Freitag, 25. Januar 2013
Gentechnik-Seilschaften: Newsletter am 22.1.2013
************www.biotech-seilschaften.de.vu**************
DARF GERNE WEITERGELEITET WERDEN ... GANZ ODER TEXTWEISE
*************Verfasst von: Jörg Bergstedt***************
Hallo,
die Demo „Wir haben es satt!“ ist vorüber – und ich fuhr mit
deutlich gemischten Gefühlen wieder zurück. Meine Freude über die
Demo 2011 (die ich nicht mitmachen konnte, weil ich im Knast saß)
war groß: Ein weiterer Schritt vom ewigen Gegeneinander zwischen
Naturschutz, LandwirtInnen, VerbraucherInnen – hin zu gemeinsamen
politischen Kampagnen. „Faire Milch“, der Kampf gegen Schlachthöfe
und Tierfabriken, gegen Gentechnik usw. gehörte in den letzten
Jahren auch zu diesem Erlebnis, dass da zusammen kommt (und kämpft),
was zusammengehört. Dass die anfängliche Euphorie raus ist, ist kein
Beinbruch, sondern normal. Aber dass der Aufbruch in eine Art
professionellen Bewegungsmanagement mündet, das halte ich – auch
wenn es heutzutage ebenfalls üblich ist – für gefährlich.
Genau so habe ich die Demo in Berlin aber erlebt. Hier trafen sich
viele Menschen, die in ihren Kämpfen vor Ort zu guten Teilen
ausgelutscht sind. Die Wallfahrt nach Berlin wird zur schlichten
Wiederholung. Sie ist immer perfekter organisiert: Mit Bussen, mit
professioneller Bühnenschau (fast komplett ohne Inhalte, dafür aber
mit vielen Sprüchen und Bewegungsspielchen – eher ein „Wetten, dass
…“ im Freien als politischer Protest) und organisiert von einer
seltsamen Sphäre völlig abgehobener Hauptamtlicher, die immer mehr
nur noch eines im Blick haben: Diesen Protest immer zu wiederholen,
denn er sichert ihre Jobs über die damit verbundenen Spenden und
Förderungen.
Die Praxis des Protestes – von Blockaden an Tierfabriken über
abgebaute Gentechnikschaugärten bis zur Gegenwehr gegen Behörden,
Gerichte und mehr – sie kam in der niveaulosen Schau am
Samstagsmittag vor leeren Regierungsgebäuden gar nicht mehr vor. Sie
interessiert die BewegungsmanagerInnen auch nicht. Was zählt, sind
Medienevents, Masse und Kasse.
Das alles spricht nicht für große Demonstration. Aber es bedarf
einer anderen Verknüpfung. Die Basis widerständiger Praxis sind
viele handlungsfähige Zusammenhänge in den konkreten Kämpfen. Wenn
die dann einmal oder einige Male überregional zusammenkommen, um
auch Masse zu zeigen, ist das gut. Wenn die Massenaktion aber die –
hauptamtlich organisierte, d.h. auf Geld beruhende – Hülle für wenig
Inhalt ist, dann läuft was falsch.
Ich jedenfalls werde weiter meinen Schwerpunkt in den konkreten
Kämpfen suchen und würde mich freuen, wenn sich niemand blenden
lässt von der selbstinszenierten und –verschuldeten Show in Berlin.
Es wird auf Anderes ankommen. Und damit vor allem auf Euch. Eine
andere Landwirtschaft entsteht aus dem konkreten Handeln, aus
Protest, aus Aktion, aus Projekten, aus einer Praxis solidarischer
Landwirtschaft und vielen mehr. Aber höchstens als Ergänzung aus
Unterschriftenlisten, vorgefertigten Emails und dem Ausfüllen von
Überweisungsträgern.
Falls nun jemand fragt: „Warum sagst Du denen das nicht?“ Dann muss
ich leider antworten: Habe ich versucht. Aber die reagieren gar
nicht mehr in ihren Büro in irgendwelchen Hauptstädten. Bewegung ist
da nicht anders wie Behörden. Die Apparate verselbständigen sich.
