Sonntag, 2. März 2014
Über 360 tote Flüchtlinge vor Lampedusa … 200 tote Flüchtlinge im Kanal von Sizilien: Der deutsche Imperialismus und die Massenmörder von „Frontex“
„Frontex“ ist Teil des mörderischen
Programms des deutschen Staats
gegen Flüchtlinge
Abschaffung des Asylrechts 1993
und „Dublin II“
Der deutsche Imperialismus und sein Staat
haben eine Vorreiterrolle in Sachen „Flücht
lingsbekämpfung“ in Europa. Zunächst wurde
das Asylrecht vor 20 Jahren - nach den Nazi-
Pogromen gegen Flüchtlinge in Hoyerswerda
1991, Rostock 1992.. - mit der sog. „Dritt
staatenregelung“ in ein „Asylabwehrrecht“
verwandelt. Seitdem können Flüchtlinge
nur noch dann in der BRD Asyl beantragen,
wenn sie nicht über ein „sicheres“ Drittland
eingereist sind. Als „sichere Drittländer“ sind
alle an Deutschland angrenzenden Staaten
eingestuft. Dieses für Deutschland sehr
vorteilhafte „deutsche Modell“ wurde 2003
durch die EU-Verordnung „Dublin II“ den
anderen europäischen Ländern aufgedrückt
und bildet eine zentrale Säule des europäischen
Systems des Kampfs gegen die Flüchtlinge,
der Abschottung und Abschiebung. Damit sind
EU-Randstaaten wie Italien, Malta, Griechen
land oder auch Polen und Ungarn für den Asyl
antrag zuständig, über die ein Asylsuchender in
Europa eingereist ist. Dadurch kann ein großer
Teil der in Deutschland ankommenden Flücht
linge, die es nicht per Flugzeug schaffen, direkt
wieder abgeschoben werden. (Zum staatlichen
Abschiebe- und Polizeiterror gegen Flüchtlinge
in Deutschland siehe das Flugblatt „Solidarität
mit dem Kampf der Flüchtlinge gegen den
mörderischen Polizei- und Abschiebeterror des
deutschen Staats!“, Juli/August 2013, siehe
S. 3 dieses Flugblatts)
Aufbau und Funktion von „Frontex“
Eine zweite Säule ist die Schaffung der sog.
„Grenzschutzagentur Frontex“ im Jahr 2005 innerhalb der EU unter führender Beteiligung der
BRD. Die Hauptaufgabe von „Frontex“ ist es
einen regelrechten Krieg gegen die Flüchtlinge
und MigrantInnen zu planen, zu koordinieren
und zu führen mit dem Ziel, „illegale Einwanderung“ schon an den EU-Außengrenzen mit
Militär, Polizei und Grenzschutz sowie modernstem Kriegsgerät zu Land, zu See und an
den Flughäfen zu verhindern.
„Frontex“ verfügt über mehr als 100 Schiffe
und etwa 50 Flugzeuge und Hubschrauber. Die
Zahl der „Frontex“-Mörder beträgt rund 300,
das jährliche eigene Budget rund 85 Millionen
Euro. Darüber hinaus kann „Frontex“ aber
u. a. aus dem EU-Programm „Solidarität und
Steuerung der Migrationsströme 2007-2013“
schöpfen und aus dem Fonds „Schutz der Außengrenzen“ mit ca. 2,2 Mrd. Euro sowie über
den Fonds „Rückkehr“ mit ca. 800 Millionen
Euro verfügen. (Siehe: Frontex.antira.info.)
Deutschland stellt personell und auch finanziell das größte „Frontext“-Kontingent. Mit
rund 100 Bundespolizisten sowie Einsatztechnik beteiligt sich Deutschland jährlich an von
„Frontex“ koordinierten Mord-Einsätzen. Die
Bundespolizeiakademie in Lübeck betreibt
im Auftrag von „Frontex“ „Fortbildungsmaßnahmen“ für die europäischen Grenzschutztruppen und Training zur Vereinheitlichung europäischer „Grenzschutzstandards“. Oberstes Gremium ist der Verwaltungsrat, der die
Aktivitäten der Agentur überwacht, Budget,
Organisationsstruktur und Personalplanung
festlegt sowie den Exekutivdirektor und seinen Stellvertreter ernennt. Exekutivdirektor
ist derzeit ein finnischer Brigadegeneral.
