Montag, 16. Januar 2023
Lützerath und die Doppelzüngigkeit der Grünen
Seit den frühen Morgenstunden des Mittwochs räumt die Polizei Lützerath. Das kleine Dorf in Nordrhein-Westfalen mit gerade einmal sieben Häusern ist grob gelegen zwischen Aachen und Düsseldorf – vor allen Dingen liegt es aber direkt im Braunkohle-Revier von RWE. Damit ist es der jüngste Zankapfel der Klimaproteste in der BRD.
Seit Anfang der Woche stand bereits fest: Lützerath soll diese Woche geräumt werden. Die ersten Reisegruppen aus dem Bundesgebiet sind bereits in NRW angekommen und für Samstag ist eine Großdemonstration mit Greta geplant. Doch wie sich aktuell abzeichnet, könnte das Dorf bis dahin bereits geräumt sein. Die Polizei hat offensichtlich die ein oder andere Lektion aus den langen Auseinandersetzungen um dem Hambacher Forst gelernt. Diesmal sind sie mit relativ kurzer Vorwarnung durch das Braunkohle Abbaugebiet selbst nach Lützerath rein und habe es so vermeiden können, in den blockierten Zufahrtsstraßen stecken zu bleiben. Auch wenn die Polizei und allen voran NRW Innenminister Reul Anfang des Tages noch versuchten es so darzustellen, als würde die Polizei auf massivste militante Gegenwehr stoßen, hat die sie die Lage inzwischen weitestgehend in ihrer Hand. Von einem permanentem Feuer von Molotowcocktails und Feuerwerkskörper und der Gefahr, in jedem Raum womöglich auf eine IED zu stoßen, wie die Berichte der Polizei es haben klingen lassen, war am Ende dann doch nicht so viel zu sehen.
Aber nicht nur dieser Teil der Polizeitaktik ist heute eine andere als noch zuletzt beim Hambacher Forst gewesen, bei dessen Räumung ein Aktivist zu Tode kam. Und das ist auch klar: Um jeden Preis müssen die Grünen vergleichbare Bilder vermeiden, deswegen wird kein Exempel statuiert – auch wenn Molotowcocktails fliegen.
Das Problem der Grünen hat sich heute offensichtlich gezeigt und wird sich in den kommenden Tagen der andauernden Räumung noch weiter Verschärfen. Auf der einen Seite stehen die Grünen: 2021 durch ihren Einfluss über die Klimaproteste, „Fridays for Future“ und einer junge Wählerschaft in die Regierung gekommen, sind sie die zweitgrößte Partei in der aktuellen Regierung. Es war Habeck persönlich, der zusammen mit der Wirtschaftsministerin von NRW – Mona Neubauer, ebenfalls bei den Grünen – und RWE Chef Markus Krebber im Oktober den Deal vorstellten, der mit RWE gemacht wurde und diesen auf der Pressekonferenz als einen „guten Tag für den Klimaschutz“ lobten. Selbst der Verantwortliche bei der Polizei, der für die Räumung zuständige Polizeipräsident, ist Grüner.
Auf der anderen Seite stehen jene, die in diesen Tag nach Lützerath fahren oder zumindest mit dem Protest dort sympathisieren. Alle Berichterstattung heute zeigt deutlich: Für die Interessen von RWE wurde ein Deal von den Grünen eingefädelt und jetzt sind es die Grünen, die die Bullen befehligen den Protest dagegen zu räumen und dabei möglichst wenig „schlechte Presse“ zu schaffen. So soll die Sache möglichst schnell unter den Teppich gekehrt werden, niemand soll ihre Absurdität bemerken.
Die Rolle, die die Grünen dabei spielen, hat sich dabei heute auf eine grotesk anmutende und zynische Art und Weise in sehr deutlichen Bildern gezeigt: Grünenabgeordnete vor Ort – in diesem Fall nicht auf Seiten der Polizei, sondern in Protestkleidung – die vor laufender Kamera gefragt werden, wieso sie denn da unterwegs sind, wenn die Räumung doch der Beschluss ihrer eigenen Partei sei und dann nichts weiter als das jämmerlichste Gestammel zusammen kriegen; Social Media und Pressemeldungen der Parteispitze der Grünen, voll mit Solidaritätsbekundungen an die Protestierenden, während über den Pressesprecher der Bundesregierung verlautet wird, dass ja auch in Lützerath „geltendes Recht herrsche“ und dort auch durchgesetzt wird; Demonstranten und Aktivisten aus der Klimabewegung mit dem Kopf im Matsch steckend, während vier Beamte ihnen auf dem Rücken knien und die Hände verdrehen; ein Polizeipräsident der in einem offenen Brief „allen Engagierten große Achtung entgegen bringe.“ Die Grünen vergraueln durch ihre Handhabung der Kohlefrage mittlerweile nicht nur Teile jener Kräfte, die für ihre Wahl mobilisiert haben, sondern lassen Teile von ihnen sogar zusammenschlagen, damit ihr Deal mit RWE zur Realität wird.
Geschrieben von stsc
11. Januar 2023
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