Das ist keine Bosheit, sondern normal Wir aber sollten unnormal sein!
Beste Grüße aus der Projektwerkstatt in Saasen … Jörg B.
P.S. Wer weiterhin die Infos aus den Gentechnik-Seilschaften
erhalten will und noch nicht für den Newsletter angemeldet ist,
sollte das tun – per Formular auf www.biotech-seilschaften.de.vu
oder Mail an saasen@projektwerkstatt.de.
Achtung! Neuer PGP ... siehe unter www.projektwerkstatt.de/feedback.html
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Lage 2013
Hier folgen immer wieder unsere Rechercheergebnisse, was an Feldern
zu erwarten ist.
• Das AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz einschließlich der Felder
dort ist Geschichte (schon vermeldet).
• Der Weizenversuch für den Standort Üplingen
(http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=42010.0216)
ist jetzt auch offiziell auf Herbst 2013 als Aussaatzeitpunkt
verschoben worden
(http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Wissenschaft/Versuch-mit-transgenem-Weizen_article1358402924.html).
Die Behauptungen des Umweltinstituts München (gegenüber der Presse)
und des Infodienst Gentechnik (auf eigener Internetseite), es gäbe
dieses Feld jetzt schon, waren falsch – und zeigen leider einmal,
dass von den NGO-Büros die praktische politische Arbeit doch nur
sehr eingeschränkt möglich ist. Die Kontonummer stimmt meist, beim
Rest wird es schwierig. Zum anderen zeigen sie die Folgen der
Dummheit, dass mit den AktivistInnen der Praxis meist ganz bewusst
kein Kontakt gehalten wird. Die aber wissen da draußen einfach
besser Bescheid …
• Gegen den BASF-Kartoffelversuch auf dem Limburgerhof
(BASF-Agrarbetriebsgelände südlich Ludwigshafen) läuft zur Zeit die
Einwendungsfrist. Das Umweltinstitut München sammelt Einwendungen
unter
http://umweltinstitut.org/gentechnik/freisetzungsversuche/einwendung-genkartoffel-2013-1052.html.
Unterschreiben ist gut – aber bitte nicht denken, dass sich mit
Unterschriften Felder verhindern lassen! Also nur unterschreiben,
wenn das nicht von anderen Aktivitäten abhält!
• Denkbar sind laut Anmeldestand weiter das Monsanto-Rübenfeld in
Gerbitz (wurde 2012 nicht bearbeitet und verunkrautete völlig,
http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=6786-01-0211)
und das KWS-Rübenfeld in Üplingen:
http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=6786-01-0215.
Weiter gültig sind auch die Genehmigungen der Uni Rostock für Tabak
(http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=6786-01-0210)
und Weizen
(http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=6786-01-0209)
sowie von Mais
(http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=6786-01-0208)
der Firma Pioneer.
• Üplingen als Standort wackelt aber immer mehr. Da zumindest im
Sommerhalbjahr 2013 der Weizenversuch des IPK dort noch nicht stehen
wird, fehlt möglicherweise der Impuls und auch das Geld, dort noch
weiterzumachen. Außerdem habe kreative Köpfe die Anlage einfach
kurzerhand abgebaut (zwei Kilometer Zaun und einiges mehr sind
entfernt und im Ort verschenkt worden … siehe unten zu diesem
Husarenstreich).
• Für 2013 (und 2014) bleibt auch genehmigt der Pferdeversuch in
Mecklenburg-Vorpommern:
http://apps2.bvl.bund.de/cgi/lasso/fsl/display.lasso?azrki=6786-01-0213
Mit direkten Links zu den Feldgenehmigungen usw. ist dieser Text
auch auf www.gentech-weg.de.vu zu finden.
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NEUES AUS DEN SEILSCHAFTEN
Evangelische Kirche in Bayern wird offensiver: Werbekampagne pro
Gentechnik!
