Donnerstag, 10. März 2011

DAS LÜGEN-IMPERIUM AUS CIA UND WESTLICHEN MEDIEN

Dies ist der Text eines Vortrags mit dem Titel „Medien als Werkzeug des US-Imperiums“, gehalten in Sabeel beim Ökumenischen Zentrum für Befreiungstheologie auf seiner 8. Internationalen Konferenz in Bethlehem am 25. Februar 2011

DAS LÜGEN-IMPERIUM AUS CIA UND WESTLICHEN MEDIEN

von Jonathan Cook*, Global Research

übersetzt aus dem Englischen für Rebelión von Germán Leyens

übersetzt aus dem Spanischen von Jens-Torsten Bohlke

Havanna, 2. März 2011, Cubadebate. (auf Kommunisten-online am 8. März 2011) - Großbritanniens größte liberale Tageszeitung, „The Guardian“, veröffentlichte in der vergangenen Woche einen Exklusivbericht über das verspätete Geständnis eines von der CIA unter dem Codenamen Curveball geführten Exil-Irakers namens Rafeed al-Janabi. Janabi hatte vor acht Jahren vielleicht nur zufällig eine wichtige Rolle hinter den Kulissen gespielt, um die militärische US-Intervention im Irak zu ermöglichen. Seine Zeugenaussage untermauerte die Behauptungen der Bush-Regierung, dass Iraks Präsident Saddam Hussein ein Programm für die fortschreitende Produktion von Massenvernichtungswaffen entwickelt hätte.

Curveballs Bericht enthielt die vom damaligen US-Verteidigungsminister Colin Powell in den Vereinten Nationen Anfang 2003 präsentierten Einzelheiten über Lastwagenladungen voller mobil einsetzbarer biologischer Waffen. Powells anscheinend überzeugender Vortrag über die Massenvernichtungswaffen wurde benutzt, um den wenige Wochen später erfolgten Überfall der US-Truppen gegen den Irak zu rechtfertigen.

Acht Jahre danach enthüllt Curveball gegenüber The Guardian, dass er die Geschichte von den Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins im Jahr 2000 erfunden hatte, kurz nach seiner Ankunft in Deutschland auf der Suche nach Asyl. Er sagte der Zeitung, dass er die deutschen Geheimdienste in der Hoffnung belogen hatte, dass seine Aussagen mithelfen, Saddam Hussein zu stürzen. Auch wenn bei all dem wahrscheinlicher zu sein scheint, dass er sicherstellen wollte, dass sein Asylgesuch ernsthafter genommen wird.

Ziehen wir das Eingeständnis von Curveball sowie andere Fakten aus dem Artikel in Betracht, dann können wir einige offenkundige und durch spätere Ereignisse bestätigte Schlüsse ziehen.

Für den aufmerksamen Leser - und ich unterstreiche das Wort aufmerksam - zeigt der Bericht einige beunruhigende Tatsachen.

Eine dieser Tatsachen ist der Umstand, dass die deutschen Behörden sehr rasch bestätigt haben, dass der Bericht über die Massenvernichtungswaffen falsch war. Deutsche und britische Geheimdienstler reisten nach Dubai, um mit Bassil Latif zu sprechen, dem einstigen Chef der Quelle im Ausschuss für militärische Industrien Iraks. Dr. Latif zeigte auf, dass die Behauptungen Curveballs nicht wahr sein konnten. Die deutschen Behörden verloren dann rasch ihr Interesse an Janabi. Bis Ende 2002 sprachen sie nicht mehr mit ihm. Das war der Zeitpunkt, zu dem es für die USA immer dringender wurde, irgendetwas Überzeugendes vorzulegen, um den Irak anzugreifen.

Eine weitere interessante Enthüllung besteht darin, dass trotz der Notwendigkeit der Klärung der Aussagen von Curveball und im Bewusstsein dessen, was auf dem Spiel stand, wenn ein Präventivangriff gegen einen anderen souveränen Staat geführt wird, die USA sich nie damit abgaben, selbst mit Curveball zu sprechen.

