Donnerstag, 25. November 2010

DIE NATO IST EIN WOLF IM SCHAFSPELZ

Gennadi Sjuganow, Generalsekretär der KP der Russischen Föderation

übersetzt von Jens-Torsten Bohlke

Moskau, 20. November 2010, Tribuna Popular / Prawda / Rebelión (übersetzt vom Russischen ins Spanische durch Josafat S. Comín) auf Kommunisten-online am 23. November 2010 – Die Tageszeitung Prawda interviewte den Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, Genossen Gennadi Sjuganow, zur Privatisierungspolitik der russischen Regierung und der Möglichkeit eines Beitritts von Russland zum Nordatlantik-Pakt (NATO).

Warum sollte Russland der NATO beitreten?

Mit einer globalen Krise im Nacken, von welcher Russland sich viel mehr in Mitleidenschaft gezogen gesehen hat als die übrigen Länder der Welt, machen sich neue und gefährliche Phänomene in der Politik der Regierung unseres Landes breit. Ich beziehe mich da auf die Pläne, weiterhin strategische Staatsbetriebe zu verkaufen, das Bildungswesen zu privatisieren, ebenso das Gesundheitswesen, die Kultur, und den raschen Beitritt zur Welthandelsorganisation anzustreben.

Letztlich sind da die Gespräche wiederaufgenommen worden, die scheinbar schon in Vergessenheit geraten waren, über Russlands Beitritt zur NATO. Die Experten und Journalisten der Regierungsseite mühen sich, die Unvermeidlichkeit dieses Schritts nachzuweisen. Der Leiter des Rates des Instituts für Moderne Entwicklung (INSOR), ein Herr Jurgens, äußerte auf einem im September 2010 in Jaroslawl veranstalteten internationalen Forum die Idee, dass Russland sich zum Eintritt in die NATO bereit sieht. Wenn man in Betracht zieht, dass Medwedjew selbst der Vorsitzende des Aufsichtsrats von INSOR ist, - heißt das etwa nicht rein zufällig, dass der Herr Jurgens einen kleinen Wink aus dem Büro des Staatschefs erhalten hat, um diese Initiative öffentlich zu machen?

Der Präsident der Russischen Föderation hat selbst vorgehabt, am NATO-Gipfel in Lissabon am 19. und 20. November teilzunehmen. Unter Bezugnahme auf sein kürzliches Treffen mit NATO- Generalsekretär A. Rasmussen erklärte Medwedjew, dass das Treffen von Lissabon nicht nur bedeuten soll, „den Beziehungen zwischen Russland und der NATO einen frischen Impuls zu versetzen, sondern die Modernisierung der gegenseitigen Beziehungen mit sich bringen sollte“.

Es gibt da nichts Neues an diesen „frischen Impulsen“. Von all dem ist bekannt, dass es Gorbatschow war und seine „humanistischen Werte“, die den Weg der Annäherung an den Westen aus einer Kapitulationshaltung heraus öffneten. Jenes Kokettieren mit den USA und ihren Vasallen nahm ein schlimmes Ende für unser Land. Dennoch scheint es so, dass die Regierenden Russlands nichts daraus gelernt haben.

Jelzin zeigte sich offen für jene erste expansionistische Welle der NATO bis an unsere Grenzen. Er unterstützte die NATO-Aggression gegen Jugoslawien, unseren einzigen Verbündeten in Europa. Bei all dem wurde am Ende jener Etappe mit Jelzin an der Regierung klar, dass seine „Partner“ ihn gründlich eingeseift hatten.

Ein wutentbrannter Jelzin genehmigte daher den berühmten Marsch der mobilen Infanteriekompanie auf Pristina, die Hauptstadt des Kosovo. Ihm blieb nichts weiter übrig. Bald darauf sollte mit Putin alles von vorn beginnen.

