Donnerstag, 30. Juni 2022
BREMEN Wohlers Eichen – Wohnen auf einer Großbaustelle
Bauschutt, offene Decken, Glaswolle und Kabel, für die Mieter der achtstöckigen Großwohnanlage Wohlers Eichen in Oslebshausen inzwischen Normalität. Seit 2018 ist die Wohnanlage nämlich Eigentum der Vonovia SE und unter dem Vorwand, die Häuser in Sachen Lebensqualität und Umwelt auf den neusten Stand zu bringen, begannen noch im selben Jahr die Renovierungsarbeiten. Dafür wird nun seit fast vier Jahren die Miete ständig erhöht, doch die Renovierung dagegen geht nicht voran. Nachdem bereits im August 2019 hier ein Artikel darüber erschien, haben wir uns dort nochmal mit den Mietern unterhalten. Denn seitdem hat sich dort kaum etwas getan.
Seit nun fast vier Jahren wohnen die Mieter hier schon auf einer Großbaustelle. Die Decken sind offen, die Klingeln haben keine Schalter, überall kommen offene Kabel aus den Wänden und das Treppenhaus ist voll mit Baumaterial und Schmutz. Da bekommt man den Eindruck, dass da nach ein paar Wochen Arbeit alles stehen und liegen gelassen wurde. Doch Berichten der Mieter zufolge wird dort ab und zu immer wieder gearbeitet, was dann aber entweder nicht fertig, oder aufgrund schlechter Planung wieder kaputt gemacht wird. Dazu kommen immer wieder Störungen, wie zum Beispiel am Fahrstuhl, oder das Licht im Treppenhaus funktioniert nicht. So berichtete uns ein Mieter: „Das Problem ist die Baustelle, die wir hier jetzt haben, seit August 2018. Das dauert alles zu lange, das ist so schlecht organisiert, es wird eine Sache gemacht und dann direkt wieder kaputt gemacht, z.B. wird die Wand verputzt und dann kommen die Elektriker und müssen alles wieder aufreißen um ihre Kabel zu verlegen. Dann muss die Wand neu verputzt werden. Der Fahrstuhl fällt ständig aus wenn die hier arbeiten. Man ruft da 100 mal an, aber nichts passiert. Sie machen immer ein bisschen was und dann erstmal Ewigkeiten nichts mehr. Das Licht im Treppenhaus funktioniert manchmal eine Woche lang nicht. Am Anfang haben wir 6 Monate kein Licht gehabt hier im Gebäude. Ich habe bei Vonovia angerufen und gefragt, warum, und die haben gesagt, dass sie erst entscheiden müssen, welche Schalter sie nehmen wollen … 6 Monate lang?“
Auch einige einzelne Wohnungen sind davon betroffen, wie uns berichtet wurde: „Sie haben bei mir im Badezimmer alles aufgerissen und jetzt machen sie da nichts dran, es geht einfach nicht weiter, wir leben hier wie die Tiere.“ Dass es Vonovia nicht darum geht, die Lebensqualität der Leute zu verbessern, wird hier nochmal ganz offensichtlich. Mit der Renovierung haben sie nur wieder einen Vorwand gefunden, mit Mieterhöhungen noch mehr aus uns heraus zu pressen. So wurde nach dem Bericht eines Mieters die Wohnung mit der Übernahme von Vonovia und der Renovierung fast doppelt so teuer: „Ich wohne hier seit acht oder neun Jahren, als wir gekommen sind, haben wir für 3 Zimmer 550€ warm gezahlt. Aber dann kam Vonovia und hat das Haus übernommen, und dann wurde alles schlimm. Jetzt zahlen wir 960€ für die gleiche Wohnung!“
Die Renovierung, die rund ein Jahr dauern sollte, zieht sich jetzt schon fast vier Jahre. Seitdem leben die Mieter dort unter den unwürdigsten Umständen und müssen Angst haben, dass ihre Kinder sich an den Baumaterialien wie zum Beispiel Glaswolle oder der heraushängenden Elektrik verletzen, und Vonovia besitzt sogar noch die Frechheit, in die mit Baumaterial voll gestellten Flure Zettel zu hängen, auf denen sie die Mieter ermahnen, die Flure frei zu halten. Doch eine neue Wohnung zu finden, die man sich als Arbeiter leisten kann, ist kaum möglich.
Die andauernden Renovierungsarbeiten sind aber nur ein Problem von vielen, kaputte Parkplätze und ein verdrecktes Treppenhaus sind da an der Tagesordnung. So sollte zum Beispiel auch der seit 2019 kaputte Parkplatz bis März 2021 fertiggestellt werden, doch ein Jahr später ist er immer noch kaputt: „Seit 2019 ist der Parkplatz kaputt, der sollte bis März 2021 fertig sein, aber ist er immer noch nicht. Sie haben letztens erst den Bauschutt und die Baufahrzeuge da weggeräumt, aber der ganze Parkplatz ist immer noch kaputt. Bei schlechtem Wetter ist das noch schlimmer und die Leute müssen mitten auf dem Weg parken, da kommt dann auch kein Rettungswagen oder die Feuerwehr mehr durch. Das ist alles sehr gefährlich, aber das ist denen egal. Vonovia ist nicht gut. Ich habe viel telefoniert, aber Vonovia sagt ‚nicht unser Problem‘“. Und über das Treppenhaus: „Für mich ist das inakzeptabel, wir zahlen hier Miete und die steigt immer weiter und nichts passiert hier. Wir zahlen auch Nebenkosten, aber es gibt keine richtige Gebäudereinigung. Wir arbeiten beide. Die sollten machen, wofür wir bezahlen, wir kriegen da nichts von! Das Gebäude ist sehr dreckig. Einmal war auch Kot im Fahrstuhl und der wurde einen Monat lang nicht weggemacht. Ich habe Angst, in den Lift zu gehen und wieder so was Ekelhaftes zu sehen. Man kann niemanden einladen hierher, weil alles dreckig und ekelhaft ist. Unsere Etage halten wir selber sauber, weil der Reinigungsdienst kaum kommt. Ich hatte auch ein schlimmes Erlebnis im Keller, da sitzen manchmal einfach fremde Männer und machen nichts, ich habe Angst in den Keller zu gehen. Die Tür unten ist kaputt, deshalb kann jeder rein und raus gehen wie er will. Man kann nicht richtig abschließen und auch Fremde, die hier im Keller sitzen, stecken Papier in die Tür, um die offen zu halten (…) Wir haben es sehr eilig auszuziehen, aber wir finden nichts, was wir bezahlen können. Wir suchen die ganze Zeit, aber ich weiß nicht, ob wir jemals was anderes finden werden. Die nehmen Miete jeden Monat und wir kriegen nichts davon, ich finde das absolut inakzeptabel!“
Für die Mieter ist klar, dass es Vonovia egal ist, unter welchen Umständen sie da leben müssen, solange sie fett Miete kassieren können. Denen ist nämlich klar, wie schwer es für uns ist, eine neue Wohnung zu finden, die man sich leisten kann, und deswegen können sie das mit uns machen. Sie erhöhen die Miete unter dem Vorwand der Erhöhung der Lebensqualität, aber lassen einen in einem regelrechten Drecksloch wohnen. Dazu schamlose Lügen, um sich weiter ihre Taschen füllen zu können. Ein Mieter berichtete: „Wir sind im Juni 2018 hergezogen, bei der Besichtigung haben die nichts gesagt von der Renovierung, und jetzt leben wir hier die ganze Zeit auf einer Baustelle. Bis Ende 2019 sollen wir Geduld haben, hat Vonovia gesagt. Aber im kapitalistischen System sind die Menschen egal, es zählt nur das Geld.“ Und damit hat er recht. Wir leben in einem System, in dem wir Arbeiter nicht zählen, ein System, in dem mit unseren Grundbedürfnissen Profit gemacht wird und uns nur so viel zugestanden wird, dass wir da gerade noch mitmachen. So lange es dieses System gibt, wird sich aber für uns nichts zum Besseren wenden. Wir müssen kämpfen und gemeinsam dieses dreckige System zerschlagen.
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