Donnerstag, 27. Juli 2023
Bremen Heilmittel Vier-Tage-Woche?
Bei seiner diesjährigen 1.Mai-Demonstration in Bremen ließ der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Forderung nach einer weitgreifenden Einführung der Vier-Tage-Woche verlauten. Die stellvertretende Chefin des DGB, Elke Hannak, machte sich für die Vier-Tage-Woche für eine bessere „Vereinbarkeit von Familie, Privatleben und Beruf“ stark, der Vorsitzende des Bremer DGB-Verbands, Ernesto Harder, forderte die Einführung im Gesundheitsbereich.
Was als kämpferische Forderung an die Bourgeoisie angesehen werden soll, entpuppt sich schnell als eine Konvergenz zu den Bestrebungen der bürgerlichen Politiker. Denn eine 4-Tage-Woche ist längst Teil der Pläne der Herrschenden, und wie schon 1993, als Volkswagen sich während einer Absatzkrise mit ihrer Einführung einen Namen machte, dient sie zu nichts anderem als einer Steigerung des Profits der Unternehmen. Diskutiert wird die Vier-Tage-Woche deutschlandweit seit Antritt der Ampelkoalition wieder zunehmend. Diese hielt in ihrem Koalitionsvertrag fest:
„Wir erhöhen den Mindestlohn und schaffen ein modernes Arbeitsrecht, das Sicherheit und fair ausgehandelte Flexibilität ermöglicht […] Wir wollen die moderne Arbeitswelt gestalten, dabei berufliche Chancen ermöglichen sowie Sicherheit und Flexibilität in Einklang bringen. […] Um auf die Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren und die Wünsche von Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Unternehmen nach einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung aufzugreifen, wollen wir Gewerkschaften und Arbeitgeber dabei unterstützen, flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen.“
und
„Wir halten am Grundsatz des 8-Stunden-Tages im Arbeitszeitgesetz fest […] werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, auf Grund von Tarifverträgen, dies vorsehen (Experimentierräume). Im Dialog mit den Sozialpartnern prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitszeitrecht sehen.“
Damit ist die Richtlinie schon gegeben. Das schön klingende Wort Flexibilität bedeutet, dass man sich mehr an die Bedürfnisse der Ausbeuter anpasst. Dazu wird erst der Acht-Stunden-Tag hochgehalten und dann enthauptet. Ein Beispiel für „Flexibilität“, denn in einer Vier-Tage-Woche muss natürlich mehr am Tag gearbeitet werden. Die Einflussnahme auf die Gewerkschaften ist auch klar beschrieben, und so wundert es kaum, dass den Forderungen der DGB-Spitze am 1. Mai ein Plädoyer von der SPD-Chefin Saskia Esken ein Plädoyer für die Vier-Tage-Woche am 29. April zuvorgekommen war. Die Chefin des DGB, Yasmin Fahimi – nur nebenbei – ist übrigens eine recht hochrangige Parteikollegin, die 2014 und 2015 Generalsekretärin der SPD und in den darauf folgenden zwei Jahren Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales war.
Auch in Bremen wird die Vier-Tage-Woche als eine Antwort auf den sogenannten Fachkräftemangel betrachtet. Andere Ökonomen und Unternehmer glauben, dass die Sache genau in dieser Frage nach hinten losgeht. Hier wird die „bessere Work-Life-Balance“ gelobt, dort die Leistungsfähigkeit der Arbeiter bei 10 Stunden Arbeit am Tag angezweifelt und die höhere Wahrscheinlichkeit von Arbeitsunfällen betont. Aber der Vorschlag zur Vier-Tage-Woche spielt sich ja im Rahmen der ganzen „Flexibilität“ ab, d.h. die Ausbeuter sollen sagen können, was ihnen besser passt. Eines ist klar – der Vorschlag geht mit einem weiteren Angriff auf den Acht-Stunden-Tag einher, denn in den allermeisten Fällen bleibt es von Monat bis Donnerstag dann nicht mehr bei der alten Arbeitsdauer. Andere Betriebe haben sich z.T. auch Tricks einfallen lassen – zum Beispiel die Einführung des Modells täglich eine halbe Stunde mehr, dafür ist der eh kurze Freitag frei, aber der Urlaub im Jahr vermindert sich von 30 auf nur noch 24 Tage.
Der Vorschlag für die Einführung im Gesundheitsbereich hat auch seine Unstimmigkeiten. Erstmal ist Grundlage für eine flächendeckendere Einführung der Vier-Tage-Woche ein Tarifvertrag. Nun haben wir aber in einigen der letzten RoPo-Ausgaben gesehen, dass die Bremer „Gesundheit Nord“ in den Krankenhäusern zunehmend Helfer einsetzt, die andere Verträge haben. Zum einen „importierte“ Pflegekräfte (hauptsächlich aus Mexiko), zum anderen Zeitarbeitsfirmen, die z.B. im OP unterstützen. Das heißt, in diesem Fall wäre die richtige Forderung die Einführung des Tarifvertrags für ALLE Beschäftigten, gegen die Spaltung der Belegschaft – nicht eine Vier-Tage-Woche.
Auch im Baugewerbe bzw. vielen Handwerksberufen soll die Vier-Tage-Woche ausgeweitet werden, in einigen Fällen wie Montagefahrten ist sie seit langem die Regel. Auszubildende einer Bremer Baufirma berichten, wie dort der Rahmen des erlaubten überschritten wird:
„Wir sind seit Monaten meistens wochenweise auf einer Baustelle in Seevetal bei Hamburg eingesetzt. Also sind wir auf Montage, Montag morgen hin, Freitag zurück, oft aber auch schon Donnerstagabend. Dann haben wir eine Vier-Tage-Woche, aber am Freitag ist man eh nur kaputt. Wir arbeiten oft länger als zehn Stunden am Tag, in den Abend hinein, und kommen dann auch an vier Tagen auf 45 Stunden in der Woche; das dürfen wir überhaupt nicht. Meint ihr, wir kriegen die Überstunden alle ausbezahlt oder gutgeschrieben?“
Der Grund, warum die Vier-Tage-Woche für die Herrschenden eine zunehmend wichtigere Rolle spielt, ist die Wirtschaftskrise, die sich weiter entwickelt. Viele Unternehmen müssen ihre Arbeitsweise umstellen, um effektiver zu werden bzw. den neuen Anforderungen entsprechend weiter standhalten zu können. Und besonders müssen sie, weil es eine Überproduktionskrise ist, Arbeitskraft vernichten, um die Kosten zu senken und den Profit zu steigern (genau so, wie es bei Volkswagen während der Absatzkrise 1993 der Fall war). Sollen es nicht gleich Entlassungen sein, bieten sich Kurzarbeit oder andere Maßnahmen zur Verkürzung der Arbeitszeit an – wie eine Vier-Tage-Woche. Es wird zum Beispiel mit zwei oder drei Stunden weniger in der Woche bei gleichem Monatsgehalt geworben. Doch das setzen erstens längst nicht alle um, und wie man auch in anderen Ländern wie Belgien sieht, wo die Vier-Tage-Woche seit Ende 2022 gesetzlich verankert ist und wo die Beschäftigten ihre wöchentliche Arbeitszeit auch in vier Tagen absolvieren „dürfen“ (was fordert der Betrieb, ist die Frage), aber die Stundenzahl nur gegen Gehaltsabzug verringert werden kann, weiß von „vollen Lohnausgleich“ plötzlich niemand mehr etwas. Zweitens gleicht auch die andauernde „volle Bezahlung“ die Preissteigerungen längst nicht aus. Und in den meisten Bereichen hat es noch gar keine inflationsbezogene Lohnerhöhung gegeben, geschweige denn wurden Arbeitskämpfe dafür geführt. Und die Einführung der Vier-Tage-Woche, wenn sie als große gewerkschaftliche Errungenschaft präsentiert wird, dient natürlich auch dazu, diese Kämpfe erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Mit den oben aufgeführten Beispielen sei gezeigt, dass die Vier-Tage-Woche pauschal – ohne weitere Regelungen – keine Vorteile für die Arbeiterklasse mit sich bringt. Natürlich gibt es – wie immer, besonders in den imperialistischen Ländern, einige besser gestellte Arbeiter, für die die Maßnahmen tatsächlich mehr Entspannung und bessere „Work-Life-Balance“ bedeuten, ohne dass dafür ein Preis gezahlt werden muss. Aber für die Mehrheit bringt die Vier-Tage-Woche keinerlei Verbesserung, und sie ist in erster Linie die Forderung einiger Kapitalisten. Die Vier-Tage-Woche ist insofern – zumindest gegenwärtig – keine Forderung der Arbeiterklasse im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaftsspitzen, die diese Forderungen nun als zentralen Kampf hochhalten, sollten für ihre korporativistische Kompromissbereitschaft kritisiert und daran erinnert werden, dass ihre eigentliche Aufgabe es doch sein soll, die Arbeiter im Kampf zu vertreten und nicht die Politik der SPD umzusetzen. Insbesondere die Preissteigerungen treffen die Arbeiterklasse gegenwärtig immens, das wäre ein Thema, was man am 1. Mai hochhalten könnte – so wie es auch von Aktivisten des Roten Bundes in Bremen und Bremerhaven unter der Parole „Gegen die Teuerungswelle und Militarismus!“ getan wurde.
HH:Tayad-Cafe: Veranstaltung zum Straßenfest:Brigittenstr./ Wohlwillstr./Paulinenplatz
Donnerstag, den 3.August 2023 um 19:00 Uhr
im Internationalen Zentrum B5 (Brigittenstraße 5) im Rahmen des Tayad-Cafe
Ab 18 Uhr gibt es ein leckeres Essen!
Am Samstag, den 26.August findet von 10-24 Uhr das jährliche Straßenfest: Brigittenstr./ Wohlwillstr./Paulinenplatz statt.
Was wird es geben:
Infostände von politischen Gruppen
Internationales Programm auf Bühnen
Auf der Bühne Brigittenstraße treten auch Grup Yorum und Clandestinos auf!
Großer privater Flohmarkt
Hüpfburg und vieles mehr….
Wie könnt ihr Euch beteiligen?
-Ihr könnt selbst einen Flohmarktstand betreiben
Anmeldung dazu am 10.8.,17.8. + 24.8. von 18-20 Uhr in der B5
Und/oder einen einen Infostand eröffnen
Dazu die Anmeldung am 10.8. von 18 -20 Uhr in der B5
Weiterhin werden viele helfende Hände für das Fest gesucht!!!!!!
Anmerkungen:
Das Tayad-Cafe wird monatlich jeden ersten Donnerstag ab 18:00 Uhr mit einem Essen eröffnet.
Tayad ist eine seit über 30 Jahren existierende türkische Gefangenenhilfsorganisation.
Schlagwörter: Grup Yorum, Straßenfest, Tayad-Cafe
Dem 129b-Gefangenen Musa Asoglu droht die Abschiebung in die Niederlande!
Am Donnerstag, den 20.Juli, fand deswegen vor dem Verwaltungsgericht Hamburg die Verhandlung statt.
Trotz der Kurzfristigkeit des Termins waren zirka 10 solidarische Prozessbeobachter:innen gekommen. Musa wurde mit Fuss- und Handfessel vorgeführt. Nur die Fessel an den Händen wurden entfernt. Zusätzlich waren 6 bewaffnete Bullen im Gerichtssaal!
Die Ausländerbehörde will Musa Asoglu direkt aus der Haft heraus, die nach 6 Jahren und 9 Monaten Ende August endet, in die Niederlanden abschieben.
So wird verhindert, dass Musa nach seiner Entlassung in der BRD bleibt, um das Klageverfahren gegen die Feststellung seiner Freizügigkeit als EU-Bürger und Abschiebung letztinstanzlich durch zu führen.
Gegen den Genossen Musa war sowohl von der Türkei, als auch von der USA ein Kopfgeld ausgesetzt.
Musa befrüchtet deshalb, dass er in den Niederlanden entführt oder die Regierung ihn in die USA abschiebt.
Die Entscheidung wurde im Gericht nicht direkt verkündet, es wird aber mit einer negativen Entscheidung bis Mitte August gerechnet.
Nach dem Prozess gab es 2 kurze Kungebungsbeiträge auf türkisch und deutsch:
https://www.facebook.com/umuttvgerceklerinsesi/videos/644871124238149/?extid=NS-UNK-UNK-UNK-IOS_GK0T-GK1C&mibextid=2Rb1fB
Jeder dritte Studierende ist Bournoutgefährdet
Der jährlich erscheinende Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK), welcher sich mit Arbeitsunfähigkeiten und Arzneimittelverordnungen unter den Versicherten befasst, hatte in seinem diesjährigen Gesundheitsreport festgestellt, dass es unter den Studierenden zu einer zunahme von psychischen Erkrankungen gekommen ist.
Bei jenem Gesunheitsreport der TK wurden für den ersten Teil der Untersuchung 1.000 Studenten nach ihrem emotionalen und körperlichen Gesundheitszustand befragt, während im zweiten Teil dann die Arzneimittelverordnungen bei den Studierenden ausgewertet wurden. Das Ergebnis des ersten Teiles ist ein starker Anstieg psychischer und emotionaler Belastung unter den Befragten. So ist der Anteil der Studentinnen und Studenten, die sich ziemlich oder stark emotional erschöpft fühlen, von 2017 auf 2023 um 48 Prozent gestiegen. Die TK spricht in ihrer Auswertung der Studie davon, dass mehr als jeder dritte Studierende die Gefahr eines bevorstehenden Bournouts hat. Während es in Jahren vor der Pandemie so war, dass Studierende im Vergleich zu anderen Berufsgruppen einen überdurchschnittlich guten Gesundheitszustand hatten zeigt sich nun, dass es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verschlechterung der Gesundheit unter den Studierenden kam und, dass diese nun auf dem selben Niveau ist wie bei anderen Erwachsenen und in gewissen Aspekten sogar über diesen, was sich im zweiten Teil der Untersuchung zeigt.