Einer der ersten Schritte des neuen Präsidenten sollte die Gewährleistung der Ratifizierung des traurigen Ruf erlangten START-2-Vertrags (über die Reduzierung der Strategischen Waffen) in der Duma sein, was den Verlust unserer Langstreckenraketen verheißen musste. Allein die Absage seitens des US-Kongresses an diesen Vertrag rettete die russischen strategischen Atomwaffen. Anschließend zeigte die russische Regierung ihre stillschweigende Zustimmung zur zweiten Expansionswelle der NATO, diesmal in die Gebiete der baltischen Republiken. Kurze Zeit darauf genehmigte der Herr Putin mit der Ausrede von der Beteiligung an der weltweiten Antiterror-Koalition die Einrichtung von NATO-Stützpunkten in Mittelasien. Zur selben Zeit wurden die beiden für Russland lebenswichtigen Stützpunkte in Kuba und Vietnam aufgelöst.

Bei all dem, nach sechs Jahren unermüdlicher Bemühungen um die Stärkung der Beziehungen mit der NATO, entdeckte der Herr Putin plötzlich, dass der Westen gar nicht daran gedacht hatte, irgendein Zugeständnis zu machen, sondern nur immer neue Forderungen stellte und damit drohte, die Regierung der Russischen Föderation wegen des Tschetschenien-Kriegs vor das Internationale Tribunal zu stellen. Nur darum hielt der russische Präsident im Februar 2007 seine berühmte Rede von München gegen die NATO, in welcher sich seine tiefe Empörung über die Heimtücke seiner „Partner“ widerspiegelte.

Jetzt dreschen sie wieder gewaltig auf Präsident Medwedjew ein, damit er diesen Weg weitergeht. Im Vorfeld des Treffens der NATO in Lissabon ist eine Reihe wichtiger vorbereitender Schritte angenommen worden. Moskau hat der Verschärfung der Sanktionen gegen Iran zugestimmt, Moskau hat den Vertrag widerrufen, um Teheran Luftabwehrsysteme zu liefern. All dem folgten einige unfassliche Angriffe gegen die KVDR. Grundlos sind Spannungen in den Beziehungen mit Weißrussland erzeugt worden. Ein großes Geschenk wurde einem der treuesten Verbündeten der USA in der NATO gemacht, denn das ist Norwegen nun mal. Norwegen erhielt enorm Raum in der Barentssee, wo unser Land niemals Rechte eines anderen Landes anerkannt hat.

Jetzt scheint es, dass sie sich vorbereiten, um die Beziehungen Russlands mit der NATO auf eine neue Stufe zu heben. Dies als Vorspiel für den Beitritt unseres Landes in diesen aggressiven Block.

Die NATO: vom europäischen zum Weltgendarm

Erinnern wir uns mal daran, dass die NATO am 4. April 1949 mit dem Ziel gegründet worden war, Europa vor den „roten Horden“ aus dem Osten zu schützen. Auch wenn einer der NATO-Führer anerkannte, dass das wirkliche Ziel des Blocks hieß „to keep America in, Germany down and Russia out“ („Amerika in Europa halten, Deutschland niederhalten, Russland raushalten“).

Es sollte logisch scheinen, dass nach der Zerschlagung der UdSSR der Sinn des Fortbestands der NATO verschwunden war. Dennoch hält sich das Bündnis nicht nur am Leben, sondern es expandiert und erhöht sein Potential. Der wahre Grund seiner Existenz wurde ganz deutlich bei der verbrecherischen Aggression gegen unseren Verbündeten Jugoslawien, bei den Interventionen in Irak und Afghanistan. Es wurde klar, dass die NATO weiterhin ein Instrument im Dienste der Weltmachtgelüste der USA und ihrer Verbündeten sein wird. Mehr noch, lt. Meinung der westlichen Experten wird diese Rolle nie zu wachsen aufhören.