Eine Mitteilung des evangelischen Pressedienstes selbst
(http://www.epd.de/landesdienst/landesdienst-bayern/schwerpunktartikel/ethische-onlineberatung-zu-gentechnik):
Eine ethische Onlineberatung zu den Themen Pflanzenforschung und
Gentechnik hat das Institut Theologie-Technik-Naturwissenschaft [1]
(TTN) entwickelt. Das neue Webportal www.pflanzen-forschung-ethik.de
[2] erlaube den Nutzern, sich "selbstständig ein ethisch fundiertes
Urteil über Anwendungen der Grünen Gentechnik zu bilden", erklärte
das Institut am in München. Die Grüne Gentechnik werde in
Deutschland seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert, erklärte
Projektleiter und TTN-Geschäftsführer Stephan Schleissing. Den
interessierten Beobachtern falle es zunehmend schwer, die
"ausufernden Konflikte" nachzuvollziehen. Das Webportal informiere
über das Themenfeld der modernen Pflanzenforschung und enthalte
Meinungen von Akteuren in Bayern. Zudem könnten sich die Nutzer
anhand eines interaktiven Fallbeispiels selbst ein Urteil bilden.
"Damit wird ethisches Argumentieren erfahrbar", so Schleissing.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Institut_TTN
[2] http://www.pflanzen-forschung-ethik.de/impressum.html
Doch mit dem Selbst-denken wird das schwierig. MacherInnen der
Internetseite sind nämlich geschulte Seilschaften, die auch andere
Internetplattformen betreiben (z.B. TransGen), die pseusoneutral das
Denken manipulieren sollen. Laut Impressum stehen die Aachener
Coonnection „i-bio“ hinter dem Projekt, technisch wird es von
Pigurdesign umgesetzt. Die arbeiten regelmäßig für die
Gentechnikseilschaften, so auch schon für WGG, Max-Planck und IPK.
Glück haben die evangelische Kirche und andere seit Jahren, weil der
Gentechnikprotest auch in Bayern nicht in der Lage ist, die
verantwortlichen Institutionen (Unis, Landesregierung mit dem
Förderprogramm For Planta, Kirche usw.) mal ins Zentrum des
Protestes zu rücken (ist in anderen Bundesländern nicht anders außer
in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, aber auch da sind es
unabhängige AktivistInnen meist von außerhalb).
Eine nötige Klarstellung: Transparency international begünstigt
moderne Seilschaften
Immer wieder veröffentlicht TI seine Korruptionsbilanz. Und immer
wieder schneiden die modernen Demokratien (z.B. Deutschland) am
besten ab, die andererseits diese Welt aber wirtschaftlich
beherrschen. Wie das? Der Grund ist einfach: Transparency fehlt eine
moderne Herrschaftsanalyse. Wer danach sucht, wo wirklich Geld oder
andere Vorteile fließen, findet in Ländern wie Deutschland das kaum
noch (außer ab und zu bei trotteligen Bundespräsidenten u.ä.). Denn
moderne Funktionseliten regeln ihre Dinge anders. Da hat niemand
mehr ein dickes Portemonnaie dabei. Die Sachen flutschen auf „eine
Hand wäscht die andere“, d.h. ohne konkrete Versprechen, Zahlungen
usw. Es ist mehr eine Kultur der gegenseitigen Unterstützung. Da
Transparency nur auf die altmodischen Formen direkter Bestechung
schaut, schneiden die modernen Staaten besser ab. Die sind damit
aber nicht verfilzter, sondern Transparency macht sich zum Esel der
führenden Industriestaaten – und schimpft über die, die in Sachen
moderner Herrschaft erst noch üben.
