Mittwoch, 21. Juli 2010

KIRCHENFÜHRUNG GEGEN VENEZUELAS KOMMUNISTEN

Oscar Figuera, Generalsekretär der KP Venezuelas, vor dem Parlament am 13. Juli 2010

übersetzt von Jens-Torsten Bohlke, Brüssel

Auf Kommunisten-online am 18. Juli 2010 - ier der Wortlaut der Rede des Genossen Oscar Figuera:

Guten Abend, Genossen Abgeordnete.

Vielen Dank Genossin Parlamentspräsidentin.

Ich dachte, dass mir kein Rederecht mehr gewährt wird, denn die Aussprache ist recht lang gewesen.

An allererster Stelle wollen wir als Mitglieder der Kommunistischen Partei Venezuelas UNSEREN TIEFEN RESPEKT VOR JEDER RELIGIÖSITÄT DES VENEZOLANISCHEN VOLKES UNABHÄNGIG IHRER FORM UND ERSCHEINUNG bekunden. Wir verstehen, dass die Religion ein Zustand oder eine Ebene des kollektiven Bewusstseins ist. Folglich ist es notwendig, dass wir in unserer Arbeit zur Veränderung der Gesellschaft dies berücksichtigen und daran arbeiten.

Ich selbst in meinem Fall und in meiner Eigenschaft als Mitglied der Kommunistischen Partei bin nicht religiös und brauche keine Religion. Aber ich respektiere sie. Das ist die erste Feststellung, die wir hier treffen wollen.

Die zweite Feststellung besteht darin, dass die ganze Debatte für uns in ihrem Wesen nicht religiös, sondern politisch ist.

Ich habe hier ganz richtig viel Gerede von der Geschichte der Religion und so weiter gehört ... und ich respektiere viel von diesen Redebeiträgen, in denen es darum ging, was die Priester tun und was sie nicht tun. Aber für uns in der Kommunistischen Partei geht es bei dieser Debatte um was ganz anderes. Wir sehen im internationalen Maßstab den Aufmarsch der US-Streitkräfte, die Eröffnung eines weiteren US-Militärstützpunktes in Kostarika. Und ganz konkret vor diesem Hintergrund IST DAS HANDELN DER KIRCHENFÜHRUNG DARAUF GERICHTET, DIE PROZESSE DER DESTABILISIERUNG UND DER AGGRESSION GEGEN UNSER VOLK ZU FÖRDERN. Darin liegt für uns in der Kommunistischen Partei der politische Kern dieser Debatte.

Den Rest können wir verwenden, aber damit reden wir um den heißen Brei herum. Denn dieser ganze Rest würde einschließen, dass wir anfangen aufzuzeigen: Was ist die Religion? Und was ist die Kirche? Das ist eine sehr viel tiefgründigere Debatte. Oder wie wäre es damit: Welchem Denksystem verschreibt sich die Kirche? Dem idealistischen oder dem materialistischen, und welchem bedienen wir uns von der einen oder anderen Blickrichtung aus? Das ist die politische Diskussion, die heute und hier geführt wird.

Vom Standpunkt der Kommunisten aus besteht der Kern der Diskussion darin, dass es den bolivarischen revolutionären Prozess unter Führung des Comandante der Revolution Hugo Rafael Chávez Frías gibt. IN DIESEM PROZEß ENTWICKELT SICH EINE TIEFE EINHEIT IN DER VERSCHIEDENHEIT, WO IN REVOLUTIONÄRER EINHEIT WIR CHRISTEN UND NICHTCHRISTEN, GLÄUBIGE UND UNGLÄUBIGE, ZIVILPERSONEN UND MILITÄRANGEHÖRIGE TEILNEHMEN UND HANDELN. DIE HALTUNG DER KIRCHENFÜHRUNG IST DARAUF GERICHTET, DIESE REVOLUTIONÄRE EINHEIT DES VOLKES ZU SPRENGEN. Für uns ist ganz richtig dies der eigentliche Kern des Problems.