Im zweiten teil wird bei der Betrachtung der Verordnungen festgestellt, dass unter den Studenten auch die Einnahme von Antidepressiva zugenommen hat. So ist der Anteil der Studierenden die Antidepressiva verordnet bekommen haben von 2019 auf 2022 um rund 30 Prozent angestiegen. Entsprechend nahmen also im Jahr 2022 rund 5,0 Prozent aller Studierenden kurzzeitig oder dauerhaft Antidepressiva ein. Damit nehmen Studenten aktuell häufiger Antidepressiva als andere gleichaltrige Erwerbspersonen. Unter den Bundesländern sind jene mit dem höchsten Anteil entsprechender an Studenten verschriebener Rezepte Baaden Würtemberg und Schleswig Holstein.
Bei dem Hintergrund für die gesteigerte Anzahl psychischer Erkrankungen lässt sich natürlich klar schlussfolgern, dass die Corona-Pandemie und die volksfeindliche Politik, welche in dieser Zeit von den Herrschenden mit dem Ausnahmezustand durchgesetzt wurde, eine zentrale Rolle spielt und bis heute noch Nachwirkungen hat. Besonders die Frage von sozialer Isolation und Ausgangssperren ist etwas, was gerade Studenten besonders hart traf, da diese meist sehr beengende Wohnverhältnisse in kleinen Zimmern oder in WGs haben.
Zu den Gründen für die Belastungen gab es auch eine Umfrage unter den Studenten Die typischen Belastungen welche für Studierende immer wieder auftreten spielen dabei natürlich eine relevante Rolle. Die Frage von Stress durch Prüfungen, der Angst vor Schlechten Noten oder zu schwieriger oder umfangreicher Lernstoff sind Probleme die jeder Student kennt. Für einige bedeutet dies einen enormen Druck, welcher von alleine nicht zu bewältigen ist. In den Universitäten stößt man nämlich auf das gleiche Problem wie in den Schulen. Die Verwertungslogik. Diejenigen, die bestimmte meist etwas bessere spezialisierte Jobs machen wollen, sollen sich für den Arbeiitsmarkt beweisen indem sie soviel Inhalt wie möglich selbstständig ausenwendig lernen und alleine klarkommen können. Wenn man aufgrund irgendwelcher Probleme nicht hinterherkommt hat man halt Pech und bekommt keine Unterstützung. Es geht nicht darum, dass Menschen durch die Universitäten dabei Unterstützt werden relevantes medizinisches und technisches Wissen zu erlernen, welches bei der Durchführung wichtiger gesellschaftlicher Tätigkeiten nützlich ist. Vielmehr geht es darum, dass Menschen zeigen sollen, dass sie als Arbeitsmaschinen funktionieren und sich damit als Qualifizierte Kräfte für ihren zukünftigen Ausbeuter beweisen sollen.
Besonders von den Belastungen durch das Studium betroffen sind dabei aber vor allem diejenigen Studenten, welche einen Hintergrund in der Arbeiterklasse haben. So zeigen sich bei der Umfrage zu den Gründen der Belastung neben den bisher aufgezählten Dingen auch Punkte wie die Mehrfachbelastung durch Studium und das gleichzeitige Arbeiten, finanzielle Sorgen oder die Mehrfachbelastung durch Studium und Familie. Alles Punkte, die vor allem für diejenigen mit proletarischem Klassenhintergrund eine Rolle spielen. Die aktuelle Wirtschaftskrise mit ihren Preissteigerungen verschärft das ganze auch noch weiter. Und natürlich, die typischen Belastungen eines Studiums durch den entsprechenden hohem Lerndruck sind zwar für alle belastend, doch für jemanden der keine Unterstützung durch seine Familie hat und sein Studium alleine Schultern muss indem er nebenbei noch arbeitet, ist das Lernen für Prüfungen doch ein ganzes Stück schwieriger als für jemanden aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, der sein Studium durch seine Eltern finanziert bekommt.
Die Erkrankungen an Depressionen und psychischen Erkrankungen steigen an und obwohl die Ursachen dafür sichtbar, sind ändert sich dennoch nichts zum positiven. Das bürgerliche Bildungssystem an den Universitäten macht auf jene Weise viele junge Menschen aus dem Volk krank. Doch Krank sein ist ein Privileg, dass sich nicht jeder leisten kann. Um dennoch irgendwie zu funktionieren und das Studium zu schaffen sehen viele keine andere Möglichkeit außer sich mit irgendwelchen Medikamenten vollzustopfen. Dabei sind die Ursachen doch Sichtbar und könnten geändert werden. Nicht durch die Herrschenden, denn sie werden nichts ändern. Ein einzelner Student alleine hat auch nicht die Möglichkeit etwas an seiner Lage zu ändern, was viele in Resignation und Depression treibt. Doch die Studentenschaft, zusammengeschlossen im gemeinsamen Kampf kann ihre Lage ändern und Verbesserungen ihrer Lebens und Studienbedingungen erkämpfen
Geschrieben von upad
19. Juli 2023
Rentner im Osten zahlen mehr Steuern als West-Rentner
Seit dem 1. Juli bekommen Rentner mehr Geld: Im Westen stieg die Rente um 4,39 Prozent, im Osten um 5,86 Prozent. Außerdem sollte, nach 33 Jahren, der Rentenwert Ost an den im Westen angepasst werden, ein Jahr früher als geplant. Hierzu habe, laut Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD), die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro beigetragen, denn die Renten richten sich nach den Lohnentwicklungen im Land. Bedenkt man jedoch die Inflation ist diese Erhöhung ein Witz.
Die Freude über die vorzeitige Anpassung sollte jedoch durch einen „unglücklichen Zustand“ etwas getrübt werden, denn die Steuerfreibeträge wurden nicht angepasst. Deshalb zahlen Rentner im Osten mehr Steuern, als Rentner im Westen.
Folgende Zahlen liegen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor: Ist ein Rentner im Osten im Jahr 2005 in die Rente gegangen und hat eine Bruttorente von 2000 Euro erhalten (rund 1760 Euro netto) muss dieser aktuell 494 Euro Steuern pro Jahr auf diesen Rentenbezug zahlen. Im Westen sind es dagegen nur 310 Euro. Rentner im Osten, die im Jahr 2010 in den Ruhestand gegangen sind, müssen bei der gleichen Bruttorente 739 Euro Steuern zahlen, während es im Westen nur 577 Euro sind. Bei einem Renteneintritt im Jahr 2015 zahlen die Ostrentner jährlich 940 Euro Steuern, die Westrentner 859 Euro.
Geht ein Rentner in den Ruhestand so bekommt er einen prozentualen Steuerfreibetrag. Dieser ändert sich lebenslang nicht mehr. Hier ist das Renteneintrittsjahr entscheidend. Da Ruheständler im Osten lange geringere Renten als Rentner im Westen bezogen haben, war der festgelegte Steuerfreibetrag deutlich geringer. Dadurch ist der Besteuerungsanteil bei der Rentenangleichung höher, weshalb ältere Rentner im Osten höhere Steuern zahlen müssen als ihre Altersgenossen im Westen.
Diese Angaben beziehen sich auf den sogenannten Standardrenter, eine Person, die 45 Jahre lang Durchschnittslohn verdiente und darauf seine Rentenbeträge entrichtet hat. Im Osten liegt die Standardrente somit bei 19.742 Euro pro Jahr und im Westen bei 19.877 Euro. Jedoch entspricht diese Vergleichsgröße nicht der Realität, da viele Menschen vom durchschnittlichen Einkommen abweichen, beispielsweise auf Grund von weniger Beitragsjahren.
Geschrieben von aidr
23. Juli 2023
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die kommenden Folgen für die Gastronomie
Ab 2024 soll die Umsatzsteuer, welche auf Speisen anfällt auf 19 Prozent steigen. Diese Erhöhung wird die vor allem die kleinen Selbstständigen in der Gastronomie treffen. Der Deutsche Hotel und Gaststättenverband (DEHOGA) in Baden Württemberg befürchtet nach einer Branchenumfrage unter Gastronomen fatale Folgen.
Durch das Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Mehrwertsteuersatz für Speisen in Cafés, Restaurants oder beim Catering ab Juli 2020 befristet von 19 Prozent auf 7 Prozent abgesenkt. Nach mehrmaligen Verlängerungen läuft die Herabsenkung der Mehrwertsteuer nun zum Ende 2023 aus. Das Gesetz sollte Gastronomen finanziell entlasten. Ende 2022 sollte jene Steuersenkung zum ersten mal auslaufen, wurde allerdings aufgrund der sogenannten Energiekrise um ein Jahr weiter verlängert. Im Jahr 2024 soll diese allerdings nicht erneut verlängert werden und so sehen sich die Gastronomen von einer kommenden Steuererhöhung auf 19 Prozent betroffen.
Zwar kann man sagen, dass die Gastronomie ja schon vor 2020 den selben Prozentsatz an Steuern bezahlen musste, dabei muss jedoch auch gesagt sein, dass nun auch andere Zeiten mit anderen Bedingungen und Problemen als Damals sind. Zwischen 2020 und heute liegt der Beginn der Coronapandemie, welche mit dem anschließenden von der Regierung verhängten jahrelangen Ausnahmezustand enorme ökonomische und politische Auswirkungen hatte. Gerade die Gastronomie brach zeitweise regelrecht zusammen. Zu beginn der Pandemie musste die gesamte Gastronomie schließen. Zahlreiche prekär beschäftigte in Cafes und Kneipen wurden entlassen und viele Selbstständige sahen sich durch die fehlenden Einnahmen dazu gezwungen, ihre Lokale zu schließen. Auch als die Gastronomiebetriebe schrittweise wieder öffnen durften, sahen sie sich etwa zwei Jahre lang mit zahlreichen Coronabeschränkungen konfrontiert, was sich entsprechend weiterhin negativ auf ihre Einnahmen auswirkte. Zahlreiche Gastronomische Kleinbetriebe überlebten diese Zeit nicht. In Baden Württemberg mussten um die 5.000 Betriebe während jener Zeit schließen. Auch heute haben die meisten Gastronomen immer noch mit den Folgen der letzten Jahre zu kämpfen. Viele die Corona überstanden haben und damals nicht Pleite gegangen sind, sind nun stark verschuldet.
Hinzu kommen dann auch noch die Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftskrise. Die gestiegenen Preise, ganz besonders für Lebensmittel und Energie, treffen die Kleinbetriebe, welche die Zeiten der Pandemie gerade so überstanden haben mit voller Wucht. Viele Gastronomen müssen aktuell händeringend darum kämpfen, ihr Geschäft irgendwie über Wasser zu halten. Das die Umsatzsteuer nun Ansteigen soll sorgt zurecht für Empörung unter diesen.
Die verbliebenen Gastronomen rechnen bei einem Anstieg der Steuer mit enormen Folgen für die Branche. Gesteigerte Ausgaben werden viele Gastronomiebetriebe dazu zwingen, ihre Kosten an die Verbraucher weiterzugeben. Das bedeutet, dass die Preise in Restaurants und Cafes weiter ansteigen werden. So äußerte der Baden Württembergische DEHOGA Verband, dass sie für kommendes Jahr in der Gastronomie mit einem Preisanstieg von über 15 Prozent rechnen. Auch in den letzten Jahren waren Preissteigerungen im Bereich der Gastronomie durchaus präsent gewesen. Um ein Anschauliches Beispiel aufzuzeigen, während vor Corona ein Schnitzel im Gasthaus knapp 25 Euro gekostet hat, kostet dies nun 30 Euro. Wenn nun noch die gesteigerte Umsatzsteuer dazukommt können wir für jenes Schnitzel mit einem Preis von satten 34 Euro rechnen.
Eine solche Preissteigerung trifft dann auch die Arbeiterklasse. Die Preise für alles mögliche Lebensnotwendige steigen an während die Löhne nicht im gleichen Maße mitsteigen. Viele Arbeiter sehen sich also mit einer Reallohnsenkung konfrontiert und verdienen faktisch weniger als in den Jahren zuvor. Entsprechend haben viele wenig Geld übrig, dass sie für Kultur und Freizeit ausgeben können. Wenn nun die Preise in der Gastronomie weiter Ansteigen, werden sich viele Menschen das Essen im Restaurant nicht mehr leisten können.
Das immer weniger Menschen Geld dafür haben, sich ein teures Essen zu kaufen während die Gastronomen gezwungen sind ihre Preise zu erhöhen bedeutet, dass sich dann natürlich auch immer weniger Leute das teure Essen in den Gastronomiebetrieben kaufen werden, was diese noch weiter unter Druck setzen wird. Der Baden Württembergische DEHOGA Verband rechnet für nächstes Jahr mit der Schließung von mehr als 2.000 Betrieben im Bundesland.
Nach all den finanziellen Schlägen der letzten Jahre hofften viele gastronomische Kleinunternehmer eigentlich, dass der Staat ihnen genügend hilft, damit sie sich von diesen Schlägen ausreichend erholen können. Doch offenkundig hat dieser wohl kein Interesse daran, sie zu unterstützen. Ganz im Gegenteil. Anstatt Unterstützung bekommen jene Kleinunternehmer vom Staat noch mehr Steine in den Weg gelegt. Das dieser die Steuer nun erhöhen will, setzt einerseits die Gastronomen unter Druck, sorgt aber auch bei den in der Gastro beschäftigten für eine erhöhte Sorge vor Entlassungen. Gleichzeitig während nun zahlreiche Menschen um ihre Existenz bangen werden allerdings Milliarden von Geldern für die Aufrüstung der Bundeswehr ausgegeben. Allein in diesem Jahr sind rund 50,1 Milliarden Euro im sogenannten „Einzelplan 14“ und rund 8,4 Milliarden Euro aus dem Anteil des Sondervermögens im Verteidigungshaushalt der Bundesregierung festgelegt worden. Diese Ausgaben werden alleine dieses Jahr getätigt. Mit Steuergeldern, unter anderem mit jenem Geld, dass den Gastronomen nun im kommenden Jahr vermehrt aus der Tasche gezogen werden soll. Offensichtlich soll das Volk mit seinem noch verbliebenen Geld für die Kriege der Herrschenden bezahlen.
