Montag, 21. Oktober 2024
Tarif-K(r)ampf in der Metall- und Elektroindustrie
Die Tarifrunde für rund vier Millionen Arbeiter:innen in der Metall- & Elektro-industrie ist im Anlauf.
Die IG Metall organisierte im Mai vor der Forderungs-„Diskussion“ eine bundes-weite Umfrage unter uns Mitgliedern.
Das klingt toll! Aber die Umsetzung?! was zum… sollte das?
Was wir denken, konnten wir nicht einbringen. Antworten zum Ankreuzen – TOLLE Umfrage. So verwundert dann auch nicht der Forderungsbeschluss – weit unter dem tatsächlichen Bedarf!
Bevor wir das hier auseinander nehmen, muss folgendes deutlich gesagt werden:
Die Löhne in der M & E-Industrie gehören zu den höchsten innerhalb der Arbeiter:innenklasse. ABER sie funktionieren auch als Gradmesser. Fallen sie, rutschen in allen anderen Branchen die Einkommen ins Bodenlose: Im sozialen Bereich, in Pflege- und Medizinberufen, in den Jobs der gesell-schaftlichen Versorgung z.B. und erst recht im prekären Bereich wie in der Leiharbeit oder im Minijobsektor.
Wir haben in den kampfstarken Branchen die Verantwortung unsere GANZE Kampfkraft einzubringen. Nicht nur in dieser Tarifrunde sondern immer wieder in Solidarität mit den Arbeiter:innen anderer Branchen, die mit ihren auch immer einen Teil unser aller Kämpfe führen.
Die Lohnforderung der IG Metall von sieben Prozent, 170 Euro für Azubis, bei einer Laufzeit von 12 Monaten grenzt angesichts trotz Transformations-„Krise“ sprudelnder Gewinne in der größten deutschen Industriebranche an Unverschämtheit – Da gibt’s auch reichlich Unmut in den Belegschaften.
Aber Unmut allein reicht nicht!
Wandeln wir Unmut
in Wut und Widerstand! Wenn wir nicht immer weiter und weiter unsere über Jahrzehnte er-kämpften Errungenschaften profit-gierigen Kapitalisten in den Rachen werfen wollen, müssen wir endlich zusammen kämpfen!
Die IGM-Forderung ist viel zu wenig. Ohne Kampf kriegen wir auch das nicht!
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hält jede Forderung oberhalb der Null für unverantwortlich … zum Totlachen! Am liebsten wäre ihnen der Ausfall der Tarifrunde.
Das ist selbst der mit dem Kapital verwobenen IG Metall zu viel. Und so beginnt die Show:
Nach ihrer gemeinsamen Erklärung „Industriestandort Deutschland stärken“ im April 2024 starten jetzt die Wortgefechte auf oberster Ebene.
Dr. Wolf, Gesamtmetall-Chef, gibt sich enttäuscht und fürchtet angesichts der, ach so, hohen Forderung soziale Verwerfungen.
Soziale Ungleichheit durch Lohnerhöhungen?
Darauf muss mensch erstmal kommen!
Und wenn die IG Metall doch auch den Standort Deutschland stärken will, müsse sie einsehen, dass „zu hohe“ Löhne den Industriestandort „unattraktiv“ machen.
Nee, is klar: Wer aufmerksam mitliest, weiß, dass der Anteil der Löhne an den Unternehmenskosten mit der steigen-den Automatisierung sinkt.
Ach ja, die Auftragslage sei so schlecht und die Unternehmen müssten auf-grund der Transformation mehr für Investitionen beiseite legen.
Nee, is klar: Weil die Herren und Damen Chefs jahrelang höchste Profite einfahren und dann vor Tarifrunden feststellen, dass sie für die Digitalisierung Geld investieren müssen, sollen wir verzichten!
Übrigens: Löhne sind kein Geschenk sondern der Preis für unsere Arbeitskraft, die wir den Kapitalisten verkaufen. Damit machen sie ihren Profit!
Die Lohnhöhe zeigt, wie es um das Kräfteverhältnis steht.
Geld verteilt sich eben nicht nach den Gesetzen des Marktes. Noch so ein Märchen, von wegen, dieses System ist alternativlos. Löhne, den Gesetzen des Marktes unterworfen? HA! Blödsinn!
Außer mehr Geld fordert die IG Metall Verbesserungen beim TZUG (Tarifliches Zusatz-Geld) Diese jährliche Sonderzahlung kann unter bestimmten Voraussetzungen in freie Tage gewandelt werden. Das ist tarifvertraglich geregelt.
Verbesserungen. Das klingt gut. Auch wenn hier noch nichts Konkretes vorliegt und wir wohl die Hinter-verschlossenen-Türen-Verhandlungen abwarten müssen, ist jetzt schon klar: Es geht nicht um die Ausweitung und damit den Kampf um die allgemeine Arbeitszeitverkürzung.
