Donnerstag, 29. April 2010

EU-Imperialismus De Luxe...

Zum Staatsbankrott Griechenlands, Portugals ... ... der EU ...

DIE GRIECHEN MACHEN DEN EURO KAPUTT??

von Jens-Torsten Bohlke, Brüssel

Kommunisten-online vom 29. April 2010 – Die gesamte bürgerliche Journaille Westeuropas betreibt Panikmache: Griechenland ist bankrott! „Die Folgen für andere Länder, Banken und Versicherungen können aber fatal sein“ (1).

Und natürlich haben die imperialistischen Meinungsmacher auch gleich die „Lösung“ für Griechenlands Bankrott parat: IWF, EU-Kommission, Europäische Zentralbank, diverse Bankiers und Versicherungsmanager einigten sich mit Griechenlands Finanzminister und dem Chef der staatlichen Schuldenagentur darauf, „wie über 300 Milliarden Euro griechischer Staatsschulden neu geordnet werden – also, wann und wie Griechenland seine Schulden zurückzahlt: auf jeden Fall später als ursprünglich versprochen und mit weniger Zinsen. (...) Denn allein bis Ende 2015 müssen die Südeuropäer weit über 200 Milliarden Euro auftreiben, um ihre Schulden zu bedienen. Das bedeutet, dass Athen in jedem Jahr mehr als die Hälfte aller Staatseinnahmen nur für die Schulden ausgeben müsste.“ (1)

WOHER SOLL GRIECHENLAND DAS GELD ZUR RÜCKZAHLUNG NEHMEN?

„Griechenland müsste muss Zehn-, eher Hunderttausende Staatsdiener entlassen, eine unproduktive, zu teure Wirtschaft modernisieren und bei Produkten und Dienstleistungen – auch dem kriselnden Dukatenesel Tourismus – billiger, besser und so konkurrenzfähig werden.“ (1)

Was nichts anderes heißt als die Neuauflage bekannter alter liberaler IWF-„Rezepte“. Unser Bundesengelchen hat sich bekanntlich auch schon dafür ausgesprochen, Griechenland den IWF-Diktaten zu unterwerfen. Und ein gewisser Bundespräsident Köhler, der einst Argentiniens Ruin aktiv mit herbeiführte, als er ab 2000 Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds IWF in Washington, D.C. war, sieht sicherlich auch die „Schocktherapie“ als super „Ausweg für Griechenland“ und nebenher super Geschäft für das internationale Finanzkapital. Und wie IWF-Diktate funktionieren, beschreibt derselbe bisher zitierte WELT-Artikel am Beispiel Lettlands:

„Der scheinbar einfachere im Fall Griechenland wäre „die lettische Variante“, wie ihn die langjährige Vizedirektorin des IWF, Anne Krueger, analysiert hat. Das kleine baltische Land hat einen großen Teil seiner Beamten entlassen, Renten, Kindergeld, Löhne und Gehälter gekürzt, Schulen und Krankenhäuser geschlossen. Für diese „interne Abwertung“ zahlt Lettland freilich einen hohen Preis: Die Wirtschaft muss nun beispiellos scharf schrumpfen. In den vergangenen zwei Jahren ging das Bruttoinlandsprodukt um fast ein Viertel zurück. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit auf den europäischen Rekordwert von gut 20 Prozent.“(1)

Nach der derzeit herrschenden reaktionären Logik der imperialistischen Stimmungsmacher ist es schlicht so, dass „die Griechen über ihre Verhältnisse lebten“. Die Wirklichkeit sieht freilich ganz anders aus, denn seit Monaten eskalieren in Griechenland immer wieder Massenproteste der Bevölkerung. Was wohl nicht daran liegen kann, dass die Bevölkerung Griechenlands auf Pump im Luxus schwimmen würde oder sonst wie „über ihre Verhältnisse“ konsumierte, oder?

Die „WELT“ sieht dann auch die zweite imperialistisch logische Option für Griechenland darin, aus dem Euroverband auszuscheiden und zur Drachme „zurückzukehren“. Was die griechische Bevölkerung der Inflation und somit extremen Massenverelendung ebenfalls aussetzen würde. Und wir machen uns nichts vor: An deutschen Stammtischen dürften sich die Kleinspießer da bereits einig sein, dass es besser ist, wenn es „nur die Griechen“ und nicht auch noch die Michels hinter deutschen Gartenzäunen treffen würde....

Die „WELT“ überschreibt ihren hier vielzitierten Artikel mit dem Titel „Wie die Griechen die Krise meistern können“, bietet aber neben den dem Finanzkapital genehmen beiden „Lösungen“ nichts an. Damit erwecken die bürgerlichen Journalisten den Eindruck, dass es zur Rückzahlung von Schulden nun mal schlicht keine Alternative geben würde. Dem ist allerdings nicht so, wie nicht nur wir Kommunisten wissen.

Die Krise Griechenlands sei nicht dem Casino-Finanzkapitalismus zuzuschreiben, es sei eine Systemkrise des Kapitalismus in der EU, so der Vertreter der griechischen Kommunisten (KKE) auf einer DKP-Veranstaltung kürzlich. Deren ungleiche Entwicklung sei strukturell und gesetzmäßig. Zwar haben griechische Regierungen in der Vergangenheit auch die Finanzdaten des Staates gegenüber der EU verfälscht, aber die verantwortlichen EU-Institutionen hätten das einfach ignoriert. (...) Zwar sei die KKE nach wie vor für den Austritt Griechenlands aus der EU, aber es sei sehr unwahrscheinlich, dass die EU nicht alles unternähme, um das zu verhindern. (2)

VÖLLIGER AUSVERKAUF GRIECHENLANDS ALS AUSWEG?

In der bürgerlichen Politik kommen die Wahrheiten gewöhnlich nur dann zum Vorschein, wenn sich die Nachbarinnen zanken. Man vernimmt sie allenfalls durch den Mund von Verrückten. So beginnt der Artikel „Griechenland als Ware“ von Filipe Diniz, erschienen in „Avante“, dem Zentralorgan der Kommunistischen Partei Portugals. Darin heißt es:

So kürzlich im deutschen Bundestag, wo zwei Abgeordnete den Vorschlag einbrachten, dass Griechenland Teile seines Territoriums oder seiner Kulturschätze, namentlich die Akropolis zum Verkauf stellen sollte, – um der prekären Lage der öffentlichen Finanzen beizukommen.

Der „Vorschlag” ist von der der Sorte, dass er ein weites mediales Grossaufgebot zur Flanke ziehen musste. Einesteils, weil die beiden Parlamentarier, die ihn formulierten, der «extremen Rechten» zugerechnet werden. Anderseits weil die Bild-Zeitung, die das Ganze groß herausbrachte, als «Sensationsblatt» gilt.

Aber die grundlegende Frage, die man auf diese Weise zu verschleiern versucht, ist eine andere. Es geht darum, was zwei deutsche Politiker dazu bringt, in der gegenwärtigen Lage solche Vorschläge an ein souveränes Land zu richten. Und die gegenwärtige Lage ist die einer EU, seit mit dem Inkrafttreten des «Lissabon-Vertrages» die monetaristischen und neoliberalen Dogmen Gesetzeskraft beanspruchen, ist eine Lage, in der die europäischen kapitalistischen Großmächte das Kommando übernommen haben und dies zeigen wollen.

Was die beiden deutschen «Abgeordneten der extremen Rechten» getan haben, war in einer brutalen Form der Ausdruck dessen, was die «europäische» Bürokratie auf vorsichtigere Weise formuliert:

Der eingeschlagene Kurs der «europäischen Integration» ist der Kurs auf beschleunigten Souveränitätsverlust der abhängigeren Staaten. Und wenn die Staaten schon ihre Souveränität abtreten, wieso sollten sie nicht auch das Territorium abtreten, auf dem sie diese ausüben, und warum nicht die Kulturschätze, die Teil des Fundaments ihrer nationalen Identität bilden?

Es gehört zur Natur des Kapitalismus, alles in Ware zu verwandeln. Um Marx und Engels zu zitieren: «Nur die Ware ist Geld. Nur das Geld ist Ware! gellt’s jetzt über den Weltmarkt.» (3) So ist die gegenwärtige EU.