Eine dritte Enthüllung stellt die Tatsache dar, dass Tyler Drumheller. der operative CIA-Chef in Europa, Hinweise der deutschen Geheimdienste weitermeldete, wonach die Aussagen von Curveball höchst zweifelhaft waren. CIA-Chef George Tenet ignorierte diese Information einfach.

In Ermangelung einer völkerrechtlichen Grundlage und der Unterstützung ihrer wichtigsten Verbündeten brauchte die Bush-Regierung verzweifelt die Geschichte von Janabi über die Massenvernichtungswaffen des Iraks, ganz gleich wie dünn diese Geschichte war, zur Rechtfertigung ihrer militärischen Pläne gegen den Irak. Das Weiße Haus sprach nicht mit Curveball, weil es wusste, dass sein Bericht über das Massenvernichtungswaffenprogramm von Saddam Hussein eine Erfindung war. Seine Geschichte würde platzen, wenn sie untersucht werden würde. Es musste sich also besser machen, Washington mit der Option zu belassen, sie „aus plausiblen Gründen“ abzulehnen.

All dessen ungeachtet war die Falschaussage von Janabi von großem Nutzen für die US-Regierung. Für einen großen Teil der US-Öffentlichkeit verschaffte sie dem unwahrscheinlichen Fall, dass Saddam Hussein eine Gefahr für die Welt darstellen würde, einen Anstrich von Glaubwürdigkeit. Sie half mit, schwankende Verbündete unter Druck zu setzen, die mit dieser unglaublichen Geschichte konfrontiert wurden. Und eingebracht wurde die ganze Legende von Colin Powell, einem ehemaligen US-General, der als Hauptstimme der Vernunft in der US-Regierung galt.

Im Klartext: Das Weiße Haus mit Bush benutzte Curveball, um seine verlogene Geschichte über die von Saddam Hussein für den Weltfrieden ausgehende Gefahr zu beleben.

Aber wie präsentierte nun der britische Guardian als Stimme des liberalen Journalismus seinen Exklusivbericht über die widersprüchlichste Episode in der jüngsten US-Außenpolitik?

Seine Schlagzeile lautete: „Wie die USA von einem phantasierenden Iraker getäuscht wurden, der Saddam stürzen wollte“.

Verstand der Verfasser dieser Schlagzeile nicht die von Journalisten der Zeitung geschriebene Geschichte? Nein, diese Überschrift verfälschte sorgfältig den Inhalt des Artikels. Im Text sagen uns die Verfasser, dass der Vortrag von Powell vor der UNO „enthüllte, dass die für die kriegstreiberischen Entscheidungen der Bush-Regierung Zuständigen sich verschluckt hatten“ an der Aussage von Curveball. An anderer Stelle sagen sie uns, dass Janabi „eine der größten Täuschungen der Geschichte der modernen Geheimdienste gelang“. Und dass „seine Kritiken, seine vielen und starken Kritiken besagen, dass es schwierig ist, die Kosten seiner Täuschung zu berechnen.“

Im Klartext: Der britische Guardian unterstellte trotz aller Beweiskraft aus seiner eigenen Analyse, dass Curveball die Bush-Regierung getäuscht hätte und beließ es bei einem verhängnisvollen Denkfehler für die Bush-Regierung. Von diesem Gesichtspunkt aus rückte der britische Guardian das Weiße Haus als ein scheinbar wahres Opfer der Lügen von Curveball in das Licht der Öffentlichkeit. Das wahre Opfer sollte nicht das irakische Volk sein, welches über eine Million toter Menschen und vier Millionen ins Exil gezwungene Menschen als Ergebnis der US-Invasion laut vertrauenswürdigen Zahlen zu beklagen hat.

Eigentlich gibt es gar nichts Außergewöhnliches an diesem Beispiel. Ich habe es ausgesucht, weil es von anhaltender und gegenwärtiger Bedeutung ist.

