„Wir schicken unseren Bürgermeister ins Sau, Sau, Sauerland…“
singt die Duisburger Hiphop-Gruppe „DieBandbreite“
Das Ereignis
2010 fand im Rahmen der „Ruhr 2010“ die Love Parade statt bei der es 21 Tote und über 500 Verletzte gab. Das Gelände, auf der das Spektakel stattfand, war der ehemalige Güterbahnhof, der inzwischen still gelegt wurde. Diese Gelände, nahe dem Hauptbahnhof, also in der Innenstadt. Andererseits ein in sich geschlossenes Areal. Das war für den Veranstalter wichtig, Der verkündete stolz auf seiner Internetseite, dass man örtliche Betriebe Catering beteilige. Das war nämlich ein Streitpunkt in Essen und Dortmund gewesen, denn die da ansässigen Geschäfte mussten schließen, weil die Loveparadeveranstalter allein Getränke und anderes an der Strecke verkaufen durften. Die Firma des Veranstalters Rainer Schaller lizenzierte diesmal die Königs-Brauerei mit dem Catering. Das war ein tiefer Schluck aus der Bulle, denn zum einen war keine Konkurrenz zu befürchten, andererseits hatte Schaller, bei nur einem Dienstleister, nicht die Arbeit mit dem Einsammeln des Geldes für die Lizenz.
Auch in anderen Bereichen war Schaller um Kostenminimierung bemüht, Die Sicherheitskräfte bestanden zum Teil aus Jugendlichen, ohne Kenntnisse und Erfahrung bei Großveranstaltungen. Da Schaller meinte, auf eine große und teure Sprechfunkanlage verzichten zu können – es gibt ja die große und teure Funkanlage für Mobiltelefone – wurde das (Un)Sicherheitspersonal mit Handys ausgestattet. Dass diese aber bei der Massenansammlung von Menschen – es kamen ja über hunderttausend Besucher – bracht das Handynetz komplett zusammen und eine Kommunikation wurde unmöglich.
Die Besucher der Loveparade wurden durch einen Tunnel auf das Areal geführt. In der Mitte des Tunnels unter der Bahnstrecke und der A59 gibt es eine Rampe – über diese kamen die Besucher aufs Gelände. Aber sie konnten das Gelände aber auch nur hier wieder verlassen.
Die Besucher wurden vom Hauptbahnhof über 2 Wege zum Gelände geführt:
Die Ostroute über DU-Neudorf oder die Westroute über DU-Hochfeld. Die einen nahmen den West-, die anderen den Ostzugang des Tunnel. Beide Ströme trafen sich an der Rampe. Und genau hier passierte das Unglück.
Es gab warnende Stimmen aus Feuerwehr, Polizei, sogar der damalige Planungsdezernent Dressler äußerte Bedenken – beugte sich dann aber dem Oberbürgermeister. Aber Sauerland wischte alle Bedenken zur Seite – das Verhängnis nahm seinen Lauf.
Sicherheitskonzept
Ich wohne einige hundert Meter vom Ort des Geschehens entfernt und kenne auch die Umgebung. Als ich davon hörte, dass man ausgerechnet dieses Areal für die Loveparade ausgesucht hatte, griff ich mich an den Kopf. Solch eine Mammutveranstaltung – man sprach von 1,5 Mio Besuchern auf dieses Gelände, wo alte Eisenbahnschienen, Schotter und Ruinen des früheren Güterbahnhofs sind – unmöglich! Eingezwängt zwischen einer stark befahrenen Autobahn – der A 59 – und eine ebenso stark befahrnen Eisenbahnstrecke. Wenn da Panik ausbricht und Menschmassen auf die Geleise oder die Autobahn rennen – nicht auszudenken. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass der Haupteingang zum Areal nicht die Einfahrt zum ehemaligen Güterbahnhof war, die wurde verschlossen. Ich dachte, der Eingang über den Tunnel sei nur ein Nebeneingang und nicht der einzige Zu- und Abgang zum und vom Love Parade-Gelände.