Was da der Bürger sagt, der im Namen der Kirchenführung redet, ist einerseits der Vorwurf, dass wir die Verfassung missachten würden, wenn wir die revolutionären Gesetze einzubringen vorhaben, welche die Inhalte der Bolivarischen Verfassung bilden. Wenn wir in der Nationalversammlung uns bemühen und daran arbeiten, damit der Artikel 2 der Verfassung entwickelt wird und zum Ausdruck gebracht wird. Dieser Artikel 2 spricht von Gerechtigkeit, von Solidarität, von Gleichheit. Offenkundig wird er sich nicht in einer kapitalistischen Gesellschaft umsetzen lassen. Er muss sich in einer sozialistischen Gesellschaft umsetzen. Denn DIE SOLIDARITÄT, DIE GLEICHHEIT, DIE SOZIALE GERECHTIGKEIT, DIE TEILNAHME, DIE SELBSTVERWIRKLICHUNG, DIE VERTEIDIGUNG DER SOUVERÄNITÄT, DIE BEFREIUNG UNSERES VOLKES, DER AUFBAU EINER NEUEN PRODUKTIONSWEISE OHNE AUSGEBEUTETE UND AUSBEUTER IST NUR MÖGLICH IN EINER SOZIALISTISCHEN GESELLSCHAFT. Offenkundig ist der Bürger Abgeordnete der Kirchenführung mit seinem Vorwurf, wir würden die Verfassung missachten, darauf aus, die Rechtmäßigkeit und die Gesetzlichkeit dessen zu sprengen, was wir gerade machen. ES IST NOTWENDIG, Dass DIESE NATIONALVERSAMMLUNG UND ALLE ÖFFENTLICHEN GREMIEN AUFSTEHEN IN DIESER AUSEINANDERSETZUNG ANGESICHTS EINER KAMPAGNE, DIE DAS REVOLUTIONÄRE VORHABEN IN DISKREDITIEREN WILL. Daher ist die Diskussion grundsätzlich politisch. Das venezolanische Volk muss wissen, dass diese Diskussion grundlegend POLITISCH ist, dass sie nicht RELIGIÖS ist. Dass hier nicht mit der Kirche gesprochen wird. Dass hier mit den Sprachrohren der Kirchenführung gerade diskutiert wird, die ihr ganzes Leben lang im Verlauf der Geschichte die Interessen der herrschenden Klasse zum Ausdruck gebracht haben. Darum muss man hier mal schnell auf die Geschichte zurückgreifen.

Mit welchen Gruppierungen der Gesellschaft sind die Kirchenführungen historisch stets verflochten gewesen? Im Mittelalter, zu Beginn der kapitalistischen Gesellschaft? IN DEN VERSCHIEDENEN FORMEN DER GESELLSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG, WO DIE AUSBEUTUNG VORHERRSCHT, DA IST DIE KIRCHENFÜHRUNG STETS AUF SEITE DER MACHTHABER GEWESEN: Aus ganz einfachem Grunde, Genossen, was gestern unser Genosse Yul Jabour als Sprecher der Kommunistischen Partei Venezuelas sagte: WEIL AUCH INMITTEN DER KIRCHE DER KLASSENKAMPF STATTFINDET. Es findet der Kampf der Ideen statt. Es findet der Kampf der Interessen statt.

Weil die Kirche keine Organisation am Rande der gesellschaftlichen Wirklichkeit, am Rande der vorhandenen Widersprüche in der venezolanischen Gesellschaft ist. Die Kirche ist auch erfaßt von der Auseinandersetzung der verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Vorhaben, die sich in der Gesellschaft miteinander auseinandersetzen. Und die Mehrheit der Kultur dieser Einrichtung, bitte hören Sie, was ich sagte, DIE MEHRHEIT, denn schon immer hat es Ausnahmen gegeben, die Mehrheit hat sich immer den Interessen der Machthaber angepasst.

Das ist Teil der Diskussion. Wir verstehen, dass dies in dieser Nationalversammlung vonstatten geht, weil es uns vor dem Volk ermöglicht, DAS WESEN UND DIE NATUR DES VERHALTENS DIESER BÜRGER ZU ENTLARVEN.

Gemäß ihrer Rolle in der in Klassen gespaltenen Gesellschaft liegt mit einem religiös verbrämten Ansatz ihre Absicht darin, die Entfremdung des kollektiven Bewusstseins zu manipulieren und zu vertiefen, um das kollektive Bewusstsein den Interessen der Herrschaftsblöcke unterworfen zu halten, beim kapitalistischen Block, beim imperialistischen Block. Diese Zielstellung lässt uns hier in dieser Diskussion das Wort ergreifen.

Vieles ist gesagt worden, worauf wir uns beziehen könnten. Der Abgeordnete Saúl Ortega gab auf einige jener Anwürfe eine Antwort auf ganz eigene Art, wonach vieles davon nicht den historischen Tatsachen entspricht.