Geschrieben von upad
26. Juli 2023
Hessen: Erneut ein Wilder Streik in Gräfenhausen
An der Autobahnraststätte Gräfenhausen wird schon wieder wild gestreikt. Wie wir bereits in drei verschiedenen Artikeln berichtet haben, streikten Mitte März rund 60 LKW-Fahrer auf der südhessesischen Autobahnraststätte Gräfenhausen für die Bezahlung ihrer ausgebliebenen Löhne. Die mehrheitlich aus Georgien und Usbekistan stammenden LKW-Fahrer die bei der polnischen Unternehmensgruppe Mazur angestellt waren, die mehrere Transportnehmen unterhält, wurden damals systematisch um ihre Löhne gebracht. Dabei ging es teilweise um Lohnraub in Höhe von 4000 Euro. Die Mazur-Unternehmensgruppe ist dafür bekannt u.a. auch Aufträge für große Monopolkonzerne wie Siemens oder Ikea zu fahren.
Damals errang der Kampf der LKW-Fahrer vor allem darüber bundesweite Aufmerksamkeit das im Anschluss an den Streikbeginn der polnischen Spediteur eine berüchtigte polnische „Detektivfirma“ anheuerte um den Wilden Streik zu brechen. Die „Detektivfirma“ entpuppte sich in der Praxis dann eher als Söldnerunternehmen, welches samt gepanzerten Fahrzeugen und allerlei Lumpen in schusssicheren Westen und paramilitärischen Uniformen zur Raststätte gefahren ist um die Streikenden einzuschüchtern und die LKWs wieder in die Gewalt der Unternehmensgruppe zu bringen. Diese streikenden LKW-Fahrer ließen sich seinerzeit aber nicht von den Drohungen und der Gewalt der Prügelgarde der Mazur-Gruppe einschüchtern und schlugen diese wortwörtlich in die Flucht, bevor die deutsche Polizei beide Seiten trennen musste. Nachdem Scheitern aller Einschüchterungsversuche seitens der Unternehmensgruppe errangen die Trucker dann einen Sieg auf ganzer Linie. Das Unternehmen Mazur verpflichtete sich schriftlich alle ausstehenden Löhne vollständig zu bezahlen. Zusätzlich wurde schriftlich festgehalten das keine rechtlichen Schritte gegen die Fahrer unternommen werden würden.
Nun streiken erneut über 120 LKW-Fahrer auf der Autobahnraststätte in Gräfenhausen. Hinzu kommt das der Wilde Streik auch auf die nahe Autobahnraststätte Pfungstadt-West ausgeweitet wurde. Bei dem Streik der LKW-Fahrer handelt es sich wieder um den Kampf gegen die Unternehmens- und Speditonsgruppe Mazur und wieder geht es um fehlende Lohnzahlungen, dieses mal sogar im Bereich von mehr als 10.000 Euro. Auch dieses mal kommen die 120 LKW-Fahrer mehrheitlich aus unterdrückten Nationen. So sollen unter ihnen wie beim letzten Wilden Streik viele Menschen aus Usbekistan und Georgien, dieses mal kommen auch viele LKW-Fahrer aus Tadschikistan, Kasachstan, Kirgistan, der Ukraine und sogar den Philippinen dazu. Dies zeigt einmal mehr wie die Profite von großen Monopolisten wie Siemens, Ikea, Volkswagen oder LKW Walter auch in den imperialistischen Ländern selber auf den Rücken von Arbeitern aus den unterdrückten Nationen erwirtschaftet werden. Teil dieses Systems welches Speditionen wie Mazur betreiben ist es LKW-Fahrer aus Nicht-EU Ländern als Scheinselbstständige mit sogenannten Müllverträgen zu beschäftigen und damit eine Möglichkeit zu haben sie besonders scharf auszubeuten. Dieses mal geht es den streikenden LKW-Fahrern aber nicht nur um nicht gezahlte Löhne, sondern auch um die miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen unter denen sie existieren müssen. So werden die LKW-Fahrer dazu gezwungen ihre gesetzlichen vorgeschriebenen Pausenzeiten nicht einzuhalten und müssen in ihren LKWs leben.
Wie beim letzten Mal will der DGB die Streikenden LKW-Fahrer angeblich unterstützen. Diese angebliche Unterstützung die durch die DGB-Initiative „Faire Mobilität“ vertreten wird sucht jetzt in Ansprache mit angrenzenden Kommunen einen Streikplatz für die Streikenden. Unter dem Vorwand der mangelhaften hygienischen Versorgungsmöglichkeiten und Unterkünfte sollen die Streikenden in eine Halle oder Großparkplätzen umziehen. Doch auch in den Interviews die der DGB dem FFH-Radio dazu gibt wird klar was der DGB wirklich will, nämlich den Druck den die Fahrer auch auf deutschen Boden erzeugen möglichst raus nehmen. Rastplätze seien laut Hessens DGB-Chef und Berufsdeutschen Michael Rudof dafür da, damit LKW-Fahrer dort rasten könnten und nicht damit sie dort streiken und das gehe so „natürlich“ nicht.
An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass es sich beim diesem wie beim letzten Streik nicht etwa durch einen vom DGB oder einen seiner Mitgliedsgewerkschaften organisierten Streik handelt, sondern um einen sogenannten Wilden Streik. Ein Wilder Streik ist nach Definition ein Streik der von den Arbeitern unabhängig von den Gewerkschaften geführt wird. In der BRD (und manchen anderen Ländern wie den USA) sind Wilde Streiks illegal, da man laut Gesetz dazu verpflichtet ist einen Streik durch eine Gewerkschaft führen zu lassen und zusätzlich auch nur während Tarifverhandlungen gestreikt werden darf. In der deutschen Rechtsprechung geht es dann sogar soweit das Streiks je nach Auslegung nur als sogenanntes „letztes Mittel“ und „verhältnismäßig“ eingesetzt werden dürfen. Deswegen ist der Wilde Streik in Gräfenhausen etwas besonderes. Denn momentan sind alle großen Gewerkschaften in der BRD, sogenannte gelbe Gewerkschaften. Also Gewerkschaften die nicht auf den organisierten Klassenkampf der Arbeiter für ihre Forderungen setzen, sondern auf Sozialpartnerschaft. Also auf Klassenkollaboration und Vermittlung zwischen Kapitalisten und Arbeitern. Das Ergebnis konnten wir in diesem Jahr in mehreren Streiks für Inflationsausgleiche sehen, die wie der Post-Streik von der Gewerkschaftsführung verraten wurden.
Derweil zeigen die Streikenden LKW-Fahrer welche Kampfbereitschaft in dem Wilden Streik liegt, wie man einem Zitat aus dem FFH-Radio entnehmen kann:„ „Als ich gehört habe, es wird wieder gestreikt in Gräfenhausen, habe ich mir gesagt, da mache ich mit", erzählt Vladimer Pilauris. Der stämmige Mann mit den silbergrauen Bartstoppeln und einer dunklen Jacke ist am Ende seiner Geduld angelangt. "Seit fünf Monaten warte ich auf mein Geld", sagt er. Der Arbeitgeber in Polen sei ihm mittlerweile 8.600 Euro schuldig. Er will nur noch das ausstehende Geld und dann nichts mehr mit dem Unternehmen zu tun haben.“
Geschrieben von laji
27. Juli 2023
Niedersachsen: Polizeigewalt nimmt weiter zu
Polizeigewalt ist für die Arbeiterklasse und die breiten Volksmassen ein ständiges Thema. Es sind die Fälle von Qosay aus Delmenhorst, Bilel in Herford, von Adel B. in Essen oder Oury Jalloh in Dessau, die im Gedächtnis geblieben sind. Aber es sind längst nicht nur diese krassen Fälle, in denen die Bullen die Menschen der Arbeiterklasse ermorden – Polizeigewalt gibt es jeden Tag.
Auch in Niedersachsen zeigen die Zahlen, dass Polizeigewalt ein großes Problem ist, welches immer weiter zunimmt. Den Zahlen des Innenministeriums zufolge sind die gegen Polizisten wegen Gewalttaten eingeleiteten Verfahren in den Jahren 2020 bis 2022 um 471 Fälle gegenüber den Vorjahren gestiegen. Allein im vergangenen Jahr wurden in Niedersachsen 687 Fälle registriert, von denen gerade einmal lächerliche vier zu einer Anklage geführt haben. Das sind knappe 0,7 Prozent. Dazu muss gesagt sein, dass in Niedersachsen keine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte existiert. In den Bundesländern, in denen diese bereits eingeführt wurde, hat sich gezeigt, dass die Zahlen von Fällen von Polizeigewalt, die registriert wurden, nach der Einführung einer solchen ordentlich in die Höhe geschossen sind, da die Bullen leichter zu identifizieren waren. Wie hoch die Dunkelziffer also ist, bleibt offen.
Die niedersächsische Polizei ist in den vergangenen Jahren immer wieder mit besonders harten Fällen aufgefallen. Erinnert sei an den oben schon erwähnten Fall des 19-jährigen Qosay K. aus Delmenhorst, der 2021 von Polizisten auf der Wache ermordet worden ist. Konsequenzen für die Täter gab es nicht. Ein Jahr später (Juni 2022) standen Beamte desselben Reviers, auf dem Qosay K. getötet wurde, wieder in den Schlagzeilen, weil sie einen inhaftierten Mann, zu dritt verprügelten. Der 41-jährige Mann wurde mit der Begründung der Schutzhaft inhaftiert, woraufhin er dann, anscheinend zu seinem eigenen Schutz, von drei Bullen verprügelt wurde.
Auch ein aktuellerer Fall aus Göttingen hat für Schlagzeilen gesorgt. So wurde ein Video in sozialen Netzwerken veröffentlicht, in dem zu sehen ist, wie ein Polizist auf einen am Boden liegenden Mann mehrfach mit der Faust einprügelt und während er ihn bereits im Halsbereich mit dem Knie fixiert hat. Strafrechtler sprechen von einem unverhältnismäßigen Einsatz. Davon, dass der Polizist aus Göttingen für seine Tat bestraft wird, ist bei den zuvor genannten Zahlen der verurteilten Fälle nahezu ausgeschlossen auch wenn er nun Angeklagt wurde.
Geschrieben von biag
28. Juli 2023
Erinnerung - 31.7. Abgabetermin des Essay-Wettbewerbs
Die letzte Woche des Essay-Wettbewerbs bis zum Abgabetermin, Montag, 31.7. um 24 Uhr für die beste Antwort auf diese Frage hat angefangen:
Nach Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar.
Verstoßen die §§ 20, 21, 63 und 64 des Strafgesetzbuches daher gegen das Grundgesetz?
Der Beitrag soll insbesondere die menschenrechtlichen Regelungen der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen berücksichtigen.
In der Anlage die verbindlichen Teilnahmebedingungen.
Website mit der Ausschreibung und den Teilnahmebedingungen bei die-BPE oder hier beim BPE.
Dies ist eine Nachrichten des Werner-Fuß-Zentrums
Vorbergstr. 9a, 10823 Berlin
http://www.psychiatrie-erfahrene.de
Die Explosion nicht in Vergessenheit geraten lassen!
Am 27. Juli 2021 ereignete sich im Leverkusener Chem-"park“ der CURRENTA (ehemals BAYER Industry Services GmbH & Co. OHG) eine gewaltige Explosion. Mehrere Tanks mit chemischem Sondermüll gingen in die Luft.
Zwei Jahre liegt die Explosion nun zurück. Und wie sieht die Bilanz der Katastrophe aus?
Die Verantwortlichen der Explosion sind weiterhin am Ruder. Die Anlage ist wieder im "Normalbetrieb", weiterhin in gefährlicher Nähe zu den Wohngebieten.
Die CBG lässt nicht zu, dass die CURRENTA nach der Explosion zum Business as usual übergeht.
Am 27.7.2023 jährt sich die Katastrophe zum zweiten Mal.
Wir brauchen Deine Unterstützung, um Chemie-Gefahren in Leverkusen zu bannen.
Wirst Du uns mit drei Euro oder mehr helfen?
Bei der Explosion wurde eine giftige Gaswolke freigesetzt, die große Mengen von Schadstoffen wie Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen in die Umgebung trug. Die Explosion tötete sieben Beschäftigte, 31 trugen zum Teil schwere Verletzungen davon.
Die CBG konfrontierte die Verantwortlichen bei BAYER und CURRENTA schon direkt nach der Explosion. Und sie wird das solange weiter machen, bis endlich von den Chemie-Anlagen in Leverkusen keine Gefährdungen mehr ausgehen.
Statt die Verantwortung für die Katastrophe auf die Beschäftigten abzuwälzen, sollten diejenigen die Konsequenzen tragen, die die Sicherheitssysteme konzipiert und bei deren Umsetzung gespart haben. Es sollten diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die mit erheblichem Lobbyeinsatz dafür gesorgt haben, das gefährliche Chemie- Anlagen wie die Müllverbrennungsanlage der CURRENTA quasi direkt in Wohngebiete gebaut werden können.
Und das sind die Konzernspitzen der CURRENTA und des Erbauers der Anlage: BAYER! Die Wiederinbetriebnahme auch der vierten und letzten noch stillgelegten Verbrennungslinie steht vor der Tür. Die CURRENTA darf auch wieder Lösemittel als Brennmaterial für Klärschlämme benutzen, obwohl das gefährlicher ist als Heizöl. Die CURRENTA machte Druck: Heizöl war ihr zu teuer.
Am zweiten Jahrestag der Chemiekatastrophe wollen wir in die Öffentlichkeit tragen, dass die Profitjagd auf Kosten der Sicherheit fröhlich weiter geht. Abermals ist es im Entsorgungszentrum zu einem Brand gekommen. Zudem gab es im Juli im Chem„park“ einen Stoffaustritt. Um diese Zustände anzuprangern, brauchen wir DEINE Hilfe.
Unterstütz uns mit drei...
oder mehr Euro
damit wir dafür sorgen können, dass die gefährlichen BAYER-Chemie-Anlagen in Leverkusen endlich aus den Wohngebieten verschwinden!
Wie wollen wir das tun? Studierende der Universität Wuppertal haben in einem Projekt den Hergang der Katastrophe aufgearbeitet und mit verschiedenen politischen, zivilgesellschaftlichen Akteur*innen (u.a. mit der CBG) zusammen eine Ausstellung erarbeitet, die die Rolle der CURRENTA im Hergang der Katastrophe nachzeichnet.
