Dienstag, 5. September 2023
Neue Polizeistrategie gegen Polizeiterror in NRW?
Herbert Reul, Innenminister in NRW und besonders bekannt für seine „Null-Toleranz“ Politik gegen „Clankriminalität“ unter der vor allem Menschen in Arbeitervierteln und nicht organisierte Lumpen leiden, hat diese Woche ein neue Führungsstrategie der Polizei in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Der WDR-Bericht darüber fokussiert dabei vor allem auf Punkte der neuen Führungsstrategie in der es um die künftige Prävention von „extremistischen“ also faschistischen Standpunkten in der Polizei und mehr Transparenz gehen soll. So soll es zukünftig für Führungskräfte in den Polizeieien des Bundeslandes mehr Superversionen, Monitoring, Mitarbeitergespräche und Coaching geben. Darüber hinaus befasst sich das Strategiepapier mit Themen wie Sucherkrankung und das Erkennen von „demokratiefeindlichen Tendenzen“ bei Polizisten.
Das gerade diese Punkte ihren Weg in das Strategiepapier gefunden haben und von der öffentlich-rechtlichen Presse hervorgehoben werden ist kein Zufall, sondern kann als direkte Antwort auf die in letzter Zeit immer häufiger zutage tretenden Skandale in den Polizeiapparaten in Nordrhein-Westfalen verstanden werden. Rassistische Chatgruppen und faschistische Bekenntnisse bei der Polizei in NRW häufen sich immer mehr, dazu kommen die Fälle von tödlicher Polizeigewalt die so offensichtlich sind, dass auch ein Herbert Reul, der sich wo es geht vor seine Schlägertruppe stellt, keine Erklärungen mehr findet. Das alles hat dazu geführt das das Innenministerium und die lokale Polizeieien immer mehr unter Druck geraten, wenn man sich beispielsweise die jüngsten Demonstrationen in Herford und Dortmund gegen Polizeigewalt anguckt, wo hunderte und tausende kämpferisch auf die Straße gehen und es nicht mehr hinnehmen das die Bullen Arbeiterinnen und Arbeiter und besonders Migranten schikanieren, schlagen und ermorden.
So baut das 217-Seiten Dokument vor allem auf Kernbegriffe wie „Verfassungstreue“, „demokratische Resilienz“, „interkulturelle Kompetenz“ und „Diversitätskompetenz“ auf, und richtet sich vor allem auf jetzige und kommende Führungskräfte innerhalb der Polizei in NRW. An dieser Stelle braucht man sich aber keine Illusionen darüber zu machen, dass dieser Prozess nun eine „demokratischere“ und „fortschrittlichere“ Polizei bedeutet. Es ist eher ein Ausdruck des Widerspruches zwischen den Massen und den Repressionsapparaten der Bourgeoisie der hier zum Ausdruck kommt. Hitlerverehrung und Vergasungsfantasien heizen den Antagonismus zwischen den Massen und der Polizei immer weiter an und entreißen den „ Bürgern in Uniform“ und „Freunden und Helfern“ immer ihre Maske. Alleine zwischen dem Jahr 2012 und 2019 stieg die Gewalt gegen Polizisten in NRW um 38 Prozent auf 9241 Delikte im Jahr an. Solche Zahlen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, da die Polizei selber gerade in Situationen in denen sie besonders gewalttätig ist die Opfer von Polizeigewalt zu Tätern macht. Nichtsdestotrotz zeigt dies eine Tendenz in Nordrhein-Westfalen auf, dass auch die Bullen nicht mehr ohne Konsequenzen Verbrechen gegen das Volk begehen können. Diese Tendenz zeigen auch konkrete Fälle der jüngeren Vergangenheit in Köln und Bottrop auf.
So hat die Polizei in Köln nach Angaben von mehreren Geflüchteten am 09. August zwei Frauen, darunter eine Schwangere und zwei Jugendliche vor einer Geflüchtetenunterkunft bei einer Autokontrolle im Stadtteil Holweide mit Pfefferspray angegriffen, geschlagen und mit Elektroschockpistolen beschossen. Der Grund für diesen Angriff? Eine angeblich fehlende TÜV-Plakette an einem Auto. Für einen der Polizisten endete dieser Einsatz schwer verletzt im Krankenhaus. Während der Auseinandersetzung sollen die beiden Jugendlichen, 14- und 17-Jahre alt, zusammen mit den beiden Frauen einem der beiden Polizisten einen Jochbeinbruch, einen Nasenbruch, eine Fraktur der Augenhöhle und noch eine Schulterverletzung zugefügt haben. Erst mit der Unterstützung von hinzugezogenen Kräften und dem Einsatz von Pfefferspray, Tasern und Schlägen konnte die Gegenwehr der vier Geflüchteten gebrochen werden. Es braucht keine investigative Recherche sondern nur ein Blick auf die Ereignisse der letzten Wochen um zu erkennen, dass ein solcher Einsatz, Teil der systematischen, rassistischen Kontroll- und Gewalttaktik ist, die die Polizei in NRW immer wieder gegen Arbeiterinnen und Arbeiter aus den ärmsten Schichten unserer Klasse anwendet. In Bottrop wurde die Polizei am 20. August wegen einer Ruhestörung gerufen. Mit Gewalt wollten die Polizisten im Anschluss einer Verwarnung die Musik-Anlage der Feiernden aus einer Garage entnehmen. Dies wollten die Feiernden jedoch nicht zulassen, weswegen sie versuchten das Garagentor zu schließen, welches im Anschluss einen der eingesetzten Bullen auf den Kopf knallte. Als die Bullen daraufhin den Mann festnehmen wollten, stellte sich ihnen eine Frau entgegen. Auch hier musste ein Polizist ins Krankenhaus eingewiesen werden. Diese Fälle sind zwar in erster Linie individuelle Gegenwehr gegen polizeiliche Brutalität, sie zeigen aber auf, dass die sich die revolutionäre Situation in ungleicher Entwicklung auch in der BRD weiterbewegt. Das Vertrauen in den alten Staat sinkt immer weiter und schlägt bisweilen sogar darin um sich zur Wehr zu setzen, wenn die Bullen zu weit gehen.
