Mittwoch, 30. Dezember 2009

Aufruf zum 13. Februar 2010 in Dresden

Keine Versöhnung mit Deutschland!

Aufruf gegen Gedenken und Naziaufmarsch am 13. Februar
2010 in Dresden


Das Dresden-Gedenken scheint wichtig, so wichtig, dass
die neue sächsische Staatsregierung eigens für den
bevorstehenden 65. Jahrestag das Versammlungsrecht
noch schnell erheblich einschränken will. Schließlich
ruinieren "Extremisten" schon seit Jahren die
Gedenkstimmung rund um den 13. Februar und gefährden
Sicherheit, Ruhe und Ordnung. Unterdessen versucht eine
Handvoll Dresdner Kultur- und Kirchenprominenz ein
weiteres Denkmal zur Erinnerung an die Bombardierung
und das Wiedererstehen der Stadt zu erstreiten. Zwar
wurde erst 2009 eine neue Erinnerungsstelle in der
Altstadt eingeweiht, aber Mahnmale für Dresden kann
es in Dresden nicht genug geben. Mit kaum verhohlener
revanchistischer Rhetorik wird das Denkmal in der
Sächsischen Zeitung beworben; es zeigt einen
"gestürzte[n] Mensch[en], der sich aufbäumt, ein
Gefallener, der aus eigener Kraft aufersteht. So
wie die Dresdner, so wie ihre Stadt." Die
Oberbürgermeisterin bemüht sich derweil, eine dem
Jahrestag angemessene Gedenkatmosphäre zu schaffen
- laute Musik oder Demonstrationen sind dabei
sehr hinderlich, denn das erwünschte Gedenken
soll als unpolitischer und damit unhinterfragbarer
Akt wahrgenommen werden. Mit Hilfe einer Menschenkette
um die historische Altstadt soll ein "Zeichen gegen
Extremismus" gesetzt und gleichzeitig der Zerstörung
der Stadt gedacht werden. Business as usual in Dresden.

Wenn von "Extremisten" die Rede ist, sind vor allem
diejenigen gemeint, die Kritik am Gedenken äußern,
deutschen Opfermythen widersprechen oder gegen den
Aufmarsch tausender Nazis mehr als nur symbolisch
und nicht zur Verteidigung des "wahrhaften Gedenkens"
protestieren. Weniger gemeint sind die Nazis. Ihnen
soll durch das Gesetz ein Aufmarsch durch die historische
Dresdner Altstadt verboten werden, also etwas, worauf sie
bereits 2009 verzichteten. Ihnen wird auch weiterhin mit
der Floskel begegnet, sie würden das Gedenken "missbrauchen".
Übergangen wird dabei geflissentlich, dass die Nazis sich
in ihrer Grundaussage nicht vom bürgerlichen Gedenken
unterscheiden - sie erinnern genauso an vermeintlich
unschuldige deutsche Opfer.

Für eine emanzipatorische Linke bedeutet das viel Arbeit.
Es heißt vor Ort zu sein und die unbequemen Fragen zu
thematisieren. Es heißt deutlich zu machen, dass allen
Formen des Gedenkens eben dieser gemeinsame
geschichtsrevisionistische Kern innewohnt.

Die Mythen um Dresden

Dresden gilt als "Sinnbild der Zerstörung und der zivilen
Kriegsopfer"
weil sich seine Zerstörung "von den Zerstörungen anderer
deutscher Städte deutlich unterschied" und "nur kurze Zeit
vor Kriegsende, als besonders viele Flüchtlinge in der
Stadt waren, was die Zahl und das Gewicht der menschlichen
Opfer weiter erhöhte" stattfand, heißt es im eingangs
angeführten Gesetzentwurf der sächsischen Staatsregierung.
Doch wie entstand diese Vielzahl von Mythen, denn um nichts
anderes handelt es sich hierbei? Sie gehen auf eine
NS-Propagandakampagne zurück, die einerseits darauf
zielte, den Volkssturm im Inland zu stärken, und
andererseits die Alliierten im Ausland zu diskreditieren.
Zur Dramatisierung wurden einfach die Totenzahlen,
die bei höchstens 25 000 lagen, verzehnfacht. Auch die
Tiefflieger entsprangen schlicht der Phantasie der
NS-Propaganda. Ebenso ist es mit der unschuldigen
Kunst- und Kulturstadt nicht weit her. Dresden war
die zweitgrößte Garnisonsstadt und wichtiger
Standort der Rüstungsproduktion des Dritten Reiches.
Zudem leisteten die Dresdner_innen gleichermaßen wie
der Rest der deutschen Bevölkerung ihren Beitrag zur
Umsetzung und Verteidigung der Volksgemeinschaft, in
dem sie sich aktiv oder zumindest passiv beteiligten.
Bis zuletzt wurden Jüdinnen und Juden verfolgt. Noch
während und kurz nach der Bombardierung Dresdens wurden
ehemalige KZ-Insassen auf Todesmärschen durch Dresden
getrieben. Die Mythen um Dresden spielen nach wie vor
keine unerhebliche Rolle im Gedenken zum 13. Februar.
So veröffentlichte die sächsische Landeszentrale für
politische Bildung unlängst ein Buch, in dem verschiedene
Zeitzeug_innen in unkommentierter Form jene Mythen
zum Besten geben und fortschreiben.

Gleichzeitig ist im offiziellen Gedenken seit einiger
Zeit eine Veränderung wahrzunehmen. In den Reden, die
am 13. Februar 2009 gehalten wurden, sind inhaltliche
Verschiebungen auszumachen. Es findet eine
geschichtliche Einordnung der Ereignisse am
13. und 14. Februar 1945 statt; an Stelle der
bekannten Dresdenmythen werden wissenschaftliche
Fakten benannt. Statt Verdrängung und Leugnung
findet sich die Betonung, dass die Bombardierung
Dresdens als Folge der "nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft" zu sehen sei. So formuliert die
Dresdner Oberbürgermeisterin Orosz: "Wie Dresden
mussten tausende andere Menschenorte in Schutt und
Asche sinken, ehe denen, die diesen Krieg angezettelt
hatten, der nationalsozialistischen Verbrecher-Clique,
Einhalt geboten war."

Die ausgemachte "Versachlichung" und Benennung
geschichtlicher Zusammenhänge gibt jedoch
keinerlei Anlass, von der Kritik am jährlich
in Dresden zelebrierten Gedenken abzurücken. Im Gegenteil.

Opfermythos 2.0

Dass es möglich ist, jenen Deutschen zu gedenken,
welche selbst zum Großteil die nationalsozialistische
Ideologie teilten und involviert waren in das
mörderische System, gleichzeitig aber die
Ablehnung des NS und die gelungene Aufarbeitung
der Vergangenheit zu propagieren, ohne dabei in
Konflikt zu geraten, liegt in der Art und Weise
der Betrachtung des NS und der Beschreibung des
"Kontextes". Ein Beispiel: In den immer gleichen
hohlen Phrasen wird betont, dass jener Krieg,
der 1939 von Deutschland ausging, im Februar
1945 zurückgeschlagen habe.

Von wem ging der Krieg aus?
Wahlweise von der "nationalsozialistischen Verbrecher-
Clique", von "Hitler und seinen Helfern" oder aber
ganz abstrakt von "den Nazis". Losgelöst von diesen
Schuldigen, wird eine unschuldige, unbeteiligte
deutsche Zivilbevölkerung konstruiert, die so
nie existierte. Der NS war in seiner Systematik,
seiner Ideologie und seinen Verbrechen auf die
aktive oder zumindest passive Beteiligung der
"ganz normalen Deutschen" angewiesen. Es ist
die gern übergangene historische Tatsache, dass
der Großteil der Deutschen die Ideologie von
Volksgemeinschaft und Herrenrasse, vom unterdrückten
deutschen Volk und vom notwendigen Krieg teilte und
das nationalsozialistische Projekt unterstützte.
Dieses fand nicht heimlich statt, gesteuert von
"ein paar Fanatikern", sondern war in Zeitungen
nachzulesen, auf der Straße und in der Wochenschau
zu sehen und bereits in Kinderliedern zu hören.
Wenn nun aber die "ganz normale deutsche Bevölkerung"
von jeglicher Beteiligung am Nationalsozialismus
freigesprochen wird, erscheint diese im Dresden-
Gedenken perfiderweise als "Opfer des NS" und nicht
als wesentlicher Garant für dessen Gelingen. Diese
behaupteten "normalen" Deutschen hätten selbst unter
der "Hitlertyrannei", welche die Bombardierung
verursacht hat, gelitten. Dresden habe mit
seiner Zerstörung für die Verbrechen "der Nazis"
büßen müssen und sei nun aufgrund der eigenen
Leiderfahrung geläutert. So kann sich Dresden
auch zum 65. Jahrestag der Bombardierung einmal
mehr als das darstellen, was es so gern sein
möchte - das Symbol für Frieden und Versöhnung.

Der Krieg schlug zurück?
Die Bombardierung Dresdens war kein Zurück-
schlagen des von den Deutschen geführten
Vernichtungskriegs, sondern ein militärisches
Mittel zur Niederschlagung der national-
sozialistischen Barbarei und bedeutete für
deren Opfer ein Schritt in Richtung Befreiung.
Nur indem menschliches Leid in einer unpolitischen
und nur noch moralischen Sicht per se zum einzigen
Ausgangspunkt in der Betrachtung des 2. Weltkriegs
wird, ist die Rede vom zurückschlagenden Krieg
möglich. Eine Auseinandersetzung mit Schuld und
Täterschaft, ja überhaupt mit Historie, wird
dabei umgangen. Hier macht der Krieg alle
gleichermaßen zu Täter_innen und Opfern und
einzig Leid wird zum universellen Maßstab.
Diese indifferente Betrachtungsweise ermöglicht
und legitimiert das Gedenken an die vermeintlichen
deutschen Opfer, weil sie die Frage nach der
Spezifik deutscher Verbrechen und nach den
Voraussetzungen für deren Durchführung nicht
stellt. Dass die Deutschen einen Vernichtungs-
krieg in Osteuropa führten, in dem sie bewusst
ganze Landstriche verwüsteten und die Bevölkerung
auslöschten, um ihren Plan der Gewinnung neuen
"Lebensraums" für die deutsche Volksgemeinschaft
zu verwirklichen, dass die Deutschen systematisch
Millionen Jüdinnen und Juden in ganz Europa
zusammentrieben, deportierten und in
Vernichtungslagern töteten, dass dem
deutschen Rassenwahn Sinti und Roma,
Homosexuelle, Behinderte zum Opfer fielen -
all das verschwindet in der Rede vom
"zurückschlagenden Krieg". In ihr werden
Verallgemeinerung und Moralisierung betrieben,
welche schlussendlich nur der Verharmlosung und
Relativierung Deutscher Schuld dienen.

Mit einer solchen Benennung der "Vorgeschichte"
der Bombardierung wird eine Interpretation der
Ereignisse angeboten, die es ermöglicht, einen
deutschen Opfermythos ins modernisierte Gedenken
zu übersetzen und so nutzbar zu machen für die
Konstruktion einer modernen Dresdner, aber auch
deutschen Identität.

"Vergangenheitsbewältigungsweltmeister"

Diese Form der Relativierung ist nicht neu.
Auf bundespolitischer Ebene setzte ein solcher
Wandel in der Erinnerungspolitik und im Umgang
mit der nationalsozialistischen Vergangenheit
Deutschlands bereits Ende der 90er Jahre ein.
"Nicht trotz sondern wegen Auschwitz" - so
die Begründung Joschka Fischers - führten
deutsche Soldaten 1999 in Jugoslawien
erstmalig wieder Krieg. Aus der vorbildlichen
Aufarbeitung der Geschichte ergäbe sich die
Befähigung und die moralische Verantwortung
überall dort auf der Welt auch militärisch
einzugreifen, wo Unrecht geschieht. Die
Aufarbeitung der eigenen "dunklen Geschichte"
wird stolz vor sich her getragen und als
moralischer Pluspunkt innerhalb der
europäischen und internationalen
Gemeinschaft nutzbar gemacht. Seit Rot-Grün
ist Deutschlands Umgang mit seiner Vergangenheit
nicht mehr durch Verdrängung, Leugnung und
Schlussstrichdenken gekennzeichnet, sondern
vielmehr durch Anerkennung und Integration,
geradezu Einverleibung der nationalsozia-
listischen Vergangenheit in die bundesdeutsche
Identität. Die einzigartige "Aufarbeitung"
Deutscher Schuld bestärkt das Selbstbild als
moderne und geläuterte Nation. Der Umgang mit
der deutschen Geschichte spielt für die
Identitätskonstruktion eine grundlegende Rolle
- der Diskurs um die "deutschen Opfer des
Krieges" durch Bombardierung oder Vertreibung;
das Paradigma der freiheitsliebenden Deutschen,
welche die zweite Diktatur auf deutschem Boden
- so der gleichmacherische Jargon der
Totalitarismustheorie - in einer "friedlichen
Revolution" von sich abschüttelten.

Gezeichnet wird das Bild einer normalen,
aufgeklärten Nation, einer Nation, die
zu ihren Fehlern steht und daraus gelernt
hat. Deutsche Täterschaft wird anerkannt,
verschwindet jedoch im abstrakten Jahrhundert
der Kriege, im allgemeinen Leid, hinter einer
Clique von Naziverbrechern. Die Dresdner
Erzählung von den Deutschen als Opfer ist
ein Baustein in dem Versuch, eine ungebrochene
deutsche Identität zu gewährleisten, denn das
Gedenken bezieht sich positiv auf eine
vermeintlich unschuldige Zivilbevölkerung.
Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem
NS jedoch hieße zu erkennen, dass es eine
solche nicht gegeben haben kann. Ein positiver
Bezug auf Deutschland verböte sich - insbesondere
angesichts der planmäßigen Entrechtung, Verfolgung
und Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden
als Konsequenz eines deutschen Antisemitismus, in
dem sich eine ganze Gesellschaft zusammenfand.
Es ist der von Moishe Postone geforderte "konstante
d.h. in fortwährender Auseinandersetzung zu
vollziehende Bruch", der als einzige Konsequenz
aus der Vergangenheit der Deutschen zu ziehen ist.
Kein Fortschreiben einer bruchlosen deutschen
Identität, sondern ein Bruch mit den Kontinuitäten
nationalsozialistischer Ideologie. Ein Bruch mit
Deutschland!

Seit Goebbels nichts Neues

Anknüpfend an das bürgerliche Gedenken etablierten
die Nazis ihren Aufmarsch zum 13. Februar. Er
entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem
der größten Naziaufmärsche nach 1945. Zwar gibt
es auch in anderen deutschen Städten Nazi-
Erinnerungsveranstaltungen, die Größenordnun
g Dresdens wird dabei aber nicht einmal
annähernd erreicht. Zu beantworten ist also die
Frage, warum gerade Dresden so attraktiv für die
bundesweite Nazisszene ist?

Der 13. Februar erlaubt den Nazis heute ein
direktes Anknüpfen an ihre historischen
Vorbilder. Viele der Dresdner Mythen haben
ihren Ursprung in der propagandistischen
Ausschlachtung der Bombardierung durch das
Reichspropagandaministerium, welches den
Grundstein für eine Täter_innen-Opfer-
Umkehr legte. Darüber hinaus fand die
Darstellung, die die Bombardierung als
alliiertes Kriegsverbrechen brandmarkte,
große Resonanz in der Bevölkerung. Die
Mythen wurden in die lokale "oral history"
integriert und in der Nachkriegszeit,
sowie in DDR und später BRD unzählige Male
reproduziert. Sie sind so im kulturellen
Gedächtnis verfestigt, dass die Mythen
noch heute immer wieder im Diskurs
anzutreffen sind und in weiten Teilen
der Bevölkerung zum common sense gehören.
Für die Nazis ergibt sich hieraus eine
Situation, in der sich ihre Position
großflächig mit der hegemonialen öffentlichen
Meinung überschneidet und ihnen ein
unkompliziertes Mitmachen ermöglicht.
Sie können sich in Bezug auf den 13. Februar
ohne weiteres als Teil der gesellschaftlichen
Mitte sehen. Bestärkt wird diese Sicht durch
die in Dresden geläufige Position, die Nazis
würden - zwar aus falschen Gründen - das
Richtige tun: trauern.

Im Unterschied zum bürgerlichen Gedenken
nehmen die Nazis in ihrer Form des Gedenkens
jedoch ganz offen Bezug auf die NS-Ideologie.
Argumentativer Bezugspunkt ist die deutsche
Volksgemeinschaft. So spricht der sächsische
NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel davon, dass der
"deutsche Volkskörper" von einem
"eliminatorischen Antigermanismus" bedroht
gewesen sei, die Deutschen also aufgrund
ihres Deutschseins bombardiert worden wären.
Es findet letztendlich eine Umdeutung des
Krieges statt, so dass eben nicht Deutschlands
Vernichtungskrieg im Fokus steht, sondern, dass
die Alliierten einen Krieg gegen Deutschland
entfacht hätten, um die "deutsche Rasse" zu
vernichten. Daran anschließend wird ein
vermeintlicher Tabubruch eingefordert, der es
endlich ermögliche, um "deutsche Opfer" zu
trauern und sich von der "moralischen Holocaustkeule"
zu lösen. Damit wird ein unverhohlener Antisemitismus
deutlich, der sich durch die gesamte Argumentation zieht.
So ist auch in bewusster Anlehnung an die Begriffe
aus dem Gedenken an die Opfer der Shoa vom
"alliierten Bombenholocaust" die Rede.

And now? Action!

Auch am 13. Februar 2010 werden in Dresden wieder
mehrere tausend Antifaschist_innen gegen den
Nazi-Großaufmarsch protestieren. Wir rufen dazu
auf, dieses Anliegen nicht losgelöst von einer
grundlegenden Kritik des Gedenkens zu betrachten
und den Fokus linksradikaler Aktivitäten auch
auf das städtische Gedenken zu richten. Ein
Ansatz, der zugunsten einer breiten Mobilisierung
allein den Naziaufmarsch in den Mittelpunkt rückt,
übergeht allzu leicht den geschichtsrevisionistischen
Kern sämtlicher 13. Februar-Gedenkenformen.
Die Folgen sind unangenehm aber vorhersehbar:
Subsumierung ins Dresden-Gedenk-Ringelpiez und
Eingemeindung in die Dresdner Bürgerschaft,
die das Ansehen Dresdens und das Gedenken
gegen einen "Missbrauch" verteidigen will.

Folgerichtig sollte sich eine radikale Linke
bemühen, eine gedenkkritische Position
sicht- und wahrnehmbar zu machen und darauf
verzichten, sich ausschließlich an den Nazis
abzuarbeiten. Das heißt zuallererst, die
Differenzen zwischen dem bürgerlichen
Gedenken und dem der Nazis richtig einzuschätzen:
sie sind vorhanden, aber nur vordergründiger Art
und spätestens mit dem Hauptanliegen, der
Trauer um vermeintliche deutsche Opfer,
erschöpft. Genau hier gilt es anzusetzen
und Kritik zu üben. Unterbleibt diese, etwa
aus Sorge um die Anschlussfähigkeit der
eigenen Position, wird weiterhin die
sowohl im bürgerlichen als auch im Nazi-
Spektrum kursierende Erzählung von den
Deutschen als Opfer des Zweiten Weltkriegs
gestärkt und damit auch ein neuer deutscher
Nationalismus legitimiert. Eine Linke, die
solche geschichtspolitische Kritik aufgibt,
würde sich selbst überflüssig machen.

Selbstverständlich folgt hieraus nicht, die
Nazis rechts liegen zu lassen. Ein Aufmarsch,
der ein offen nationalsozialistisches
Weltbild propagiert, außerdem Shoa und
Vernichtungskrieg relativiert darf nicht
unwidersprochen stattfinden. Ihm
kompromisslos entgegenzutreten ergibt sich
schon allein aus dessen Größenordnung und
dem damit einhergehenden ganz realen Gefahrenpotential.

Deswegen heißt es auch 2010: Keine Versöhnung mit
Deutschland. Gegen jeden Geschichtsrevisionismus.
Deutsche Täter_innen sind keine Opfer. Naziaufmarsch verhindern.

12. Februar 2010, 18 Uhr, Jorge-Gomondai-Platz:
Demonstration gegen deutsche Opfermythen
13. Februar 2010:
Aktionen gegen Gedenken und Nazis

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