Maulkorb-Verfahren in Saarbrücken
Zur Erinnerung nochmal der Stand: Etliche meiner Rechercheergebnisse
und Aussagen vor allem über die Geschäftspraxen von Kleinfirmen und
Lobbyverbänden wurden von Kerstin Schmidt und Uwe Schrader,
unterstützt von Horst Rehberger angegriffen. Ziel war ein Maulkorb
für mich. Das Ganze ging durch alle Instanzen bis zum
Verfassungsgericht. Ergebnis: Zu den meisten Punkten ist das
Rechtsverfahren abgeschlossen und ich habe in diesen Punkten
durchgehend gewonnen. Genauer geprüft werden müssen (nur) noch die
Vorwürfe, die Straftaten beinhalten würden, d.h. Betrug,
Veruntreuung und Geldwäsche. Hier müsse, so das Verfassungsgericht,
genauer geschaut werden, ob an den Kritiken was dran ist. Wenn ja,
würde sich nämlich die Frage stellen, weshalb keine
Staatsanwaltschaft ermitteln wollte (Strafverteilung im Amt???).
Erwartungsgemäß habe ich das einstweilige Verfügungsverfahren wieder
verloren, denn dort dürfen keine gesonderten Beweismittel
(Dokumente, Zeugen …) vorgelegt werden. Ohne das lässt sich aber
natürlich nichts beweisen. Also ist erstmal wieder verboten, denen
Betrug u.ä. vorzuwerfen – bis zum sogenannten Hauptsachverfahren.
Dieses bringt dann die endgültige Klärung und hier sind Beweismittel
zugelassen. Daraufhin haben wir (mein Anwalt Tronje Döhmer aus
Gießen und ich) eine neue Zusammenstellung speziell der Vorwürfe zum
illegalen Umgang mit Fördergeldern ans Gericht geschickt. Darauf
wird es nun ankommen – und dann alles wieder in eine mündliche
Verhandlung in Saarbrücken münden. Termin: Noch unklar. Wer das
Schreiben lesen will, findet es unter
www.projektwerkstatt.de/gen/unterlassung/121205stellungnahme.pdf
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SPRÜCHEKLOPFERiNNEN
Blättern in den Geschäftsberichten von InnoPlanta
Das empfehle ich ja öfter: Lest mehr in den Schriften der anderen
Seite und nicht nur die Studien bzw. meiste bunten Flyer oder
Überweisungsträger der eigenen Organisationen. Ich hab mal ein paar
InnoPlanta-Jahresberichte durchgelesen und fand ein paar nette Passagen.
AGIL soll ein "Gegengewicht zu den Öko-Landwirtschaftsverbänden"
sein. Weitere Ziele:
"- Etablierung eines Patenschaftssystems (Vertreter aus Politik und
Forschung, u.a. MdB Katherina Reiche, MdB Peter Bleser, MdB Kristel
Happach-.Kasan, Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany)
"- Gegenakivität bei der Feldzerstörungsaktion von „Gendreck-weg“ im
Juli in Badingen/Gransee" (InnoPlanta Geschäftsbericht 2006, S. 6)
"Das 7. InnoPlanta Forum fand am 19. September 2007 in der
Landesvertretung
Sachsen-Anhalt in Berlin statt." (InnoPlanta Geschäftsbericht 2007,
S. 9)
Folienauszug aus dem Vortrag Karl-Friedrich Kaufmann AGIL am
2.7.2007 in MD
Aussagen zum ökologischen Landbau ...
-Kein Nachweis, dass Lebensmittel gesünder sind
-Bis zu 50% geringere Flächenleistung
-Hoher Krankheitsbefall und Belastung (Mycotoxine, Phytophtera…)
Vereinfachte WelterklärerInnen auf der Wir-haben-es-satt-Demo
Wer keine klar emanzipatorische Position oder gar selbst
vereinfachte Feindbilder hat, wird zum Anziehungspunkt für Menschen
mit einfachen Welterklärungsmustern. So tauchten 2012 Nazis auf der
Wir-haben-es-satt-Demo auf – und wurden immerhin erkannt und
abgedrängt. Vielleicht blieben unauffälligere aber zurück – keine
Ahnung.