Von wegen „die Bourgeoise ist das Problem der Frauen und Kinder, was Lenin sagte“, den historischen Bezug sagte Marx, nicht Lenin, - zuerst sagte es Marx, nicht um die Bourgeoisie zu bewerten, sondern um darzustellen, was das Beste und Bewahrenswerteste an dieser Produktionsweise der Ausbeuter war, nicht um die Bourgeoisie zu bewerten zu versuchen.

Weil DIE BOURGEOISIE, GENOSSEN, SICH ALS GESELLSCHAFTLICHE KLASSE DEFINIERT, EINE GESELLSCHAFTLICHE KLASSE IM BESITZ DER PRODUKTIONSMITTEL. UND ALS BESITZERIN DIESER PRODUKTIONSMITTEL KAUFT SIE DIE LOHNARBEITSKRAFT UND BEUTET SIE AUS. UND AM ENDE EIGNET SIE SICH DEN MEHRWERT AN, DEN DIE ARBEITSKRAFT BEI IHREM EINSATZ AN DER VERGEGENSTÄNDLICHTEN ARBEIT ERZEUGT, UND SIE MACHT DEN ARBEITER FOLGLICH ALS JENE ARBEITSKRAFT ZUR WARE. Dies ist die Definition der Bourgeoisie.

Das Andere ist eine ergänzende Bemerkung, die seinerzeit von Marx gebraucht wurde. Wichtig ist für diese Diskussion, Genosse, und das unterstreiche ich, dass wir immer wieder bei den Klassikern nachlesen: Die Heilige Familie. Die Familie, das Privateigentum und der Staat, wo uns gesagt wird, wie die Religion entstand. Wie das religiöse Denken sich in der Menschheit entwickelte, welches infolge der Unmöglichkeit für die primitiven Menschen entstand, sich die Gründe für die Sonnenstrahlen, den Mond, den Regen, die vier Jahreszeiten zu erklären. Aber ich wiederhole, dass dies eine andere Diskussion ist, wie sie nicht heute hier aufgeworfen worden ist, weil sie mit anderen Dingen zu tun hat.

(Noch eine Minute, Abgeordneter.)

Verflixt, Präsidentin, wenn Sie das sagen. Sie wissen es, Sie sind die schlagende Uhrzeit.

Gut, Genossen ... Es gibt noch viel Wichtiges zu erklären ... Nur eines davon will ich in dieser Minute fordern.

ICH WERDE DEN KOMMUNISMUS FORDERN.

Wir verteidigen uns angesichts des Angriffs der Barbaren, wie Chávez sie nannte. Die Barbaren sind Höhlenmenschen, daher verbleiben sie in der Vergangenheit. Den Kommunismus ihnen gegenüber zu verteidigen und zu sagen „Nein, Bürger, wir gehen nicht zum Kommunismus“ hieße, dass wir Zugeständnisse an die Reaktion machen, an den Stammtisch der Ultrareaktionäre. Und wir sind nicht bereit zu Zugeständnissen an den Ultrareaktionären in diesem Land. Weil DER SOZIALISMUS DIE HÖCHSTE ENTWICKLUNGSPHASE DER MENSCHHEIT IST.

Der Kommunismus ist nicht das Rückständigste, er ist das Fortschrittlichste. (Beifall)

Den Kommunismus aufzubauen heißt eine Gesellschaft ohne gesellschaftliche Klassen aufzubauen, wo keine gesellschaftlichen Klassen die anderen gesellschaftlichen Klassen ausbeuten. Den Kommunismus aufzubauen heißt Abschaffung des Staates als Machtinstrument einer Klasse gegen eine andere Klasse. Den Kommunismus aufzubauen heißt eine Gesellschaft aufzubauen, wo die Entwicklung der Produktivkräfte so gewaltig ist, dass jeder nach seinen Bedürfnissen befriedigt wird, und zwar unabhängig davon, ob er es produzieren kann. DER KOMMUNISMUS IST DIE GESELLSCHAFT HÖCHSTER SOZIALER GERECHTIGKEIT. Darum, in diesem Saal, FORDERN WIR, von der Kommunistischen Partei aus, DEN KOMMUNISMUS ALS HÖCHSTE ORGANISATIONSFORM DER MENSCHHEIT.

Vielen Dank, Genossin Präsidentin.

Quelle: http://www.tribuna-popular.org/

Anmerkung: Titel von Jens-Torsten Bohlke hinzugefügt

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