Leider gibt es etwas schon recht Vertrautes und beinahe schon Niederschmetterndes an dieser Art von Informationsverbreitung auch bei den großen liberalen Blättern des Westens. Völlig entgegen ihrem erklärten Ziel vermindert der Mainstream-Journalismus ohne jeden Unterschied die Auswirkung neuer Tatsachen, wenn sie die mächtigen Eliten bedrohen.

Wir werden den Grund in einer Minute untersuchen. Aber wir vergewärtigen uns erst einmal darüber, was oder wer derzeit das „US-Imperium“ ausmacht. Gewissermaßen in der am meisten symbolischen Form kann man da die US-Regierung und die US-Streitkräfte anführen, welche die einzige Supermacht weltweit darstellen.

Traditionell haben die Imperien sich in beschränkter Weise in den Begriffen eines starken Nationalstaats definiert, der erfolgreich seine Einflusssphäre und Macht auf andere Territorien ausdehnt. Das Ziel des Imperiums besteht darin, jenen Territorien die Abhängigkeit aufzuzwingen und im Fall der wenig entwickelten Länder anschließend deren Naturreichtümer auszuplündern oder bei den entwickelteren Ländern sie zu Absatzmärkten für seine Erzeugnisse zu machen. In diesem letztgenannten Zusammenhang hat das US-Imperium erreicht, sich häufig als eine Kraft für den Wohlstand auf der Welt auszugeben, welche hilft, die Freiheit und die Vorzüge der Konsumgesellschaft zu verbreiten.

Das US-Imperium erreicht seine Ziele auf verschiedene Arten. So durch Einsatz von Gewalt zwecks Eroberung, wenn es sich besiedelten Gebieten gegenübersieht, die gegen den Raub ihrer Rohstoffe Widerstand leisten. So auch subtiler über die politische und wirtschaftliche Abhängigkeit, die Beeinflussung und Kontrolle der Köpfe und Stimmungen, wenn es neue Märkte schaffen will. Es ist völlig unwichtig, wie das funktionieren soll. Das Ziel heißt Schaffung einer Stimmung in den abhängigen Territorien, wonach deren Interessen und Schicksale mit denen des US-Imperiums verknüpft sind.

In unserer globalisierten Welt ist die Frage, wer da im Mittelpunkt des US-Imperiums steht, weitaus weniger klar als früher. Derzeit ist die US-Regierung weniger das Herz des Imperiums als sein Moderator. Was bis vor kurzem die Arme des US-Imperiums waren, vor allem seine Finanz- und Rüstungsindustrie, ist zu einer transnationalen imperialen Elite geworden, deren Interessen nicht durch Grenzen beschränkt sind, und deren Machtbefugnisse sich größtenteils allen gesetzlichen und moralischen Kontrollen entziehen.

Wir müssen darauf hinweisen, dass Israels Führung wie auch seine Elite-Parteigänger in aller Welt einschließlich der zionistischen Lobby, der Rüstungsfabrikanten, der westlichen Militärs und in gewissem Grade den ins Stocken geratenen arabischen Tyranneien des Mittleren Ostens Bestandteile jener transnationalen Elite sind.

Der Erfolg der imperialen Eliten hängt in großem Maß vom Glauben der westlichen Öffentlichkeit ab, dass wir diese imperialen Eliten brauchen, um unseren Lebensunterhalt und unsere Sicherheit zu gewährleisten, und dass wir gleichzeitig wirklich ihre Herren sind. Einige der ständig von den transnationalen Eliten reproduzierten Illusionen schließen solche Aussagen ein:

- Wir würden Regierungen wählen, deren Aufgabe es ist, die Konzerne zu kontrollieren;

- Wir im Einzelnen und die globalen Arbeitskräfte im Allgemeinen sollen die Hauptnutznießer aus der Schöpfung von Konzernreichtum sein;

- Die Konzerne und die ihnen zugrunde liegende Ideologie des globalen Kapitalismus sollen die einzige Hoffnung auf Freiheit sein;

- Der Konsum soll nicht nur ein Ausdruck unserer Freiheit, sondern auch eine wichtige Quelle unseres Glücks sein;

- Das Wirtschaftswachstum soll endlos und ohne kurz- und langfristige Kosten für das Wachstum des Planeten aufrechterhalten werden können;

- Und es soll Gruppen geben, sogenannte terroristische Gruppen, die dieses wohlwollende System der Schaffung von persönlichem Reichtum und persönlicher Verbesserung zerstören wollen.