Diese Ausstellung wollen wir nach Leverkusen bringen. Diese Ausstellung wollen wir nach Leverkusen bringen. Wir zeigen sie am 27.7., dem 2. Jahrestag der Katastrophe, um 15.00 Uhr vor dem Rathaus in Leverkusen im Rahmen einer Kundgebung.
Die Materialien der Ausstellung und unsere eigenen Transparente und Flugblätter zu produzieren, kostet eine Menge Geld!
Kannst Du dafür sorgen, dass die Explosion nicht zum Hintergrundrauschen wird? Willst Du verhindern, dass die Verantwortlichen der Explosion ungeschoren davon kommen?
Spende drei Euro oder einen anderen Betrag.
Oder per Überweisung an
EthikBank
IBAN DE94 8309 4495 0003 1999 91
(Stichwort „Explosion zweiter Jahrestag")
Du willst uns auf der Kundgebung unterstützen? Melde Dich bei uns unter info@cbgnetwork.org.
Wann und wo?
27.7.2023
15.00 Uhr
Rathausplatz Leverkusen
Vielen Dank für DEINEN Einsatz gegen Konzernmacht!
Kämpferische & solidarische Grüße
Marius Stelzmann
Coordination gegen BAYER-Gefahren
www.cbgnetwork.org / info@cbgnetwork.org
Donnerstag, 13. Juli 2023
Infos zum Ablauf der Festnahme und der Hausdurchsuchung am 6. Juli in Leipzig
Wie bereits bekannt wurde, gab es erneut Maßnahmen im Zuge der Ermittlungen im Antifa-Ost Verfahren in Leipzig. Wir wollen noch einmal auf die genauen Abläufe der Maßnahmen eingehen und diese Teilen.
Zur Festnahme:
Der Beschuldigte wude gegen 9:55 Uhr an der Tramhaltestelle des Leipziger Hauptbahnhofs festgenommen. Zuvor hatte er dort erstmals sein Handy aus der Tasche genommen, um dieses anzuschalten. Etwa 30 Sekunden nach Eingabe des Passworts wurde er von mehreren MEK-Cops überwältigt und unter „Polizei“-Rufen am Boden fixiert. Das Handy konnte er währenddessen wieder ausschalten. Auf dem Parkplatz neben der Westhalle wurde ihm von Komissarin Zerbst (zuständig im Polizeilichen Terrorismus Abwehrzentrums (PTAZ) des LKA5 und der Soko LinX) mitegeteilt, dass er festgenommen sei und der Grund für die Maßnahme erst nach einer Fahrt in die Wohnung eröffnet werde.
Anschließend wurde er in einer Wanne zu seiner Wohnung gefahren. Dort warteten bereits weitere vermummte und bewaffnete Beamte der BFE und vom LKA. Unter ihnen Johannes „Rennfahrer“ Junghanß, ebenfalls Soko LinX, der bereits bei früheren Razzien und im Dresdner Antifa Ost-Prozess als Zeuge aufgetreten ist.
Am morgen waren in der Nähe der Wohnung zwei Personen über einen längeren Zeitraum durch ihr Verhalten aufgefallen. Die Beschreibung passt auf die Beamten, die den Beschuldigten später am Bahnhof festnahmen. Es ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte bereits ab verlassen seiner Wohnung unter Observation stand.
Zur Hausdurchsuchung:
Um 11 Uhr begann schließlich die Hausdurchsuchung. Die Cops durchsuchten viele Stunden penibel das Zimmer des Beschuldigten und alle Gemeinschaftsräume inklusive des Kellers. Das Privatzimmer von Mitbewohnenden wurde unüblicherweise lediglich fotografiert und dann auf Druck des Beschuldigten verschlossen. Ein Beschluss zur Durchsuchung des KFZ des Beschuldigten lief ins Leere, da dieses nicht auffindbar war. Laut Beschluss sollte nach technischen Geräten und Datenträgern, Arbeitskleidung, Passwörtern, Hinweise zur Kommunikation und Finanzierung der „kriminellen Vereinigung“, Notizen, Miet- und Pachtverträgen, Schlüsseln und Simkarten gesucht werden.
Nach bereits 6-stündiger Durchsuchung fuhr die Soko Linx einen Datenträgerspürhund auf. Diesen ließen sie 40 Minuten in der Wohnung rumschnüffeln, bis er schließlich an einer Schublade anschlug und ein altes Handy zu Tage beförderte, dass die durchsuchenden Beamten offenbar übersehen hatten. Obwohl sie akribisch in Pflanzen herumwühlten, Mülleimer umkippten und minuziös jeden Gegenstand in Küche und Bad durchsuchten. Mitgenommen haben sie schließlich: Mobiltelefone, Laptops, Arbeitskleidung, Arbeitshandschuhe, eine dreistellige Geldsumme, Ordner mit persönlichen Dokumenten, Briefe, Tagebücher und Fotos. Besonderes Interesse galt zudem Behördenbriefen zu Ordnungswidrigkeiten, wie Parken im Halteverbot. Außerdem fotografierten sie politische Broschüren, Flyer, Sticker, T-Shirt-Aufdrucke und Poster. Die anwesende Zeugin und der Beschuldigte bestanden auf der Versiegelung des Tagebuchs, da dieses ohne gesonderten Beschluss nur von der Staatsanwaltschaft gelesen werden darf. Erst nach anwaltlichem Druck folgte Zersbt schließlich der Strafporzessordnung. Im Gegenzug erweiterte sie die abgeschlossene Asservatenliste um einen dreistelligen Geldbetrag, der zuvor nicht von Interesse gewesen war, in der letzten Minute aber doch noch konfisziert wurde.
Bis zum Ende der Hausdurchsuchung gaben die Bullen auch auf Nachfrage anwesende Anwält*innen keine Auskunft, ob weitere Beschlüsse gegen den Beschuldigten vorliegen. Um 18 Uhr legte Zerbst einen Beschluss zur DNA-Abnahme, sowie eine von Soko LinX selbstgefertigte Anordnung zu ED-Behandlung vor. Beschlüsse sehr kurzfristig mitzuteilen entspricht der Taktik der Cops. Damit wollen sie eine direkte Überprüfung ihres Handelns verhindern. Zum Bespiel durch ein Verwaltungsgericht, dass um 18 Uhr nicht mehr erreichbar ist. Die Soko LinX konnte den Beschuldigten fast ungestört mit in die Dimitroffwache nehmen.
Fast, denn die Temperaturen und die vielen solidarischen Menschen vor der Tür brachte die Bulleneskorte ganz schön ins Schwitzen, weswegen der Abtransport des Genossen einige Minuten dauerte und von nervösem Rumgerenne und Gerufe der Einsatzkräfte begleitet wurde. Sie schafften es jedoch nicht die solidarische Menge davon abzuhalten, dem Beschuldigten zu winken und die Wut über diese Maßnahme in Ausdruck zu bringen.
Zur DNA-Abnahme:
Auf der Dimitroff-Wache wurde der Beschuldigte zunächst ED-behandelt. Da sich der Beschuldigte bewusst war, dass keine Mitwirkungspflicht besteht, fand die ED-Behandlung unter Anwendung von Zwang statt. Er verweigerte weiterhin die DNA-Entnahme, weswegen ein Arzt geholt werden musste um – erneut ohne Mitwirkung des Beschuldigten – eine Blutprobe zu entnehmen. Das Prozedere dauerte ca. 2 Stunden.
Zur Solidarität:
Schon zu Beginn der Durchsuchung um 10 Uhr morgens versammelten sich eine Hand voll solidarischer Nachbar*innen, die dem erneuten Einmarsch der Polizei in Connewitz etwas entgegensetzen wollten. Innerhalb kurzer Zeit kamen um die 50 Menschen zusammen, die dem Betroffenen mit Musik beistanden und die Maßnahme von außen beobachteten. Nachdem der Beschuldigte nach der Maßnahme umringt von sechs Einsatzkräften in ein Polizeiauto verladen wurde – nicht ohne lauten Widerspruch und Solidaritätsrufe der Anwesenden – entschlossen sich einige vor der Dimitroffwache mit Musik auf die Freilassung des Beschuldigten zu warten, welche diesen nach 2 weiteren Stunden Maßnahme zur ED-Behandlung und DNA-Entnahme in Empfang nehmen konnten.
Am Abend zog eine Demonstration mit ca. 80 Teilnehmenden durch Connewitz und zeigte, dass Angriffe durch die Polizei nicht unbeantwortet bleiben!
Wir bedanken uns, dass an diesem Tag wieder einmal viele Menschen ihre Solidarität gegen die Repression gezeigt haben. Schon bei der Festnahme am Hauptbahnhof haben Menschen gefilmt und sich auch nicht durch Drohungen der Cops davon abbringen lassen.
Schaut also weiterhin nicht weg bei Repression, dokumentiert Festnahmen und Kontrollen, seid füreinander da und steht zusammen!
Nieder mit der Klassenjustiz – Freiheit und Glück für alle Antifaschist*innen
https://de.indymedia.org/node/291631
Schlagwörter: Leipzig, Repression
REPRESSION GEGEN LINKE:Verteidigung kontert in 129-b-Prozess
NRW: Anwälte angeklagter Linker aus Türkei fordern Einstellung des Verfahrens
Von Henning von Stoltzenberg, Düsseldorf junge Welt 13.7.23
Der vierte Tag der Hauptverhandlung konnte ohne Trennscheibe zwischen Angeklagten und Verteidigung stattfinden: Seit Beginn des aktuellen DHKP-C-Verfahrens vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) am 14. Juni hatten sie dies gefordert. Der Verzicht auf die Scheibe kann als erster sichtbarer, wenn auch kleiner Erfolg in einem politisch motivierten Verfahren gegen drei Linke aus der Türkei gewertet werden. Ihnen wird vorgeworfen, das sogenannte Deutschland-Komitee der antiimperialistischen Organisation gebildet zu haben. Dafür sind Özgül Emre, Ihsan Kibelik und Serkan Küpeli der Mitgliedschaft in einer »ausländischen terroristischen Vereinigung« nach Paragraph 129 b des Strafgesetzbuches angeklagt.
Eine weitere Neuerung ist der separate Transport der Angeklagten zum Gericht. Bisher waren teils mehrere Angeklagte in einem Gerichtsfahrzeug transportiert worden. Damit sie sich nicht verständigen konnten, wurden ihnen große Kopfhörer aufgesetzt. Dies hatte das sechsköpfige Anwaltsteam als unzumutbar angeprangert und sich nun durchsetzen können.
Die angeklagte Journalistin Emre beantragte am Dienstag die Einstellung des Verfahrens. Das Bundesverfassungsgericht solle die Verfassungsmäßigkeit des Paragraphen 129 b überprüfen. Darüber hinaus sei er auf dieses Verfahren nicht anwendbar. Damit ist gemeint, dass es sich bei der DHKP-C wie auch anderen von der Türkei und der BRD verfolgten linken Organisationen aus Sicht der Angeklagten um Oppositionelle und Befreiungsbewegungen handelt – und nicht um Terrorismus.
Oberstaatsanwalt Setton hingegen wiederholt seit Verfahrensbeginn geradezu gebetsmühlenartig, dass die DHKP-C keine Befreiungsbewegung sein könne, da sie eine kommunistische Ausrichtung habe und damit gegen die »freiheitlich-demokratische Grundordnung« gerichtet sei. Für diese Ausführungen erntete Setton die Kritik, einen großen Teil des historischen antifaschistischen Widerstandes wie die italienischen Partisanen zu diffamieren. Dies sei angesichts der NS-Verstrickungen der Bundesanwaltschaft auch nach Kriegsende absolut unangebracht, so die Verteidigung am Dienstag.
Rechtsanwalt Roland Meister konterte mit einem umfangreichen Antrag, indem er der Anklage vorwarf, die Menschenrechtssituation und eine Charakterisierung des politischen Systems in der Türkei nur am Rande erwähnt zu haben. Gerade aus dieser ergebe sich das Widerstandsrecht, welches die Bundesanwaltschaft verneine. Meister zitierte mehrere Politikwissenschaftler, welche die Türkei an der Schwelle zu einem neuen Faschismus sehen beziehungsweise davon ausgehen, dass diese bereits überschritten sei.
Als Belege führte Küpelis Rechtsbeistand die Massenverhaftungen der vergangenen Jahre, die Tötungen von Zivilisten während der Ausgangssperre in Cizre 2016 sowie mehrere völkerrechtswidrige Angriffe auf die kurdischen Gebiete in Nordostsyrien und den Nordirak an. Damit sah der Jurist den Beweis erbracht, dass der türkische Staat kein Schutzobjekt der BRD sein könne und forderte ebenfalls die Einstellung des Verfahrens sowie die Freilassung seines Mandanten. Zu sämtlichen Anträgen gab es bis jW-Redaktionsschluss am Mittwoch keine Beschlüsse des Senats.
Ein großer Konfliktpunkt bleibt die Weigerung der Bundesanwaltschaft, dem Anwaltsteam umfangreiche Einsicht in die Akten des »V-Mannes« Murat Asik zu gewähren. Aus diesen soll hervorgehen, dass die Anklage unter anderem auf Anschuldigungen eines Spitzels des Verfassungsschutzes beruhe. Setton begründete dies mit der angeblichen Gefährdung des Mannes. Asik hatte vor rund einem Monat in einer online veröffentlichten Videobotschaft gestanden, im Jahr 2017 Informant des Inlandsgeheimdienstes gewesen zu sein, da dieser ihm mit Abschiebung in die Türkei gedroht habe.
Asik bat um Entschuldigung, »die drei Revolutionäre verraten zu haben«. Nach 2017 habe er diese wieder unterstützt und werde daher bis heute vom Verfassungsschutz bedroht, um wieder zu kooperieren. Asik kämpft seit Monaten mit öffentlichen Mahnwachen für sein Aufenthaltsrecht. Sollte ihm etwas zustoßen, dann sei der Geheimdienst verantwortlich.
Schlagwörter: §129b Prozess, İhsan Cibelik und Serkan Küpeli, Ozgül Emre
Freiburg: Repression gegen Journalistin beim CSD
Am 24.06 fand in Freiburg der „Cristopher Street Day (CSD)“ statt. Am Rande davon kam es zu einem Polizeieinsatz, in dessen Verlauf die Polizei mehrere Personen gewaltsam festnahm und die Materialien einer Journalistin beschlagnahmte. Jene Journalistin sieht sich nun mit zwei Anzeigen konfrontiert.
