Donnerstag, 14. Juli 2022
Essen: Weitere Einschnitte ins Gesundheitssystem.
Die Einschnitte in die Gesundheitsversorgung in Essen nehmen weiter zu. Ende Juni schloß am Alfred-Krupp-Krankenhaus die Geburten- und gynäkologische Abteilung nach 110-jährigen. Zuvor musste die Abteilung im April bereits einige Wochen schließen, natürlich ohne Absprache mit den Beschäftigten oder werdenden Müttern die für diesen Zeitraum Termine für die Geburt hatten. Begründet durch den Mangel an Hebammen zur Geburtshilfe und onkologischen Ärzten zur Behandlung der Frauen mit Tumorleiden. Auch hier wird erneut das wirtschaftliche Interesse des Hauses, welches Effizienz vor Wohlergehen setzt mehr als deutlich.
Das Krupp-Krankenhaus stemmte im vorherigen Jahr allein etwa 800 Geburten von den insgesamt ca. 5800 geborenen Essener Kindern. Mit der Schließung des Essener Marienhospitals vor 2 Jahren sind ab Juli nur noch 2 Kliniken in der Lage schwangeren Frauen zu helfen. Die Stadt Essen behauptet dennoch, dass für alle Frauen innerhalb Essens weiterhin kein größeres Risiko für die Geburt entstehe. Von Sicherheit konnte allerdings schon lange nicht mehr gesprochen werden, da das Personal der Abteilungen für Geburtshilfe großteilig durch Leihkräfte von Zeitarbeitsfirmen oder Beschäftigten der hauseigenen Springerpools, fachfremd geführt wurde. Der Mangel an Hebammen in der stationären Geburtshilfe besteht seit Jahren. Die sowieso schon wenigen ausgebildeten Kräfte, verabschieden sich zunehmend aus den Krankenhäusern in die Selbstständigkeit aufgrund teils unmenschlicher Arbeitsbedingungen. Krankenhäuser als reine Wirtschaftsunternehmen lassen Patienten zu reinen Zahlen im Finanzierungssystem der Fallpauschalen werden um einen höheren Profit zu erwirtschaften wird die Liegedauer der zu Behandelnden immer weiter gekürzt. Ein anderer Punkt an dem gespart wird ist aber vor allem an den Mitarbeitern. Kein neues Problem, dennoch inszeniert sich Essens Oberbürgermeister Kufen (CDU) als großer Reformbefürworter erst nachdem das Aus der Frauenheilkunde im Krupp-Krankenhaus besiegelt ist und eine ebensolche Reform von Gesundheitsminister Lauterbach im Vormonat angekündigt wurde. Wie bereits im Küchenskandal entscheiden Krankenhausverwaltung und Stadtbürokratie über die Mitarbeiter hinweg die Schließung und teilen ihnen dies persönlich überhaupt nicht mit. Die beiden übriggebliebenen Geburtenstationen der anderen Häuser teilen sich indes bereits die Arbeitskraft des Fachpersonals des Krupps auf, welches für das Krupp nutzlos wird.
Verkauft wird der Öffentlichkeit das Vorgehen als freundliches Entgegenkommen, dem Personal seien so zeitnah neue Angebote gemacht worden. Dass Hebammen, Kinderkrankenpfleger und Gynäkologen ohnehin keine andere Wahl haben, als dort tätig zu werden, findet keine Erwähnung. Nur Gesundheits- und Krankenpfleger sind weiterhin erwünscht.
Weder Arbeiter noch Patienten erfahren im kruppschen Wirtschaftsunternehmen einen respekt- und würdevollen Umgang. Die wenigen, die versuchen gegen diese Handhabung vorzugehen erfahren öffentliche Denunzierung. Statt der Forderung der Mitarbeitervertretung nach respektablen Arbeitsbedingungen nachzukommen, wird hier stattdessen der Kampf gegen die Rechte der Arberiter geführt.