So blühend phantasievoll diese Unterstellungen bei näherer Betrachtung auch erscheinen mögen, bilden sie doch das ideologische Fundament, auf welchem die Märchen „unserer“ Gesellschaften im Westen aufgebaut werden und aus welchem sich in letzter Instanz „unser“ Identitätsgefühl mit dieser imperialistischen Gesellschaft herleitet. Dieses ideologische System erscheint uns dann so, und da benutze ich bewusst „uns“ und „wir“, damit wir uns nur mit der westlichen Öffentlichkeit in Bezug setzen und sie als passende naturgegebene Ordnung beschreiben.

Die Aufgabe der Seligsprechung dieser Unterstellungen sowie des Gewährleistens ihres Nichthinterfragens kommt unseren vorherrschenden Massenmedien zu. Die westlichen Konzerne sind die Besitzer der Massenmedien, ihre Werbung lässt diese Medienindustrie rentabel werden. Daher können die Medien ihre Funktion einer Kontrolle der Macht gar nicht erfüllen, weil sie faktisch Teil der Macht sind. Es geht da um die Macht der globalisierten Medien-Elite, die ideologischen und Vorstellungshorizonte der Leser und des Publikums zu kontrollieren und einzuschränken. Die Medien tun dies, um die imperialen Interessen abzusichern, welche dasselbe wie die Konzerninteressen sind und nicht gefährdet werden sollen.

Die Geschichte von Curveball verdeutlicht die Rolle der Medien

Sein Eingeständnis kam genau acht Jahre zu spät, um irgendeine Wirkung hinsichtlich bedeutender Ereignisse zu haben. Wie es so häufig mit wichtigen Geschichten geschieht, die die Interessen der Elite berühren, werden lebenswichtig notwendige Fakten verdreht, um der westlichen Öffentlichkeit weiszumachen, Informationen seien angeblich nicht verfügbar gewesen, als sie gebraucht wurden. In diesem Fall sind Bush, Cheney und Rumsfeld sowie ihre neokonservativen Berater längst von der Bühne gegangen. Die Geschichte von Curveball interessiert heute vor allem die Historiker.

Dieser letzte Punkt lohnt sich in ganz wörtlichem Sinn. Die Enthüllungen des britischen Guardian interessierten schon fast niemanden mehr in den US-Medien, der angeblichen Kontrolle im Herzen des US-Imperiums. Eine Suche in der Medien-Database von Lexis Nexis zeigt, dass die Eingeständnisse von Curveball nur in der New York Times in einer Kurzmeldung auf Seite 7 veröffentlicht wurden, wie auch in einer Nachrichtenzusammenfassung in der Washington Times. All die übrigen großen Tageszeitungen der USA, was einige Dutzende sind, einschließlich der Washington Post, erwähnten diese Eingeständnisse von Curveball überhaupt nicht.

Stattdessen waren die Leser der Tageszeitung Hindu in Indien und Khaleej Times in Dubai das größte Publikum dieser Geschichte, d.h. eine Leserschaft außerhalb Großbritanniens.

Aber selbst der britische Guardian, der oft für waghalsig genug gilt, sich mich Machtinteressen anzulegen, verhüllte seine Meldung dermaßen, dass er dem Eingeständnis von Curveball ihren wahren Gehalt nahm. Die wirkliche Brisanz der Tatsachen wurde entfernt. Die Aufmachung stellte sicher, dass nur die informiertesten Leser verstehen würden, dass Curveball nicht die USA täuschte, sondern vielmehr das Weiße Haus einen „blühenden Phantasten“ oder verzweifelten Asylbewerber eines brutalen Regimes für seinen eigenen rechtswidrigen und unmoralischen Ziele ausgebeutet hatte. Was davon abhängt, wie man das betrachtet.