Es kommt vor, dass das internationale Kräfteverhältnis sich rasch verändert. Als 1999 die NATO-Mitglieder begeistert ihre neue strategische Konzeption beschlossen, welche die NATO von einem defensiven europäischen in einen offensiven international aktiven Block umwandelte, ließ sich nicht vorhersehen, dass es irgendeinen Widerstand geben könnte. Russland entwickelte sich weiter in den Ruinen seiner „Reformen“. Und das wirtschaftliche und politische Potential Russlands hatte sich in seiner Gesamtheit nicht geäußert.

Wie die Krise gezeigt hat, wird die Einflusszone der internationalen Oligarchie, die sich auf die USA und Europa stützt, kleiner. Unter dem Einfluss des kommunistischen China werden derzeit die Länder Asiens, die bisher nichts weiter als reine Rohstoff- und Arbeitskraftlieferanten für Europa und die USA gewesen waren, zu Schlüsselfaktoren der internationalen Politik. Analoge Prozesse finden wir in Lateinamerika. Die Länder des schwarzen Kontinents, vereint in der antikolonialen Afrikanischen Union, haben aufgehört, ein Standort ohne Grenzen für die Ausplünderung durch die multinationalen Konzerne zu sein. Der Nahe Osten und allgemein die ganze islamische Welt stehen in einer eisernen Auseinandersetzung dem Westen gegenüber.

Der Kampf um die Weltherrschaft wird immer brutaler, während die Wirtschaftskrise das kapitalistische System noch mehr schwächt. Die internationale Oligarchie umfasst die reichsten Menschen des Planeten, darunter über 500 transnationale Konzerne mit einem Kapital von 16 Billionen Dollar und 25% Anteil an der Industrieproduktion der Welt.

Die „Elite“ ist nicht bereit, ihre Vormachtstellung über den Planeten zu verlieren, welche sie in jahrhundelangen Eroberungskriegen erreicht hat. Unter diesem Gesichtspunkt ist die neue Reihe von kriegerischen Konflikten, sind die Aggressivität in Bezug auf den Iran und die KVDR und der wachsende Druck auf China zu sehen.

Der Westen strebt nach einer stärkeren Festigung der Kräfte im Namen seiner Herrschaft. Und wenn in den 90er Jahren noch der Sinn der Existenz der NATO diskutiert wurde, setzt heute die Oligarchie aus Sorge um die Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses all ihre Mittel dafür ein, die NATO als Gendarm zu stärken.

Sie arbeiten daran, ein System der vollständigen Kontrolle über die gesamte Erdoberfläche und Meeresoberfläche einzurichten, um an jedem Punkt des Erdballs zuschlagen zu können. Die NATO verändert sich zu einer übernationalen Organisation, deren Absicht es ist, mit dem System des internationalen Rechts Schluss zu machen, welches nach dem 2. Weltkrieg mit der UNO entstanden war.

Schon 1993 erklärte Zbigniew Brzezinski in seinem Buch „Außer Kontrolle“ öffentlich, dass „Amerika die Welt unter seine Kontrolle zu stellen wünscht“. Und es ist offenkundig, dass es dies wünscht. Es will seine Oberhoheit über Eurasien errichten, insbesondere über seine „westliche Peripherie (EU), sein Herz (Russland) und über den Nahen Osten und Zentralasien und seine Erdölvorkommen“. Und hier die Einschätzung eines anderen bekannten US-amerikanischen Journalisten, G. Kaminiski: „Unsere Militärangehörigen kämpfen nicht für die Freiheit. Das ist ein Kampf für die Profite der Transnationalen ... Die Armee existiert, um Länder und Völker zu erobern und auszuplündern“.

Beim Gipfel in Lissabon werden die Teilnehmer eine neue strategische Konzeption für die NATO annehmen müssen, welche die bisherige ablösen wird, die im Mai 1999 beschlossen wurde und in der der Block sich das Recht anmaßte, weltweit überall zu intervenieren. In der neuen Konzeption ist vorgesehen, dass die NATO ihre Expansion nach Osten fortsetzen wird, ihre Kernwaffen in Europa beibehalten wird und ein europäisches System der Raketenabwehr errichten wird, welches unvermeidlich gegen Russland gerichtet sein wird.