Das zumindest wäre einiges vermeidbar gewesen, wenn man diesen Eingang geöffnet hätte. Auch hatte die Polizei die A 59 komplett gesperrt. Man hätte auch hier aufs Gelände kommen können und auch wieder runter. Aber hier stand ein stabiler Zaun, niemand kam durch. Es gab zwar Durchgänge, aber die waren verschlossen und bewacht, die Ordner hatten Anweisung, da niemand durch zu lassen. Auch nicht von Innen nach draußen.
Wie schon geschrieben, funktionierte die Kommunikation zwischen Veranstaltungsleitung und Ordnern nicht, weil keine Funkanlage vorhanden war und das Handynetz zusammen gebrochen war.
Und auf dem Höhepunkt der Loveparade fiel auch die Polizei aus. Die hatte nämlich, kurz vor der Katastrophe, Wachwechsel.
Eine explosive Mischung, die dann am Nachmittag hoch ging.
Wie aber können die Behörden, Polizei und Feuerwehr, die Spitzenpolitiker einer Großstadt so verhängnisvolle Fehler machen?
Großmannsucht machte blind
Die Loveparade fand statt im Rahmen des Spektakels Ruhr 2010. Das Ruhrgebiet war für 2010 Kulturhauptstadt Europas. Nachdem es 100 Jahre das industrielle Herz Deutschlands war, verfiel die Industrie seit den 60er Jahren und ist heute auf einen Tiefpunkt angekommen. Die Kohleförderung ist längst zu einer Randerscheinung geworden, die Stahlproduktion hat sich zwar auf hohem Niveau stabilisiert, allerdings mit gigantischen Rationalisierungen. Das Hüttenwerk von Krupp in Duisburg-Rheinhausen ist Geschichte, Thyssen hat bis auf die August-Thyssen-Hütte alle anderen Hüttenwerke in DU-Ruhrort und DU-Meiderich geschlossen. Die Industrieruinen rosten entweder vor sich hin oder wurden – so in Meiderich – für kulturelle Zwecke umgebaut. So kann man in einem ehemaligen Gasometer jetzt tauchen lernen oder eine Betonwand kann zum Bergsteigen verwendet werden. Auch kann man auf den ehemaligen Hochöfen herum klettern und die Energiezentrale wurde zum Orchesterraum.
Allerdings neue Arbeitsplätze gibt es dadurch nicht. Einige der Lokalfürsten meinen nun, es läge am schlechten Image des Ruhrgebiets und versuchen mit Trick dieses zu verbessern. Das nimmt zum Teil skurrile Formen an. So übernahm Duisburg 1989 die Universiade, denn Berthold Beitz, damals auch Mitglied des IOC, versprach, wenn die Universiade in Duisburg stattfände, würde er dafür sorgen, dass die Olympischen Spiele hierher kämen. Darauf wartet man noch heute.
Oder – 1986 – gab es hier eine Inversionswetterlage mit Smog-Alarm. Das, so meinten die hiesigen Lokalfürsten, schade dem Image. Was sie aber nicht änderten, war die Ursache der Luftverschmutzung. Zum einen schimpften sie auf den WDR, der auf dem Höhepunkt des Smogwetters einen Spielfilm sendete, der einen Smogalarm und dessen Folgen zum Thema hatte. Und zum anderen änderte die SPD-Landesregierung unter Johannes Rau die Bedingungen für Smogalarme. Es wurde weit im Westen eine Messstelle eingerichtet, die in einer Reinluftzone liegt. Wenn die gemeinsam mit anderen Messstationen Luftverschmitzung misst, gibt es Smog-Alarm. Aber das ist mehr als unwahrscheinlich. Smogwetter gab es schon mehrfach – Alarm wegen Smog seitdem aber nicht.