Nein! Was in den Diskussionen am häufigsten erwähnt wird, ist eine so genannte Mitgliedervorteilsregelung für zusätzliche freie Tage.
Den Gewerkschaften entschwinden die Mitglieder. Ein „toller“ Lösungsansatz: Mitgliedervorteilsregelungen.
Wir sind absolut dafür, Gewerkschafts-mitglied zu sein, hier kämpferisch auf-zutreten und andere Mitglieder für den Klassenkampf zu gewinnen.
Mitglieder gewinnen wir durch gewerk-schaftliche Kämpfe, klare Positionen und die Bereitschaft, für Fehler gerade zu stehen. Mitglieder gewinnen und halten wir mit wirklicher Beteiligung anstatt Scheinumfragen zu führen.
Doch hier noch ein paar Worte zu den Mitgliedervorteilsregelungen:
Die sind nicht nur schlecht sondern auch unnötig. Denn Tarifverträge gel-ten sowieso nur für die Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaft. Vor allem Unternehmen in der Industrie geben die tariflichen Leistungen an alle Be-schäftigten und verstoßen so gegen tarifvertragliche Regelungen. Das tun sie, um zu verhindern, dass mehr Kolleg:innen Gewerkschaftsmitglied werden.
Sollte die Gewerkschaft nicht mit ihren Mitgliedern dafür kämpfen, dass ihre Tarifverträge eingehalten werden? Übrigens ist dies nach § 80 BetrVG auch Aufgabe der Betriebsräte. Nun ja… vielleicht haben die auch keine echtes Interesse an der (gewerkschaftlichen) Organisierung der Belegschaften …
Am Ende dieser Farce steht das Voran-treiben der Spaltung und Bestechen einzelner Teile der Belegschaften …
... anstatt die Kampfkraft der Klasse zu stärken.
Diese Forderung nach Verbesserung individueller Arbeitszeitverkürzung ist angesichts der enormen Veränderungen, die die Transformation mit sich bringt, ein Hohn! Damit wird nur der lahme Versuch gestartet, Mitglieder zu halten.
Das echte Problem ist ein schwerwiegenderes: Wir müssen im Zuge des Umbaus der Industrie mit der Vernichtung von 300.000 bis zu einer Million Arbeitsplätzen rechnen.
Und immer noch bettelt die IGM in unserem Namen um faire Gestaltung der Transformation, „die Menschen müssen mitgenommen werden“ … „Die gewaltigen Einschnitte sozial abfedern“ ... Blabla.
Anstatt die politisch richtige Forderung nach kollektiver Arbeitszeitverkürzung auf die Tagesordnung zu bringen!
Verdammt noch mal!
Die Zerstückelung der Arbeitsprozesse mit einhergehender Zersplitterung der Belegschaften ist längst bittere Realität.
In den Fabriken sehen wir wie unsere Kolleg:innen in Leiharbeit verheizt werden. Die Leistungsverdichtung weit über alle Grenzen erträgt nur, wer mit einem Festvertrag geködert bereit ist, die Überausbeutung auszuhalten.
Die enorme Profitsteigerung erwirtschaften wir und haben nix davon.
So soll das weitergehen?
Das sollen die Arbeitsbedingungen, das soll die Arbeitszeit der Zukunft sein?
Da machen wir nicht mit!
Arbeitsbedingungen dürfen uns nicht krank und kaputt machen!
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
Leiharbeit verbieten - alle Kolleg:innen in Leiharbeit fest einstellen!
Mehr Geld in der Tasche für harte Arbeit und steigende Lebenskosten!
DAS SIND UNSERE FORDERUNGEN
Die erste Verhandlung ist am 11.9. in Baden-Württemberg. Am 30.09. werden die Tarifverträge gekündigt. Dann läuft die Friedenspflicht. Ab 29.10 um 00:00 Uhr sind Warnstreiks möglich.
Kämpfen wir vereint für höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, gegen Arbeitshetze, für Festeinstellungen und für das Verbot von Leiharbeit!
Verbinden wir die Tarifrunde mit dem Kampf gegen Arbeitsplatzvernichtung und Spaltung!
Schluss mit Sozialpartnerschaft und faulen Kompromissen!
Gegen die „Sozial-Deals“ von IG Metall, Betriebsratsfürsten und Kapital.
Wir müssen unsere Sache in die eigenen Hände nehmen und selbst durchsetzen!
Den notwendigen Streik und Kampf organisieren wir in unseren Streik- und Kampfkomitees!
Wir kämpfen nicht nur für uns an diesem und jenem Standort. Nein! Für unsere gemeinsamen Interessen, standortübergreifend, international gilt:
Kampf dem System! Trotz alledem!
Fabrik-Zeitung Klasse gegen Klasse Gegen Ausbeutung für Sozialismus!
Ausgabe Nr. 39 September 2024
trotzalledem.org | trotzalledem@protonmail.com
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