Das oligarchische Kapital weiß um die Bedrohung für seine Vorherrschaft, die von Asien, Lateinamerika und dem Nahen Osten ausgeht. Es will den Gegenangriff. Während seine Mittel sich weiterhin verschleißen.

Sie sind dabei, Russland in den Afghanistankrieg hineinzuziehen

Was macht der NATO die größten Sorgen? Dass ihr für ihre Kolonialkriege das „Kanonenfutter“ ausgehen könnte. Die NATO sucht derzeit fieberhaft Verbündete. Gegenwärtig stehen 150.000 Militärangehörige aus 47 Ländern in Afghanistan. Sie haben schon jede Menge aus den früheren Sowjetrepubliken dorthin geschleppt: Estland mit 160 Militärangehörigen, Lettland mit 170, Litauen mit 245, Aserbaidschan mit 90, Armenien mit 40, die Ukraine mit 15, Georgien nimmt mit 925 Militärangehörigen teil.

Von unseren einstigen Verbündeten aus dem Warschauer Vertrag haben sie den höchsten Beitrag gefordert. Hier hat Polen 2630 Soldaten und Offiziere in Afghanistan, Rumänien 1750, Ungarn 360, Bulgarien 540, die Tschechische Republik 500, die Slowakei 300. Sogar die Mongolei hat sich verpflichtet gesehen, fast 200 Soldaten dorthin zu entsenden. Kann da noch irgendjemand zweifeln, dass sie Russland auffordern werden, einen „würdigen“ Beitrag im „Kampf für die Demokratie“ in Afghanistan zu leisten?

Was bedeutet der Artikel 5 des NATO-Statuts? Er besagt, dass alle Mitglieder des Bündnisses zur Verteidigung jedes Mitgliedsstaates des Bündnisses intervenieren müssen, wenn es sich angegriffen sieht. Das Wesen des Angriffs wird nicht konkret gefasst. Die „terroristische Bedrohung“, die sie so sehr im Westen als Teufel an jede Wand malen, kann perfekt für diese Vorstufe herhalten. Jene, die den Beitritt Russlands zur NATO untermauern, müssen begreifen, dass Russland sich verpflichtet sehen würde, die kollektiven Interessen des Bündnisses zu verteidigen. Und nicht nur in Afghanistan ...

Aus diesem Aspekt halten sie es in „Washington“ für unausstehlich, dass die Regierung Russlands bisher ihre „heilige Pflicht“ ablehnt, wie jeder andere Partner der USA für die US-amerikanischen Interessen zu kämpfen. In Washington werden die Stimmen lauter, die eine Intervention im Iran fordern. Und jedes Mal werden sie mehr „Kanonenfutter“ brauchen.

Die Öffentlichkeit im Westen lehnt klar die militärischen Abenteuer im Mittleren Osten ab. Sie ist sich darüber bewusst, dass diese „noblen“ Ziele des „Kampfes gegen den internationalen Terrorismus“ immer finsterer werden, während die Ausgaben und der Blutzoll in Afghanistan ständig anwachsen.

Darum ist es für die Führer der NATO lebenswichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Krieg mehr internationale Unterstützung braucht. Das ist die typische und so übliche Masche der US-Amerikaner: den Verbündeten einen Teil der Verantwortung für ihre kolonialen Abenteuer auferlegen. Dasselbe ereignete sich in den 50er Jahren in Korea, in den 60er Jahren in Vietnam, jetzt in Afghanistan.

Der NATO-Generalsekretär spricht schon offen von der Entsendung russischer Kampfhubschrauber nach Afghanistan. Und bei einem Treffen im Pentagon vor ein paar Monaten beriet der US-Verteidigungsminister mit dem Herrn Serdjukow die Entsendung von russischen Luftlandetruppen und Elite-Einheiten nach Afghanistan. Wir haben bisher keine negative Reaktion von der russischen Seite auf all diese Anliegen vernommen.

