Mittwoch, 27. Oktober 2021

NEWS POLITISCHE GEFANGENSCHAFT Immer noch hinter Gittern - 37 Jahre Haft: Kampagne und Aufruf zu Freilassung von politischem Aktivisten Abdallah

Am Montag hat für den am längsten einsitzenden politischen Gefangenen Europas, Georges Abdallah, das 38. Jahr hinter Gittern begonnen. Zum Abschluss einer monatelangen internationalen Kampagne für seine Freilassung demonstrierten am Sonnabend etwa 600 Personen vor den Gefängnistoren von Lannemezan im Süden Frankreichs, wo er gefangengehalten wird. Zuvor war ein Aufruf zu seiner Freilassung veröffentlicht worden, der von Hunderten Organisationen und Einzelpersonen in der ganzen Welt unterschrieben wurde, darunter Angela Davis, Noam Chomsky, Étienne Balibar und Antonio Negri, um nur einige zu nennen. Georges Ibrahim Abdallah ist ein libanesischer Kommunist maronitisch-christlicher Herkunft, der sich, als er noch ein junger Lehrer im Norden Libanons war, für den Kampf der Palästinenser zu interessieren begann. Wie in dem oben genannten Aufruf dargelegt, verließ er die nördliche Berggegend während der israelischen Invasionen im Libanon 1978 und 1982, um sich der Mobilisierung gegen die israelische Besatzung anzuschließen, als die dauernden Militäreinsätze der palästinensischen und libanesischen Bevölkerung Tod und Vernichtung brachten. Die Bombardierungen trafen vor allem die Zivilbevölkerung, und die Grausamkeit erreichte ihren Höhepunkt im September 1982 mit den Massakern in den Flüchtlingslagern von Sabra und Schatila. Wie der Aufruf weiter ausführt, war Abdallah in diesem Zusammenhang einer der Gründer der FARL (Fractions Armées Révolutionnaires Libanaises), die für mehrere Aktionen in Frankreich verantwortlich zeichnen, darunter die Tötung des CIA-Mitarbeiters Charles Ray im Jahr 1982 und eines Agenten des israelischen Mossad, Yacov Barsimentov, im darauffolgenden Jahr. Nach seiner Verhaftung in Lyon am 24. Oktober 1984 wurde Abdallah in einem politischen Prozess voller Fragwürdigkeiten wegen Beteiligung an einem Mord zu lebenslanger Haft verurteilt. Zum Beispiel stellte sich nach dem Prozess heraus, dass sein erster Anwalt, Jean-Paul Mazurier, für den französischen Nachrichtendienst arbeitete. Vor allem wurde Abdallah fälschlicherweise beschuldigt, gemeinsam mit seinen Brüdern für die Attentate in der Rue de Rennes in Paris 1986 verantwortlich gewesen zu sein, ein Vorwurf, der erst später zurückgenommen wurde. Nach französischem Recht ist Abdallah seit 1999 berechtigt, auf Bewährung entlassen zu werden. Seitdem hat er achtmal seine Freilassung beantragt, ohne Erfolg. Dahinter standen nicht zuletzt die USA. Der Haftrichter beschloss 2013 endlich Abdallahs Freilassung, unter der Bedingung, dass er in den Libanon abgeschoben wird. Der damalige Innenminister Manuel Valls weigerte sich aber, den Abschiebungsbeschluss zu unterzeichnen, mit der Begründung, dass Abdallah keinerlei Reue bekunde. Der französische Staat und hinter ihm nicht zuletzt die USA blieben unnachgiebig. Abdallah blieb im Knast. Im März dieses Jahres erhielt der politische Gefangene zum dritten Mal Besuch des Botschafters Libanons in Paris, Rami Adwan, diesmal zusammen mit Marie-Claude Najm, der Justizministerin des bis September regierenden Kabinetts von Hassan Diab. Bei dieser Begegnung sprachen beide nochmals ihre Unterstützung für die Freilassung von Georges Abdallah aus. Für die Forderung nach seiner Freilassung –»eine einfache Forderung nach Gerechtigkeit« – hat sich seit langer Zeit eine breite Mobilisierung in zahlreichen Ländern weltweit entwickelt, nicht nur in Frankreich und im Libanon, wo ihn seine Familie und zahlreiche Menschen und Organisationen unterstützen, sondern auch in Palästina. Dort wird er als einer der 4.650 palästinensischen politischen Gefangenen betrachtet. Von Ron Augustin junge Welt 26.10.21

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