Mittwoch, 24. September 2014

DIE LINKE MUSS SICHTBARES PROFIL (ZURÜCK)GEWINNEN!

18. September 2014 Erklärung zu den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen vom BundessprecherInnenrat der Sozialistischen Linken (SL) Sinkende Wahlbeteiligung – Krise der Demokratie Die Ergebnisse der vergangenen Landtagswahlen in Sachsen (31.8.), Brandenburg und Thüringen (beide am 14.9.) werfen Fragen auf, denen sich DIE LINKE stellen muss. Wir betrachten mit großer Sorge, dass die Wahlbeteiligung auf etwa die Hälfte der Wahlberechtigten (Thüringen: 52,7%) oder sogar darunter abgesunken ist (Sachsen: 49,2%; Brandenburg: 47,9%). Ganz gleich, welche Farben die nächsten Landesregierungen tragen: Sie repräsentieren deutlich nur eine Minderheit der Wahlberechtigten. Besorgniserregend finden wir, dass in allen drei Ländern die Rechtspartei AfD mit hohen Ergebnissen (Sachsen: 9,7%; Brandenburg: 12,2%; Thüringen: 10,6%) in die Landtage einzieht. DIE LINKE hat es nicht geschafft und weitgehend nicht einmal versucht, eine linke Alternative, möglicher Ausdruck von Protest und Ansprechpartnerin sowie Interessenvertreterin für sozial und politisch Benachteiligte und Enttäuschte zu sein, und sie damit zur Wahl der LINKEN zu motivieren. Dazu gehört auch Opposition gegen die Unterordnung der Politik unter Konzerninteressen und die geplanten Freihandels- und Investitionsschutzabkommen. Den aufhaltsamen Aufstieg der AfD stoppen! Die Schadenfreude von manchen über den Absturz der FDP war voreilig. Der Marktradikalismus der FDP droht mit der AfD ersetzt zu werden durch einen rechtspopulistischen Neoliberalismus, der auf Ressentiments gegen MigrantInnen, Homosexuelle und Frauenemanzipation setzt. In Deutschland wiederholt sich jetzt ein Rechtsruck, der in vielen EU-Ländern schon stattgefunden hat. Dagegen wirkt die Politik des Parteien-Mainstreams hilflos. Unsere Wahlstrategie sowohl bei der EU-Wahl als auch bei den Landtagswahlen wollte die AfD als vernachlässigbar „übergehen“. Auch wegen der mangelnden Klarheit unserer Politik gegenüber der EU hat die AfD im Wesentlichen von der CDU und von uns (neben den NichtwählerInnen) profitiert. Das wäre vermeidbar gewesen. Nicht durch irgendeine Form der Anpassung an deren rechte Politik, sondern durch auch gegen die Politik der NATO, der EU und der Bundesregierung kritisch zugespitzte demokratische, sozialstaatliche, antirassistische und friedenspolitische Positionen. Gelänge es, unzufriedene WählerInnen anzusprechen, die kein ausdrücklich rechtes Parteienangebot suchen, könnte der WählerInnen-Zustrom zur AfD zumindest gebremst werden. DIE LINKE ist hier besonders gefordert, denn viele WählerInnen auch der AfD fordern soziale Gerechtigkeit. Durch populäre Ansprache bei gleichzeitigem Kampf gegen menschenfeindliche Vorurteile muss versucht werden, diese Menschen (zurück)zu gewinnen. Profilstarken Oppositions-Wahlkampf nicht scheuen! Die Ausgangssituation war in den drei Bundesländern sehr unterschiedlich. In Sachsen hat DIE LINKE mit einer strukturellen Mehrheit rechts von SPD, Grünen und ihr selbst zu kämpfen. Die NPD scheiterte nur denkbar knapp am Wiedereinzug in den Landtag, die AfD wurde beinahe zweistellig, die SPD ist historisch schwach. Dennoch blieb DIE LINKE unter ihren Möglichkeiten, gegenüber der vorherigen Landtagswahl verlor sie ca. 15000 Stimmen. Leider wurde davor gescheut, einen deutlicher an den Interessen der Lohnabhängigen und sozial Ausgegrenzten orientierten, populären Oppositions-Wahlkampf zu machen. Dieser hätte nicht nur das Profil der LINKEN verdeutlicht, sondern auch der o.g. Situation besser entsprochen. Stattdessen betonte die Landespartei ihre vermeintlich über den Klassenauseinandersetzungen stehende Position und sendete während des Wahlkampfes problematische Signale an die Gewerkschaften. Streitlustig sein, auch in der Regierung! DIE LINKE in Brandenburg hat über 193.000 und damit mehr als die Hälfte ihrer WählerInnen verloren. Das liegt zum einen an „strukturellen“ Gründen: Die Landtagswahl 2009 kam wegen gleichzeitiger Bundestagswahl auf eine