In seiner Schrift «Der Staat der Athener» erinnert Aristoteles an die Lage bis zur Zeit Solons:

«Das ganze Land war in den Händen weniger – und wenn die Pächter nicht die Pachtbeträge entrichteten, konnten sie selbst und ihre Kinder in die Sklaverei geführt werden. Für Darlehen hafteten sie mit ihrem Leibe … »(4)

Diese Worte datieren aus dem Griechenland vor 26 Jahrhunderten. Und auch heute dauert der Kampf fort gegen jene, die alles in Ware verwandeln wollen, von jahrtausende alten Kunstwerken über die Souveränität der Völker bis zu den Rechten der arbeitenden Bevölkerung. (5)

DIE WELT IST ÜBERREIF FÜR DEN SOZIALISMUS

Die griechischen Kommunisten stehen an der Spitze der Massenproteste, welche Ausdruck des sich immer weiter zuspitzenden Klassenkampfes zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie in Griechenland ist. Da geht es gegen Lohndumping, Heraufsetzung des Eintrittsalters beim Altersrentenbezug und weiteren sozialen Kahlschlag, mit dem die Zeche der Bourgeoisie bezahlt werden soll, welche den Staatshaushalt ausplünderte. Denn all denen, an welche die Summen des Schuldendienstes aus staatlichen Haushalten fließen, geht es keinesfalls schlecht. Bei ihnen handelt es sich vielmehr um die reichsten Clans des internationalen Finanzkapitals. Und in dessen Kreisen wird ständig darüber nachgesonnen, wo sich das Anlagekapital noch verwerten lässt. Da spielt es keine Rolle, wenn ganze Völker auf Generationen in die Schuldknechtschaft getrieben werden, denn für die Hochfinanz ist dies letztlich nichts weiter als schnödes bürgerliches Geschäft.

Nur eben geht es eben nicht immer nach dem Willen allein des internationalen Finanzkapitals. Demgegenüber der chilenische sozialistische Staatspräsident Allende einst sagte, dass Chile für jeden auf den internationalen Finanzmärkten geliehenen Dollar vier Dollar zurückzahlen musste. Was klar zeigt, wer sich da an wem bereicherte und bereichert.

Klar ist auch, dass sich weder das griechische Volk noch alle Völker den finanzkapitalistischen Diktaten des IWF unterwerfen wollen, nur um die Profitgier der Hochfinanz zu befriedigen, welche ohnehin keine Grenzen kennt und nie befriedigt sein würde. Lenin charakterisierte den Imperialismus als höchste und monopolistische Entwicklungsstufe des Kapitalismus und sehr zu recht auch als „stinkenden, faulenden, verrottenden und parasitären Kapitalismus“, welcher aus Sicht der Arbeiterklasse und der Volksmassen schlicht abgeschafft werden muss. Es war eine der ersten wirtschaftspolitischen Maßnahmen Lenins nach dem Sieg der Oktoberrevolution in Russland, die Privatbanken und den gesamten Finanzbereich zu verstaatlichen.

Wir Kommunisten sehen heute in Russland, was mit diesem riesigen Land voller Rohstoffe geschieht, wenn das Finanzkapital aus aller Welt dort schalten und walten kann. Wo einst zu Zeiten der UdSSR Vollbeschäftigung, Lohn- und Rentensicherheit sowie Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung herrschten, erlebt die lohnabhängige Bevölkerung seit 20 Jahren Hunger, Kälte, fehlende medizinische Versorgung und Massenelend. Mit dem Kapitalismus hielten Straßenkinder und Drogenstrich Einzug in den russischen Städten. Einige „Oligarchen“ raffen Russlands Rohstofferlöse und schaffen sie auf ihre privaten Konten außer Landes, wo dieses Finanzkapital Verwertungsmöglichkeiten braucht.

Griechenland ist nicht Russland, und Deutschland ist nicht Lettland. Aber es gibt jede Menge Gemeinsamkeiten für die Völker dieser Länder. Ihnen allen geht die Bourgeoisie an die Altersrenten, an die Gesundheitsversorgung, die Bildung, die Kultur, die Arbeitsplatzsicherheit und alle erdenklichen sozialen Errungenschaften aus den Klassenkämpfen der Väter und Großväter. Die griechische Arbeiterklasse zeigt immer eindrucksvoller ihre Fähigkeit zum Klassenkampf gegenüber der Bourgeoisie. Die Arbeiter Russlands, Deutschlands und Lettlands können sich ein Beispiel an den griechischen Arbeitern nehmen, denn das Maß der Zumutbarkeiten wird auch in diesen Ländern alsbald erreicht sein.

Wie Beispiele einiger chronisch immer wieder überschuldeter Länder Lateinamerikas aus der Geschichte der letzten 150 Jahre zeigen, kann erfolgreicher Klassenkampf eine bürgerliche Regierung sehr wohl dazu zwingen, den Schuldendienst teils oder vollständig vorübergehend oder vorerst fristlos einzustellen, was Gläubigerkonsortien in der Regel zum Einlenken, zum teilweisen oder völligen Erlass der Schulden gezwungen hat. Natürlich geht der „Casino-Kapitalismus“ mit seinen finanzkapitalistischen Abhängigkeitsverhältnissen auch in den inner-staatlichen Beziehungen weiter, so lange die bürgerliche Ordnung nicht zerschlagen und durch eine sozialistische Gesellschaftsordnung ersetzt worden ist. Karl Marx forderte die Proletarier aller Länder dazu auf, sich zu vereinen. Denn die Befreiung der Arbeiter kann nur das Werk der Arbeiter selbst sein.

Quellen:

(1) http://www.welt.de/

(2) http://www.kommunisten.de/

(3) Marx/Engels: Das Kapital (1. Band), MEW 23, S. 152

(4) Aristoteles: Der Staat der Athener, 2, 2-3

(5) http://www.kommunisten.ch/index.php?article_id=895

Freitag, 23. April 2010

Die CIA des Volkes

Website WikiLeaks hält Regierungen und Konzerne in Atem

übersetzt von Jens-Torsten Bohlke, Brüssel

Havanna, 9. April 2010, Cubadebate. – Vor drei Monaten versandte WikiLeaks, eine Website voller Anklagen aus enthüllenden sensiblen Geheimdokumenten, eine Bitte um dringende Hilfe via Twitter: „Wir haben verschlüsselte Videos von US-Angriffen auf Zivilpersonen. Wir brauchen einen Supercomputer, um sie zu entschlüsseln“, so die Website, die sich selbst als „eine Geheimdienstagentur der Menschen“ bezeichnet und für viele eine Art „CIA des Volkes“ darstellt.

Es wird nicht erklärt, wie es geschah. Aber irgendwie schaffte es WikiLeaks in der erforderlichen Zeit an einem Supercomputer, ein am vergangenen Mittwoch verbreitetes Filmvideo von einem Angriff der US-Streitkräfte in Bagdad 2007 zu entschlüsseln. Bei jenem US-Angriff gab es 12 Tote, darunter zwei Mitarbeiter, der britischen Nachrichtenagentur Reuters. Das Video wurde zwei Millionen Mal bei YouTube angeschaut. Es wurde etliche hundert Male in Fernsehnachrichten gezeigt. (das Video ansehen)

Die Verbreitung des enthüllenden Videos aus dem Irak zieht heute viele Blicke auf die Website von WikiLeaks, die zuvor eher eine marginale Seite war. Sie ist bestrebt, geheime Information über die Regierungen und multinationalen Konzerne an das Licht zu bringen, dabei Geheimes und weitere vertrauliche Information aufzudecken und die Identität derer zu schützen, die dazu beigetragen haben, diese Informationen zugänglich zu machen. Dadurch ist diese Website zu einem Steinchen im Schuh der Regierungsbehörden in den USA und in aller Welt geworden. Mit dem Video von dem Angriff im Irak nähern sich die Zentren der Verbreitung vertraulicher Information weiter einer Form des investigativen und politisch aktiven Journalismus an.

„Man kann sagen, dass genau dies die Spionagedienste machen: investigativer Journalismus auf Niveau der Hochtechnologie“, so Julian Assange, einer der Gründer der Website von WikiLeaks. „Es ist Zeit, dass die Medien ihre Fähigkeiten auf zeitgemäßen Stand bringen.“

Assange ist ein aktiver australischer Journalist. Er gründete die Website WikiLeaks vor drei Jahren zusammen mit einer Gruppe von Aktiven und Fachleuten aus der IT-Branche. Seitdem hat WikiLeaks Belege über giftige Verseuchungen in Afrika, über die Protokolle aus dem US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay, persönliche Mitteilungen aus E-Mails von Sarah Palin und anderes zum 11.September veröffentlicht.