Der CSD lief in diesem Jahr wieder als ein Aufzug durch die Stadt. Als zum Abschluß von diesem eine längere Endkundgebung am Stühlinger Kirchplatz stattfand kam es im Verlauf von dieser zu einer Auseinandersetzung. Dabei kam es zur polizeilichen Repression gegen Teilnehmer des CSD sowie gegen eine Journalistin, welche den Polizeieinsatz dokumentierte. Auf der Website des progressiven Journalistenkollektiv „LZO Media“, welche sich schwerpunktmäßig mit der Begleitung und Dokumentation von Demonstrationen und Protesten beschäftigen, findet sich ein Bericht zu den Ereignissen.
Zu Beginn fing eine vorbeilaufende Person an die Teilnehmenden des CSD beleidigen, worauf hin Teile dieser darauf reagierten und sich der Person entgegenstellten. Die Polizei ging jedoch rasch und gewaltsam gegen jene Teilnehmer vor und führte eine polizeiliche Maßnahme gegen diese durch. Die Person, welche die Teilnehmenden beleidigte, wurde scheinbar von den Cops unbehelligt ohne Personalienkontrolle weiter laufen gelassen.
Einer Person in der Maßnahme wurde Körperverletzung vorgeworfen, einer anderen die Verweigerung der Personalien, sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Eine dritte Person, welche das Vorgehen der Polizei denunzierte und dagegen protestierte wurde ebenfalls festgenommen und mit dem Vorwurf der Gefangenenbefreiung konfrontiert.
Bei jenen Festnahmen ging die Polizei wohl relativ brutal vor. So schreibt LZO Media:“Zwei Personen waren verletzt und bluteten, während sie mit dem Kopf auf den Boden gedrückt wurden. Obwohl schnell ersichtlich war, dass ärztliche Hilfe benötigt wird, kam es erst deutlich später zur Versorgung der Verletzten.“
Der Polizeieinsatz und die gewaltsame Festnahme der drei Personen wurde durch die freie Journalistin Armilla Brandt beobachtet und dokumentiert. In Folge davon geriet diese dadurch allerdings selbst in die Maßnahme der Polizei. Zuerst wurde sie von dieser aufgefordert das Filmen zu unterlassen. Als sie daraufhin ihren Presseausweis vorzeigte, schickte die Polizei sie unter polizeilicher Bewachung einige Meter weiter weg, nur um sie kurze Zeit später auch in die polizeiliche Maßnahme zu nehmen. Sie brachten sie zu den anderen drei festgesetzten Personen und wollten ihre Kamera beschlagnahmen. Eine solche Beschlagnahmung von Gegenständen darf jedoch nicht einfach so von der Polizei durchgeführt werden, sondern benötigt eine Anordnung durch einen Richter oder Staatsanwalt. Eine Staatsanwältin wurde erst hinzugezogen, nachdem die Journalistin gegen die Beschlagnahmung ihrer Utensilien protestierte und die Cops darauf hinwies, dass sie ohne Anordnung keine rechtliche Grundlage für jene Beschlagnahmung haben. Es landete außerdem noch eine weitere Person in der Polizeimaßnahme, welche der eingekesselten Journalistin einen Ersatzakku für ihre Kamera reichte und sich daraufhin mit einer Durchsuchung und der Aufnahme ihrer Personalien konfrontiert sah.
Letztendlich wurde von der eingeschalteten Staatsanwältin der Beschluss gefasst, dass die Kamera und SD Karte der Journalistin zu beschlagnahmen sei. Daraufhin wurde die Journalistin mit auf die Polizeiwache genommen, wo ihr Videomaterial sofort von mehreren Polizisten gesichtet wurde. Diese kamen daraufhin zu der Idee, dass sie die Journalistin nun wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ anzeigen können. Dem Zugrunde liegt die angebliche „Aufnahme des nicht öffentlichen gesprochenen Wortes“ beim Filmen der Polizisten. Das heißt im Klartext, dass Gespräche der Polizisten während der Maßnahme gegen die Journalistin im von ihr gemachten Video zu hören sein sollen.
Neben der Anzeige wegen der„Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ wurde die Journalistin auch wegen „Strafvereitelung“ angezeigt. Der Grund dafür ist lediglich, dass sie Widerspruch gegen die Beschlagnahmung ihrer Materialien einlegte und diesen protokollieren ließ. Laut LZO Media wurde ihr von einem Polizisten gesagt, dass nun jene Anzeige gegen sie gemacht wird, diese aber zurückgezogen werden würde, wenn sie ebenfalls ihren Widerspruch gegen die Beschlagnahmung zurückzieht. Grundsätzlich also ein absolut klarer und illegaler Versuch eine Journalistin mit der Androhung von Repression einzuschüchtern und davon abzuhalten, ein juristisch festgelegtes Grundrecht in Anspruch zu nehmen und Widerspruch gegen eine Polizeimaßnahme einzulegen.
Grundsätzlich ist die ganze Art und Weise, wie die Polizei hier gegen die freie Journalistin Armilla Brandt vorgeht, ein deutlicher und aggressiver Angriff auf die Pressefreiheit und auf fortschrittliche Journalisten. Dazu äußert sich Armilla folgendermaßen: „Ich bin einfach meiner Arbeit nachgegangen und habe den polizeilichen Einsatz dokumentiert. Wenn allein meine journalistische Tätigkeit schon eine strafbare Handlung darstellt, dann können wir die Pressefreiheit endgültig begraben“.
Auf jene Art und Weise geht die Polizei allerdings häufig gegen Personen vor, welche Polizeieinsätze filmen und Polizeigewalt dokumentieren. Ob das Filmen der Polizisten erlaubt ist, ist rechtlich eine gewisse Grauzone, denn es gab bereits verschiedene Urteile zu dieser Frage. Grundsätzlich ist das Filmen der Polizei bei Polizeieinsätzen, laut einem 2015 gefällten Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe erlaubt. Dabei ist die juristische Argumentation, dass jede Person das Recht hat Videoaufnahmen zur Beweissicherung gegen die Polizei anzufertigen. Die Veröffentlichung dieser ist jedoch eine andere, strittige Frage. Das ins Netz stellen von Videos, in welchen einzelne Bullen erkennbar sind ist grundsätzlich nicht erlaubt, es sei denn es handelt sich um eine sogenanntes zeitgeschichtliches Ereignis. Dies könnte beispielsweise gegeben sein, wenn inmitten einer Demonstration ein Polizist besonders hart und unverhältnismäßig gegen diese vorgeht. Doch was genau nun als zeitgeschichtliches Ereignis gilt und was nicht, ist nicht klar definiert und kann vor Gericht auf unterschiedliche Art und Weise ausgelegt werden. Der wichtige Punkt ist aber, dass die Dokumentation eines Polizeieinsatzes grundsätzlich erlaubt ist und die Polizei nicht automatisch davon ausgehen darf, dass das Material auch veröffentlicht wird.
Vor jenem Urteil 2015 wurde von der Polizei der Paragraph 22 und 33 des Kunsturhebergesetzes genutzt, um gegen filmende Personen vorzugehen und diese anzuklagen. Um nun trotz des Urteils weiterhin das Filmen von Polizeieinsätzen zu verhindern wird sich aktuell vermehrt auf den Paragraphen 201 des Strafgesetzbuches, der „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ berufen. Dabei sind nicht die Video- sondern die Tonaufnahmen der entscheidende Faktor. Die Argumentation dahinter ist, dass bei verständlichen Tonaufnahmen das „nichtöffentlich gesprochene Wort“ aufgezeichnet wird und die beteiligten Polizisten damit in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sein sollen. Dabei ist auch eine juristische Streitfrage, was denn nun als öffentlich und nichtöffentlich gesprochenes Wort gilt. Oftmals wird damit argumentiert wo, in welcher Lautstärke und auf welche Art die Polizei zu wem spricht. Es gab unterschiedliche Urteile in verschiedenen Fällen und die Frage, ob eine verständliche Tonaufnahme eines Polizisten in einem Video nun zum öffentlichen oder nichtöffentlichen Wort gehört ist juristisch unterschiedlich auslegbar und wird von Gericht zu Gericht unterschiedlich beurteilt.
Der § 201 StGB ist also das aktuelle juristische Mittel der Polizei um die Dokumentation ihrer Gewaltexzesse zu unterbinden. Dies trifft Personen die Polizeieinsätze mit ihren einfachen Handys filmen, aber auch Journalisten. Besonders freie unabhängige Journalisten wie Armilla, welche auch kritisch über Polizeigewalt berichten, sind eben jener Polizei ein Dorn im Auge und werden dadurch entsprechend von ihrer Berichterstattung abgehalten und angezeigt.
Auf jene Weise wird regelmäßig versucht, die Pressefreiheit einzuschränken. Indem eben gleich schon zu Beginn die Berichterstattung direkt am Ort des Geschehens verhindert wird. Die Polizei will damit verhindern, dass ihre Verbrechen ans Licht kommen. Man stelle sich einfach mal vor, der Mord an George Floyd wäre nicht gefilmt worden und alle Journalisten hätten sich einfach auf die anschließende Pressemitteilung der Polizei verlassen.
Vor allem in Freiburg, wo dieser Vorfall sich ereignete, wird in der letzten Zeit sehr intensiv gegen fortschrittliche und kritische Journalisten vorgegangen. Gerade die Razzien gegen Radio Dreyeckland und die nun doch zugelassene Anklage gegen einen ihrer Journalisten, aufgrund eines geschriebenen Artikels, welcher sich mit dem Verbotsverfahren von Indymedia auseinandersetzt, zeigen sehr deutlich den Willen des Staates die Pressefreiheit einzuschränken und kritischen Journalisten einen Maulkorb zu verpassen.
Geschrieben von upad
05. Juli 2023
Heimatschutzregiment für NRW
Die Militarisierung in der BRD schreitet immer weiter voran. Das sieht man nicht nur am 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr oder am vor kurzem beschlossenen Bundeshaushalt, wo ziemlich am allem gespart wird, außer am Militär, sondern auch in der Umstrukturierung und Neuaufstellung der Bundeswehr und seiner Soldaten. Eine nicht unwesentliche Rolle spielen dabei auch die sogenannten Reservisten. So wurde kurz nach dem Angriffskrieg des russischen Imperialismus auf die Ukraine die Aufstellung von neuen Heimatschutzregimentern beschlossen, welche sich hauptsächlich aus Reservisten zusammensetzen.
Reservistenverbände in der Bundeswehr bestehen zum großen Teil aus ehemaligen Soldaten die ihre Zeit in der Wehrpflicht oder als Berufssoldaten absolviert haben, aber auch aus sogenannten „ungedienten Kräften“, also Männer und Frauen die vorher keine militärische Ausbildung in der Bundeswehr gemacht haben. Gemeinsam haben sie, dass es sich hier hauptsächlich um Menschen handelt die in ihrem Alltag ganz normalen Berufen nachgehen und sich freiwillig bei der Bundeswehr melden. Das heißt dass es sich hier nicht um aktive, kasernierte Berufssoldaten handelt, sondern erst angefordert werden, wenn die Bundeswehr einen Einsatz für sie hat. In der BRD gibt es zur Zeit circa 31.500 aktive Reservisten die in den Reservistenverbänden der Bundeswehr eingegliedert sind.
In Nordrhein-Westfalen ist in diesem Jahr gerade die Aufstellung eines sogenannten Heimatschutzregimentes angelaufen. Dieses Heimatschutzregiment hat seinen Sitz in Münster und hat in NRW drei ihm unterstellte Kompanien in Düsseldorf, Unna und Ahlen. Für dieses Regiment sucht die Bundeswehr nun neue Freiwillige. Bis jetzt sind 500 Reservisten Teil des Regiments, diese Zahl soll laut einem WDR Bericht in den kommenden Jahren aber auf 1000 Freiwillige anwachsen.
Das Heimatschutzregiment soll vor allem Aufgaben in Deutschland selber übernehmen. Was darunter fällt beschreibt der Brigadegeneral Dieter Meyerhoff der den Aufbau des „Heimatschutzregiment 2“ in NRW leitet so : „Als eine Kernaufgabe bezeichnete Meyerhoff am Mittwoch im Fall der Fälle die "Sicherung von verteidigungswichtiger Infrastruktur" - also Häfen, Brücken oder Bahnanlagen. Hinzu komme die "Überwachung von Räumen" und die Unterstützung, wenn NATO-Kräfte durch Deutschland transportiert werden.“ Und auch abseits dieser Aufgaben werden in einem Atemzug damit auch Hilfstätigkeiten im Rahmen von Katastrophen wie Überflutungen und die Corona-Pandemie genannt.
Sollten diese Pläne in Erfüllung gehen, bedeutet das, dass alleine in NRW in den kommenden Jahren 1000 Freiwillige Soldaten unter dem Kommando der Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden können. Das es sich hierbei um Reservisten handelt die ansonsten Handwerksmeister oder Büroangestellte sind ändert nichts daran, dass es sich bei diesen Aufgaben um militärische Einsätze handelt. Wann diese militärischen Einsätze eintreten können, wird schwammig gehalten. Der Brigadegeneral spricht vom „Fall der Fälle“ der dazu führt das Häfen, Brücken und Bahnanlagen „gesichert“ werden. Ebenfalls ist von einer diffusen „Überwachung von Räumen“ die Rede. Zwar gibt es formal juristische Regelungen die den Einsatz der Bundeswehr im Inneren regeln, doch es ist wahrscheinlich eher kein Lapsus des Brigadegeneral die Einsatzmöglichkeiten seiner Reservisten so offen zu halten, sondern gehört zur Strategie wie der deutsche Imperialismus seine Militarisierung vorantreibt. Schon bei der Vorstellung der vor kurzem beschlossenen nationalen Sicherheitsstrategie durch die ehemalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird der Einsatz des deutschen Militärs im eigenen Land weiter forciert. In dieser alle gesellschaftlichen Bereiche umfassenden Sicherheitsstrategie des deutschen Imperialismus machte Lambrecht seinerzeit deutlich das die Bundeswehr künftig auch für die innere Sicherheit eine größere Rolle einnehmen werde. Beispiele aus der Vergangenheit finden sich genug, nicht zuletzt dürften sich manche an den Aufklärungsflug von Bundeswehr-Jagdbombern gegen ein Demonstrationscamp zum G8-Gipfel in Rostock erinnern. Eine „Überwachung von Räumen“ und Sicherung von Häfen, Brücken und Bahnanlagen durch bewaffnete Reservisten könnte im „Fall der Fälle“ auch dann eintreten, wenn wie in Frankreich in den letzten Tagen, größere Teile der Massen auch in Deutschland gegen rassistische Polizeimorde auf die Straßen gehen und dabei Bahnhöfe und Brücken lahmlegen. Das es dabei nicht nur um zukünftige Einsätze gegen Demonstranten und rebellische Teile des Volkes handeln könnte, zeigt auch auf, dass jetzt schon regelmäßig Truppenverlegungen der NATO durch NRW und andere Bundesländer durchgeführt werden, die ebenfalls durch das neue Heimatschutzregiment abgesichert werden sollen.