Deutschland stellt seit April 2012 für zwei
Jahre den Vorsitz des Verwaltungsrates. Vorsitzender des Verwaltungsrats von „Frontex“
ist derzeit Ralf Göbel, der als stellvertretender
Leiter der Abteilung Bundespolizei im Bundesinnenministerium arbeitet.
Mordpraktiken von „Frontex“
„Frontex“ ist direkt und indirekt am Mord
von tausenden von Flüchtlingen im Mittelmeer und Atlantik verantwortlich. Die Mord-
Praktiken sind vielfältig:
Flüchtlingsboote werden vor den Staatsgrenzen zum Teil mit mit Waffengewalt in
Richtung offenes Meer getrieben. Den darauf
befindlichen Flüchtlingen wird Geld, Nahrung
und Wasser abgenommen oder es werden sogar die Boote beschädigt bzw. zum Kentern
gebracht. Nach Aussagen von Überlebenden
wird die Rettung von Bootsflüchtlingen bewusst verweigert. Sie werden damit in den
Tod getrieben. Außerdem wird mit Hilfe von
„Kooperationsabkommen“ die Einbindung
von Staaten (sog. „Watchdog-Staaten“) in
Nordafrika, wie Libyen und Tunesien, durchgeführt (Deutschlandfunk, 11.10.13). Diese
Staaten werden über aufgespürte Flüchtlingsboote vor ihren Küsten und auf dem Mittelmeer informiert, um die Boote dann mit allen
Mitteln daran zu hindern, die „Festung Europa“ zu erreichen. Das heißt, „Frontex“ liefert
die nötigen Informationen. Die eigentliche
Drecksarbeit macht dann das Militär dieser
„Watchdog“-Staaten. Genau das war auch das
Vorgehen beim Mord an den Flüchtlingen im
Kanal von Sizilien im Oktober 2013.
Zudem werden Flüchtlinge durch diesen Terror in den Tod getrieben, weil die „Frontex“-
Mörder und ihre Gehilfen sie auch auf immer
riskantere Fluchtrouten zwingen.
Verschärfung des mörderischen
Terrors gegen Flüchtlinge unter
Führung der „Frontex“-Mörder
seit 2006
Die bisherigen direkten „Erfolge“ der
„Frontex“-Mörder erfreuen ihre imperialistischen Herren in Europa, allen voran den
deutschen Imperialismus und seine Politiker.
Abschottung von See- und Landwegen
Als Folge der Abschottung der Seewege
bzw. Landwege nach Spanien, Malta und
Griechenland von 2006 bis 2011 haben sich
die Fluchtwege heute verstärkt auf Italien, besonders Lampedusa und Sizilien konzentriert.
„Frontex“ hat bereits 2006/2007 u.a. durch
die Kooperation mit Senegal und Mauretanien, die Abschottung der Kanarischen Inseln erreicht („Frontexplode“ in: Contraste,
Dezember 2011). Zu gleicher Zeit erfolgte
die Abschottung Maltas (Frontexwatch, in:
Frontex.antira.info).
Seit 2008 koordinierte „Frontex“ in Griechenland die sog. „Operation Poseidon Sea“, um
über den Seeweg in der Ägäis ankommende
Flüchtlinge abzufangen. Seit 2010 wurde die
gemeinsame Überwachung im Mittelmeer mit
den anderen EU-Staaten auf die Nordgrenze
zur Türkei ausgedehnt (siehe Frontex.europa.
eu). Hier erfolgte der europaweit erste Einsatz
der sog. „schnellen Eingreiftruppen“ des „Rapid Border Intervention Team“ (RABIT). Das
ist ein Pool von sog. „Grenzschützern“, (d.h.
in Wirklichkeit eine zur Jagd auf Flüchtlinge
speziell ausgebildete Mörder-Bande), der seit
2007 von „Frontex“ aufgebaut und gesteuert
wird. Die EU-Staaten überließen „Frontex“
für den RABIT-Einsatz im Winter 2010/11 in
Griechenland 175 Grenzpolizistlnnen, darunter auch über 50 deutsche „Grenzschützer“,
Hubschrauber, Fahrzeuge, Spürhunde, Wärmebildkameras, Nachtsichtgeräte und andere
Sensoren. „Frontex“ gelang es in 5 Monaten
etwa 12.000 Flüchtlinge festzunehmen, die
über die Landgrenze, vor allem durch den
Grenzfluss Evros, nach Griechenland kamen
(Frontexplode, in: Contraste, Dezember 2011).