Was wir wohl wissen: Im Verlauf der Reise des Generalstabschefs Makarow zum NATO-Hauptquartier in Brüssel zu Beginn dieses Jahres wurden die militärischen Beziehungen zwischen Russland und der NATO vollauf wiederhergestellt. Es wurden eine Reihe von Abkommen unterzeichnet, um regelmäßig gemeinsame Militärmanöver durchzuführen mit dem Ziel, die Kompatibilität der Truppen und ihr Zusammenwirken zu trainieren, Offiziere der Militärakademien auszutauschen usw. Alles ist darauf gerichtet, die Streitkräfte der Russischen Föderation in die NATO-Strukturen einzugliedern.

Die westlichen Strategien würden wohl mit Russlands Beitritt zum NATO-Bündnis einverstanden sein. Russland wäre dann ein Mitglied mehr. Wobei klar bliebe, dass der Herr nur einer ist: die USA.

Russland soll aufhören, ein gefährlicher Konkurrent zu sein, den man aus Europa raushalten muss. Russland soll ein gehorsamer Vasall werden. Das heißt, die Formel variiert. Jetzt ändert sich der Sinn der NATO in: „die USA in Europa halten und Deutschland und Russland in Untergebenheit halten“.

Die Folgen eines Nato-Beitritts Russlands

Falls unser Land der NATO beitritt, sähe sich unsere Unabhängigkeit in der Außenpolitik beeinträchtigt. Russland würde sich gezwungen sehen, seine Handlungen mit dem NATO-Hauptquartier abzustimmen. Oder um es noch einfacher zu sagen: Russland wird um Erlaubnis bitten müssen, bevor es irgendeine außenpolitische Initiative beschließt. Wir würden einen „gemeinsamen Feind“ bekommen. Wir alle müssen uns bewusst sein, dass falls Russland Teil der NATO wird, unsere Ost- und südlichen Grenzen zu Spannungsherden und anschließend Schlachtfeldern werden können.

Wie die übrigen Bündnismitglieder wird Russland sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen haben, sich „freundschaftlich besetzt“ zu sehen. Auf unserem Territorium werden ausländische Militärstützpunkte und ausländische schnelle Eingreiftruppen auftauchen und im freien Transit durch das russische Territorium ihre Waffen und technischen Ausrüstungen befördern. Im Ergebnis dieser Veränderung würde Russland sein eigenes eurasisches geopolitisches Wesen verändern. Aus all dem heraus wäre der NATO-Beitritt Russlands der Auftakt seiner Selbstzerstörung.

Für die Wirtschaft Russlands würde dieser Schritt die vollständige Zerstörung unseres militärisch-industriellen Komplexes bedeuten, der seit langer Zeit die Quelle höchster wissenschaftlich-technischer Errungenschaften mit den höchsten Formen der Arbeitsorganisation ist. Unausweichlich würden sie uns verpflichten, dass wir uns an den NATO-Standard anpassen, so dass wir Waffen ausländischer Fabrikation kaufen müssen. Das ist ein Prozess, der schon in Bewegung gesetzt worden ist. Es sind Sturmgewehre britischer Produktion gekauft worden, unbemannte Flugkörper aus israelischer Produktion sind gekauft worden, italienische Panzerfahrzeuge sind gekauft worden. Und der „Jahrhundertvertrag“ wird vorbereitet: Der Ankauf völlig unnötiger Hubschrauberträger für die russische Marine. Laut Schätzungen von General Iwaschow werden in den nächsten Jahren nicht weniger als 30% der von Russland erneuerten Waffen aus NATO-Ländern und Israel stammen.