Die Ruhr 2010 war ein erneuter Anlass, das Image auf zu polieren. Man unternahm aber keineswegs eine Huldigung an Kultur der Arbeiter aus dem Kohlenpott, nein, man feierte den Untergang der Industrie. In Essen mussten z.B. wegen der Ruhr 2010 Kioske dicht gemacht werden, weil die nicht in die Ruhr 2010 passten. Deren Ursprung liegt nämlich beim ersten großen Streik in Deutschland, den Bergarbeiterstreik von 1889 an dem sich 90 % der damals 104.000 Bergarbeiter des Reviers beteiligten.
Der Streik ging verloren, die Bergbaubarone hatten schwarze Listen geführt und die gemaßregelten Bergarbeiter wurden arbeitslos. Die Gewerkschaft richtet für diese Kollegen „Wasserbütchen“ ein wo vor allem alkoholfreie Getränke verkauft wurden. Das sollte den gemaßregelten Kumpels das Existenzminimum sichern. Seit der Zeit sind in keiner anderen Region so viele Kioske vorhanden, wie im Rührgebiet. Die Stadt Essen sieht aber in ihnen eine Störung der Kultur des Reviers.
Die Ruhr 2010 wurde als reines Spektakel aufgezogen. Die hiesigen Menschen waren Staffage, nicht als Träger und Schöpfer einer reichhaltigen Kultur der hiesigen Region, sondern sie waren nur Konsumenten.
Chef des Spektakels war Fritz Pleitgen, vormals Intendant des WDR. Der betätigte sich nicht nur als Ideengeber, sondern auch als Einpeitscher. Als im Frühjahr 2010 Bedenken wegen der Loveparade in Duisburg aufkamen, stieg er sofort in den Ring und setzte die Bedenkenträger unter Druck. Wie man sieht: erfolgreich. Die Loveparade war ein wichtiger Bestandteil seines Spektakels. Pleitgen meinte, dass sie stattfinden müsse. Sie fand statt und das unter Missachtung der ureigensten Sicherheitsregeln.
Als dann die Katastrophe eintrat, distanzierte sich Pleitgen von der Loveparade und behauptete, das sei eine rein private Veranstaltung gewesen und habe nichts mit der Ruhr.2010 zu tun.
Die Rolle des Oberbürgermeisters Adolf Sauerland
Er hatte nie Zweifel, dass diese Loveparade nach Duisburg gehört und war bereit, dafür sogar zu lügen. So behauptete er, die Lovepade koste der Stadt nichts, bringe aber einen großen Gewinn an Image. Er setzte Zweifler in der Stadtspitze, Polizei, Feuerwehr unter Druck, dass sie nur ja nichts veranlassen, was die Durchführung dieser Veranstaltung gefährden könne. Indirekt ist er somit verantwortlich für das lasche Sicherheitskonzept, also auch am Tode von 21 jungen Menschen. Er verwies auf Berlin, wo Menschen aus allen Herren Ländern in die Stadt kamen, verschwieg aber, dass Berlin nach einiger Zeit sie los werden wollte. Dieser Run junger Menschen auf Duisburg gab es dann ja auch. So war unter den 21 Toten nur eine junge Duisburgerin.
Sauerlands Behörde engagierte den Stauforscher Prof. Schreckenberg als Alibi-Gutachter. Der dankte für die Zuneigung und schrieb ein Gefälligkeitsgutachten. Dieser famose Professor bescheinigte dem Sicherheitskonzept, dass es sicher sei und das, ohne je das Aral gesehen zu haben. Noch nach der Katastrophe erklärte Schreckenberg: "Das Ganze hat funktioniert“, Schuld daran seinen die Opfer selbst, weil sie es nicht abwarten wollten um aufs Gelände zu kommen.
So ähnlich auch Sauerland. Der meinte bei der Pressekonferenz nicht mal 24 Stunden nach der Katastrophe, mit diesem Konzept habe man weitere Opfer vermieten.