höhere Wahlbeteiligung. Erfolge der LINKEN in der rot-roten Landesregierung wurden vornehmlich der größeren Koalitionspartnerin SPD gutgeschrieben oder wenig gewürdigt (u.a. Vergabegesetz mit Mindestlohn und Einschränkung der Leiharbeit, Schüler-BAföG, Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, Stärkung öffentlicher Daseinsvorsorge, Erhalt von Krankenhäusern und Schulstandorten, Senkung des KiTa-Betreuungsschlüssels, bessere Finanzierung der Kommunen, mehr LehrerInnen an Schulen), während andere Themen für DIE LINKE negativ wirkten (BER, Zwangsfusion der Lausitzer Hochschulen, Polizeireform, Stundenausfall an Schulen, Braunkohle). Das größte Problem der LINKEN war die Mobilisierung, d.h. die Gewinnung neuer und das Halten bisheriger WählerInnen. Trotz der o.g., schwierigen Ausgangsbedingungen sehen wir hausgemachte Defizite im Wahlkampf und Auftreten des Spitzenpersonals. DIE LINKE stach nicht heraus aus dem unpolitisch gehaltenen Wahlkampf nahezu aller Parteien. Sie versuchte auch nicht (mehr), unzufriedene WählerInnen durch populäre Ansprache und weitertreibende Forderungen zu gewinnen. Stolz auf eigene Erfolge und Streben nach Kontinuität dürfen DIE LINKE nicht abhalten von Streitlustigkeit und dem Willen, eine klare linke Orientierung zu geben. Mit dem linken Programm ernst machen – für den Politikwechsel in Thüringen! Relativ hat DIE LINKE in Thüringen das beste Landtagswahlergebnis der Partei überhaupt erzielt; absolut betrachtet gab es leichte Verluste von ca. 23000 Stimmen. Wir gratulieren den GenossInnen und ihrem Spitzenkandidaten Bodo Ramelow. DIE LINKE hat dort klar auf einen Politikwechsel gesetzt und ihren Führungsanspruch deutlich gemacht. In ihrem 100 Tage-Programm zeichnet DIE LINKE Einstiegsvorhaben für diesen Wechsel: Abschaffung des Betreuungsgeldes, Vergabegesetz mit Auflagen zu Mindestlohn, Tariftreue und weitere soziale Kriterien, finanzielle Stärkung der Kommunen, humane Flüchtlingspolitik und Abschiebestopp, mehr LehrerInnen und „klare Kante“ gegen die extreme Rechte usw. Eine von der LINKEN geführte rot-rot-grüne Landesregierung, die diese Forderungen umsetzt, wäre ein wichtiges Signal, dass Schritte zu einem Politikwechsel für soziale Gerechtigkeit auf Landesebene möglich sind, wenn es von den Partnerinnen gewollt wird. Dazu gehört auch, öffentlich wirksamen Druck zu entwickeln für einen Politikwechsel auf Bundesebene. Dort entwickeln sich SPD und Grüne seit der Bundestagswahl zunehmend in eine ganz andere Richtung. Sie verweigern eine gerechte Steuerpolitik und soziale Umverteilung, die notwendige Abkehr von der Kürzungspolitik in Deutschland und der EU und eine konsequent auf internationalen Ausgleich und Zusammenarbeit ausgerichtete Friedenspolitik. Stattdessen gibt es eine zunehmende Annäherung an die Unionsparteien. Strategiediskussion und klares Profil sind notwendig DIE LINKE muss die Erfahrungen dieser Wahlkämpfe lernen und Konsequenzen daraus ziehen. Die parteipolitische Konstellation hat sich gegenüber 2013 gleich mehrfach geändert. Nicht nur droht die FDP durch die nach rechts offene AfD ersetzt zu werden und die Unionsparteien ihre Abgrenzung nach rechts aufzugeben. Die Bündnisgrünen schielen deutlich auf schwarz-grüne Koalitionen, selbst mit bekanntermaßen rechtskonservativen CDU-Landesverbänden wie in Hessen oder Sachsen. DIE LINKE muss in jedem Wahlkampf mit einem unverwechselbaren Profil, mit klaren und populären Botschaften und Bildern auftreten. Sie braucht profiliertes Spitzenpersonal, das durch sein Auftreten, durch die Glaubwürdigkeit seiner Positionen und seine Streitlustigkeit positiv von den anderen PolitikerInnen unterscheidbar bleiben muss. Die „Atempause“ in der Wahlkampf-armen Zeit muss für eine Strategiedebatte genutzt werden. Bisher hat DIE LINKE immer Stimmen verloren, wenn sie Regierungsverantwortung übernommen hat. Wir müssen diskutieren, wie dies geändert werden kann, wobei die Landesverbände ihre diesbezüglichen Erfahrungen noch besser aufarbeiten und kommunizieren sollten.

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