Zur gleichen Zeit bringt die praktische Stilllegung des Baus von Flugzeugen des Typs TU-204 und IL-96 nicht nur mit sich, dass wir dazu übergehen, im Passagierflugwesen völlig vom Westen abhängig zu sein, sondern auch, dass wir die Fähigkeit einbüßen, eigene militärische Transportflugzeuge zu bauen. Und im Konfliktfall hätten wir keine Ersatzteile und könnten nicht mal die Passagierflugzeuge reparieren, die immer eine mobile Reserve gewesen sind.

In dieses Schema ist die Perfektion der „Reform“-Katastrophe der Streitkräfte eingefügt. Sie verbindet sich mit dem Namen des Herrn Serdjukow. Aber es scheint so, als ob sich seine Umtriebe der Unterstützung der Regierung dieses Landes erfreuen. Es fehlen nicht die bitteren Erfahrungen mit diesen „Reformen“. Wer einst in den vergangenen Jahren der Zugehörigkeit zum Warschauer Vertrag wie Polen, die CSSR, Ungarn, Bulgarien, Rumänien starke Armeen hatte, der hat heute nicht mehr als ein „Kontingent“, welches völlig außerstande zur Verteidigung des eigenen Landes und der eigenen Bevölkerung ist, aber dafür zur Quelle von Söldnern für die Kolonialkriege der USA herhält.

Ein ähnliches Schicksal ist der einst mächtigen Volksarmee Jugoslawiens widerfahren. Nach dem Staatsstreich von Oktober 2000, mit dem die pro-westlichen Kräfte sich an die Macht brachten, hat die einer Reihe von „Reformen“ sich ausgesetzt sehende jugoslawische Armee sich in einen traurigen Schatten jener einst realen Streitmacht verwandelt. Und vor nicht langer Zeit stand sie noch vollständig zur Verfügung, um jede Bodeninvasion der NATO abzuwehren.

Die russische Regierung hat den aus dem Erbe der UdSSR stammenden MIK bis zu dem Punkt aufgelöst, dass wir nicht nur die Fähigkeit verloren haben, in nötigen Stückzahlen moderne Waffen herzustellen, sondern generell jede Art Waffen in unserer Eigenproduktion zu bauen. Und was bis vor nicht all zu langer Zeit noch eine furchterregende Armee für die Feinde der Heimat war, ist jetzt demoralisiert und entwaffnet durch die „Reformer“, hat praktisch die Fähigkeit verloren, Russland zu verteidigen.

Die Reorganisation der Struktur der Streitkräfte, ihr Übergang in ein Brigadesystem, der Kauf von Waffen im Ausland, die gemeinsamen Manöver auf dem Boden der USA und Europas, die Ablehnung gegenüber der Ausbildung von neuen Kadetten an den Militärakademien ... all dies ist nichts weiter als die zwangsmäßige Vorbereitung des militärischen Moduls für den „Einbau“ der Reste der russischen Armee und Marine in die Streitkräfte der USA und der NATO.

All dies bedeutet nur eines: Russland verliert freiwillig den Status einer Weltmacht, um in der Unterwerfung unter die aggressivsten Kräfte zu enden. Hat eigentlich unser siegreiches Volk so etwas verdient?

Kann man auf die Freundschaft der NATO vertrauen?

Die Tatsachen sind knallhart. Und sie sagen uns, dass schrittweise und fortschreitend die Intervention der NATO in Russland derzeit vorbereitet wird. Hinsichtlich der Zahl an Truppenstärke auf der Theaterbühne der europäischen militärischen Szenerien ist uns die NATO 10- bis 12-mal überlegen. Allein in Europa hält die NATO 36 Divisionen, 120 Brigaden, 11.000 Panzer, 23.000 Artillerie-Geschoßwerfer, 4.500 Kampfflugzeuge. Wofür brauchen sie dieses militärische Potential? Um gegen den internationalen Terrorismus zu kämpfen, den sie da verkaufen, um ihren Hauptvorwand für die Existenz der NATO zu haben?

Laut Experten befassen sich 70% aller militärischen Manöver, gemeinsamen Handlungen, Übungen und Simulationen der NATO mit der Eröffnungsetappe eines allumfassenden Kriegs, der Eroberung der Lufthoheit, dem Einleiten von Offensivschlägen.

Heute hat das Bündnis keinen anderen Gegenspieler mehr, um Kriegshandlungen dieses Niveaus auszuführen. Wäre da nicht Russland. Somit können wir ohne jede Angst vor einem Irrtum bestätigen, dass die NATO uns besetzen will.

Die Truppen des Blocks mehren sich nach allen Seiten. Sie sind in einem strategischen Kreis um Russland im Einsatz und bilden einen Gürtel mit Russland feindlich gesonnenen Staaten. Die Stützpunkte der USA befinden sich in Polen, Bulgarien und Rumänien, an den Küsten des Schwarzen Meeres. Wir haben die Kontrolle des Baltikums schon an die NATO abgegeben. Dort sind die Marine- und Luftwaffenstützpunkte modernisiert worden, so dass sie heute bereits über 200 Flugzeuge dort stationieren können, eingeschlossen Bomber mit Atombomben. Von Estland bis Leningrad sind es kaum 200 km. Die Luftwaffe der NATO kann Raketen auf uns abfeuern, ohne unseren Luftraum zu betreten.

Die Ukraine und Moldawien lassen sich Zeit beim Öffnen der Türen für den NATO-Beitritt. Georgien haben sie schon völlig in der Tasche. Aserbaidschan tendiert auch fortschreitend in Richtung Bündnismitgliedschaft. In Tadschikistan und Kirgistan gibt es schon Militärstützpunkte. Die neuen Mitglieder, darunter die baltischen Republiken, haben keinerlei Beschränkung mehr für die Stationierung von Atomwaffen auf ihren Territorien. Sie sind nicht mal von den Beschränkungen betroffen, die der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa auferlegt. Was ihnen ermöglicht, mit Massenvernichtungswaffen ausgestattete Militäreinheiten auf ihrem Territorium aufzustellen.

Die Absichten hören nicht auf, um die Kontrolle über unsere Nordmeerflotte zu erlangen. Dies ist die größte atomare Seekriegsflotte, und sie gehört Russland. Die NATO nutzt ihre Aufmarschbasen in Norwegen und den baltischen Republiken, die Basen für radar-elektrische Kontrolle in Spitzbergen. Die akustischen Bojen, die Satelliten und Spionageflugzeuge „Orion“ verfolgen jede Bewegung unserer atomaren U-Boote. Die Aktivität der Luftaufklärung entlang unserer Grenzen wird seitens der NATO derzeit ständig erhöht.

Was steckt hinter dem Wunsch, Russland als NATO-Mitglied zu sehen?

Die russische Elite drängt in ihrer Absicht, sich in die internationale Oligarchie einzugliedern. Aber sie haben ihr zu verstehen gegeben, dass der einzige Weg, um zum „Club“ zu gehören, durch die militärische Organisation der NATO führt. Das heißt, um loszulegen, müsst ihr für uns kämpfen, so dass das Blut eurer Mitbürger im Namen der westlichen Werte vergossen wird. Und dann kann es sein, dass wir uns dazu durchringen, euch im „Club“ zu akzeptieren.

Dieses „unerwartete“ Interesse, dem Block beizutreten, ist nicht mehr als eine weitere Bestätigung für die Einheit der Eliteklasse Russlands und der anderen Mitgliedsländer der NATO. Die gegenwärtige Regierungsmannschaft widmet sich derzeit mehr ihrer „Verwestlichung“ als der Modernisierung Russlands.

Und die Vorbereitungen für diese „Verwestlichung“ laufen seit geraumer Zeit. Die pro-westliche Elite der Russischen Föderation lebt, indem sie ständig bestätigt, dass Russland keine Feinde hat. Mit Ausnahme der mystischen „internationalen Terroristen“. Die für unsere Außenpolitik Zuständigen weigern sich stur zu sehen, was auf der Hand liegt: Die historischen Ziele des Westens sind nicht verändert worden. Und sie sehen uns weiterhin einzig als eine Quelle von billigen Naturrohstoffen und einen Markt für ihre überschüssigen Produkte.

Die Parade von NATO-Söldnereinheiten auf dem Roten Platz am heiligen Tag des Sieges, diesem 9. Mai, zeigte wohl ganz deutlich, wie sie nach dem „Zusammengehen unserer Seelen“ suchen. Sie wollen uns beibringen, dass ein Volk, welches als erstes Volk einen seiner Söhne wie Juri Gagarin in den Weltraum entsenden konnte, lediglich dazu fähig ist, die Brosamen von den westlichen Tischen zu lecken. Die Revanche, die sie aus diesem hemmungslosen Liberalismus vorbereiten, weshalb sie über 900 Staatsbetriebe privatisieren wollen, darunter einige strategisch wichtige, bedeutet nichts weiter, als dass ihre Profitgier und ihre egoistischen Interessen so groß sind, dass es nur wenig wichtig für sie ist, als Gegenleistung die nationale Sicherheit anzubieten.

Völlig richtig ist, dass die russische Regierungselite sich als die inkonsequenteste erweist. Mit harter Stimme spricht sie sich dagegen aus, dass die Ukraine und Georgien als NATO-Mitglieder akzeptiert werden, während sie in Moskau plötzlich erklären, dass sie die Absicht haben, selbst in diesen Block aufgenommen zu werden. In der Militärdoktrin Russlands wird dieser Block als unser Hauptgegenspieler dargestellt. Werden wir uns in die Organisation unseres Hauptgegners eingliedern?

Offenkundig ist es gemäß der geltenden Gesetzgebung der Präsident der Russischen Föderation, dem es obliegt, die Außenpolitik des Landes zu bestimmen. Gleichzeitig sollten die Führer des Landes nicht den Teil der Verfassung vergessen, der besagt, dass die Souveränität vom Volk ausgeht. Es scheint, dass eine drastische Veränderung der historischen Entwicklung des Landes der Annahme durch Volksentscheid bedarf. Das Mittel, um dies zu erreichen, ist bestens bekannt: die Volksabstimmung.

Wenn die gegenwärtige russische Regierung ihre Unfehlbarkeit verspürt, dann soll sie doch den Beitritt zur NATO dem Referendum unterwerfen. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie das nicht tun wird. Denn sie weiß genau, was das historische Gedächtnis des Volkes treu in seinem Bewusstsein bewahrt: die früheren „Besuche“ unserer europäischen Nachbarn in Russland, - so bereits in Gestalt der polnischen Intervention aus dem „Zeitalter der Revolten“ (Beginn des 17. Jahrhunderts), so bereits mit Napoleons Invasion oder den Horden von Hitler und seinen SS-Legionen, welche heute fast alle Länder der NATO repräsentieren.

Russland hat schon für seine Sicherheit mit Millionen Leben im 2. Weltkrieg bezahlt und dabei Europa vom Faschismus freigekämpft. Um die Sicherheit Russlands zu stärken, muss man nicht darum betteln, dass sie uns in die NATO lassen, sondern unsere eigene Industrie, unser Bildungswesen und unsere Wissenschaft entwickeln. Wir müssen unsere Streitkräfte wiederaufbauen. Wir müssen einen Kreis von Freunden und Verbündeten unter den Mitgliedsländern der Organisation für Zusammenarbeit von Shanghai und der OSZE bilden. Aber vor allem müssen wir die Schaffung der Union aus Russland, Weißrussland und der Ukraine schaffen, die das Potential der drei slawischen Völker bündelt. Dies ist die größte Garantie für unsere Sicherheit. So ist es im Verlauf von vielen Jahrhunderten des Lebens in einem gemeinsamen Staat gewesen. Und so wird es auch künftig werden.

Quelle: Rebelión - Pravda http://gazeta-pravda.ru/

in:

http://www.tribuna-popular.org/i

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