Heute verfügt WikiLeaks über ein Team von fünf Vollzeit-Freiwilligen. Dies ließ Daniel Schmitt als Sprecher der Website verlautbaren. Und es gibt 800 bis 1.000 Menschen, auf welche das WikiLeaks-Team zurückgreift, wenn es Fachleute für Verschlüsselung, Programmierung und das Redigieren von Nachrichten braucht. Die Website macht kein Hehl aus ihrer Absicht, vertrauliche geschützte Informationen zu veröffentlichen. Assange äußerte, dass er sich sowohl als Journalist als auch als Aktivist sieht. Wenn ihn jemand zwingen würde, zwischen beiden Positionen zu wählen, dann würde er sich für die Position des Aktivisten entscheiden.

WikiLeaks brachte nicht nur das Video von 38 Minuten Länge, sondern es fügte ihm auch den Titel „Kollateraler Mord“ hinzu. WikiLeaks sagte, dass das Video ein Beweis des Abschlachtens „ohne Ansehen der Person“ und eines „Angriffs ohne Grund“ ist. (Die US Army ließ gestern verlautbaren, dass sie das Video prüfen und möglicherweise eine Untersuchung über den Zwischenfall wiedereröffnen würde.)

„Aus meiner humanitären Sicht konnte ich nicht glauben, dass es so leicht sein soll, dieses Chaos in der Stadt zu entfachen. Sofern sie nicht wussten, was da passiert war“, so Schmitt aus Deutschland am Montagabend in einem Interview.

Die Website bot auch eine 17-Minuten-Videoversion an, die viel öfter auf YouTube gesehen wurde als die vollständige Version. Die Kritiker sagen dazu, dass das Kurzvideo falsch ist, weil es nicht deutlich machen würde, dass die Angriffe inmitten von Auseinandersetzungen erfolgten, und dass einer der Männer einen Granatwerfer bei sich hatte.

Eine neue Diskussion

Während ein Medium vergebens versuchte, das Video bei den traditionellen Kanälen aufzufinden, entfachte WikiLeaks mit dem Verbreiten dieses Videos die Diskussion um die Rolle des Journalismus im digitalen Zeitalter. Denn während Richter und Kläger die Veröffentlichung durch Gerichtsbeschlüsse stoppen oder aufschieben können, existiert WikiLeaks im digitalen Raum und macht die Information sofort öffentlich zugänglich.

Zweieinhalb Jahre lang hat Reuters vergeblich versucht, das Video aus dem Irak zu bekommen. WikiLeaks weigert sich, etwas darüber zu äußern, wie es zu diesem Video gekommen ist, und spielt lediglich auf „unsere wertvolle Quelle“ an.

Assange sagte, dass „investigative Einrichtungen“ sich angeboten haben, das Video zu entschlüsseln. Aber er wollte nicht sagen, wie sie es erhalten haben. Nach dem Entschlüsseln schickte WikiLeaks zusammen mit einem Fernsehkanal aus Island am vergangenen Wochenende zwei Leute nach Bagdad, um Information über das Gemetzel zu sammeln. Dies mit einem Kostenaufwand von 50.000 Dollars.

WikiLeaks veröffentlicht sein Material auf seiner Website, welche auf einigen Dutzenden Servern in aller Welt platziert ist. Darunter in Ländern wie Schweden, Belgien und den USA. Das WikiLeaks-Team hält diese Länder für freundlich gegenüber Journalisten und Sammlern bestimmter Dokumente, laut Schmitt.

Dadurch, dass WikiLeaks überall und nirgends im konkreten zu orten ist, befindet sich WikiLeaks außerhalb der Reichweite irgendeiner Einrichtung oder Regierung, wenn da jemand WikiLeaks zum Schweigen bringen will. Aber weil WikiLeaks nur dank Spenden überlebt, heißt es dort, dass man viel kämpfen musste, um die Server online zu halten. WikiLeaks fand moralische, aber nicht finanzielle Unterstützung beim britischen The Guardian.

Am Dienstag bestätigte WikiLeaks, ein weiteres Video entschlüsselt zu haben, welches einen US-Angriff in Afghanistan zeigt, durch welchen 97 Zivilpersonen im vorigen Jahr getötet wurden. WikiLeaks nutzte diese Mitteilung zur Bitte um Spenden.

Je mehr Material WikiLeaks veröffentlicht, umso polemischer wird WikiLeaks zugesetzt. (Die US Army stufte WikiLeaks als eine Bedrohung ihrer Handlungen ein, wie sie in einem Bericht im Februar 2010 äußerte.) Viele Stellen haben bisher versucht, die Seite zum Schweigen zu bringen.

In Großbritannien ist WikiLeaks oft benutzt worden, um Gerichtsbeschlüssen über bei Gerichten anhängigen Publikationen auszuweichen, wenn dort gerichtlich entschieden wurde, dass dieses Material die Privatsphäre der verwickelten Personen verletzten würde. Die Gerichte müssen nun den Rückwärtsgang einlegen. Denn sie stoßen auf die absolute Unwirksamkeit ihrer Anordnungen.

Übersetzung für Cubadebate von Mirta Rosenberg

Quelle: http://www.cubadebate.cu/

GWS-News

Wer die Funktion des Neokolonialismus verschweigt oder übersieht, der kann weder alle wichtigen Erscheinungen des Imperialismus erfassen noch bekämpfen

Neokolonialismus: Während viele den Begriff des Kolonialismus noch kennen werden, ist der Begriff des Neokolonialismus deutlich unbekannter. Oft wird seine Existenz verschwiegen oder übersehen. Neokolonialismus ist ein Sammelbergriff für die Gesamtheit der verschiedenen Formen und Methoden der Ausbeutung und Unterdrückung der Entwicklungsländer (die also ökonomisch schwach entwickelt sind) und beherrschten Gebiete durch den Imperialismus. Er ist aber nicht nur ein System von Methoden, sondern eine Erscheinungsform des Imperialismus. Er unterscheidet sich vom Kolonialismus durch neue Züge.

Imperialismus: „Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müsste man sagen, dass der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist“ [Lenin in „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus]. „Allgemeines Kennzeichen des Imperialismus ist die uneingeschränkte ökonomische und daher ebenfalls politische Herrschaft der Monopole, weshalb er auch als Monopolkapitalismus bezeichnet wird“ [Dipl.-Ing. Lion Wagner in „Krieg und Gesellschaftssystem]. Ökonomische Merkmale des Imperialismus, auf die wir hier nicht näher eingehen können (siehe dazu z.B. „Krieg und Gesellschaftssystem“), sind:
• Konzentration und Zentralisation der Produktion und des Kapitals
• Verschmelzung des Industrie- und Bankkapitals zum Finanzkapital und Entstehung einer Finanzoligarchie
• Vorrangige Bedeutung des Kapitalexports gegenüber dem Warenexport
• Herausbildung internationaler monopolitischer Kapitalverbände, welche die Welt ökonomisch unter sich aufteilen
[Der Platz für die allgemeinen Merkmale des Imperialismus würde an dieser Stelle auch nicht reichen]
Es ist das Wesen des staatsmonopolistischen Kapitalismus, dass sich die Macht des Monopolkapitals und die des Staates zu einem Herrschaftsmechanismus zusammenschließen. Ziel ist es, die maximalen Monopolprofite zu erzielen und das kapitalistische Gesellschaftssystem zu erhalten.

Bedeutung des Neokolonialismus für den Imperialismus: Die Hauptursache des Neokolonialismus ist die kapitalistische Produktionsweise, die objektiv zur größtmöglichen Mehrwertaneignung führt und damit zur Erzielung eines möglichst großen Profits zwingt. „Die neokoloniale Ausbeutung ist die entscheidende materielle Grundlage für die Erhaltung des kapitalistischen Gesellschaftssystems und daher objektiv notwendig (Lion Wagner in ebenda). Ziel des Neokolonialismus ist es über diese Form der Ausbeutung eine höchstmögliche Aneignung von fremdnationalem Mehrwert zu erzielen.

