ISRAEL VERWEIGERT INTERNATIONALE KONTROLLE SEINES ATOMPROGRAMMS
von Eugenio García Gascón, Havanna
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke, Brüssel
Havanna, 4. September 2010, Cubadebate. (auf Kommunisten-online am 7. September 2010) – Die Regierung Israels hat Aufforderungen der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) zurückgewiesen, internationalen Inspektoren die Kontrolle seines Atomprogramms zu gestatten und sich dem weltweiten Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen anzuschließen. Dies ließ die IAEA in einer Stellungnahme verlautbaren.
In Übereinstimmung mit dem Beginn der Friedensgespräche zwischen Palästinensern und Israelis hatte die IAEA als UN-Einrichtung Israel aufgefordert, dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen beizutreten und Zugang zu seinen Atomanlagen zu gewähren. Diese Aufforderung reagierte auf die tiefe Besorgnis der arabischen Nachbarländer Israels über dessen atomares Arsenal gerade im jetzigen Moment höchster Spannungen mit Iran. Das Risiko, dass Israel die Atomwaffe im gesamten Nahen Osten einsetzt, hat sich erhöht. Beobachter meinen, dass dies die letzte Option des Staates Israel ist. Aber allein die Tatsache der Einschätzungen dieser Möglichkeit und ihrer Folgen haben die arabischen Staaten in den internationalen Gremien alarmiert.
„Die Weltgemeinschaft muss Israel verpflichten, Inspektionen seiner Atomanlagen zuzulassen. Israel darf nicht als Ausnahmefall behandelt werden, sondern muss wie jeder andere Nahost-Staat behandelt werden. Und daher stellt die atomare Entwicklung Israels eine Quelle für Probleme in der gesamten Region dar“, äußerte Isam Mahul, ein ehemaliger Abgeordneter der Knesseth von der Kommunistischen Partei Hadash.
Schätzungsweise 200 atomare Sprengköpfe besitzt Israel
Der israelische Professor Avner Cohen, Autor des Buches „Israel und die Bombe“, prägte die Idee von der „atomaren Undurchsichtigkeit“ als einem Konzept, welches auf Staaten Anwendung findet, die nicht anerkennen, eigene atomare Fähigkeiten zu besitzen, obwohl hinreichende Anzeichen vorhanden sind, um zu wissen, dass sie Atomwaffen haben. Die Haupteigenschaft dieser Staaten ist die Fähigkeit, das „Herangehen und Handeln anderer Länder zu beeinflussen“.
Israelische und westliche Fachleute haben erörtert, dass Israel mit der großzügigen Hilfe Frankreichs seine erste Atomwaffe Mitte der 60er Jahre erlangte und bereits über operativ einsetzbare Wasserstoffbomben im Nahostkrieg von 1967 bei seiner Besetzung der Sinai-Halbinsel, der jordanischen Westbank und des Gazastreifens verfügte. In den 80er Jahren wurde Israels Arsenal an Atomwaffen auf mindestens 200 Atomsprengköpfe geschätzt.
Die militärische Zensur wacht darüber, dass Information über die beiden Reaktoren und die Atomwaffen Israels nach außen gelangen. Das Buch „Israel und die Bombe“ wurde in Israel selbst verboten. Sein Autor erlitt strengste Verfolgungsmaßnahmen, als er nach langem Aufenthalt in den USA nach Israel zurückkehrte.
Cohen bleibt dabei, dass die Politik Israels hinsichtlich der atomaren Option 4 Perioden durchlaufen hat. Sie begann mit der „Geheimhaltung“ zu Beginn der 50er Jahre. Als dann erste Verdachtsmomente laut wurden, wurde die Periode der „Zurückweisung“ der Anschuldigungen eingeläutet, um die Weltöffentlichkeit zu beschwichtigen. Später ging Israel dann zur „Doppelzüngigkeit“ über. Dies mit der bekannten Äußerung: „Israel wird nicht das erste Land sein, welches die Atombombe in die Region bringt.“ Und die letzte Periode, zu der Israel jetzt gekommen ist, ist die der „Undurchsichtigkeit“.
„Schuldgefühl“
„Israel hat erreicht, im Westen ein Schuldgefühl zu erzeugen. Dies ermöglicht die Verknüpfung des Holocausts mit den Atomwaffen. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass ohne die finanzielle, technische und wissenschaftliche Unterstützung aus den USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich der Staat Israel seinen Atomplan nicht hätte durchführen können“, so Guideon Spiro, Mitglied des Israelischen Ausschusses für einen Nahen Osten Frei von Atomaren, Biologischen und Chemischen Waffen.
Die Periode der „Undurchsichtigkeit“ geht bis in unsere heutige Zeit. Die arabischen Länder haben in etlichen Gremien die mögliche Atomwaffengefahr Israels angeprangert. Ihre Anklagen diesbezüglich sind in den letzten Jahren immer häufiger geworden.
Die IAEA hat eine Parallelkonferenz zur UN-Vollversammlung im September 2010 einberufen. Dort ist vorgesehen, dass über einen Resolutionsentwurf der arabischen Länder abgestimmt werden soll, der auf Inspektionen der israelischen Atomanlagen besteht.
Dieser Umstand und die Aggressivität Israels beim Atomprogramm des Irans führten vorerst dazu, dass die Atombehörde Israels im August 2010 den Generaldirektor der IAEA, Yukiya Amano, zu einem Besuch eingeladen hatte. Grundsätzlich wurde versucht, den Besuch von Amano in Israel geheim zu halten. Aber später drang da doch einiges an die Presse durch. Einige Beobachter meinen, dass Israels Premierminister Netanjahu sich sehr sicher hinsichtlich der unbedingten Unterstützung durch die Regierung von Barack Obama fühlte und den arabischen Druck nicht fürchtete, als er das vorgesehene Gespräch mit Amano in Israel absagte.
Die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen ist beträchtlich. Darüber wird öffentlich immer stärker diskutiert. Laut Cohen ist der Atombombeneinsatz eine der schwierigsten und folgenschwersten Entscheidungen, die getroffen werden können. Sie erfordert einen ausgiebigen Prozess der Vorbereitung und Diskussion.
„Aber es gibt die Tendenz, dass diese Entscheidungen am Rande des demokratischen Verfahrens getroffen werden“, hat Cohen geschrieben. „Wer überwacht den Oberwächter? Die Oberwächter haben ihre eigenen Interessen, die nicht notwendigerweise mit dem Gemeinwohl vereinbar sind“.
Quelle: http://www.cubadebate.cu/
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