Die Erste Kammer des Obersten Gerichtshofes gewährt ihnen den Freispruch
Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates México benutzte illegale Beweismittel um sie fälschlich der bewaffneten Entführung zu beschuldigen, befinden die Richter
Jesús Aranda
La Jornada, Donnerstag 1. Juli 2010
Die Erste Kammer des Obersten Mexikanischen Gerichtshofes (SCJN) verfügte gestern die sofortige Freilassung der 12 Angehörigen der Volksfront zur Verteidigung des Landes (FPDT), die sich seit Mai 2006 in Haft befinden. Das Gericht befand, dass die Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates von México (PGJEM) die Anklagen gegen die Gefangenen auf "falsche und unsichere Prämissen" gestützt, und darüber hinaus "illegale Beweismittel" verwendet habe, um ihnen das Verbrechen der bewaffneten Entführung zu Lasten zu legen.
Mit einer Stimmenmehrheit von vier zu eins entschieden die Richter die Freilassung von Ignacio del Valle, Felipe Álvarez Medina und Héctor Galindo, die derzeit in das Hochsicherheitsgefängnis von Altiplano eingesperrt sind.
[.]*
Nur der Präsident der Ersten Kammer, José de Jesús Gudiño Pelayo, stimmte gegen die Freilassung. Seiner Meinung blieb die Anklage wegen bewaffneter Entführung bestehen, da die Staatsbediensteten, die während der Ausschreitungen von Februar und Mai 2006 in Atenco festgehalten wurden, physischen und verbalen Drohungen unterworfen worden waren, um die mexikanische Regierung unter Druck zu setzen Forderungen nachzukommen.
Somit ist die Verurteilung wegen bewaffneter Entführung zu 112 Jahre Haftstrafe gegen Ignacio del Valle und zu 67 Jahre gegen Felipe Medina und Hector Galindo aufgehoben.
Bei der Sitzung anwesend waren Trinidad Ramírez, Ehefrau von Ignacio der Valle, Bruno Bichir, Ofelia Medina und Julieta Egurrola, von dem Solidaritätskollektiv für die Gefangenen von Atenco, und Jody Williams, Nobelpreisträgerin von 1997.
Die verbleibenden neun Gefangenen, aus der Strafanstalt von Molino der Flores: Óscar Hernández Pacheco, Inés Rodolfo Cuéllar Rivera, Julio César Espinosa Ramos, Juan Carlos Estrada Cruces, Édgar Eduardo Morales Reyes, Jorge Alberto Ordóñez Romero, Román Adán Ordóñez Romero, Narciso Arellano Hernández und Alejandro Pilón Zacate, erhielten den Freispruch im einstimmigen Beschluss.
Die Richter erklärten einhellig alle Anklagen gegen diese neun Aktivisten für nichtig, die zu Haftstrafen von jeweils 31 Jahren, wegen der "Festnahme" mehrerer Staatsbediensteten und Polizisten am 8. Februar, 6. April und am 3. und 4. Mai 2006, verurteilt worden waren. Grund dieses Beschlusses war, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Zeugen dazu angehalten hatte ihre Angreifer anhand eines Fotoalbums zu identifizieren, und weil die Anklage sich nur "auf den einfachen Umstand stützte, dass die Angeklagten sich zu dieser Zeit am Ort ihrer Festnahme aufgehalten hatten, mit dem Argument, dass sie dort nichts zu suchen gehabt hätten".
Die Entscheidung der Richtermehrheit wurde von Richter [Juan N.] Silva Meza verteidigt. Die "Illegalität des angefochtenen Gerichtsurteils", so der Richter, sei noch deutlicher zu Tage getreten, als die Autorität die Angeklagten schwerer belastete, da diese einer sozialen Organisation wie die FPDT angehörten, "von einer totalitären Ideologie ausgehend, nach der die Ausübung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, eine fälschliche Auffassung von Bedrohlichkeit und kriminellem Vorgehen der Angehörigen dieser Organisation erweckt, ohne darauf zu achten ob diese Vorwürfe begründet sind oder nicht".
Die angefochtenen Gerichtsurteile, so Silva Meza weiter, werden bereits als eine Art "institutionelle Schablone zur Kriminalisierung des sozialen Protestes angesehen, als eine Art Strafe für bloße Opposition", was große Zweifel über "die Art und Weise erweckt, wie der Staat die persönliche Freiheit, Integrität, Ausdrucks- und Versammlungsfreiheit der verurteilten sozialen Anführer behandelt hat".
Die Wahrung der Grundrechte sei ausschlaggebend in einem demokratischen Staat, daher sei dieser Freispruch von besonderer Bedeutung, um einen Präzedenzfall für ähnliche Situationen in der Zukunft zu setzen.
Er betonte, dass die "Artikulierung von Ideen und sozialen Forderungen sind nicht mit Kriminalität gleichzusetzen; gegenteiliges zu denken und sie als Begründung für einen Strafurteil zu verwenden, heißt gegen unseren Justizsystem zu handeln, in unausbleiblicher Missachtung der Rechte und Freiheiten aller Bürger".
Silva Meza erklärte weiter, der Freispruch sei "von überragender sozialer Bedeutung, da es sich bei den Angeklagten um Symbolträger und soziale Anführer einer Gruppe handelte, die sich durch ihren starken Widerstand gegen die Staatsregierung des Bundesstaates México ausgezeichnet haben, wofür sie nicht nur dort verfolgt wurden, sondern auch durch diverse Aktionen der Bundesregierung.
Er betonte, dass obwohl das "Ergreifen von Personen", das Recht auf Freiheit, und Unversehrtheit verletze, und eine "Herausforderung und Aberkennung" der Staatsautorität darstelle, um Forderungen zu erringen, dennoch auch die Frage über die "Maßlosigkeit und Überreaktion der Staatsgewalt" offenkundig bleiben muss.
In allen Fällen wurde die Benachrichtigung der zuständigen Behörden per Telegramm angewiesen, um die sofortige Freilassung aller Gefangenen in die Wege zu leiten, die bis dahin unter der Anklage der bewaffneten Entführung gestanden haben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen