Sonntag, 10. Mai 2015
Die Medien und die demokratischen Rechte
Von whs
Arbeiterkorrespondenz auf Kommunisten-online
Die GdL ruft ihre Mitglieder zum Streik. Der Weselsky traut sich was. Was wollen die eigentlich? Haben die nicht erst gestreikt? Und jetzt schon wieder? Dürfen sie denn das? Ja, sie dürfen. Nach Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes dürfen sie und niemand darf sie behindern; auch das steht dort, in diesem Artikel.
Ein Streik ist also ein legitimes Mittel der Arbeiter und Angestellten, um bestimmte Forderungen gegenüber ihren Ausbeutern durchzusetzen. Und niemand ist berechtigt, sie daran zu hindern. Was kann man da tun? Man macht sie madig und versucht, einen Keil zwischen die verschiedenen Beschäftigtengruppen zu treiben. Es wäre doch zu schön, wenn man nicht das berühmte „teile und herrsche“ durchsetzen könnte.
O-Ton RTL Nachrichten vom 22. 04. 2015 18.45 Uhr: „Die Fronten zwischen Bahn und Gewerkschaft GdL sind verhärtet und langsam schwindet auch das Verständnis in der Bevölkerung. … Applaus in Fulda, wenigstens noch von den eigenen Leuten. Ein selten gewordenes Gefühl für den GdL-Chef in diesen Tagen.“
Nun kann ich mir vorstellen, dass der eine oder andere Pendler tatsächlich verärgert ist. Aber rechtfertigt dies, die Wahrnehmung garantierter demokratischer Rechte in Frage zu stellen? Komischerweise mokiert sich jeder, wenn öffentlich Beschäftigte streiken. Streiken die Arbeiter bei Benz, Opel, Siemens u.a., so ist das in Ordnung. Aber Piloten, Bahnangestellte, Postler haben nicht zu streiken. Wo kommen wir denn da hin, wenn die auch streiken.
Nun, wir kommen da hin, dass sie eines ihrer wenigen Rechte in Anspruch nehmen, im Kampf um die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, den sie immerhin auch mit erarbeitet haben. Jedes Jahr lesen wir in der Zeitung, dass die Reichen immer reicher werden, die Arbeiter und Angestellten immer ärmer. Woran liegt das? An der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, der immer mehr zu Gunsten der Reichen verteilt wird. Nun versuchen die Lokführer einen größeren Anteil am gesellschaftlichen Reichtum zu erhaschen, schon werden sie von der Monopolpresse verteufelt.
Weiter RTL: „Noch schnell ein Erinnerungsfoto mit dem Mann der markigen Attacken.“ Danach eine Einspielung Weselskys: „Die Vorstände haben sich die Boni erhöht, 174%, die feiern und trinken Champagner und fürs Zugpersonal soll trocken Brot übrig bleiben.“ Diese Auslassung kann natürlich so nicht stehen bleiben.
Da werden denn gern einige „Verärgerte“ zitiert, die ihr Unverständnis für die „reichen“ Lokführer aussprechen. Ist ja auch verständlich, wenn man da mal nicht pünktlich ankommt. Immerhin ist die Bahn ja sehr viel pünktlicher, wenn die Lokführer nicht streiken. Ach nein, halt, stimmt ja so nicht, aber dann sind die Lokführer nicht verantwortlich, also ist das Ganze nicht der Erwähnung wert.
Ein Interviewter: „Man kann nicht bis zum Gehtnichtmehr streiken, man muss auch mal nachgeben. Wenn ein jeder ein bissel nachgibt, dann kanns auch gehen.“ Gut gebrüllt, Löwe! Wer hat denn bis jetzt „ein bissel“ nachgegeben?
Achim Stauß (Sprecher Deutsche Bahn): „Eine Gewerkschaft hat nicht nur Verantwortung für ihre Mitglieder, sie hat auch Verantwortung für die Gesamtbelegschaft und sie hat auch eine Verantwortung fürs Unternehmen. Dieser Verantwortung wird die GdL nicht gerecht.“
Tja, Herr Stauß, da liegen Sie wohl ein bisschen daneben. Es existieren Gerichtsurteile, die bestätigen, dass Gewerkschaften nur Verantwortung für ihre Mitglieder tragen. Es wäre wohl etwas zu viel verlangt, wenn ein Nichtgewerkschafter zwar keine Beiträge zahlt, aber im Falle der Aussperrung (die übrigens in dieser Bananenrepublik Deutschland gesetzlich erlaubt ist) Gewerkschaftgelder in Anspruch nehmen wollte. Und dann soll die Gewerkschaft auch noch Verantwortung für das Unternehmen tragen? Z.B., wenn der Betrieb dicht gemacht wird? Soll dann die Gewerkschaft die Prügel kriegen? Nicht der geldgeile Aktionär? Schon etwas seltsam Ihre Ansichten.
RTL: „Über die eigentliche Forderung, 5% mehr Gehalt bei kürzerer Arbeitszeit, wurde dabei nicht einmal gesprochen. Ergebnis nach dem zweiten Streiktag: gegenseitige Vorwürfe und inhaltlicher Stillstand.“
Dann spricht Herr Klöppel mit Herrn Weselsky.
Klöppel: … Mio. Menschen sind heute unter Schwierigkeiten oder gar nicht zur Arbeit, in die Schule oder … gekommen. Und die sind deswegen ziemlich sauer. Was sagen Sie denen eigentlich, warum dieser Streik nötig ist.
Weselsky: … Die ersten sechs Arbeitskämpfe des Jahre 2014 hätten gar nicht sein müssen, weil die Bahn uns dann etwas zugestanden hat, was uns von Beginn an eigentlich zustehen musste, nämlich unsere grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit und die Möglichkeit Tarifverträge für alle unsere Mitglieder abzuschließen.
Klöppel: Der Personalvorstand der DB … hat gesagt Klaus Weselsky ist schuld. Wir waren bei einem Zwischenergebnis einen Meter vor der Ziellinie. SIE (Hervorheb. durch P. Klöppel) sagen, Herr Weber benimmt sich wie Pippi Langstrumpf, SIE (s.o.) sagen … Warum nehmen Sie sich nicht jemanden der zwischen Ihnen zwei Ballerköppen vermittelt.
Weselsky: … Ich kann beweisen, dass es kein Zwischenergebnis gibt, Herr Weber kann dies nicht …
Klöppel: … Das sind alles Dinge, die die Bahnreisenden wahrscheinlich nur am Rande interessieren. Wie viel Streik können und wie viel Streik wollen Sie den Bürgern eigentlich noch zumuten? …
Wesselsky: Wir wollen den .. Bahnkunden .. gar keine Streiks zumuten. Aber wir erwarten, dass ein Staatskonzern seine Verantwortung wahr nimmt.
Klöppel: Ich sehe schon, dass wird noch etwas länger dauern mit diesem Streik.
Dieser Zusammenschnitt ist wesentlich genauer nachzuvollziehen auf RTL Now. Er soll hier eigentlich nur zeigen, dass von Seiten der Medien alles versucht wird, um das legitime Recht der Gewerkschaften auf Streiks zu untergraben. Herr Klöppel agiert im Auftrag seiner Geldgeber, wenn er versucht, den Kampf auf materieller Basis auf moralisches Gebiet zu zerren, um ihn dann verteufeln zu können.
Die Gewerkschaften spielen eine wichtige Rolle im Klassenkampf. Sie sind dafür verantwortlich, dass stets und ständig darauf gedrungen wird, die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums zwischen den Klassen neu zu verhandeln. Damit spielen sie eine wichtige Rolle bei der Formung der Klasse. Nun können wir nicht davon sprechen, dass unsere Gewerkschaften schon immer und überall all ihrer Aufgaben gerecht werden. Aber in dieser Richtung hat sich schon einiges getan. Und das eben soll wieder rückgängig gemacht werden.
Da werden natürlich nicht die gezeigt, die sich mit dem Kampf der Eisenbahner solidarisieren. Da werden auch nicht die interviewt, die sich zwar nicht solidarisieren, die aber durchaus Verständnis aufbringen. Denn sonst würde sich zeigen, dass die Mehrheit hinter den Eisenbahnern steht. Und das darf nicht sein. Deshalb wird heruntergespielt, verächtlich gemacht und verteufelt. Deutsche Medienwelt eben, wie wir sie gewohnt sind.
Rot Front
Werner
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