Dabei wurden auch Schüsse auf Flüchtlinge
und deren Schlauchboote abgegeben. In einem
anderen Fall wurden drei Flüchtlinge bei einer Verfolgungsjagd mit „Frontex“-Truppen
ermordet. (heise.de, 15.5.12). Zur noch besseren Abschottung errichtet die griechische
Regierung parallel zum Grenzfluss einen
12 Kilometer langen Zaun, der durch einen
120 Kilometer langen und 30 Meter breiten
„Panzergraben“ ergänzt werden soll. Dies
erleichtert Patrouillenfahrten und den Einsatz
automatisierter Sensoren bzw. Landroboter
mit Überwachungskameras zum Aufspüren
von Flüchtlingen. Die deutsche Regierung
erhöht den Druck auf Griechenland und setzt
sich dafür ein, dass Europol und „Frontex“
selbst im Grenzgebiet stationiert werden.
(heise.de, 15.5.2012).
In den letzten 25 Jahren sind mindestens
19.000 Flüchtlinge an Europas Außengrenzen in den Tod getrieben worden. Die
meisten ertranken im Mittelmeer. Die tatsächliche Zahl liegt mit Sicherheit viel höher. Seit der Gründung von „Frontex“ sind
die Todesopfer an Europas Außengrenzen
keineswegs zurück gegangen, im Gegenteil.
Allein 2011 waren es laut offiziellen Quellen über 2.300 Flüchtlinge, die in den Tod
getrieben wurden.
(FR, 24.9.12)
Massenabschiebungen in Flugzeugen
Zunehmend ist „Frontex“ auch für Massenabschiebungen in eigens dafür gecharterten
Flugzeugen zuständig, vor allem in afrikanische Länder, besonders nach Nigeria, aber
auch verstärkt seit 2011 mit Roma-Familien
in das ehemalige Jugoslawien ab Flughafen
Düsseldorf oder Baden-Baden. Die erste europäische Massenabschiebung in afrikanische
Länder fand 2004 unter Führung der Hamburger Innenbehörde statt. „Frontex“ beteiligt
sich seit 2006 auch koordinierend und finanziell an den sog. „Joint Return Operations“, den
gemeinsamen Abschiebeaktionen mehrerer
europäischer Staaten. Die Zahl der durch
„Frontex“ unterstützten Charterabschiebungen stieg von 428 Abgeschobenen in 12 Flügen im Jahre 2007 auf 2.000 Abgeschobene in
über 35 Flügen im Jahre 2010 (Frontexplode,
in: Contraste, Dezember 2011).
Koordination der Jagd nach Flüchtlingen
mit Nicht-EU-Staaten
„Frontex“ übernimmt auch zunehmend
Aufgaben bei der Kollaboration mit Drittstaaten außerhalb der EU. Es geht z.B. darum, gemeinsame Grenzkontrollen und sog.
„Rückübernahmeabkommen“ durchzusetzen
und – maßgeblich nach deutschem Vorbild
– zusammen mit Delegationen aus Nicht-
EU-Ländern sog. „Identifizierungen“ von
passlosen Flüchtlingen durchzuführen, um sie
in das angebliche Herkunftsland abschieben
zu können. („Grenzenlose Solidarität“, in:
ZAG-Ausgabe 62/2012).
Totalüberwachung des Mittelmeers
und neue Großoperationen von
„Frontex“
Der bürokratisch geplante Mord an Flücht-
lingen an den Außengrenzen Europas wird
gerade auch durch die Initiative des deutschen
Imperialismus und seiner Politiker noch weiter forciert.
