Montag, 14. Mai 2012

Frankreich, Griechenland, NRW: Neoliberalismus wird abgewaehlt

Das von Angela Merkel gesteuerte Projekt fuer die Etablierung eines autokratischen Systems der EU unter der Kontrolle der Finanzindustrie hat an den vergangenen Wahlsonntagen eine krachende Niederlage erlitten: in Frankreich wurde der willige Partner des Projekts, Nicolas Sarkozy durch Francois Hollande ersetzt, der bereits durch Widerworte auffaellig geworden war und anstelle der Dominanz der Finanzmaerkte erklaerte, sein politischer Gegner sei eben die FInanzindustrie. Dieser Rueckschlag wurde ergaenzt durch die griechische Wahl, die Merkels Politik in Scherben legte, durch ein klares "Nein". Aktuell lecken sich die Vertreter der politischen und finanziellen Elite noch die Wunden dieser verheerenden Niederlage: ueber die Medien laesst man verbreiten,es sei "alles nicht so schlimm", man habe die Lage weiterhin im Griff: so wuerde Hollande schon durch die Kontrolle der Finanzmaerkte zur Raison gebracht werden. Dabei hatte dieser offen erklaert, dass er auf die Konfrontation eben dieser Finanzmaerkte vorbereitet sei und sie erwarte. Dass diese ihn aufstoppen koennen, wie in den 80er-Jahren seinen Vorgaenger Mitterand, der auf diese Konfrontation nicht eingerichtet war, ist damit mindestens zweifelhaft. Hollande sieht sich als Nachfolger Mitterands: er koennte versucht sein, das umzusetzen, woran Mitterand noch unter dem Druck der FInanzmaerkte gescheitert war: eine sozialistische Politik, die den Namen verdient - unter Ausnutzung der Tatsache, dass das Ansehen der FInanzindustrie sich heute dem Nullpunkt angenaehert hat. Pepe Escobar, Analyst der "Asia Times", erwartet nun einen Showdown zwischen den Vertretern dieser gegenlaeufigen Orientierungen: insbesondere zwischen Hollande und dem "Wotan der Austeritaet", dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schaeuble. Man muesse ihn (und die eiserne Kanzlerin) wohl in Stuecke hacken, um sie von ihrer katastrophalen Politik abzubringen. Nach seiner Einschaetzung wird Hollande von seiten der Wallstreet und der Londoner City als groeßere Gefahr betrachtet, als eines Lenin. Erstaunlich war gleichzeitig festzustellen, dass bereits vor dem Bekanntwerden des Endergebnisses der Wahl der Kurs der EU-Finanzpolitik bereits revidiert wurde, um Hollande entgegenzukommen. Ein mindestens ebenso schweres Desaster fuer das Projekt der durch das Finanzsystem kontrollierten EU-Autokratie unter der Geschaeftsfuehrung Angela Merkels bedeutete die Wahl in Griechenland. Ein klareres "Nein" waere nicht denkbar gewesen. Bis zuletzt hoffte man an dem Wahlabend, dass die beiden fuehrenden Parteien, die die Pfeiler des politischen Systems seit mehr als 3 Jahrzehnten bildeten - die konservative "Nea Demokratia" und die sozialistische PASOK - (vergleichbar der CDU und der SPD in Deutschland) mindestens in einer großen Koalition die Kontrolle uebernehmen und das Spardiktat vollziehen koennten. Die Auftraggeber - EU-Kommission, EZB und IWF - waren fraglos davon ausgegangen, dass mindestens dies moeglich sei. Stattdessen kollabierten die Stimmanteile der beiden großen Parteien auf weniger, als die Haelfte gegenueber der letzten Wahl: der PASOK, die 2009 mit 42 Prozent die Regierung uebernahm, blieben noch 13,4%, zusammen erreichten beide gerade 33%. Als groeßte Partei mit 18,7% erhielt die Nea Demokratia einen Zuschlag von 50 Sitzen der gesamt 300 Sitze, und es schien, als wuerde sie so, gemeinsam mit der PASOK mit 151 Sitzen eine knappe Mehrheit stellen. Nachdem auch die Athener Arbeiterbezirke ausgezaehlt waren, verblieben nur noch 149 Sitze. Die Chance auf eine handlungsfaehige große Koalition, die die Sparbeschluesse umsetzen koennte, hatte sich im Laufe des Wahlabends in Luft aufgeloest. Stattdessen war das oppositionelle Linksbuendnis Syriza zur zweitstaerksten politischen Kraft des Parlaments aufgestiegen und die Mehrheit der Gegner des Spardiktats war unuebersehbar. Unuebersehbar war damit auch, dass Angela Merkel und Wolfgang Schaeuble den Bogen ueberspannt hatten: sie hatten die Rechnung ohne das griechische Volk gemacht, Sie haette aufgehen koennen, wenn ihre Forderungen nach Sparmassnahmen weniger weit gegangen waeren: jeweils ein halbes Prozent mehr fuer die beiden kooperativen, bis zu dieser Wahl großen griechischen Parteien haetten die Voraussetzung schaffen koennen fuer deren Regierungsbildung. An ihrer Stelle sind nun die Gegner der EU-Politik Angela Merkels am Ball: die nun sehr wahrscheinlichen Neuwahlen werden nach aktuellen Umfragen das Linksbuendnis Syriza in die Position der staerksten Partei und der Regierungsbildung befoerdern. In aller Eile bemueht sich nun die Elite der EU-Politik zurueckzurudern, den Sparbeschluessen, die nun zunehmende Teile der Bevoelkerung hungern lassen, die Schaerfe zu nehmen, um so den beiden kooperativen Altparteien doch noch die Chance zu geben, in den Neuwahlen