Diese Militarisierungsstrategie findet sich so auch im sogenannten „Weißbuch der Bundeswehr“, welches 2016 durch das Bundesverteidigungsministerium und die damalige Bundesregierung herausgegeben wurde. Das „Weißbuch“ ist eine Art strategisches Leitdokument, welches die Bundeswehr und ihre zukünftige Rolle beschreiben soll. Darin heißt es u.a. zur Rolle der Reservisten „Reservistinnen und Reservisten leisten nicht nur einen wertvollen Beitrag im gesamten Missionsspektrum der Bundeswehr im In- und Ausland. Ihr nachhaltiges Engagement ist auch Symbol für die feste Verankerung der Truppe in der Gesellschaft."
Die Reservisten sollen also nicht nur dazu eingesetzt werden alle möglichen Aufgaben „ im gesamten Missionsspektrum der Bundeswehr“ zu übernehmen, sondern auch eine weitere Normalisierung von bewaffneten Einsätzen in der Gesellschaft voranbringen können. Das kann u.a. dadurch geschehen das Nachbarn und Arbeitskollegen die formal keine aktiven Berufssoldaten sind, uniformiert und mit Kriegswaffen ausgestattet, unter der Woche Panzertransporte der NATO auf den Straßen NRWs absichern.
Wie ernst die Vorbereitungen für den militärischen Einsatz sind lässt sich auch aus der Begründung des Brigadegenerals Meyerhoff entnehmen, warum es jetzt notwendig geworden ist die drei bis jetzt existenten Heimatzschutzkompanien zu einem Regiment zusammenzufassen; „jede Kompanie für sich sei eigentlich nicht einsetzbar. "Sie haben letztendlich keine eigene Versorgung, keine Feldküche, keine Transportmöglichkeiten. Es bedarf also dauerhafter Unterstützung." Das passiere durch die Anbindung an das Regiment. "Wir haben also ein Mehr an Fähigkeiten hier in Nordrhein-Westfalen." Mit der Entstehung des Regiments werden also die logistischen Grundlagen dafür gelegt, dass diese Reservisten in Zukunft stetig versorgt und dauerhaft mobil im Einsatz geführt werden können. Diese Entwicklung findet gerade auch in anderen Bundesländern statt, neben den in Bayern und NRW etablierten Heimatschutzregimentern sollen bis zum Jahr 2027 noch vier weitere Regionale Regimenter in Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen entstehen, sowie ein zentraler Ausbildungsstützpunktes Heimatschutz folgen.
Geschrieben von laji
06. Juli 2023
Hamburg: KI gestützte Kameras werden nahe dem Hauptbahnhof installiert
Schon jetzt ist die Kameraüberwachung in Hamburg sehr umfassend. Große Teile der Innenstadt und des Gebiets um den Hauptbahnhof werden mit Kameras umfassend durchleuchtet, jede U-Bahn-Station ist überwacht und auch an sogenannten gefährlichen Orten stehen Kameras ohne Ende. Ab Mitte Juli plant die Stadt aber ein neues Projekt in Sachen Kameraüberwachung. In der Nähe des Hauptbahnhofs, am Hansaplatz in St. Georg, sollen zukünftig Überwachungskameras gestützt auf künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen.
Die KI-Kameras sollen dazu in der Lage sein, „verdächtige Verhaltensmuster“ erfassen und erkennen zu können. Anhand von Gestik und Bewegungsmustern sollen vermeintliche Straftäter erkannt und dingfest gemacht werden können. Dass diese Technologie aber noch nicht besonders ausgereift und durchaus anfällig für Fehler ist, zeigen Aufzeichnungen aus Mannheim, wo das System schon seit einiger Zeit zum Einsatz kommt. Demnach liegt die Fehlerquote der auf KI gestützten Software bei über 10 Prozent. Bedeutet das mindestens jeder zehnte grundlos ins Fadenkreuz der Polizei gerät. Das öffnet natürlich auch Tür und Tor für Polizeigewalt und Willkür dar, die von den KI-Kameras erkannten Leute für die Polizei als identifizierte Straftäter oder Gewalttäter gelten und nicht mehr nur als Verdächtige.
Auch die Anwohner des Stadtteils St. Georg sehen die neuen Überwachungsmaßnahmen kritisch. So fordert zum Beispiele der Einwohnerverein St. Georg mehr Geld in soziale Anlaufstellen zu investieren, statt in die Überwachung des Viertels.
Die neuen Kameras, die nächste Woche am Hansaplatz installiert werden sollen, sind Teil der zunehmenden Militarisierung des Gebiets um den Hamburger Hauptbahnhof, die vom Senat in der letzten Zeit vorangetrieben wurde. Mehr Polizei und mehr Überwachung bedeuten für die Menschen unserer Klasse mehr Repression und Schikane, während gegen Probleme wie Prostitution und Drogenhandel tatsächlich nur wenig unternommen wird. Stattdessen werden Menschen mit dunkler Haut und schwarzen Haaren zu Unrecht kontrolliert. Hinzu kommt auch die Doppelmoral der herrschenden Klasse in der BRD, die sofort aufschreit, wenn sogenannte „Autoritäre Staaten“ wie China ähnliche Softwares verwenden, während hierzulande genau dasselbe forciert wird und immer flächendeckender zum Einsatz kommt.
Berlin: Großes Drama um Straßennamen
Während sich die Arbeiterklasse mit steigenden Lebenshaltungskosten und der Militarisierung im Inneren konfrontiert sieht, gibt es in Berlin noch einige, die Zeit für wichtige Hobbybeschäftigungen besitzen, wie zum Beispiel die Diskussion, ob man Straßennamen umbenennen soll. Nach der Abweisung einer Klage des Historikers Götz Aly, der den Namen als „Wertschätzung“ verteidigen wollte, und sechs weiteren Anwohnern gegen die mangelnde Anwohnerbeteiligung bei der Umbenennung und die Widerspruchsgebühr von 148,27 Euro, darf es nun schließlich die Mohrenstraße im Zentrum Berlins treffen, die die alte chauvinistische Bezeichnung für dunkelhäutige Menschen im Namen trägt.
Der neue Name der Mohrenstraße soll „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“ lauten. Jener Anton Wilhelm Amo taucht kurioserweise in Auflistungen von „Bekannte als Mohren bezeichnete Menschen“ ganz oben auf. Amo wuchs, wie viele der seinerzeit als Mohren bezeichneter Menschen, im 18. Jahrhundert auf dem Hof eines Adels in Europa auf und machte unter dem Schutz von Kurfürsten und Herzögen Karriere als Philosoph. Denn der Begriff Mohren wurde damals noch insbesondere für feudale Diener, z.T. für „edle Personen“ verwendet. Wie dem auch sei – Amo ist nicht als großer „antirassistischer“ Vorkämpfer zu betrachten, sondern als ein gut in die feudale deutsche Gesellschaft integrierter Intellektueller, der später nach Westafrika zurückkehrte und als Wahrsager aus dem Elend des Volkes Nutzen zog. Da der Bourgeoisie solche Figuren wesentlich lieber sind als Menschen, die gegen Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen, hat das Bezirksamt Mitte den Namen Amos gewählt.
Auffällig war lediglich, welch große Wellen dieses eigentlich belanglose Thema mal wieder in den Medien schlug. Während zum Beispiel Arbeitsminister Hubertus Heil unter anderem Reisen nach Ghana, auf dessen heutigem Territorium Amo ca. 1703 geboren wurde, unternimmt, um „Fachkräfte zu gewinnen“, und so etwas mal am Rande erwähnt wird, geraten Diskussionen um „Political Correctness“ auf die Titelseiten der bürgerlichen Medien. Die wichtigen Themen werden oft unter den Tisch gekehrt und durch unwichtige Geschichten ersetzt, was dann den Anschein erwecken soll, dass alles noch relativ normal ist – die Krise, in der der Imperialismus sich befindet, wird verschleiert. Die Opportunisten, die sich mit ihren postmodernen Thesen von Dekolonisierung etc. lautstark für solche Reförmchen einsetzen, tragen ihren Teil dazu bei.
Kämpfe gegen die Polizei beim „Eritrea-Festival“ in Gießen
Am Wochenende fand in den Gießener Hessenhallen das „Eritrea-Festival“ statt, wobei es zu Ausschreitungen und Kämpfen von Gegendemonstranten gegen die Polizei kam. Am Samstag wurden nach Presseangaben 28 der über 1000 eingesetzten Polizisten verletzt, jeweils ca. 100 Personen seien in Gewahrsam genommen sowie Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, die Polizei sprach von „massiven Angriffen“ seitens der Protestierenden und setzte Pfefferspray und Knüppel ein. Im Stadtgebiet wurde der Busverkehr ausgesetzt.
Die Proteste fanden statt, weil das Fest der reaktionären Regierung Eritreas als Propagandabühne sowie Finanzierungsquelle dient. Während knapp 2000 Menschen Samstag am Fest teilnahmen, waren für Freitag und Samstag Gegendemonstrationen mit etwa 300 erwarteten Teilnehmern angemeldet. Am Freitag war die Demo durch die Polizei noch gestoppt und aufgelöst worden, am Samstag setzten sich die Protestierenden entschlossen zur Wehr. Bereits letztes Jahr hatte es Angriffe auf das Fest mit Steinen, Schlagstöcken und Messern gegeben, weshalb das Polizeiaufgebot vergrößert und die Veranstaltung zuerst von der Stadt untersagt worden war, bis das Gericht kürzlich diese Entscheidung kippte.
Das faschistische Regime Eritreas mit Isayas Afewerki (offiziell seit 30 Jahren Interimspräsident) hat seine Wurzeln im Revisionismus in der nationalen Befreiungsbewegung, der nach der Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien 1993 die Staatsmacht erlangte und heute, hauptsächlich als Lakai des chinesischen Imperialismus, das Land unter den grausamsten Bedingungen ausverkauft; für erwachsene Männer herrscht in der Regel unbefristeter Zwangsdienst im Militär bzw. als Arbeiter an unfreiwilliger Stelle.
Dass das Gericht einmal mehr die einzige Instanz war, die die bürgerlichen Freiheiten entgegen einer rechtlich fundamentlosen Verordnung verteidigte, woran die Tatsache, dass es eine reaktionäre Veranstaltung ist, nichts ändert, zeigt die Zentralisierung der Macht in die Hände der Exekutive und in dieser Frage besonders die Beschränkung des Parlaments. Dass es der Bourgeoisie wichtig war, das Fest zu verhindern, um weiteren Konflikten aus dem Weg zu gehen, äußert sich in einer Stellungsnahme von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU), der sagt: „Der eritreischen Regierung muss deutlich gemacht werden, dass eritreische Konflikte nicht auf deutschem Boden ausgetragen werden dürfen. Unsere Polizistinnen und Polizisten sind nicht der Prellbock für Konflikte von Drittstaaten.“
Der deutsche Imperialismus muss die Situation handhaben, denn obgleich sich hier die Gelegenheit bietet, die Polizei im Rahmen der Militarisierung in der Anwendung reaktionärer Gewalt gegen die Kämpfe der tiefsten und breitesten Massen zu schulen, muss er vermeiden, das Bild zu erwecken, er unterstütze den „autokratischen Staat“, der neben der Feindschaft mit Äthiopien, bei dem Deutschland der größte Kaffeeimporteur ist, unter anderem auch „schwierige Beziehungen“ zu den USA hat. Dennoch zeigen die Steine, Flaschen und Rauchbomben, die ihnen entgegenflogen, dass die ausgebeuteten und unterdrückten Massen voll Klassenhass sowohl auf die Lakaienherrscher in Eritrea als auch auf die Bourgeoisie in den imperialistischen Ländern sind. Dass diese Tatsache nun von der bürgerlichen Presse für abermals massive Verbreitung von imperialistischem Chauvinismus, um die Arbeiter zu spalten, ausgeschlachtet wird, sollte selbstredend sein.
Geschrieben von awwa
10. Juli 2023
Sie bringen die Menschen um
Alle dreizehn Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger.
148 Millionen Kinder unter fünf Jahren litten 2022 unter verzögertem Wachstum aufgrund von Mängelernährung. 45 Millionen waren schwer mangelernährt, Bis zu 783 Millionen Menschen insgesamt hungern – dabei gibt es genug Nahrung. Es ist auch keine Frage der Verteilung der vorhandenen Nahrunsmittel. Entsprechenderweise richtig sagte der Schweizer Soziologe und ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, anfand 2009 „Ein Kind, das jetzt am Hunger stirbt, wird ermordet.“ So hat einer aus dem Inneren dieses bestialischen Systems den kompletten moralischen Bankrott des Imperialismus beschrieben und ihr zynischen Geschwätzt von "Freiheit" und "Menschenrechten" Lügen gestraft.
Brennpunkte des Hungers liegen in Afrika südlich der Sahara und in Südasien. Gemäß dem Welthunger-Index 2022 ist die Hungerlage in fünf Ländern sehr ernst: Zentralafrikanische Republik, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Madagaskar und Jemen. In einigen Ländern liegen nicht ausreichend Daten vor, um einen individuellen WHI-Wert zu berechnen. Doch auf Basis anderer Daten wurde die Situation in vier Ländern vorläufig als sehr ernst eingestuft, und zwar in Burundi, Somalia, Südsudan und Syrien.