Eine Woche nachdem über 400 Flüchtlinge
im Mittelmeer von den „Frontex“-Mördern
und ihren Helfern in den Tod getrieben bzw.
direkt ermordet wurden, ist unter maßgeblicher deutscher Führung geplant, ein neues
System zur lückenlosen Überwachung der europäischen Außengrenzen einzuführen. Zweck
dieses „European Surveillance System“ (Eusur), ist selbst laut EU-Verordnungsentwurf
die „Aufspürung, die Verhinderung und Verfolgung illegaler Einwanderung“. Das System
zielt auf einen verbesserten und schnelleren
Datenaustausch zwischen den Grenzbehörden, den Küstenwachen und der Marine der
EU-Staaten sowie „Frontex“ selbst ab. Mit
Hilfe militarisierter Hochtechnologie, einem
elektronischen Überwachungsnetz mit Drohnen, Radargeräten, Satellitensuchsystemen
und Offshore-Sensoren sowie biometrische
Identitätskontrollen soll über ein geschütztes
Kommunikationsnetz die Weitergabe von Informationen in Echtzeit ermöglicht werden.
Bereits Anfang Dezember 2013 soll Eurosur
in fast allen EU-Ländern mit Außengrenzen
betriebsbereit sein. Ab Dezember 2014 in allen Eu-Mitgliedsstaaten.
Außerdem ist eine neue Großoperation der
„Frontex“-Mörder geplant. Diese Operation
soll von Zypern über Malta und Süditalien
bis Südspanien quer durch das gesamte Mittelmeer Flüchtlinge aufspüren. Das wird als
„Maßnahme zur Rettung von Schiffen aus
Seenot“ verkauft (FAZ, 9.10.13).
Wie gegen „Frontex“ und das
gesamte mörderische Programm
des deutschen Imperialismus gegen
Flüchtlinge kämpfen
Die Kämpfe in Hamburg für das Bleiberecht
der Lampedusa-Flüchtlinge, die Kämpfe antirassistischer und antifaschistischer Kräfte
zusammen mit Flüchtlingen wie in Würzburg,
München und Berlin in den letzten Wochen
und Monaten ebenso wie z.B. die Kämpfe
in Frankreich gegen die Abschiebung einer
Roma-Familie sind eine richtige Antwort auf
mörderischen Polizei- und Abschiebeterror.
Denn nur durch möglichst radikalen Kampf
kann der nötige Druck erzeugt werden, um
imperialistischen Staaten Zugeständnisse
abzuringen.
Es kann nicht darum gehen, an die angebliche
„Humanität“ dieses Staats zu appellieren, wie
dies z.B. Pro Asyl und die dort organisierten
Flüchtlingsräte sehr oft in besonders ekelhafter Weise exerzieren (Originalton angesichts
des staatlichen Terrors gegen die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg: „Wir fordern
den Hamburger Senat auf, die hartherzige
Position aufzugeben und endlich humanitär
zu handeln...“ Aufruf von Pro Asyl und den
Landesflüchtlingsräten zur Demonstration am
2.11.2013 in Hamburg) Das ist schlimmer als
nutzlos, denn das schürt Illusionen in diesen
Staat.
Anstatt an eine nicht vorhandene Moral
des deutschen Staats zu appellieren, geht es
darum in einem weiteren Schritt einen über
den legalen und lokalen Rahmen hinausge
henden auch militanten massenhaften ge
meinsamen Kampf der antirassistischen und
antifaschistischen Kräfte und der Flüchtlinge
auf der Straße, in den Schulen und in den
Betrieben zu entwickeln – gegen den staatli
chen Polizei- und Abschiebeterror, gegen die
„Frontex“-Mörder und gegen Nazi-Terror, für
das uneingeschränkte politische Asyl für alle
vom Imperialismus Verfolgten und für die
Durchsetzung aller gerechten Forderungen
der Flüchtlinge.
Die weitergehende Frage ist: Wie können
die Ursachen für das Flüchtlingselend ein
für alle mal beseitigt werden? Es geht darum
zu diskutieren, wie wir im imperialistischen
Deutschland unseren Beitrag zur Vernichtung
des Systems des Weltimperialismus leisten
können, das imperialistische Kriege, Hunger,
Elend und Ausbeutung gesetzmäßig hervor
bringt, was die „Verdammten dieser Erde“
dazu zwingt, ihre Herkunftsländer zu verlas
sen und in die imperialistischen Metropolen zu
flüchten. Das bedeutet für uns, Fragen von Ziel
und Weg der Revolution im imperialistischen
Deutschland sowie die Aufgaben zur Unter
stützung der wirklich revolutionären Kräfte
weltweit auf die Tagesordnung zu setzen
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