Methoden des Neokolonialismus: Im Gegensatz zum Kolonialismus sind die Methoden des Neokolonialismus etwas versteckter und nicht so offen konfrontativ. Es wird nicht auf offensichtliche Weise ein Land militärisch besetzt, sondern es wird ökonomisch und politisch abhängig gemacht und ausgesaugt. Der Kolonialismus ist veraltet und entspricht nicht mehr den heutigen Produktivkraftentwicklungen. Ein Sklave ist für die jetzigen Produktionsprozesse z.B. viel zu unproduktiv.
Im Folgenden eine Auflistung von Methoden, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
• Schaffung ökonomischer Abhängigkeit durch Wucherkredite an den Staat (Staatsverschuldung) oder an Konzerne (die dann quasi imperialistischen Banken gehören)
• Ökonomischer Druck, wie z.B. auch Boykottdrohungen unter irgendwelchen formalen Vorwänden (z.B. Kampf gegen Terrorismus)
• Ausbeutung über ein monopolistisches Preisdiktat
• Ausbeutung mittels des Monopols im Bereich der Technologie und Wissenschaft
• Ausbeutung im Zuge des Informationsmonopols
• Ausbeutung durch Brain Drain
• Kauf von billigen Rohstoffen oder billigen Produkten (die mit immensen Profiten in den imperialistischen Zentren weiterverkauft werden) aber auch Verkauf teurer Produkte an die Neokolonien, die diese nicht selbst herstellen können. Somit können enorme Extraprofite erzielt werden
• Schaffung eines nur einseitigen Exports in den Entwicklungsländern. Das Entwicklungsland wird dazu verdonnert energie-, rohstoff- und arbeitsproduktive und umweltbelastende, wenig produktive bzw. technisch zweitrangige Produktionsprozesse oder ganze Produktionszweige zu übernehmen und damit die Reproduktion der imperialistischen Zentren zu erweitern. Die imperialistischen Zentren sorgen für eine Arbeitsteilung, und sie selbst nehmen die Stellung ein, hochproduktive Bereiche zu beherrschen und kontrollieren somit auch den wissenschaftlich-technologischen Fortschritt
• Durch die Einseitigkeit der Wirtschaft von Entwicklungsländern kontrollieren die imperialistischen Mächte die Reproduktion dieser Länder
• Durch das Aussaugen der Länder, wird die Abhängigkeit gefestigt
• Militärische Intervention (von Truppenstationierung bis zum imperialistischen Krieg)
• Unterstützung einer Regierung bzw. einer Opposition, die auf die enge Kooperation mit der jeweiligen imperialistischen Macht setzt, sich z.T. direkt korrumpieren lässt. Damit entsteht auch ein Einfluss auf Entscheidungen des politischen Überbau, des Staates etc.
• Propaganda gegen antiimperialistische Bewegungen bis hin zur direkten Unterstützung der bewaffneten Bekämpfung solcher Kräfte

Beispiel Brain Drain: „Brain Drain ist die aus den Entwicklungsländern in die imperialistischen Zentren stattfindende Abwanderung der wissenschaftlich-technisch-medizinischen Elite, deren Umfang und Güte durch die gezielte Abwerbung seitens der imperialistischen Staaten erheblich gefördert und beeinflusst wird.“ (Lion Wagner, Krieg und Gesellschaftssystem). „Brain“ bedeutet Gehirn und „Drain“ Abfluss bzw. Abzug von Gehirnen. „Spitzenforschung entsteht, wenn man die besten Wissenschaftler mit einem bestimmten Fokus an einem bestimmten Ort zusammenbringt“ so sagte es Patric Cramer, Leiter des Genzentrums der Uni München. Der ehemalige US-Außenminister Denk Rusk schrieb: „Die Bedeutung der Zuwanderung für die Vereinigten Staaten hängt jetzt weniger von der Zahl als von der Qualität der Einwanderer ab… Wir sind auf dem internationalen Markt wegen Gehirnen“ „Unser Land hat glücklicherweise die Möglichkeit, die Dienste hervorragend befähigter und geistig hochstehender ausländischer Einwanderer in Anspruch zu nehmen. Bei guter Regelung kann die Einwanderung eine unserer bedeutendsten natürlichen Ressourcen sein“. Dieses Zitat hätte auch vom deutschen Außenminister stammen können, denn auch das imperialistische Deutschland versucht die Gehirne abzuwerben. In einer Studie des US-Außenministeriums heißt es: „Die Vereinigten Staaten und andere entwickelte westliche Länder gewinnen durch den Zufluss von hochqualifizierten Arbeitskräften aus Entwicklungsländern enorm“. Es geht darum die Besten, die Qualifiziertesten abzuwerben. Der Makro-Ökonom Harald Uhling meinte im Zuge der Diskussion um eine in seinen Augen nötige Volkswirtschaftslehre-Fakultät in Deutschland, die mit denen der USA Schritt halten können müsse: „Im Wesentlichen muss man das Vorbild der besten Fachbereiche kopieren oder überbieten sowie keine Kosten und Mühen scheuen, das beste Personal für diesen Fachbereich einzuwerben“. Das Abwerben gelingt dadurch, dass „wesentlich höhere Einkommen, bessere Wohnverhältnisse, Verfügbarkeit von Konsummitteln, erheblich bessere Beschäftigungs- und Karrieremöglichkeiten sowie Arbeitsbedingungen in den kapitalistischen Hauptstaaten“ geboten werden können [Lion Wagner, ebenda]. Der Brain Drain ist also als Teil der neokolonialen Ausbeutung zu betrachten!
Die Dimensionen dieser erfolgreichen Abwerbungsversuche sind gigantisch. 89% der Menschen aus Guyna mit Hochschulabschluss leben im Ausland, in Jamaika sind es 85% in Haiti 83%. „In den armen Ländern südlich der Sahara leben, wie in Sierra Leone oder Ghana, die Hälfte der Menschen mit Hochschulabschluss im Ausland. In allen Ländern südlich der Sahara sind durchschnittlich nur 4% der werktätigen Bevölkerung Akademiker=
, aber sie stellen 40% der Migranten […]. In Asien beträgt der Anteil der ausgebildeten Menschen bei den Migranten durchschnittlich 50%, allerdings ist hier die Auswanderungsrate insgesamt kleiner. So sind nur 6% der Akademiker ausgewandert. Ganz anders sieht es in den boomenden Ländern wie China und Indien, aber auch in Brasilien oder Indonesien aus. Hier wandern nur 3-5 Prozent der Akademiker in ein OECD-Land ab.“ Dies zeigt schon, dass große Teile der abgeworbenen Eliten aus den Entwicklungsländern kommen. „In Simbabwe etwa wurden im letzten Jahrzehnt des 20.Jh. 1.200 Ärzte ausgebildet, von denen im Jahr 2000 noch 360 im Lande waren. Die Hälfte aller in Äthiopien, Ghana und Sambia ausgebildeten Ärzte hat ihr Heimatland verlassen. Nach anderen Angaben hat Afrika in den letzten zwanzig Jahren ein Drittel seiner Hochschulabsolventen verloren, jedes Jahr verlassen etwa 23.000 Akademiker den Kontinent. Diese Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften durch entsprechendes Personals aus Industrienationen zu ersetzen kostet mehr als vier Milliarden Euro.“ [Evangelischer Entwicklungsdienst]. Es versteht sich angesichts solcher Fakten wohl von selbst, dass Entwicklungsländer es auch aus diesem Grund noch schwerer haben sich zu entwickeln, ihre Produktivkräfte unabhängig von den imperialistischen Zentren auszuweiten. Sie werden stattdessen immer abhängiger! Abgeworbene Gehirne arbeiten aber nicht immer dann direkt in den imperialistischen Zentren, sie bleiben z.T. auch in den Entwicklungsländern und arbeiten von dort aus, der Wohnort ist nicht das entscheidende, sondern wer von der Arbeit profitiert.

Neokolonialismus und Arbeiterklasse in imperialistischen Ländern: Die Extraprofite, die durch die neokoloniale Ausbeutung erzielt werden, fließen zu ihrem Großteil in die Taschen der Kapitalisten, sie fließen z.T. aber auch in die Staatskassen zur Finanzierung des mit den Monopolen verschmolzenen Staates. Und sie fließen z.T. in die Bezahlung der Arbeiterklasse bzw. in soziale Dienstleistungen (also unproduktive Arbeit) etc. D.h. im Umkehrschuss, dass soziale Zugeständnisse der Kapitalisten für die Arbeiterklasse auch direkt aus der neokolonialen Ausbeutung bezahlt werden (natürlich aber auch aus der produktiven Arbeit der Arbeiter selbst). Diese soziale Bestechung der Arbeiterklasse wird kaum in Frage gestellt. Überhaupt wird das Thema Neokolonialismus gerne verschwiegen bzw. oft mangelt es auch an Kenntnissen darüber. Gewerkschaften bis hin zu Organisationen mit sozialistischem Anspruch fordern z.B. Lohnerhöhungen ohne überhaupt nur ein Wort darüber zu verlieren, dass es hier auch zu Teilen um Extraprofite aus den Neokolonien geht. Die Arbeiterklasse der imperialistischen Länder wird so mit der neokolonialen Ausbeutung verbunden und die Imperialisten versuchen uns so ins „Spiel“ einzubinden.