Fast jeder zehnte Mensch auf der Welt ist heute von Hunger oder Unterernährung betroffen. Das geht aus dem neusten UN-Welternährungsbericht hervor. In Afrika hat demnach sogar jeder fünfte Mensch nicht genug zu essen. 2019 lag die Zahl noch bei 613 Millionen Menschen. 2,4 Milliarden Menschen - das sind fast 30 Prozent der Weltbevölkerung - hatten vergangenes Jahr keinen dauerhaften Zugang zu Nahrung. Darüber hinaus konnten sich 3,1 Milliarden Menschen (42 Prozent der Weltbevölkerung) im Jahr 2021 keine gesunde Ernährung leisten konnten.
Der Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), dem UN-Kinderhilfswerk Unicef, dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt drastisch: Das ausgegebene Ziel, das im Jahr 2030 der WElthunger hätte besiegt sein sollen, ist nicht zu erreichen. Ein Eingeständnis der Schwere der Krise des Imperialismus.
Mittwoch, 5. Juli 2023
NIEDRIGLOHNSEKTOR GEFÄNGNIS IST NOCH LÄNGST NICHT BEENDET
So positiv es daher zu bewerten ist, dass nach der BVG-Entscheidung die Regelungen für die Gefangenenentlohnung wohl nicht nur in Bayern und Nordrhein-Westfalen neu geregelt werden muss, so unwahrscheinlich ist es, dass der Niedriglohnsektor Gefängnis damit der Vergangenheit angehört. . Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es starke Gefangenengewerkschaften, die mit Unterstützer*innen außerhalb der Knastmauern kooperieren.
Eine gute Nachricht für die über 40000 lohnarbeitenden Gefangenen, könnte man denken. Und es ist auch ein Erfolg der Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisierung (GG/BO), die das Urteil aus Karlsruhe mit dem nüchternen Satz kommentiere „Gefangenengewerkschaft erwartet Anstieg der Löhne in Haft“. Die GG/BO hatte sich 2013 in Berlin gegründet und dann schnell im ganzen Bundesgebiet ausgeweitet, weil sie drei zentrale Forderungen hatte. Neben dem Kampf für Gewerkschaftsfreiheit im Gefängnis gehörte dazu…
… Mindestlöhne auch in den Gefängnissen und alle lohnarbeitenden Gefangenen sollten auch renten- und krankenversichert sein. Dass sich die GG/BO so schnell ausbreitete, lag auch daran, dass die über 40000 Gefangenen in Deutschland diese beiden sozialpolitischen Forderungen mit großer Mehrheit unterstützen. Sie wollten es einfach nicht mehr hinnehmen, für ein Entgelt schuften zu müssen, dass sich zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro in der Stunde erstreckt. Zudem ihnen klar war, dass sie nach oft langjähriger Gefängnisarbeit in die Altersarmut entlassen werden. Die GG/BO räumte mit dem Vorurteil der tütenklebenden Gefangenen auf, die angeblich im Gefängnis keinen Mehrwert schafften. In der Realität gibt es viele Firmen, die vom Niedriglohnsektor Gefängnis profitieren.
DIE PROFITEURE DES NIEDRIGLOHNSEKTOR GEFÄNGNIS
„Deutsche Gefängnisse lassen ihre Insassen für private Firmen arbeiten – zu einem Bruchteil des Mindestlohns. Die Justiz will geheim halten, wer davon profitiert“, heißt es in einer Recherche von Correctiv. Das es in den letzten Jahren viele kritische Berichte über den Niedriglohnsektor Gefängnis auch in bürgerlichen Medien gab, ist ein Erfolg der GG/BO. Sie hat mit ihrer Gründung deutlich gemacht, dass das Gefängnis auch eine Zone des Arbeits- und Klassenkampfs wird. Dass wollten die repressiven Staatsapparate zunächst verhindern.
Gleich nachdem sich die GG/BO gegründet hatte, gab es bei den beiden Initiatoren in der JVA-Tegel Zellenrazzien. Auch die Listen mit den ersten GG/BO-Mitgliedern wurden zunächst beschlagnahmt. Das große und durchaus auch positive Medienecho auf die GG/BO-Gründung führte dazu, dass die Staatsapparate sich mit der Repression zurückhielten. Gerade in den ersten Monaten war auch die Aktivität der Solidaritätsgruppen mit der GG/BO sehr wichtig. Sie bestand aus Unterstützerinnen außerhalb der Gefängnisse, die dafür sorgten, dass die Kernforderungen der Gefängnisgewerkschaft schnell in der Öffentlichkeit bekannt wurden. Dazu gehörten auch die vielfältigen Kontakte zu unterschiedlichen Gewerkschaften.Eine wichtige Unterstützerin der Gefangenengewerkschaft war von Anfang an die Fotografin Lara Melin, die früh verstorben ist. Dazu gehörte von Anfang auch die FAU. Auch einige Untergruppen der DGB-Gewerkschaft Verdi erklärten sich mit der GG/BO solidarisch. Das stieß aber auf den Widerstand der bei Verdi organisierten Gefängnisbeschäftigten, die es ablehnten, gemeinsam mit Gefängnisinsassinnen in der gleichen Gewerkschaft organisiert zu sein.
Sie wurde wie ein Briefmarkenverein behandelt. Die Gefangenen konnten sich dort betätigen, aber als Gewerkschaft wurde sie nicht anerkannt. Denn der Gesetzgeber steht immer noch auf dem Standpunkt, es gäbe im Gefängnis keine Lohnverhältnisse. Daher gehörte zu den zentralen Forderungen der GG/BO auch die Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern.
PROBLEME DER GEWERKSCHAFTSARBEIT HINTER GITTERN
Aber die GG/BO-Arbeit stieß auch schnell an Grenzen. Hinter Gefängnismauern ist eine längerfristige politische Organisierung nur in den seltensten Fällen möglich. Aktive GG/BO-Mitglieder wurden aus den Gefängnissen entlassen und hatten keine Nachfolger. Das ist auch ein Grund dafür, dass es bisher zu den von der GG/BO favorisierten Streik hinter Gittern der lohnarbeitenden Gefangenen bisher nicht gekommen ist. Das wäre eine angemessene Form des Kampfes gegen die Überausbeutung in den Gefängnissen. Das führte dazu, dass dann einzelne Gefangene den juristischen Weg gingen und so das jetzige Urteil erreichten. Es ist schon ein Erfolg, wenn die wichtige Rolle, die die GG/BO dabei spielte, das Thema Niedriglohnsektor Gefängnis öffentlich bekannt zu machen, bei dem Urteil des Bundesgerichtshofs doch in vielen Medien erwähnt wird.
NACH DEM URTEIL IST GG/BO WICHTIGER DENN JE
Gerade nach dem Urteil wäre eine starke und handlungsfähige GG/BO wichtiger denn je. Denn es ist damit noch längst nicht ausgemacht, dass jetzt der Niedriglohnsektor Knast der Vergangenheit angehört. Das BVG stellte sich keineswegs auf die Seite der Gewerkschaften. Das zeigte sich schon daran, dass das Gericht nicht etwa anordnete, dass der aktuelle Zustand des Lohnentzugs sofort aufgehoben wird. Vielmehr wird den beiden beklagten Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg bis 30.Juni 2025 Zeit gegeben, die gesetzlichen Grundlagen zu ändern. So lange bleibt die bisherige Regelung in Kraft.
Daher können auch alle Träume vergessen werden, dass die Häftlinge jetzt große Lohnnachzahlungen zu erwarten haben. In der Urteilsbegründung ist dann auch statt von Ausbeutung und Überausbeutung davon die Rede, dass die Gefangenen das Gefühl haben sollen, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird, das sei gerade für ihre Resozialisierung, d.h. Wiedereingliederung in die kapitalistische Gesellschaft nötig. Wenn von Gefühlen statt von Ausbeutung die Rede ist, geht es immer gegen die Interessen der Lohnabhängigen, ob hinter Gittern oder in der kapitalistischen Freiheit.
ENTLASTEN HÖHERE LÖHNE IM KNAST DIE STAATSKASSEN?
Die zweite Begründung, die das Gericht für die Verfassungswidrigkeit der bisherigen Regelungen anführt, wurden in den letzten Jahren auch in wirtschaftsliberalen Kreisen laut. Sie sehen in einer höheren Bezahlung der Gefangenen eine Entlastung der Staatskasse. Was sich im ersten Augenblick paradox anhört, hat aber eine realen Hintergrund, den die Richterin bei der Urteilsbegründung auch erwähnte. Viele Gefangene können wegen des Niedriglohnsektors weder mögliche Geldstrafen oder möglichen Schadenersatz bezahlen, noch für Gerichtskosten aufkommen, die oft vierstellige Höhen haben. Auch Unterhaltszahlungen sind mit den bisherigen Sätzen nicht möglich. Wenn nun Vergütungen angehoben werden, dann werden sofort zahlreiche Forderungen auf die Gefangenen zukommen. Womöglich wird dann ein noch größerer Teil ihres Lohnes für die Zellennutzung und für Strom, etc. einbehalten. So positiv es daher zu bewerten ist, dass nach der BVG-Entscheidung die Regelungen für die Gefangenenentlohnung wohl nicht nur in Bayern und Nordrhein-Westfalen neu geregelt werden muss, so unwahrscheinlich ist es, dass der Niedriglohnsektor Gefängnis damit der Vergangenheit angehört. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es starke Gefangenengewerkschaften, die mit Unterstützer*innen außerhalb der Knastmauern kooperieren. Das wäre auch eine wichtige Aufgabe für die FAU. Peter Nowak
Anquatschversuch in Zusammenhang mit Antifa-Ost Verfahren
Wir dokumentieren hier einen Bericht über einen Anquatschversuch durch den Verfassungschutz im Zusammenhang mit dem Antifa-Ost Verfahren:
Genossin vor der Haustür vom Verfassungsschutz angequatscht. Mindestens der dritte Anquatschversuch im Zusammenhang des Antifa Ost Verfahren in 12 Monaten.
Nach dem Antifa-Ost-Urteil geht die Repression weiter. Exakt eine Woche nach der Urteilsverkündung in Dresden wurde eine Genossin in Berlin von einer Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes angequatscht. Die Taktik der „Staatsschützer“ ist nicht neu – im Zuge der Ereignisse der vorigen Woche aber dennoch interessant: Eine Frau passte die Genossin auf dem Heimweg vor ihrer Haustür ab. Sie habe versucht, bei ihr zu klingeln und freue sich, sie jetzt doch noch angetroffen zu haben.
Die engen Vorstellungen von geschlechtlicher Rollenzuschreibungen werden in der Form des Anquatschversuchs offensichtlich: Die freundlich und fast mütterlich wirkende Frau stellt sich direkt als Frau Bartow vom Verfassungsschutz vor – sie sei aufgrund eines Outings der Genossin bei einer rechten Plattform auf sie aufmerksam geworden. Sie fragte, ob der Genossin die Veröffentlichung über sie bekannt sei und bat ihr einen Ausdruck des Blogposts an. Nachdem die Genossin das Angebot ablehnte, wurde sie von der sich fürsorglich gebenden VS-Mitarbeiterin gefragt, ob sie sich denn keine Sorgen bezüglich der Veröffentlichung machte. Frau Bartow betonte, dass die Genossin der Behörde noch nie zuvor aufgefallen sei und sie ihr gerne eine Beratung anbieten würden. Nachdem die Genossin mit „danke, ich bin gut beraten“ antwortete, stellte die VS-Mitarbeiterin heraus, wie wohl gesonnen die Behörde der Person wäre. Das sei natürlich ganz unverbindlich und die Behörde wäre „auf ihrer Seite“.
Die Genossin reagierte ablehnend. Sie beendete das Gespräch, indem sie sich von der Mitarbeiterin abwandt, worauf Frau Bartow mit „Okay, ich merke, Sie möchten nicht mit uns reden, das respektieren wir natürlich“ reagierte.
„Frau Bartow“ ist eine schlanke Frau in ihren 50ern, hatte zu dem Zeitpunkt Schulterlanges braunes Haar, trug eine blaue Jeans und eine weiß blaue Sommerbluse. Sie hatte keinen erkennbare Dialekt.
Solche Anquatschversuche sind keine Seltenheit, können aufgrund der zeitlichen Abfolge der Ereignisse (31. Mai Urteilsverkündung Antifa-Ost, 3. Juni Tag X Leipzig, 7. Juni Anquatschversuch) aber definitiv als repressives Vorgehen des Staats verstanden werden. Die Verfolgung und Kriminalisierung von Antifaschismus endet nicht mit dem Urteil für Lina und die anderen Genossen, auch nicht mit der brutalen Gewalt am Tag X in Leipzig – linke Strukturen sind offensichtlich aktuell so stark von repressivem Staatsvorgehen betroffen, wie seit Jahren nicht mehr.
Aufgrund der Vorkommnisse ist stark davon auszugehen, dass dies nicht der einzige und auch nicht der letzte Versuch seitens des Staats war, linke Personen zum Verrat zu animieren. In den letzten 12 Monaten ist das schon der dritte VS-Anquatschversuch in den letzten 12 Monaten in Berlin, der in einem Zusammengang zu den Ermittlungen um die vermeintliche kriminelle Vereinigung Antifa-Ost steht.
