SCHÄNDLICHER GEHEIMBRIEF
von Suhail Hani Daher Akel*
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke, Brüssel
Caracas, 2.10.2010, Tribuna Popular TP. – Ein von dem jüdischen US-Amerikaner David Makovsky vom Washingtoner Institut für Nahostpolitik (WINEP) veröffentlichter geheimer Brief von US-Präsident Barack Obama an Israels Premierminister Benjamin Netanyahu enthüllt die Ungleichheit von ‘direkten Gesprächen’ zwischen der Besatzungsmacht und der besetzten Seite. Es wird mehr der ‘Expansionsplan’ als der Frieden durchgesetzt.
Makovsky steht in enger Verbindung mit Dennis Ross, dem derzeitigen Sonderberater von Obama und einstigen US-Sonderbeauftragten für den Mittleren Osten (1988-2000) und veröffentlichte jenen enthüllenden Brief in einem Artikel auf der Internetseite von WINEP. Darin wird bestätigt, dass die Note von Obama das Ergebnis von Gesprächen zwischen hochrangigen Funktionären der US-Regierung mit Israels Verteidigungsminister Ehud Barak, dem Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen bei der Invasion gegen Gaza, sowie mit dem Chefunterhändler Yitzhak Molcho ist, welcher von Netanyahu auserwählt wurde, um die israelische Delegation bei den derzeitigen Verhandlungen mit der Palästinensischen Behörde zu leiten.
Mit viel Protektionismus listete Obama da Gefälligkeiten der USA auf. Im Gegenzug soll Israel einer Verlängerung um 2 Monate bei seinem am 26. September ablaufenden Moratorium zum Siedlungsbaustopp zustimmen, wohl wissend, dass dieses Moratorium von 10 Monaten nur ein Papiertiger war, um Israels Bereitschaft zu Versöhnung vorzugaukeln. Es wurde bekanntlich nie eingehalten. Und die Siedlungsbauten wuchsen in diesen Monaten um 33%.
In der Praxis hat Netanyahu den ‘Persilschein’ für das Wiedereinsetzen der Bautätigkeiten ausgestellt. Er wurde dabei umjubelt von zionistischen Organisationen jüdischer Siedler rund um die Likud-Partei, die ausgiebig den Neustart der Siedlungsausdehnungen am vergangenen 26. September feierten. Ihr Fest fand in der illegal errichteten Siedlung Revava im Norden der Westbank statt. Dafür mobilisierten sie tausende Israelis in mehr als 80 Bussen aus dem ganzen Land. Zugleich begannen andere Siedlergruppen neue Bautätigkeiten an sechs Stellen, darunter im besetzten Teil von Jerusalem. Netanyahu schämte sich nicht mal für die 16 ermordeten Palästinenser, darunter ein Baby im Alter von 14 Monaten und drei Minderjährige im Alter von jeweils 17 Jahren, bei jenen am 2. September begonnenen ‘direkten Gesprächen’.
Ohne diese Einzelheiten überhaupt zu berücksichtigen, geht es bei den von Obama angebotenen Gefälligkeiten sehr mehrheitlich nur um die Erfordernisse aus Sicht der strategischen Sicherheit der Atommacht Israel. Netanyahu jedoch, der heute außer Sicherheitsrhetorik die palästinensische Anerkennung des zionistischen Judenstaates anstrebt, antwortete nicht mal auf die Botschaft von Obama aus Washington. Wie eine Strategie in Ergänzung der Strategie seiner Funktionäre, um die palästinensische innere Front aufzuweichen.
Makovsky machte klar, dass sich die Berater des US-Präsidenten Obama mit israelischen Partnern am 29. September in Washington trafen, um sie über den Inhalt des Briefes zu informieren. Ross berichtete den US-Kongressmitgliedern, dass Netanyahu das Angebot von Obama nicht akzeptierte, weil da nicht alle seine Forderungen erfüllt sind und er als Premierminister Israels nicht die politische Unterstützung hat, den Baustopp für Siedlungen zu verlängern.
Unter anderen Zusagen, die Obama dem Premier Israels in seiner nicht mehr so geheimen Botschaft anbot, versteckt sich auch eine glitschige Absprache. Im Fall weiteren Baustopps für zwei Monate würden sich die USA verpflichten, im nächsten Jahr gegen jede gegen Israel gerichtete Resolution in der UNO ihr Veto einzulegen und darüber hinaus die künftige Behandlung der Siedlungen als Teil einer Vereinbarung über das endgültige Statut der Palästinenser akzeptieren.
Obama gewährte eine Reihe von Garantien, um die Kontrolle über Waffentransporte auszuüben und den Schmuggel von Waffen und Raketen in einen künftigen Palästinenserstaat zu unterbinden. Ganz in Gutsherrenart würde er die Präsenz von israelischen Soldaten entlang dem Tal des Jordan (Palästina-Gebiet, welches Israel widerrechtlich für sich beansprucht) akzeptieren. Auch setzte er sich für einen weltweiten Pakt der regionalen Verteidigung für den Schutz Israels vor der Bedrohung aus Iran ein, welcher gleich nach der Errichtung eines Palästinenserstaates anstehen würde.
Der US-Präsident verpflichtete sich in seinem Schreiben zur Verbesserung der Sicherheitskapazitäten Israels, dafür die drei Milliarden Dollar jährlicher Zuwendung an Israel aus den USA noch zu steigern und modernste Waffen und Sicherungssysteme zu liefern, darunter Satelliten. Was nicht begreifbar wird ist die Frage, ob es da um einen Palästina-Staat geht, welchen Obama und die Weltgemeinschaft im nächsten Jahr in der UNO wünscht, oder bei näherer intellektueller Ehrlichkeit hier ein unterwürfiges Bantustan Palästina gemeint ist, welches das Apartheid-System ergänzen soll, das Israel mit der laxen Haltung der UNO zu errichten gedenkt.
Die Ironie von US-Präsident Obama gesellt sich zur Scheinheiligkeit von Premier Netanyahu und dessen Kanzler Avigdor Lieberman. In seiner Rede vor der UNO am 28.9. ging Lieberman auf die ‘direkten Gespräche’ ein und erklärte, „es werden Jahrzehnte vergehen beim Finden des Friedens mit den Palästinensern“. Und er sprach von der „Notwendigkeit, die israelischen Grenzen zu verändern und die Araber (Palästinenser), die in Israel seit vor 1948 leben, zu vertreiben, welche nicht dem jüdischen Staat Treue schwören“. Wenn sich die Scheinheiligkeit von Netanyahu vor der Welt in Bewegung setzt und dies getadelt wird, ohne ihn zum Rücktritt aufzufordern, dann sekundiert ihm der Chef der israelischen Diplomatie, Lieberman, mit den Worten „ich sagte das, was wir alle denken“.
(*) - Er war der erste Botschafter des Staates Palästina in Argentinien
- Internationaler Beobachter der Lage in Palästina
Quelle: www.jerusalem-palestina.blogspot.com - Rebelión
Quelle: http://www.tribuna-popular.org/
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