Warum bemäntelte der britische Guardian in seiner eigenen Exklusivmeldung das Wichtigste? Der Grund liegt darin, dass alle unsere herrschenden Medien, so liberal sie auch sein wollen, als Ausgangspunkt die Auffassung teilen, dass die politische Kultur des Westens aus sich selbst heraus wohlwollend und überlegen unter moralischem Aspekt gegenüber allen vorhandenen alternativen oder denkbaren Systemen ist.

In der Information und in den Kommentaren zeigt sich dies am deutlichsten in der Auffassung, dass „unsere“ Führungspersönlichkeiten immer in gutem Glauben handeln, während „deren“ Führungspersönlichkeiten, die sich dem US-Imperium oder seinen Interessen entgegenstellen, von niederen oder bösartigen Beweggründen getrieben sind.

Auf diese Weise können die offiziell zu Gegnern erklärten Regierungschefs wie Saddam Hussein und Slobodan Milosevic als Personifizierungen wahnsinniger oder perverser Diktatoren hingestellt werden, während andere ebenfalls verbrecherische Regimes wie Saudi-Arabien als „gemäßigt“ abgetan werden, weil sie den Weg öffnen, damit ihre Länder sich den Zielen „unserer“ eigenen imperialen Strategien unterwerfen.

Den für die „Umarmung“ des US-Imperiums auserwählten Staaten werden vor eine düstere Alternative gestellt: Akzeptiert „unsere“ Bedingungen der Kapitulation und werdet Verbündete oder fordert das US-Imperium heraus und erlebt „unsere“ Rache!

Wenn die Konzern-Eliten auf anderen Völkern und Staaten herumtrampeln, um ihre eigenen egoistischen Interessen wie im Fall Irak zur Kontrolle über dessen Rohstoffe durchzusetzen, dann können „unsere“ herrschenden Medien nicht zulassen, dass die Ereignisse auf ehrliche Weise dargestellt werden. Die Unterstellungen reihen sich in den Kommentaren bezüglich des Angriffs der USA auf den Irak aneinander. Als man beispielsweise keine Massenvernichtungswaffen fand, blieb die Bush-Regierung im Irak, um Bestrebungen zur Beseitigung von Terroristen durchzusetzen, Gesetz und Ordnung wiederherzustellen und die Demokratie zu verkünden.

Für die westlichen Medien machen „unsere“ Politiker Fehler. Sie sind naiv und dumm. Aber nie sind sie schlecht oder pervers! „Unsere“ Medien fordern nicht, dass Bush oder Blair in Den Haag als Kriegsverbrecher verurteilt werden.

Dies bedeutet nicht, dass die westlichen Medien die Prawda wären, das propagandistische Sprachrohr der einstigen Sowjetunion. Es gibt Unterschiede. Die Meinungsverschiedenheit ist möglich, aber sie muß sich in relativ enggefassten Grenzen einer „vernünftigen“ Diskussion bewegen, was ein Spektrum des für möglich erklärten Denkens ist, welches ohne Vorbehalt die Annahme befürwortet, dass „wir“ besser und moralischer als alle anderen sind.

Auf dieselbe Art werden den Journalisten nur wenige Male zumindest direkt gesagt, was sie schreiben müssen. Die Medien haben sorgfältige Auswahlverfahren und in ihren Redaktionskollegien filternde Hierarchien wegen der Kritiken solcher Publizisten wie Ed Herman und Noam Chomsky entwickelt. Damit stellen sie sicher, dass die abweichlerischen oder wirklich unabhängigen Journalisten keine wirklich einflussreichen Positionen erlangen.