Wenn Ihr selbst von einem Anquatschversuch erwischt werdet, versucht ruhig zu bleiben und lehnt jedes Gespräch ab. Macht es öffentlich, meldet es der örtlichen Roten Hilfe und dem Ermittlungsausschuss und besprecht Eure Erlebnisse und möglichen Unsicherheiten in Euren Zusammenhängen.
https://www.berlin.rote-hilfe.de
Schlagwörter: Anna und Artur, Anquatschversuch, Lina Antifaprozess
Deutsches Gericht lehnt Revisionsantrag im TKP/ML-Urteil in München ab
Im Juli 2020 wurden zehn Revolutionäre in Deutschland zu Haftstrafen von drei bis sechseinhalb Jahren verurteilt, weil sie angeblich einer „ausländischen terroristischen Vereinigung", der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch, angehören. Die Revolutionäre wurden auf der Grundlage des Artikels 129b des Strafgesetzbuchs verurteilt. Es gab keine konkreten Beweise dafür, dass die Aktivisten eine bestimmte Straftat begangen hatten, sondern nur den Verdacht, Mitglied der TKP/ML zu sein, obwohl diese in Deutschland nicht verboten ist und auf keiner internationalen Liste terroristischer Organisationen steht. Das einzige Land, in dem sie verboten ist, ist die Türkei, wo die Partei einen anhaltenden Volkskrieg gegen den alten Staat führt. Vor kurzem hat die Verteidigung der Verurteilten Berufung eingelegt, um das Urteil revidieren zu lassen. Abgesehen von der Tatsache, dass die Angeklagten wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer in Deutschland nicht verbotenen Organisation verurteilt wurden, machte die Verteidigung Fehler im Strafverfahren geltend, z. B. die Verwendung unzulässiger Beweismittel gegen die Angeklagten. Das Gericht lehnte die Berufung jedoch ab. Die Revolutionäre wurden freigelassen, um die Entscheidung abzuwarten, müssen nun aber zurück ins Gefängnis und den Rest der Strafe absitzen, da die Verurteilungen in Kraft bleiben und nur durch eine Verfassungsbeschwerde oder eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte revidiert werden können.
Die Revolutionäre wurden 2015 bei einer Reihe von Razzien verhaftet. Das Verfahren begann 2016 und war einer der längsten politischen Prozesse in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Sie waren lange Zeit ohne Verurteilung inhaftiert, im längsten Fall fünf Jahre. Es war das erste Mal, dass in Deutschland jemand nach Artikel 129b wegen der Zugehörigkeit zu einer ausländischen terroristischen Vereinigung und der Zugehörigkeit zur TKP/ML verurteilt wurde, und es war die klare Absicht des Gerichts, daraus ein Beispiel für die Verfolgung von Revolutionären zu machen. Gegen die Verurteilung gab es in Deutschland und international im Jahr 2020 breite Proteste, wobei Revolutionäre den antikommunistischen Angriff des deutschen Staates anprangerten.
Geschrieben von refa
13. Juni 2023
Drohnen gegen Fußballfans in Magdeburg
Letzte Woche wurde durch eine von der Fanhilfe Magdeburg initiierte, über die Linksfraktion im sachsen-anhaltinischen Landtag vorgetragene Anfrage bekannt, dass die Polizei bei den Heimspielen des 1. FC Magdeburg gegen den Hamburger SV und Hansa Rostock im April Drohnen zur Überwachung der Fans eingesetzt hat.
Die Fanhilfe hat Beschwerde gegen den Einsatz eingelegt, mit der Begründung, dass diese die Persönlichkeitsrechte verletzten. Die Drohnen, mit denen die deutsche Polizei zunehmend ausgestattet wird, sind ursprünglich nicht für Fußballspiele gedacht, und auch auf rechtlicher Ebene erklärte das Bundesverfassungsgericht solche Einsätze erst vor Kurzem für rechtswidrig. „Die Beschwerde nimmt u. a. folgende Fragen in den Fokus: Auf welcher Rechtsgrundlage fanden die Drohne-Einsätze statt? Wer wurde gefilmt? An wen wurden die Bilder der Drohnen übertragen und wie werden die Aufnahmen gespeichert? Welche Löschfristen gelten? Liegt nach Auffassung des Landesdatenschutzbauftragten ein Grundrechtsverstoß vor? Die Beschwerde beim Landesdatenschutzbauftragten wurde am Donnerstagabend eingereicht.“, so die Fanhilfe.
Die Drohnen seien sowohl im Heinz-Krügel-Stadion als auch drumherum eingesetzt worden. Die Spiele gegen den HSV und Hansa gelten als „Risikospiele“ und erlauben der Polizei, zusätzliche Maßnahmen zu treffen. An solchen Tagen ist es dem Staat also leichter, zu rechtfertigen, dass er seine Militarisierung im Inneren vorantreibt. Die Drohnen im Umfeld von Fußballspielen werden sehr wahrscheinlich noch viele weitere Male „getestet“ werden, bis diese Technologie flächendeckender zur Überwachung der Massen eingesetzt wird. Das Nachbarland Sachsen hat beispielsweise aktuell 21 Drohnen, die laut Polizei vergangenes Jahr zu 41 Einsätzen geflogen seien. Zum rechtlichen Rahmen sagt die Sächsische Datenschutzbeauftragte gegenüber dem MDR: „So sei zwar gesetzlich festgeschrieben, der Drohneneinsatz dürfe nicht heimlich und verdeckt erfolgen, doch: Wie die Polizei die Offenkundigkeit des Drohneneinsatzes gewährleistet, hängt von den Umständen des Einzelfalles und den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ab. Wichtig ist aber, dass die Polizei auch ohne Kooperationsbereitschaft eines Veranstalters die Erkennbarkeit des Drohneneinsatzes sicherstellen muss." Ganz offensichtlich war die Erkennbarkeit der Drohneneinsätze im April nicht sichergestellt; es hat zwei Monate und eine parlamentarische Anfrage gedauert, bis diese nun publik geworden sind. Der „rechtliche Rahmen“ soll möglichst unbemerkt umgangen werden. Das Hauptsächliche dabei ist jedoch die Wiedersetzung gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Ein paar mal wieder schwammig formulierte Paragraphen sollen Grund geben, dass die hoch angepriesene Gewaltenteilung abermals übergangen wird. Somit sind auch die Drohneneinsätze bei den Fußballspielen in Magdeburg Teil davon, wie die Macht der Legislative und der Judikative immer mehr zu Gunsten der Exekutive beschränkt und die Verfassung untergraben wird, wie die Reaktionarisierung der Bundesrepublik vorangetrieben wird.
Sachsen-Anhalt selbst besaß übrigens bereits vor einem knappen Jahr fast 30 Drohnen. Die Drohnen sind in der Lage, weit mehr als scharfe Bilder zu machen – so berichtete die Landespolizei Sachsen-Anhalt von einem „flüchtigen Straftäter“, der auf dem Weg durch eine mit einer Wärmebildkamera bestückten Drohne identifiziert und festgenommen werden konnte. Die unbemannten Fluggeräte sind innerhalb schnellster Zeit am gewünschten Ort und dort in der Lage, eine umfassende Überwachung vorzunehmen, die der Polizei sonst überhaupt nicht möglich wäre. Um gegen die Militarisierung des Staates anzukämpfen, müssen alle Teile des Volkes, die direkt von den reaktionären Maßnahmen betroffen sind, im Tageskampf gegen diese mobilisiert werden. Für Fußballspiele bedeutet das, die falsche Haltung, Politik gehöre nicht in die Stadien, zu bekämpfen und insbesondere unter den fortschrittlichen Teilen der organisierten Fanszene, sofern diese existieren, Agitation zu betreiben.
Geschrieben von awwa
01. Juli 2023
Wagner und die Krise des russischen Imperialismus
Wir publizieren eine inoffizielle Übersetzung eines Artikels der Website The Red Herald.
Am Freitagabend erschütterte die Nachricht von einem bewaffneten Aufstand, einem von Jewgeni Prigoschin inszenierten Staatsstreich in Russland die Welt und vor allem die Medien. Drei Tage später scheint weder von den feuchten Träumen des Westens von einem „Ende Putins" noch von den hysterischen Verschanzungen einiger russischer Behörden viel übrig geblieben zu sein.
Die Reaktionen aus dem Ausland auf den Vorfall vermitteln den Eindruck einer stabilen Außenbeziehung des russischen Imperialismus. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi bekundete seine „volle Unterstützung für die russische Führung angesichts der Ereignisse vom 24. Juni", hieß es in einer Erklärung des Kremls. „Als freundschaftlicher und umfassender strategischer Partner Russlands bei der Koordinierung der neuen Ära unterstützt China Russland bei der Wahrung der nationalen Stabilität, der Verwirklichung und der Entwicklung des Wohlstands", erklärte das chinesische Außenministerium. Der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko hat sich ebenfalls auf die Seite der Russen geschlagen und Gerüchten zufolge den Streit geschlichtet. Also nichts Neues an dieser Front.
Auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine hatten die Vorfälle ebenfalls wenig Einfluss. In den frühen Morgenstunden des 24. Samstags veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium eine Presseerklärung: „Unter Ausnutzung der Provokation Prigoschins zur Desorganisation der Situation konzentriert das Kiewer Regime in der taktischen Richtung Bakhmutov Einheiten der 35. Brigade und der 36. Marinebrigade der Streitkräfte der Ukraine auf die Startlinien für offensive Operationen." Bis jetzt konnte jedoch keine große Wirkung festgestellt werden.
Das Ereignis war kein Putsch und wurde dementsprechend auch nie als solcher ausgerichtet. Was geschah, war Ausdruck eines für den russischen Imperialismus notwendigen Kampfes um die Frage, wer die Streitkräfte Russlands führt und um die Errichtung eines alleinigen Oberkommandos. Prigoschin richtete alle seine Bemühungen gegen Schlüsselfiguren des Oberkommandos der Streitkräfte der Russischen Föderation: General Waleri Wassiljewitsch Gerasimow, Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte und Erster Stellvertretender Verteidigungsminister, und - in erster Linie - General Sergej Kuschugetowitsch Schoigu, der Verteidigungsminister. Diese beiden sind es, die die Streitkräfte repräsentieren, und sie sind es, die aufgrund des Krieges notwendigerweise die Kontrolle über alles übernehmen und eine strikte Zentralisierung aller Ressourcen des Staates unter einer Führung durchführen müssen. Durch die scharfe Krise des andauernden Krieges hat sich die Situation der Herrschaft des Silowiki genannten inneren Kreises, als ein System der Machtteilung zwischen mehreren staatlichen Einheiten wie den Streitkräften und den Geheimdiensten, von ihren Vorteilen in Nachteile verwandelt. Es passt nicht zu diesem Krieg und dient nicht dem Sieg. Es war gut für den russischen Imperialismus, dass die Wagner-Söldner unabhängig agieren konnten, als es darum ging, dieser Gruppe um Putin ein Machtgleichgewicht zu verschaffen, aber jetzt muss ein Krieg gewonnen werden. Das Märchen von einem Geheimdienst, der den Staat kontrolliert, blüht auf der Grundlage der imperialistischen Propaganda gegen das sozialistische Lager und später gegen den Sozialimperialismus. Es muss bekräftigt werden, dass alle politische Macht aus dem Lauf eines Gewehrs erwächst und die Armee das Rückgrat des Staates ist, nicht der Geheimdienst. Das ist der eigentliche Kern der so genannten Rivalität zwischen den starken Männern. Und deshalb hat Prigoschin, selbst als Putin ihn als Verräter bezeichnete und damit seine Liquidierung ankündigte, nicht das Wort gegen seinen alten Kumpel erhoben. Er hat sich auf den früheren Status verlassen und ist den Anforderungen nicht gerecht geworden.
Der Grund ist also nicht das ganze von den Medien verbreitete Geschwätz, sondern wesentliche Notwendigkeiten des russischen Imperialismus. Deshalb hat Schoigu Anfang Juni einen Vorstoß gemacht, um alle Söldner unter direkte Kontrolle des Verteidigungsministeriums zu bringen. Dies war keine Art Vorschlag, sondern ein Ratschlag, der bis zum Ende des Monats befolgt werden sollte - gerade jetzt. Prigozhin lehnte ab. „Wagner wird keine Verträge mit Schoigu unterzeichnen"; "Als wir anfingen, uns an diesem Krieg zu beteiligen, hat niemand gesagt, dass wir verpflichtet sein würden, Verträge mit dem Verteidigungsministerium abzuschließen"; "Keiner der Wagner-Kämpfer ist bereit, den Weg der Schande noch einmal zu gehen. Und deshalb wird auch niemand Verträge unterschreiben". Noch Anfang Mai sah Prigozhin das Ende des Status der Wagner-Söldner voraus und sagte, Wagner werde seine Existenz beenden.
Dann kam Putin ins Spiel, der sich auf die Seite von Schoigu und des Ministeriums stellte: „Das muss getan werden, und zwar so schnell wie möglich", sagte Putin, „im Einklang mit dem gesunden Menschenverstand, mit der gängigen Praxis und dem Gesetz". Die an erster Stelle stehende militärische Yankee-Denkfabrik Rand Corporation schätzte "check-mate". Genau dies bestätigte Prigozhin in einer am späten Montag veröffentlichten Erklärung.
Man sollte die Konsequenzen nicht unterschätzen, die die Vorfälle mit sich bringen werden, ebenso wenig wie die schwere allgemeine Krise, in der der russische Imperialismus steckt, oder die Tatsache, dass er definitiv nicht in der Lage sein wird, einen umfassenden Sieg zu erringen, indem er die Ukraine erobert - oder in seinen Worten entmilitarisiert -, wie es sein erklärtes Ziel ist. Das Ergebnis wird höchstwahrscheinlich eine "Korea-Situation" sein, ein eingefrorener Krieg, mit einigen großen ukrainischen Gebieten im Süden und Osten, die von Russland besetzt sind. Kein Frieden und keine Ruhe, für keine der Seiten.
Vorerst haben Putin, Schoigu und Gerasimow einen militärischen Konflikt mit einer hervorragend ausgebildeten und gut ausgerüsteten Söldnertruppe mindestens in der Größe einer Division auf ihrem eigenen Territorium innerhalb nur eines Tages und ohne größere Verluste auf beiden Seiten beigelegt. Dies kann nicht als Ausdruck von Schwäche gewertet werden, sondern wir müssen so die Tendenz sehen, wir können es mit der Entwicklung des Deutschen Reiches während des Ersten Weltkrieges vergleichen: Der Kaiser verlor an Boden, während die OHL (Oberste Heeresleitung), Hindenburg und Ludendorff, gewannen, weil der Krieg zu viele Ressourcen für zwei Köpfe benötigte. Ob Putin stolpern oder fallen wird, ob Prigoschin liquidiert wird, ob Gerassimow und Schoigu ersetzt werden, steht außer Frage. Das russische Imperium steht auf dem Spiel. Daher kümmert sich niemand um Galionsfiguren.
Hinweis: In den nächsten Tagen werden wir weitere Informationen von russischen Maoisten zu diesem Thema veröffentlichen.
Geschrieben von refa
29. Juni 2023
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