Donnerstag, 11. Mai 2023
Abschottungspolitik Härte vor Humanität
Wohin die Reise gehen soll, darin waren sich alle Beteiligten längst einig: Die Bundesrepublik und die EU als ihr imperialistisches Instrument sollen die Abschottung der Außengrenzen perfektionieren. So blieb am Mittwoch mit dem sogenannten Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im Kanzleramt zu klären, ob kommunale und Landeshaushalte höhere Leistungen für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten erhalten – oder mit den bisherigen Zahlungen des Bundes zurande kommen müssen.
»Wir müssen an der europäischen Grenze wissen, wer die EU betritt, wo die Menschen herkommen und wie hoch die Bleibewahrscheinlichkeit ist«, stellte Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) in der Neuen Osnabrücker Zeitung (Mittwoch) klar. Deshalb sollten Asylanträge an den EU-Außengrenzen »vorgeprüft« werden. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, ergänzte laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass ausreisepflichtige Asylsuchende ohne Bleibeperspektive »konsequent rückgeführt werden« müssten.
Der Bund solle die Kosten der Unterkunft von Flüchtlingen dauerhaft und vollständig übernehmen sowie Pauschalen für Asylsuchende, Integrationskosten und unbegleitete Minderjährige wieder einführen, forderte Gerd Landsberg, Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, laut Nachrichtenportal T-online (Mittwoch). Seit Monaten klagen Kommunen und Länder darüber, materiell an ihre Grenzen zu stoßen angesichts mangelnden Wohnraums und fehlender Infrastruktur. Diese, für die Mehrheit der Bevölkerung sich verschärfenden Probleme, werden »jetzt aber sichtbar wie unter einem Brennglas«, formulierte es Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung der Nichtregierungsorganisation Pro Asyl, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem RND.
Die Bundesregierung sieht das Problem dagegen darin, es zu lange denjenigen schwer gemacht zu haben, nach Deutschland zu kommen, »die wir brauchen als kluge Köpfe und fleißige Hände«, erklärte Austeritätsminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag abend im ZDF die an Verwertungsinteressen des Kapitals orientierte Strategie der Ampelregierung. »Zu lange schon machen wir den Menschen es leicht zu bleiben, die eigentlich verpflichtet sind, auszureisen«, führte er die Konsequenz für alle aus, die »irregulär nach
Deutschland eingereist sind«.
Die Liste der Hauptherkunftsländer von Asylsuchenden in der BRD – Syrien, Afghanistan, Türkei, Iran, Irak – spiegele die »katastrophale Menschenrechtslage dort wider«, so Kopp. Lindner spielt dagegen Ukrainer gegen andere Geflüchtete aus. Wie als Zeichen staatlicher Güte verwies der FDP-Chef im ZDF auf die – geopolitisch opportune – Unterstützung des Bundes für ukrainische Kriegsflüchtlinge, die kein Asyl beantragen müssen und Anspruch auf »Bürgergeld« haben.
Vor Beginn der Gespräche, die bis jW-Redaktionsschluss andauerten, legten Britta Haßelmann, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, und der Parteivorsitzende Omid Nouripour ihre »Zehn Punkte für eine moderne und menschenrechtsorientierte Migrationspolitik« vor. Diese läuft im Kern darauf hinaus, den Sozialdarwinismus von SPD und FDP humanitär auszuschmücken. So sollen zwar an den EU-Außengrenzen illegale Methoden wie »Pushbacks« gestoppt und Abschiebungen rechtsstaatlich erfolgen. Doch auch die Grünen setzen auf »Migrationsabkommen« mit Drittstaaten, die Abgeschobene aufnehmen und staatlich erwünschte Migration ermöglichen sollen.
https://www.jungewelt.de/artikel/450535.abschottungspolitik-h%C3%A4rte-vor-humanit%C3%A4t.html
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