Im Klartext, da gibt es keine einfache Partei-Richtlinie. Es gibt Eliten und Konzerne in Konkurrenz miteinander, und ihre Stimmen erschallen auf dem schmalen Gebiet, welches wir Kommentar und Meinungsmache nennen. Anstatt den Vorgaben der Parteifunktionäre zu folgen, wie es in der Sowjetunion geschah, wetteifern „unsere“ Journalisten um die Unterstützung in den Vorzimmern der Macht. Privilegierte machen dann Karrieren. Dies aber enorm zu Lasten der Unabhängigkeit von Journalisten.

Dennoch dehnt sich die Spanne des Zulässigen langsam aus. Dies geschieht über den Widerstand aus den Eliten und der herrschenden Fernsehkonzerne und Presse hinweg. Der Grund dafür liegt in den neuen Medien, die allmählich das so lange Zeit von den Medienkonzernen aufrechterhaltene Monopol der Kontrolle und Verbreitung von Informationen und Gedanken aufweichen. Wikileaks ist bisher das offenkundigste und beeindruckendste Ergebnis dieser Tendenz.

Die Auswirkungen sind bereits im gesamten Mittleren Osten zu spüren. Der Mittlere Osten hat unverhältnismäßig hart unter dem Unterdrückungsregime des US-Imperiums zu leiden. Während die arabischen Völker dafür kämpfen, ihre Tyrannen loszuwerden, setzen die Reaktionen darüber auch einige der Illusionen frei, die uns die westlichen Medien verkauft haben. Sie haben uns erzählt, dass das US-Imperium Demokratie und Freiheit in aller Welt will. Und dennoch wird bei all dem still und teilnahmslos zugeschaut, wie die Henker des US-Imperiums in den USA produzierte Waffen gegen ihre Völker einsetzen, welche Freiheiten nach westlichem Stil einfordern.

Eine wichtige Frage ist: Wie werden „unsere“ Medien angesichts dieser Schau reagieren, nicht nur hinsichtlich der Scheinheiligkeit „unserer“ Politiker, sondern aus ihrer eigenen Scheinheiligkeit heraus? Sie sind derzeit bestrebt, die neuen Medien einschließlich Wikileaks zu kooptieren. Aber sie haben keinen wirklichen Erfolg dabei. Auch beginnen sie, eine breitere Diskussion zuzulassen. Dies aber immer noch stark eingeschränkt.

Die westliche Version von Glasnost wird besonders offenkundig im Vernebeln des unseren Herzen nächststehenden Problems, hier in Palästina. Was Israel als Delegitimierungskampagne bezeichnet, ist wirklich die sanfte Öffnung der Medienlandschaft, um etwas Licht zuzulassen, wo bis vor kurzem die völlige Finsternis herrschte.

Das ist eine Chance! Und wir müssen sie ergreifen. Wir müssen mehr Ehrlichkeit von den Medienkonzernen einfordern. Wir müssen sie beschämen damit, dass wir besser informiert sind als die Verfasser abgedroschene amtlicher Pressemitteilungen mit ihrem Ruf nach Zugängen. Und wir müssen sie ablehnen, wie es schon geschieht, auf der Suche nach besseren Informationsquellen.

Wir haben ein Fenster. Wir müssen es mit Kraft öffnen, bevor die Eliten des US-Imperiums versuchen, es mit einem Schlag zu schließen.

*Jonathan Cook ist ein Autor und Journalist. Er arbeitet in Nazareth, Israel. Seine letzten Bücher: „Israel und der Zusammenprall der Zivilisationen“, „Irak, Iran und der Plan zur Neuordnung des Mittleren Ostens“, Pluto Press, und „Verschwindendes Palästina: Israels Experimente an menschlicher Verzweiflung“, Zed Books. Seine Website: www.jkcook.net.

© Copyright Jonathan Cook, Global Research, 2011

Quellen:

http://www.cubadebate.cu/

Anmerkung:

Hervorhebungen durch Fettdruck im Text stammen von Jens-Torsten Bohlke.

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