Gesellschaftlicher Fortschritt kontra Neokolonialismus: Schweigen wir nicht über die neokoloniale Ausbeutung! Es ist wichtig diese Erscheinung des Imperialismus und seine Bedeutung für den Systemerhalt des Imperialismus zu kennen, zu durchleuchten und darüber aufzuklären, wenn wir eine gesellschaftliche Alternative zum Imperialismus erkämpfen wollen. Solange es Imperialismus gibt, wird es auch diese Erscheinung geben. Das von uns angestrebte System des gesellschaftlichen Fortschritts, ist ein System, das Schluss mit dieser neokolonialen Ausbeutung macht. Es wird sich nicht auf diese stützen, sondern dies komplett ablehnen und ohne eine solche Ausbeutung auskommen. Damit die sozialistische Übergangsgesellschaft im Systemwettbewerb dennoch mit den dann noch bestehenden imperialistischen Zentren als Sieger hervorgehen kann (es ist zwar wünschenswert, dass weltweit parallel diese Übergangsgesellschaft erkämpft werden kann, aber nicht sehr wahrscheinlich), ist es notwendig eine Systemalternative zu erarbeiten. Dieser Aufgabe stellen wir uns. Die Versuche den Sozialismus aufzubauen, konnten nirgends auf der Welt eine sozialistische Systemqualität erzielen. Bei der DDR, der Sowjetunion etc. handelte es sich um sozialdespotistische Systeme (siehe hierzu die Beweisführung von Dipl.-Ing. Lion Wagner in „Sozialismus gab es nie!“ „Der Sozialdespotismus ist eine Gesellschaftsordnung mit sozialistischen Merkmalen, aber keiner sozialistischen Struktur, so dass ökonomische und politische Verhältnisse folgen, die im Allgemeinen eine nur relative Realisierung des allgemeinen ökonomischen Entwicklungsgesetzes, d.h. eine nur relative Lösung des Widerspruchsverhältnisses zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften ermöglichen“ [„Im Besonderen können Erscheinungsformen des Sozialdespotismus vorliegen, in denen das allgemeine ökonomische Entwicklungsgesetz völlig missachtet wird und Widersprüche zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften überhaupt nicht gelöst werden (z.B. das "Rote Khmer"-Regime im ehemaligen Kambodscha)“], so Dipl.-Ing. Lion Wagner in „Produktionsmittel-Eigentumsfrage und gesellschaftlicher Fortschritt“. Der Sozialismus hingegen ist etwas anderes: „Der Sozialismus ist eine Gesellschaftsordnung mit solchen ökonomischen und politischen Verhältnissen, die eine absolute Realisierung des allgemeinen ökonomischen Entwicklungsgesetzes, d.h. eine absolute Lösung des Widerspruchsverhältnisses zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften garantieren“ („Absolute Realisierung bzw. Lösung heißt, dass die Produktionsverhältnisse nicht aufhören als Entwicklungsformen für die Produktivkräfte zu wirken. Rela¬tive Realisierung bzw. Lösung heißt, dass die Produktionsverhältnisse bei einem gewissen Entwicklungsstand der Produktivkräfte aufhören Entwicklungsformen für diese zu sein“) [Lion Wagner, ebenda].
Inzwischen gibt es schon erste wichtige Ergebnisse, wie die Beweisführung von Dipl.-Ing. Lion Wagner darüber, dass es noch nie sozialistische Systeme gab und die Lösung der Produktionsmittel-Eigentumsfrage. Weitere Ausarbeitungen sind in Bearbeitung. Studieren Sie diese wichtigen Schriften! Schreiben Sie uns Ihre Anregungen und Kritiken! Lassen Sie sich zu den Veranstaltungen einladen, welche die (sich in absehbarer Zeit gründende) Bewegung des gesellschaftlichen Fortschritts durchführen wird!

Mark Staskiewicz

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Mehr zum Thema Neokolonialismus:
• Buch: Krieg und Gesellschaftssystem von Dipl.-Ing-Lion Wagner, 15 € + Porto
• Broschüre: Der Neokolonialismus des deutschen Imperialismus von Mark Staskiewicz, 3,50 € + Porto
• Brain Drain, Neokolonialismus und Braun Exchange von Mark Staskiewicz, 1,50 € + Porto

Samstag, 17. April 2010

Zivile Gerichtsbarkeit und Völkerstrafgesetzbuch

http://imi-online.de/download/MiH-April-2010.pdf

Justiz und Gesetz im Dienst der Kriegsführungsfähigkeit der Bundeswehr

9.4.2010, Michael Haid

"Im Übrigen ist die Militärjustiz in allen Fällen von Übel: nicht nur,
weil sie vom Militär kommt, sondern weil sie sich als Justiz gibt, was
sie niemals sein kann." (Kurt Tucholsky)

Nach der Herstellung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr müsse nun die
zivile Justiz in Deutschland, der auch die Bundeswehrangehörigen
unterworfen sind, nach der Auffassung des Parlamentarischen
Geschäftsführers der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, "im Ausland
einsatzfähig gemacht"[1] werden. Das Vorhaben einer "einsatzfähigen
Justiz" korrespondiert eng mit der Änderung des anzuwendenden Rechts bei
Straftaten, die deutschen Soldaten im Auslandseinsatz vorgeworfen
werden. Aus Anlass des Luftangriffs nahe Kundus vom 4. September 2009
findet voraussichtlich nicht mehr das nationale Strafrecht Anwendung,
sondern es wird das am 30. Juni 2002 in Kraft getretene
Völkerstrafgesetzbuch herangezogen. Dieses räumt der
Kriegsführungsfähigkeit der Bundeswehr einen weit größeren Spielraum
hinsichtlich der in der Aufstandsbekämpfung getöteten Zivilisten (die
sog. zivilen Begleitschäden) ein. Den Konsequenzen dieser beiden
Entwicklungen widmet sich dieser Beitrag.

Die Sonderstaatsanwaltschaft

In der Vergangenheit kam in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr die
Tötung von an Kampfhandlungen unbeteiligten Zivilpersonen immer wieder
vor. Nach Warnschüssen erschoss am 21. Januar 1994 ein deutscher
Wachtposten einen von zwei Somalis, die im Begriff waren, in das Depot
des Bundeswehrlagers bei Belet Huen einzudringen. Der Somali war der
erste durch Bundeswehrsoldaten getötete Zivilist in einem
Auslandseinsatz. Seit die Bundeswehr im Ausland interveniert, wurden 140
Fälle strafrechtlich relevanten Verhaltens gezählt, allein 20 davon im
Jahr 2009. Zu Anklagen oder gar Verurteilungen kam es bisher in keinem
Fall.[2] Die zuständige Staatsanwaltschaft in Deutschland stellte nach
Vorermittlungen das Verfahren jeweils ein, da sie davon überzeugt war,
dass die Soldaten sich in einem tatsächlichen oder angenommenen
Selbstschutz verteidigten oder ihren Irrtum nicht vermeiden konnten.

Trotzdem fordern die Militärs für ihr Tun Rechts- und
Handlungssicherheit. Insbesondere durch die Verschärfung des
Kriegseinsatzes in Afghanistan verrichtet die Bundeswehr dort zunehmend
militärisch "täglich Drecksarbeit".[3] Diese soll deshalb nicht mehr
zeitlich langwierigen, den einzelnen Soldaten wie die Bundeswehr
insgesamt psychisch stark belastenden staatsanwaltlichen Untersuchungen
ausgesetzt sein, die zudem immer stärker die Gefahr eines unsicheren
bzw. negativen Ausgangs in sich bergen.

Infolgedessen übernahm die neue Bundesregierung die bereits lang
erhobene Forderung der Bundeswehrführung und ihr nahe stehender
Politiker nach einem "neu zu definierenden Rechtsstatus für unsere
Soldatinnen und Soldaten im Kampfeinsatz."[4] Schon länger werden die
Kosten für die strafrechtliche Verteidigung bei allen Bundesbediensteten
übernommen, die wegen einer dienstlichen Tätigkeit im Ausland einer
Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit beschuldigt
oder verdächtigt werden.[5] Das Vorhaben der Bundesregierung geht aber
weit darüber hinaus.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Außenminister
Guido Westerwelle (FDP) haben in ihren Reden vor dem Deutschen Bundestag
am 19. November 2009 bzw. am 10. Februar 2010 - in Abkehr von der
Auffassung der bisherigen Bundesregierungen - den Krieg in Afghanistan
übereinstimmend als "nicht internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne
des humanitären Völkerrechts" bezeichnet. Rechtlich ist diese Bewertung
der Bundesminister ohne Bedeutung, da ausschließlich die Feststellung
durch die Bundesanwaltschaft, die in einer Presseerklärung von Mitte
März 2010 dieselbe Einschätzung teilt, ausschlaggebend ist. Politisch
ist sie durchaus folgenreich. Denn diese Neubewertung müsse, so die
Schlussfolgerung der beiden Politiker, Konsequenzen für die
Handlungsbefugnisse der Soldaten, für die Befehlsgebung und für die
Beurteilung des Verhaltens von Soldaten in strafrechtlicher Hinsicht
haben.[6]

Deshalb soll laut Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP "eine zentrale
Zuständigkeit der Justiz für die Verfolgung von Straftaten von Soldaten,
die diesen in Ausübung ihres Dienstes im Ausland vorgeworfen werden"[7]
geschaffen werden. Wie diese Zuständigkeit genau ausgestaltet werden
soll, ist noch nicht endgültig geklärt. Es besteht aber die Absicht,
durch die Konzentration von örtlichen Zuständigkeiten eine zentral
zuständige Staatsanwaltschaft, die eine Spezialisierung innerhalb der
allgemeinen Strafgerichtsbarkeit ermöglichen soll, zu errichten.[8] Das
würde dazu führen, dass aufgrund des Sitzes des Einsatzführungskommandos
in Geltow regelmäßig die Staatsanwaltschaft des Landgerichts in Potsdam
zuständig wäre (§ 143 I GVG). Diese zentrale Zuständigkeit soll die
schon bestehende Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe für
Delikte nach dem Völkerstrafgesetzbuch ergänzen (§ 120 I Nr. 8 GVG i. V.
m. § 142a I GVG).

Dieses Vorhaben ist, um Missverständnissen vorzubeugen, kein Plan zur
Einrichtung einer eigenen Wehrgerichtsbarkeit für Soldaten im
Auslandseinsatz. Diese Möglichkeit existiert zwar in Artikel 96 II GG,
soll aber nicht umgesetzt werden. Danach könnten Wehrstrafgerichte als
Bundesgerichte eingerichtet werden, welche die Strafgerichtsbarkeit nur
im Verteidigungsfalle sowie über Angehörige der Streitkräfte, die in das
Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind,
ausüben könnten. Von einer eigenen Militärgerichtsbarkeit gar wurde nach
der Neuaufstellung der Bundeswehr 1956 aufgrund der historischen
Erfahrungen mit dem Reichsmilitärgericht des Kaiserreichs ab 1871 und
der NS-Militärjustiz von 1935 bis 1945 abgesehen. Ein Militärgericht ist
ein Gericht, das aus Militärrichtern besteht und die
Strafgerichtsbarkeit über Militärangehörige ausübt. Eine solche
Möglichkeit wird auch nicht durch Artikel 96 II GG eröffnet. Deshalb
gilt weiterhin der Grundsatz, dass Bundeswehrangehörige, auch bei
militärischen Straftaten, der zivilen (ordentlichen) Gerichtsbarkeit
unterstehen. Dennoch wird die erklärte Intention, mit der
Sonderstaatsanwaltschaft die Voraussetzungen für eine schnelle und vor
allem reibungslose Behandlung von Strafbarkeitsvorwürfen zu etablieren,
voraussichtlich vollständig erreicht, da damit das Militär "der Gefahr
einen Riegel vorschieben [kann], dass militärisches Unrecht, das man
ohnehin lieber unter den Teppich gekehrt sehen möchte, juristisch
aufgeklärt wird." Denn der nach der Rechts- und Handlungssicherheit
verlangenden Generalität und Regierung geht es "letztlich und
unmissverständlich um die Ausstellung eines Freibriefs für künftige
Bombardierungen."[9]

Somit ist aus Sicht der Bundeswehrführung eine eigene
Militärgerichtsbarkeit auch gar nicht notwendig, da deren Zweck in der
Zeit des Kaiserreichs und des Nationalsozialismus in ihrer bestrafenden
und disziplinierenden Wirkung (bspw. bei Desertionen) zu sehen ist. Das
hier vorgesehene Verfahren dient eher dem Schutz und der Absicherung der
oben erwähnten "täglichen Drecksarbeit."

Zudem bestehen hinsichtlich der Errichtung der geplanten
Sonderstaatsanwaltschaft verfassungsrechtliche Bedenken, da eine solche
Regelung gegen die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern
verstoßen könnte.[10]

Der Bock wird zum Gärtner gemacht

Aufschlussreich ist, wie die Ermittlungspraxis dieser für Kriege
"einsatzfähigen Justiz" nach den Vorstellungen des Vorsitzenden des
Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch, aussehen soll. Er versteht darunter
die vorübergehende Unterstellung der sich im Einsatzland befindlichen
Bundeswehrjuristen unter das Dach des Bundesjustizministeriums und der
Feldjäger unter das Dach des Bundesinnenministeriums. Eine
grundsätzliche Zuständigkeit sieht der Bundeswehrverband weiterhin bei
der Bundesanwaltschaft mit Hauptsitz in Karlsruhe.[11]

Vorausgesetzt, dieser Vorschlag würde tatsächlich umgesetzt werden,
würde dies einen sehr geringen eigenständigen Ermittlungsspielraum für
die Staatsanwaltschaft bedeuten. Die Überlegung eines, zugegebenermaßen
häufig schwierigen, Rechtshilfeverfahrens wie auch der Einsatz von
eigenen staatsanwaltschaftlichen Hilfsbeamten wird zumindest nirgends
erwähnt. Folglich bleibt die Staatsanwaltschaft für Untersuchungen vor
Ort auf die Rechtsberater und die Feldjäger der Bundeswehr angewiesen,
was übrigens seit 1994 gängige Praxis ist. Bisher durfte sie diesen
keinerlei Weisungen erteilen, da sie nicht zu den Hilfsbeamten der
Staatsanwaltschaft zählen und weiterhin dem Verteidigungsministerium
unterstellt sind, was sich allerdings nach Kirschs Vorstellung
vorübergehend ändern würde. Anhaltspunkte, dass dieses Verfahren zu
bundeswehrfreundlichen Ergebnissen führen könnte, gebe es laut
Verteidigungsministerium nicht.[12]

In der Konsequenz ermitteln Bundeswehrangehörige gegen
Bundeswehrangehörige in Bundeswehrangelegenheiten. Ein unabhängiges und
rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren kann so keinesfalls als
gesichert gelten. Oder auf den Punkt gebracht: Der Bock wird zum Gärtner
gemacht.

Der Präzedenzfall des Luftangriffs nahe Kundus vom 4. September 2009

Die Bedeutung des Kundus-Luftangriffs im Zusammenhang mit der geplanten
Sonderstaatsanwaltschaft wie mit der erstmaligen Anwendung des
Völkerstrafgesetzbuchs kann als nicht folgenreich genug eingeschätzt
werden und muss auch im gesellschaftlichen Kontext gesehen werden. Die
Motivation dieses Angriffs beruhte nicht auf Gründen eines angenommenen
Selbstschutzes der betroffenen Soldaten. Die Anforderung der
US-Kampfflugzeuge geschah im Rahmen einer Operation zur gezielten Tötung
Aufständischer durch die Task Force 47 bzw. des zur Hälfte aus ihr
bestehenden Kommandos Spezialkräfte (KSK). Neben einigen der
Aufständischen wurde billigend die Tötung der anwesenden lokalen
Zivilbevölkerung in Kauf genommen. Insgesamt kamen 142 Menschen in
dieser Nacht ums Leben. Darunter waren auch Kinder.

Gezielte Tötungen sind weder mit dem Wortlaut des am 26. Februar 2010
neu verabschiedeten ISAF-Mandats noch nach Aussage des Mitglieds im
Verteidigungsausschuss des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), mit
"dem Geist der Bundestagsmandate (...) vereinbar."[13] Mit dem
Kundus-Luftangriff hat die Bundeswehr nach der Meinung von Hans J.
Gießmann, Direktor des Berghof Conflict Research in Berlin, und Armin
Wagner, Military Fellow am Institut für Friedensforschung und
Sicherheitspolitik der Universität Hamburg, einen "zweiten Rubikon"
überschritten, hin zu "Kampfeinsätzen mit all ihren Konsequenzen."[14]
Demzufolge werde nach Ulrich Kirsch das Jahr 2009 als "Schicksalsjahr"
in die Geschichte der Bundeswehr eingehen, da es einen "Wendepunkt"[15]
in der deutschen Sicherheits- und Außenpolitik markiere. Darunter ist in
Afghanistan die Verschärfung der Aufstandsbekämpfung
("Counter-Insurgency") durch die Änderung der sog. Taschenkarte ("Rules
of Engagement") vom Juni 2009, also die erhebliche Lockerung des
Einsatzes von militärischer Gewalt, zu verstehen. Wohl auch, wie der
Präzedenzfall des Kundus-Luftangriffs zeigt, unter Inkaufnahme von sog.
zivilen Begleitschäden, was nur durchführbar ist, wenn die rechtlichen
Voraussetzungen hierfür bestehen.