Eine andere Meldung der letzten Tage aus dem Innenministerium in NRW lässt sich ebenfalls in diesen Kontext stellen. So verkündigte CDU-Innenminister Reul das zum ersten September 3000 neue Polizisten eingestellt werden und damit ein wichtiges Ziel im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen in NRW erfüllt wird. Um diese Zahlen zu erfüllen, wurde eigens eine Taskforce im Innenministerium gegründet und eine Reihe von Mindestanforderungen gestrichen, indem zum Beispiel die Mindestgröße herab gesenkt wurde. Reul freut sich besonders, dass die Anzahl der Polizisten die neu eingestellt werden über die Zahl hinaus gehen, die durch eine kommende Pensionierung wegfallen. Das bedeutet, dass hier nicht etwa der gleiche Stand an Polizisten ersetzt wird, sondern die Polizei in NRW noch weiter ausgebaut und personell verstärkt wird. Zukünftig werden also noch mehr Bullen dazu da sein ihren Terror gegen das Volk auszuüben.
Die Eingangs erwähnte neue Polizeistrategie wurde übrigens seit September 2019 ausgearbeitet. Nur zwei Monate nach der Erschießung von Adel B. in Essen Altendorf. Wenige Tage vor Verkündung dieser neuen Polizeistrategie haben die Bullen in der dritten Augustwoche innerhalb von 48 Stunden wieder zwei Menschen getötet. In Duisburg wurde 56-jähriger Mann von Bullen erschossen. Er soll mit einem Messer in einem Treppenhaus auf sie zugerannt sein, andere Zeugen außer den Bullen gibt es nicht. Was auch auffällt, innerhalb wenigen Sekunden wurde der Mann erst mit einer Elektroschockpistole und dann mit scharfen Kugeln beschossen. Eine Bedrohung durch einen Mann im Treppenhaus und ein angebliches Messer, schnell erinnert man sich an den Fall von Adel B. der auch nach Polizeiangaben auf die Bullen mit einem Messer zugerannt sein soll. Erst ein veröffentlichtes Video konnte beweisen das die Polizei ihn in einem Treppenhaus durch eine geschlossene Tür erschossen hatte. Das innerhalb von weniger Sekunden sowohl Taser als auch Schusswaffen zum Einsatz kamen ist derweil eine Parallele zum Fall des im letzten August ermordeten Mohammed in Dortmund, wo innerhalb von einer Sekunde sowohl eine Taserpistole als auch fünf Schüsse aus einer Maschinenpistole den 16-Jährigen Senegalesen ermordeten. Ein zweiter Fall von tödlicher Polizeigewalt ereignete sich wenige Stunden später in Hagen. Dort wurde ein 47-Jahre alter Mann um 22 Uhr festgenommen und in eine Zelle gesperrt. Obwohl der Mann laut Polizeiangaben eine Vergangenheit mit Drogen-Delikten gehabt haben soll, wurde er nicht auf Alkohol oder Drogen getestet. Um 2:30 lag er laut Polizei Hagen dann tot in seiner Zelle.Die Staatsanwaltschaft hat keine Beweise für ein Fremdeinwirken gefunden. Das hat eine andere Staatsanwaltschaft im November 2021 auch so festgestellt, als der 24-Jährige Giorgos Zantiotis von der Polizei Wuppertal erst auf den Boden geworfen wird und sich mehrere Polizisten beim fixieren mit ihrem Körpergewicht auf ihn legten und er später auf dem Polizeirevier zusammengebrochen und verstorben ist. Die fragliche Obduktion welche keine Fremdeinwirkung feststellte wurde interessanterweise von der Hagener Gerichtsmedizin durchgeführt.
Diese Fälle machen eins deutlich, es braucht nicht erst Faschisten in den Polizeiapparaten um einen tödlichen Terror gegen das Volk zu entfesseln. Zwar erkennen auch bestimmte Teile der Bourgeoisie sogar unter der Konservativen CDU an, dass sich die faschistische Massenbewegung in der BRD auch unter den Polizisten immer weiter ausbreitet. Das dies passiert ist aber nur notwendige Folge des Polizeiauftrags die herrschende Ordnung der Bourgeoisie aufrechtzuerhalten und die Massen immer weiter zu unterdrücken um die verschärfte Ausbeutung und Verteilung der Krisenlast auf die Schultern des Volkes zu garantieren. Es ist die voranschreitende Zersetzung des Imperialismus die eine immer weitere Reaktionarisierung des bürgerlichen Staates notwendig macht und das geschieht noch in der Form der parlamentarischen Demokratie.
Geschrieben von laji
31. August 2023
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