erfolgreicher abzuschneiden. Aber auch im europaeischen Parlament verstaerkt sich nun die rebellische Haltung gegenueber der antidemokratischen Agenda der fuehrenden EU-Politiker, an deren Spitze Angela Merkel agiert. Daniel Cohn-Bendit, Europaabgeordneter der Gruenen, erklaert den Fiskalpakt, der den Volksvertretern die Kontrolle ueber die finanziellen Mittel entziehen soll, als "Wahnsinn". Martin Schulz, Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion, hofft auf den Einfluss Hollandes, um die Entwicklung aufzuhalten. Und selbst fuehrende Europa-Parlamentarier der CDU, wie Elmar Brok, aeußern sich inzwischen kritisch zu Merkels Politik, die er vergleicht mit dem Vorgehen Metternichs, der nach der franzoesischen Revolution das Europa der Fuerstenherrschaft wiederherstellte "das ist hier nicht der Wiener Kongress". Angela Merkel sonnte sich bisher in der Vorstellung, dass sie eine sichere Basis habe: eingenordet auf die neoliberale Ausrichtung der großen Medien und die Interessen der Großbanken und Finanzindustrie. Demokratie und die Interessen der Bevoelkerung waren dieser stabilen Basis gegenueber nachrangig, verzichtbar oder laestig. Es handelte sich hier um Probleme, die sich mit unterschiedlichen Manipulationen und Tricks - gemeinsam mit den großen Medien - loesen ließen; so, wie man etwa nach dem Scheitern der EU-Verfassung diese in "Lissabonvertrag" umetikettierte und so die ansonsten faelligen Volksabstimmungen umging. Darueberhinaus half der Lissabon-Vertrag Impulse im Kontext der demokratischen Strukturen zu neutralisieren und den autokratischen Charakter des Systems deutlich zu verstaerken. All dies geraet aktuell in Gefahr: die Wahlergebnisse in Frankreich, Griechenland sowie nicht zuletzt in NRW: den Neoliberalen blaest der Wind nun kalt ins Gesicht. Zwar werden nur wenige den Wahlsieg Hannelore Krafts als Schlag gegen den Neoliberalismus werten: sie war schlau genug, keine ideologischen Statements abzugeben. Wer aber den Blick auf ihre Realpolitik wirft, stellt fest, dass sie sich gegenueber den neoliberalen Vorgaben renitent verhielt: sie tat letztlich Dasselbe, was die oppositionelle, vom linksliberalen SPIEGEL als "Linksradikale" apostrophierten Linken unter Tzipras forderten: Sozialpolitik statt Spardiktat. Ohne viel Worte darueber zu verlieren, ließ sie die Sparziele Sparziele sein und erklaerte das Wohlergehen der Menschen im Land als vorrangig. Linke werden sich weigern, sie als Verbuendete zu betrachten. Dennoch war sie es, die den neoliberalen Trend gestoppt hat und der Sozialpolitik wieder Geltung verschaffte. Sie war es gewesen, die Dasselbe tat, womit Andrea Ypsilanti spektakulaer scheiterte: sie etablierte eine rot-gruene Minderheitsregierung unter Duldung der Linken: sie war so schlau gewesen, diese Option, fuer die die Medien Ypsilanti auf ihrem Scheiterhaufen verbrannten, nicht auszuschließen. Die Moechtegern-Kanzlerkandidaten ihrer Partei ließ sie wie Schuljungen aussehen: konfrontieren musste sie sie nicht: dass deren systemkonformer, neoliberaler Opportunismus mit krachenden Wahlniederlagen abgestraft wurde, hing fuer alle Beobachter sichtbar wie ein boeses Omen ueber Steinbrueck und Steinmeier, die sich in Anbetracht dieser Beschaemung alsbald aus dem Staub machten. Sie werden sich nun Gedanken machen muessen, was sie befaehigen sollte, sich um die Kanzlerkandidatur zu bewerben: nach dem Wahlsieg Krafts sind sie allzu deutlich als Verlierertypen kenntlich, die der Partei schwerste Niederlagen bescherten. Wozu braucht man sie also noch? und ihren neoliberalen Opportunismus? An den Gesichtern der beiden anlaesslich der Verkuendungen des Wahlsiegs von Hannelore Kraft, ist unschwer abzulesen, dass es sich hier um einen schwarzen Tag fuer ihre politische Karriere handelt. Auch Steinbrueck und Steinmeier gehoeren offensichtlich zu den Verlierern dieser Wahl: beide waren und sind letztlich Befuerworter einer neoliberalen CDU-Politik innerhalb der SPD. Die Niederlage von Roettgen und Angela Merkel ist deshalb auch ihre Niederlage. (Tagesschau) Roettgen hatte versucht, Kraft zur Rechenschaft zu ziehen fuer ihre Renitenz gegenueber der neoliberalen Agenda, dafuer, dass sie das Spardiktat schlicht ignorierte. Es gelang ihm nicht, die Hunde hinter dem Ofen vorzulocken, um Kraft zu hetzen; auch seine Waehler blieben uninteressiert und ließen ihn verhungern. Somit bleibt Angela Merkel, deren Politik durch Roettgen in NRW repraesentiert wurde, immer weniger, um Respekt gegenueber der neoliberalen Agenda, die sie als Kanzlerin umsetzt, einzufordern. Es wird enger im Berliner Bunker der neoliberalen Politik. http://www.atimes.com/atimes/Global_Economy/NE08Dj06.html http://www.sueddeutsche.de/politik/europa-in-der-krise-merkels-fiskalpakt-ist-wahnsinn-1.1353502 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2012-05/spd-wahlkampf-bochum

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