Diese Entwicklung geschieht vor dem Hintergrund, dass die Öffentlichkeit
Kampfeinsätze der Bundeswehr mit einer glasklaren Mehrheit ablehnt.[16]
Insbesondere hinsichtlich des Afghanistanmandats sprechen sich laut
einer Meinungsumfrage der ARD vom Januar 2010 71% für einen
schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehr aus und sogar 83% der Befragten
sind strikt gegen die Aufstockung des dortigen Kontingents um weitere
850 Soldaten,[17] wie es der Bundestag nach der jüngsten
Afghanistankonferenz am 26. Februar 2010 unter Ignorierung der
öffentlichen Meinung beschloss.

Die öffentliche Ablehnung wird von Militärbefürwortern deutlich als
Achillesferse dieser militarisierten Außen- und Sicherheitspolitik
erkannt, da "die Bekämpfung von Aufständen (...) in der Regel nicht
militärisch, sondern politisch verloren werden, wenn die Unterstützung
zur Fortführung der Operation in den Heimatländern und bei der
Bevölkerung im Einsatzland schwindet. Dies ist aus politischer Sicht
sicherlich der strategische Schwachpunkt der deutschen Beteiligung an
der ISAF-Operation."[18] So lautete die Einschätzung von Vertretern der
die Bundesregierung beratenden Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Diese Diskrepanz von öffentlicher Meinung und politischer Praxis, die
getrost als interfraktioneller Kriegskonsens bezeichnet werden kann,
benennt der scheidende Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages,
Reinhold Robbe (SPD), als "schizophrene Situation", da der Bundestag "in
der Regel den Mandaten mit breiter Mehrheit zugestimmt [hat]. (...)
Zugleich zeigen alle Umfragen, dass der überwiegende Teil der
Bevölkerung die Mandate nicht mitträgt."[19]

Das Völkerstrafgesetzbuch

Durch die Einordnung des Afghanistankriegs als "nicht internationaler
bewaffneter Konflikt" ist für die strafrechtliche Beurteilung nicht mehr
das Strafgesetzbuch (StGB), sondern das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
einschlägig. Dies hat wesentliche Auswirkungen auf die
Kriegsführungsfähigkeit der Bundeswehr, auch was die Inkaufnahme von
sog. zivilen Begleitschäden betrifft. Mit anderen Worten: können
Soldaten erwarten, im Normalfall nicht strafrechtlich für ihre
Handlungen belangt zu werden, auch wenn sie dabei voraussichtlich
Zivilisten töten, so erhöht sich ungemein die Wahrscheinlichkeit solcher
Aktionen. Der Göttinger Strafrechtsprofessor, Kai Ambos, bringt dies
folgendermaßen auf den Punkt: "Die Annahme eines bewaffneten Konflikts
hat für das Militär den Vorteil, dass es Dinge tun darf, die im Frieden
untersagt sind."[20] Der Kölner Völkerrechtsprofessor Claus Kreß
konkretisiert dies: "Wenn die Regeln des bewaffneten Konflikts gelten,
dann sind die Eingriffsbefugnisse deutscher Soldaten zu Lasten
feindlicher Kämpfer beträchtlicher - sowohl in zeitlicher Hinsicht als
auch in der Frage, was zivile Begleitschäden angeht."[21]

Im Hinblick auf das nun anzuwendende Völkerstrafgesetzbuch bedeutet dies
Folgendes: Bisher zog aller Wahrscheinlichkeit nach der Vorwurf der
Tötung von Zivilpersonen für den betreffenden Soldaten eine Ermittlung
der Staatsanwaltschaft wegen Totschlags (§ 212 I StGB) nach sich. Diese
Norm sieht im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von nicht
unter fünf Jahren vor. Die entscheidende Voraussetzung zur Bejahung der
Strafbarkeit wegen Totschlags ist, dass die Tötung nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) mit dem hier ausreichenden
Eventualvorsatz geschah. Dabei muss der Täter die Tötung der
Zivilpersonen für möglich halten und billigend in Kauf genommen haben.[22]

Diese Definition beispielsweise auf den Fall des Luftschlags nahe Kundus
angewandt, würde demnach voraussichtlich zu einer Verurteilung des
Betreffenden führen. Betrachtet man diesen Fall im Licht des
Völkerstrafgesetzbuchs, könnte das Ergebnis gänzlich anders aussehen.
Der Wortlaut des wohl hier einschlägigen § 11 I Nr. 3 VStGB lautet: "Wer
in Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen
bewaffneten Konflikt (...) mit militärischen Mitteln einen Angriff
durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung
oder Verletzung von Zivilpersonen (...) in einem Ausmaß verursachen
wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und
unmittelbaren militärischen Vorteil steht, (...) wird mit
Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft." Die Voraussetzungen
der Norm sehen hierbei hinsichtlich der Vorsatzform direkten Vorsatz
vor, da die Tötung von Zivilpersonen als sicher erwartet werden muss.
Zweitens wird zudem noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung gefordert. Im
Ergebnis bestehen also höhere Hürden für eine Verurteilung nach dem
Völkerstrafgesetzbuch als nach dem Strafgesetzbuch. Dies bestätigt auch
eine Pressemitteilung der Generalbundesanwaltschaft vom 6. November 2009
bezüglich des Kundus-Luftschlags: "Nach vorläufiger Bewertung der
Erkenntnisse aus allgemein zugänglichen Quellen ergeben sich bisher
keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat
deutscher Soldaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch."

In der Bundeswehr wird der Umgang mit dem den Kundus-Luftschlag
anfordernden Oberst Klein als ein Symbol für den Rückhalt der Politik
für die Truppe insgesamt gesehen.[23] Bedauernswerterweise wird
voraussichtlich von der Generalstaatsanwaltschaft dieser Rückhalt
geliefert werden und damit eine brutalere Aufstandsbekämpfung in
Afghanistan mit häufigen sog. zivilen Begleitschäden ermöglicht.

Anmerkungen:

[1] Jörg van Essen: Soldaten brauchen Rechtssicherheit, in:
http://www.morgenpost.de, 07.12.2008.

[2] Vgl. Ursula Welter, Rolf Clement, Christiane Wirtz: Aufklärung in
Raten. Eine Ereignischronologie des Luftangriffs von Kundus, in:
http://www.dradio.de, 26.11.2009.

[3] Jürg Dedial: Dämmert es am Hindukusch?, in: http://www.nzz.ch,
30.12.2009.

[4] Ulrich Kirsch: Wir erwarten viel von Regierung und Parlament, in:
Die Bundeswehr, 10/2009, http://www.bundeswehrverband.de, 01.10.2009.

[5] Vgl. Jörg van Essen: Zivile Justiz einsatzfähig machen, S. 32-33,
in: Homeland Security, 2/2009, S. 33.

[6] Vgl. Guido Westerwelle: Rede vor dem Deutschen Bundestag,
10.02.2010, in: http://www.auswaertiges-amt.de

[7] Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP: Wachstum, Bildung,
Zusammenhalt. Berlin, 26. Oktober 2009,
http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf, S.126.

[8] Vgl. F. Arndt/ S. Fischer: Gerichtsorganisation und Auslandseinsätze
der Bundeswehr, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages,
Aktueller Begriff Nr. 102/09 (20. November 2009).

[9] Helmut Kramer: Kriegsjustiz durch die Hintertür, S. 5-8, in: Blätter
für deutsche und internationale Politik, 2/2010, S. 6.

[10] Vgl. F. Arndt/ S. Fischer, ebd.

[11] Vgl. Ulrich Kirsch: Interview "Eine Debatte, die im Parlament hätte
geführt werden müssen", in: http://www.dradio.de, 13.02.2010.

[12] Vgl. Christiane Wolters: Auslandseinsatz in der Gesetzeslücke, in:
http://www.spiegel.de, 08.04.2004.