Bereits 2006 versuchte der gewinnorientierte Betrieb hinterrücks unter kirchliche Trägerschaft zu gelangen, um damit das Betriebsverfassungsgesetz auszuhebeln. Zum 01. Januar 2006 hatte die Krankenhausleitung urplötzlich die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland erworben, den Beschäftigten wurde dies und das damit verbundene Aussetzen des Betriebsrats an selbigen Tag nebenher im laufenden Betrieb mitgeteilt. Der Betriebsrat ging dagegen vor, bekam Recht und das Krankenhaus musste weiter öffentlich-rechtlich geführt werden, was das gängige Arbeitsrecht und den Aufrechterhalt des Betriebsrats verlangte.
Im Jahr 2013 versuchte die Klinikleitung des Krupp-Krankenhauses dann den Gewerkschaftler Tobias Michel aus dem Betriebsrat außerordentlich zu kündigen. Die Leitung war sich zu diesem Zweck nicht zu schade einen Detektiv auf ihn anzusetzen, wie es am Arbeitsgericht bekannt wurde. Michel prangerte illegale Arbeitszeitorganisationen für Ärzte und Pflegende an und gab gewerkschaftliche Seminare für beschäftigtenfreundliche Dienstplangestaltung und Tariffragen innerhalb seines vereinbarten, unbezahlten Sonderurlaubs. Der Vorwurf der Klinikleitung war, dass Betriebsvereinbarungen nicht ausreichend geheim behandelt wurden. Kurz zuvor war der unliebsame Betriebsrat mit 36 Kollegen der hausinternen Küche vor Gericht gezogen. Die Klinikleitung hatte damals 40 Küchenbedienstete urplötzlich und ohne Einbezug des Betriebsrates freigestellt. Dabei war die Auflösung der hauseigenen Küche schon von langer Hand geplant. Wer zuletzt von der Küchenschließung erfuhr war das Küchenpersonal und zwar an selbigem Tag. Eine Fremdfirma übernahm das Catering, begründet durch wirtschaftliche Interesse. Die Küche sei ein Kostenfaktor, so der Vorstand damals. Die Personalvertretung wurde nicht miteinbezogen, um unbequemen Gesprächen aus dem Weg zu gehen und Ausfallkosten des Personals zu vermeiden, wie frühere Fehlentscheidungen der Klinikleitung sie hervorbrachten. Beispielsweise die Schließung der Reha-Abteilung des aufgekauften Zweigs der Klinik im Stadtteil Steele; der Betriebsrat hatte sich erdreistet zu einer Besprechung über mehrere Stunden zu laden, was man sich beim Küchenbetrieb laut des Vorsitzende der Klinik-Geschäftsführung nicht leisten wollte. Um die angebrachte Wut des Küchenpersonals zu beschwichtigen versuchte der Vorstand bereits im Vorfeld der Freistellung die eigenen Mitarbeiter an Fremdfirmen zu verschachern, die am anderen Ende der Stadt ansässig waren. Der Betriebsrat nutzte den Verstoß gegen die Betriebsverfassung, um im Eilverfahren die Wiederherstellung des Küchenbetriebs zu bewirken, erreichte aber einzig, dass den Mitarbeiter keine betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden konnten.
Die Alfried Krupp und Bohlen und Halbach-Stiftung schreibt sich zwar auf die Fahne sich um das Wohl der Menschen zu kümmern, aber am Ende geht es der Stiftung nur wie dem Namensgeber um Geld. Dafür wird jeder Versuch unternommen auf dem Rücken der Arbeiter im Gesundheitssektor, aber auch auf dem der Patienten noch mehr Geld raus zu quetschen. Die Folgen tragen dann die Arbeiter, durch eine immer schlechtere Gesundheitsversorgung, als auch durch immer schlechtere Arbeitsbedingungen.
Geschrieben von milo
08. Juli 2022
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