers“ über das Monopolrecht über den Abbau von Diamanten (mit einer Entstehungszeit vor ungefähr 530 Mio. Jahren) in der hochproduktiven Diamantmine Weneschia. Der Reingewinn von „De Beers“ betrug 2008 etwa 90 Mio. Dollar. (Siehe http://www.bfm.ru/news/13150)
Sogar das unter den fünf Ländern ökonomisch am weitesten entwickelte China, welches die Welt mit „Stachanowschen“ Wachstumsraten seines Bruttosozialproduktes in Erstaunen versetzte, befindet sich auf technologischem Gebiet (Lieferungen von Maschinen und Ausrüstungen, Fahrzeugen und Ersatzteilen) in Abhängigkeit von den USA
Der Umfang des internationalen Handels mit der Volksrepublik China betrug im Jahre 2013 ca. 4,16 Trillionen Dollar. Der allgemeine Warenumsatz zwischen China und die USA hat schon die Marke von 600 Mrd. Dollar erreicht. Gleichzeitig ist von 1985 bis 2000 der amerikanische Export nach China von 3,9 Mrd. Dollars bis auf 16,3 Mrd. Dollars angestiegen, d.h. es lohnt sich nicht, über eine offene Konfrontation der Volksrepublik China und der USA zu reden, und die chinesische Regierung hat nicht irgendwelche Sanktion zu befürchten.
Wir kommen nun zu dem klaren Schluss, dass man unter dem Namen BRICS kein Bündnis gleichberechtigter Teilnehmer sehen kann, zumal jedes dieser Länder privatkapitalistische Interessen vertritt. Zum Beispiel hat China den besten Platz unter der Sonne durch die Schwächung seines einstigen asiatischen Konkurrenten, des benachbarten Japans, erreicht; andere Teilnehmer, zum Beispiel, Russland, sind wie der Absatzmarkt der Ware nötig. Natürlich haben die russischen und chinesischen Gesellschaften, die in der Erdöl verarbeitenden Branche arbeiten, seit langem auf die Umrechung in Dollar verzichtet und sind auf den Yuan übergegangen. Auch ist offensichtlich, dass sich alle BRICS-Teilnehmerländer in enger Verflechtung befinden, wenn nicht sogar in Abhängigkeit, vom amerikanischen Kapital.
Für den Dollar, als Monopolisten im Finanzsektor, und für die USA, als Monopolisten in der Welt, wird der Schlag von BRICS sicher schmerzhaft, aber wie gesagt, nicht tödlich sein.
[1] Boca de Jaruco, reiche Erdöllagerstätte im Norden der Republik Cuba.
[2] GLONASS-Projekt, Erforschung und Nutzung des kosmischen Raumes zu friedlichen Zwecken
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