[13] Henning Bartels, zitiert nach: Bombardement bei Kundus soll Taliban
gegolten haben, in: http://www.nzz.ch, 12.12.2009.

[14] Gießmann, Hans J./ Wagner, Armin: Auslandseinsätze der Bundeswehr,
S. 3-9, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 48/2009, S. 6.

[15] Ulrich Kirsch: Rechtssicherheit statt endloser Debatte, in: Die
Bundeswehr, 1/2010, http://www.bundeswehrverband.de, 1.1.2010.

[16] Vgl. Gießman, Hans J./ Wagner, Armin, ebd., S. 4, 7.

[17] Vgl. ARD-DeutschlandTrend Januar 2010, in:
http://www.infratest-dimap.de, 05.02.2010.

[18] Timo Noetzel/ Benjamin Schreer: Ende einer Illusion. Keine
"Friedensdividende", nirgends: Die sicherheitspolitische Debatte macht
einen großen Bogen um die Wirklichkeit, S. 96-101, in: Internationale
Politik, Januar 2008, S. 99.

[19] Reinhold Robbe: Interview, in: http://www.tagesspiegel.de, 30.01.2010.

[20] Kai Ambos, in:
http://www.department-ambos.uni-goettingen.de/index.php/News/interview-dpa.html,
06.11.2009.

[21] Claus Kreß, in: Ursula Welter, Rolf Clement, Christiane Wirtz, ebd.

[22] Vgl. Johannes Wessels/ Werner Beulke: Strafrecht. Allgemeiner Teil,
33. Auflage, Heidelberg 2003, Rn. 214 ff.

[23] Vgl. Thomas Steinmann: Justiz in Zeiten des Krieges, in:
http://www.ftd.de, 25.03.2010.

CFMD-Update

4. April Update-Apocalypse now!

Liebe Gemeinde!

Anstatt kollektiver Volksverdummung in Form des Zelebrierens diverser „Sitten und Gebräuche“, anstatt klerikal verordneter Trauer und anstatt hirnrissiger Wiederauferstehungsphantasien rult hier zu Ostern (und generell!) mal wieder nichts weiter als musikalische Zerstörung! Wir hoffen (besser: wir wissen!), dass das in Eurem Interesse ist und deshalb bemustern wir Euch heute mit dem 3. Update der CFMD-Homepage in 2010!

Zunächst einmal freuen wir uns außerordentlich darüber, Euch schon wieder mit einem neuen Online-Only-Interview beglücken zu können! Am Start ist heute ein (wie wir finden) äußerst interessantes und ausführliches Inti mit den schottischen Grindcore-Berserkern ABLACH (vertreten durch Alby und Bazz), die vor geraumer Zeit auf der CFMD-Homepage ob ihres Debütalbums „Aon“ bereits ordentlich abgefeiert wurden.

ABLACH, die ca. seit Mitte 2007 aktiv sind, erhoben sich einst aus den Überresten der Crustcore-Combo Filthpact und die Band hat zudem Members der empfehlenswerten Death Metal-Band Bonesaw in ihren Reihen. Der rabiate Sound, der von den Schotten aufgefahren wird, hat es faustdick hinter den Lauschlappen und es kommt nicht von ungefähr, dass sie bereits Napalm Death, Terrorizer und Nasum in Form von Coverversionen Tribut zollten, denn diese Grindgötter haben bei ABLACH definitiv bleibende Schäden hinterlassen! Diverse Crustcore-Einflüsse und brutale Doubelvocals-Duelle erledigen den Rest und montieren gleich reihenweise Schädeldecken ab. Textlich befassen sich die Jungs u.a. mit kulturellen, historischen und gesellschaftlichen Aspekten ihrer schottischen Heimat, betonen aber ausdrücklich, dass jegliche Anflüge von Patriotismus und Nationalismus dabei keinerlei Rolle spielen, was wir natürlich nur begrüßen können! Hier geht’s zum Interview, welches nicht auf unserem Mist gewachsen ist, sondern uns freundlicherweise von Rayk zur Verfügung gestellt wurde. Bezüglich der deutschen Übersetzung des Interviews hat Katja Hand angelegt. An dieser Stelle möchten wir uns noch mal recht herzlich bei den beiden Nürtinger CFMD-Supportern (die uns übrigens nicht zum ersten Mal ihr cooles Material zur Verfügungen stellten!) bedanken!!! Als ganz besonderes Schmankerl gibt’s außerdem noch die englische Version des ABLACH-Interviews zu bestaunen, was in erster Linie für die BesucherInnen der CFMD-Homepage interessant sein dürfte, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Außerdem soll's ja auch Leute geben, die das Original der Übersetzung vorziehen. Wie auch immer, viel Spazz mit beiden Versionen!

Verfasst hat Rayk das Frage/Antwort-Spielchen mit ABLACH ursprünglich übrigens fürs Fatal Underground Zine # 33, wo es letztendlich auch erschien. Und ja, wie sich bereits herumgesprochen haben dürfte, hat eben jene Ausgabe Nr. 33 des besagten Zines einiges an Staub aufgewirbelt. Das lag natürlich nicht an diesem Intie (welches zweifelsfrei zu den Highlights dieser Lektüre zählt), sondern an den Klogriffen (Asatru und Co. - WÜRG!), die sich dort andere Leute geleistet haben. Dies kann und wird vom CFMD nicht unkommentiert bleiben, zumal die Stellungnahme seitens des Fatal Underground Zines dazu einfach nur lächerlich ist und daher nicht toleriert werden kann! Heute nur noch soviel dazu: Unpolitisch macht hirntot! Beim nächsten Update wird’s dann deutlich (!) ausführlicher!

Doch widmen wir uns erfreulicheren Dingen. Außer dem Intie haben wir 2 neue CFMD-Reviews an den Start gebracht. Zum einen wurde unsere 13. Ausgabe von Gerald in der # 2 seines kürzlich erschienenen Sonic Death Monkey Zines besprochen. Zum anderen hat sich Chris vom Necroslaughter Webzine das CFMD # 15 reviewtechnisch zur Brust genommen. Wir danken beiden Schreiberlingen für ihre Besprechungen!

Übrigens: Bei Auf- und Umräumarbeiten im CFMD-Hauptquartier sind noch ein paar Exemplare unseres aktuellen Printzines aufgetaucht (ja, hier wird Ordnung ganz groß geschrieben;). Wer/welche also noch Interesse an den Heft haben sollte, kann sich melden. Das sind jetzt aber wirklich die allerletzten Exemplare und dann ist Schicht im Schacht!



Ok, wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, beim heutigen Update. Neben dem erwähnten Zeugs haben wir mal wieder die Events aktualisiert und auch wieder in Sachen neuer Onlinereviews zugeschlagen. Die folgenden Scheiben wurden auf Herz und Nieren geprüft:
BLOODY SIGN – Chaos Echoes –Cd
BULLET RIDDEN – Songs Written Before Jumping Out Of An Eight Storey Window –Cd
DEATHBOUND – Non Compos Mentis –Cd
F.U.B.A.R. / SYLVESTER STALINE – Split –Cd
HELLSHOCK – Singles –DoLp
LANDMINE MARATHON – Sovereign Descent –Cd
LOOKING FOR AN ANSWER – La Caceria –7”
MACHETAZO & WINTERS IN OSAKA – Collaboration –7”
MASTIC SCUM – Dust –Cd
PANDEMIA – Feet Of Anger –Cd
PERSISTENSE – In Blood And Heart –Cd
RAVENS CREED – Albion Thunder –Cd
SPAWN – The Wicked Reincarnation –Cd
UNDERGANG – Indhentet Af Døden –Lp
WARHAMMER – No Beast so Fierce... –Cd
WORMROT – Abuse –Cd

In diesem Sinne: GRIND ON und bis die Tage. Wir kommen wieder, keine Frage!

Eure CFMD Crew

http://www.campaign-for-musical-destruction.de

Hallo, Ihr Lieben!

Hier möchte ich Euch nun auf das PDF-Buch von minorityyes aus Brühl/Rheinland aufmerksam machen. Ein Roman über Tod, Wiedergeburt, Reinkarnation, Sterbehilfe, Krebs, Hypnose und die ewige Liebe. Und zwar ist es von der Gestalt, dass Ihr Euch eine Leseprobe zu Gemüte führen könnt, auf folgender Homepage:
http://www.xinxii.com/re-p-321281.html

Aber es finden sich noch mehr Kapitel im Internet, unter
http://minorityyes.blog.de
und da könnt Ihr auch Kommentare drunterschreiben!
Also macht das jetzt auch mal!