Montag, 6. Februar 2023

NACH ENTLASSUNGEN: CHEF HETZT POLIZEI AUF ARBEITER

Nordrhein-Westfalen Ende Oktober kam es in der Nähe des Essener Hauptbahnhofs zu einem riesigen, nicht zu übersehenden Polizeiaufgebot. Die gesamte Rellinghauser Straße war von der Polizei abgeriegelt worden. Wer daran vorbeigelaufen ist, wird sich sicherlich die Frage gestellt haben: was in aller Welt kann dort nur vorgefallen sein? Den Angaben der Polizei und der prompten Berichterstattung in der bürgerlichen Presse zu Folge ist die Antwort recht simpel: ein „wütender Mob“ von Mitarbeitern hat sich am 24. Oktober rund 90 Minuten lang vor dem Gebäude eines ungenannten Call-Centers versammelt, bei dem sie angestellt sind, um gegen die Entlassung von neun Kollegen zu protestieren. Dieser 100 Personen starke „Mob“ soll der Presse zu Folge wohl ziemlich bedrohlich und wild gewesen sein. So sehr, dass es eine Kette, bestehend aus 50 Polizisten gebraucht hat, um zu verhindern, dass die wütende Menge das Gebäude betritt und ihre Wut am Chef auslässt, welcher die Entlassung der neun Kollegen zu verantworten hat. In einem Zeitungsartikel von „Der Westen“ wird die Situation so dargestellt, als hätten die Einsatzkräfte es gerade einmal so geschafft, mit allergrößter Mühe, dass die Situation nicht eskaliert und zu Ausschreitungen führt. WAS WIRKLICH GESCHAH Was sich aber in Wirklichkeit in der Rellinghauser Straße abspielte, wird aus dem Bericht eines Mitarbeiters vor Ort ersichtlich. Ihm zu Folge gab es nämlich gar keinen Demonstrationszug zum Call-Center. Überhaupt stand er nicht einmal mit seinen Kollegen vor dem Gebäude, mit der Absicht, zu protestieren. Viel mehr wurden sie vom Unternehmen in eine perfide Falle gelockt. Die Chefetage lud an dem Tag nämlich das Call-Center-Personal zu einer Mitarbeiterversammlung ein. Dort wurde den Angestellten in typisch schmieriger Chef-Manier Pizza angeboten. Damit soll ihr Schweigen schon im Vorfeld eingekauft werden, noch bevor sie die schlechten Neuigkeiten zu hören bekommen. Als wären sie kleine Kinder, die man mit Pizza ruhig stellen kann. Diese Taktik löste allerdings schon bei einigen Kollegen erste Vorahnungen aus, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Dieser Verdacht entpuppte sich als korrekt, als, zum Schock aller Mitarbeiter, die Entlassung neun beliebter Kollegen verkündet wurde. Ihnen wurde jedoch kein Grund dafür genannt, was die Arbeiter natürlich dazu antrieb, Fragen zu stellen und der Sache auf den Grund zu gehen. Um die „angespannte Situation“ – eine Situation, die allein sie geschaffen hat – zu entspannen, schlug die Geschäftsführung vor, die Personalversammlung mit einer kurzen Pause zu unterbrechen. Die Kollegen sollten mal eben vor die Tür gehen und einfach etwas frische Luft schnappen, sich ein wenig die Beine vertreten, eine rauchen etc., um sich eben zu „beruhigen“. Wenn dieser Versuch, den Fragen auszuweichen und den Arbeitern Unvernunft zu unterstellen, in sich selbst nicht schon lächerlich genug wäre, setzte das Unternehmen dem Ganzen dann noch die Krone auf: die Türen wurden von innen verriegelt und die Polizei verständigt. Das führte dann zu dem Großeinsatz und den darauffolgenden medialen Berichten, die von einem angeblichen Protest reden, der „drohte, aus dem Ruder zu laufen“. Sie haben die Call-Center-Arbeiter vor die Tür gesetzt, die Bullen auf sie gehetzt und dann gelogen, sie seien mit einem Demonstrationszug vor das Gebäude gelaufen, um zu protestieren. Die Bourgeoisie hat offensichtlich eine so panische Angst vor den Kämpfen der Arbeiter, dass sie versuchen, sie um jeden Preis einzudämmen – am Besten noch bevor sie überhaupt erst entstehen. Wie in diesem Fall machen sie nicht einmal davor halt, ihre Angestellten in eine Falle zu locken und durch falsche Berichterstattung in ihren Medien die Arbeiter von vorne herein zu delegitimieren, noch bevor sie ihren Kampf überhaupt erst beginnen. Die Call-Center-Angestellten wurden als Randalierer inszeniert, die gerade so in den Griff zu kriegen waren. Wenn sie sich also nun tatsächlich zusammentun, um diesen Angriff auf sie zu denunzieren und Aufklärung um die Entlassungen ihrer Kollegen zu fordern, wird dieser Kampf im Lichte der Lügen und Andeutungen stehen, die in der bürgerlichen Presse über sie geschrieben wurden. Dennoch dürfen sich die Call-Center-Arbeiter davon nicht einschüchtern lassen – und das tun sie auch nicht. Direkt am nächsten Tag haben sie ein Treffen untereinander organisiert, um sich auszutauschen und darüber zu diskutieren, was sie dagegen tun sollten. Der Kampf gegen dieses Vorgehen des Chefs ist gerechtfertigt und notwendig, das wissen die Arbeiter selbst am Besten.

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