Nach dieser Pressekonferenz wurden die Stimmen nach Rücktritt immer lauter. Es gab eine Initiative zu einem Bürgerbegehren, das den Rat aufforderte, Sauerland abzusetzen. Das gelang aber nicht. Dann sie Initiative zur Abwahl. Die Hürden sind s ehr hoch, aber Sauerland war inzwischen zur Unperson in unserer Stadt geworden. So als nach der Katastrophe in der Salvatorkirche ein Gedenkgottesdienst stattfand, forderten die Angehörigen des Totems und die Verletzten, dass sie Sauerland nicht sehen wollten.
Am 12. Februar stimmten knapp 130.000 Duisburger für die Abwahl. Sauerland wurde mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt.
Trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack
Es ist nicht Sauerland allein, der leichtfertig gehandelt hatte. Der wollte glänzen und salbungsvolle Reden halten, was für ein guter OB er sei. Das neidete ihm aber die SPD, denn Duisburgs Oberbürgermeister waren seit Ende des Krieges immer aus der SPD. Die SPD hatte bei den Wahlen immer Erfolge wie sonst nur die CSU in Oberammergau. Aber das hat sich in Oberammergau und auch in Duisburg geändert. Mit Sauerland ist das erste Mal ein CDU-Mitglied zum OB gewählt worden, Und das alles in einer Stadt, die die SPD als ihr vererbliches Eigentum betrachtet. Niemand in Duisburg bekam einen Stand auf einem der Wochenmärkte, der nicht das SPD-Parteibuch in der Tasche hatte und niemand bekam eine Job als Hausmeister einer Schule, der nicht in der SPD war. Und nun auf einmal regierten andere über die Fleischtöpfe. Und noch was erschütterte die SPD: Sauerland, gemeinsam mit den Grünen, betrieb die Absetzung des Stadtdirektors und SPD-Mitglieds Jürgen C. Brandt,
Noch in den 80ern erklärte der damalige DGB-Chef v on Duisburg und SPD-Bundestagsabgeordneter Günter Schluckebier, man brauche nur eine schmutzige Unterhose aus dem Rathaus hängen, die wählten die Duisburger auch.
Das taten sie bei der letzten Wahl nicht mehr. Da hatte die SPD eben eine solche schmutzige Unterhose als OB-Kandidat aufgebracht, nämlich den Exstadtdirektor Jürgen C. Brandt. Der verlor die Wahl.
Ich fürchte, wenn wir demnächst einen neuen OB wählen, serviert uns die SPD eine solche schmutzige Unterhose und das mit Unterstützung durch die Partei die Linke, deren Fraktionschef der berüchtigte Trotzkist Hermann Dierkes ist. Dessen Fraktion ist nämlich ein Bündnis mit der SPD ein gegangen und hat bei der von der CDU und Grünen betriebenen Abwahl als Stadtdirektor im Rat für Brandt gestimmt.
Zum Schluss: Am Desaster der Loveparade 2010 ist nicht nur Sauerland schuldig. Im Rat stimmte auch die SPD und die Grünen für diese Veranstaltung und die Linken enthielten sich nur der Stimme, weil sie Sauerland nicht glaubten, dass sie der Stadt nichts koste.
Sauerland ist also nur ein Bauernopfer. Und er kommt reich bedacht aus der Sache raus. Mit seiner Abwahl behält er seine saftige Pension, die er verloren hätte, wäre er zurück getreten .
Ich war dennoch für dessen Abwahl. Das erste Mal nämlich haben sich die Bürger gegen Größen der Obrigkeit gestellt und sie gegen das Schienbein getreten und hatten Erfolg. Das ist das Positive, das nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Ob sich etwas zum Positiven für die Menschen in dieser Stadt ändert, ist eher zweifelhaft.
G.A.
http://www.youtube.com/watch?v=QqIpvBRJomc
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