Dieses Jahr strömte ein ganzer Pulk von Leuten mit Trikots und
Flyern „Stimme und Gegenstimme“ in die Demo. Sie konnten weitgehend
ungestört ihre Propaganda loswerden. Ich kannte die, weil mir die
Szene ja mal genauer angeschaut habe (wofür mich allerhand Leute
kritisiert haben, die politische Aktion mit Internetklicken
verwechseln u.ä.).
"Stimme und Gegenstimme" ist eine Art Zeitung im Flyerformat die
angeblich unterdrücke Meinungen verbreiten soll. Sie stammt aus der
Feder des Führers einer fundamental-christlichen Gruppe in der
Schweiz, die mit hoher Penetranz für Familientreue, gegen
Homosexualität und Judentum wettert. In politischen Bewegungen sind
sie mit „Stimme und Gegenstimme“ sowie die Anti-Zensur-Konferenz
unterwegs. Gerüchte, diese AZK sei ein Nazitreffpunkt, sind zwar
falsch (ich war ja selbst dort, um mir das genauer anzuschauen),
aber die Hasspredigten im Christenmantel sind nicht viel besser.
Für mich war es das erste Mal, dass sie so offensiv und zahlreich in
einer Demo unterwegs waren und missionierten ... immer 2er-Teams,
wie mit dem Wachturm. Ich hab die angesprochen, weil die sich erst
gefreut haben, einen AZK-Redner zu treffen. Ich hab sie dann
angequatscht, was da für ein Scheiß in ihren Flugblättern stehen
würde. Und war ziemlich überrascht über die Reaktion. Ich: "Da wird
der Holocaust geleugnet". Die: "Ja, den gabs ja auch nicht". Ich:
"Die behaupten, die Juden würden die Homosexualität fördern, um die
Familien zu zerschlagen". Die: "Ja, das ist doch die Wahrheit". Ich:
"Ivo Sasek sagt zu seinen Leuten, er sei das Göttliche und sie
Natur." Die: "Ivo ist göttlich". usw. Ich war ziemlich erstaunt,
dass die das alles klarhatten und wie selbstverständlich dort gesagt
haben. Dann haben sie mich mit eher religiösen Sprüchen wie "Du
musst das mal an Dich ranlassen" usw. zu missionieren versuchen, bis
ich überlegte, dass ich eigentlich wegen was Anderem auf der Demo war.
Ich schreibe das hier, weil die inhaltliche Niveaulosigkeit, die in
politischen Bewegungen immer weit verbreitet ist (wer beschäftigt
sich schon richtig intensiv mit den Themen, gegen die er/sie
protestiert?) auch in Zukunft dazu führen wird, dass viele
Überschneidungen mit rechten oder vereinfachenden politischen
Positionen entstehen. Die Akzeptanz von Alpenparlament.TV (hinter
dem solche Kreise stehen) und die großen BesucherInnenzahlen bei den
Konferenzen (z.B. regelmäßig 2000 Leute bei der AZK, letztens
mehrere Hundert bei einer ähnlichen Konferenz in Alsfeld) zeigen
diese Anfälligkeit. Die Beliebtheit gründet sich auch auf dieser
Leere, die in vielen ist. Die Empörung über die Unverschämtheiten
von Regierungen und Konzernen mündet nicht in einen widerständigen
Protest plus inhaltlich tiefgehender Kritik, sondern in
oberflächliche Handlungen und Schuldzuweisungen.
Mehr dazu:
• Kritik an vereinfachten Welterklärungen: www.kopfentlastung.de.vu
• Emanzipatorische Gentechnikkritik:
www.projektwerkstatt.de/gen/emanz_kritik.htm
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WEITERE NACHRICHTEN ZUM THEMA
Glyphosat – (k)ein Problem der Gentechnik!
Aus der FR am 4.1.2013: „Bequem, billig und brutal: Das
Total-Herbizid Glyphosat, unter den Namen Weedkill, Dominator oder
Roundup im Handel, ist auch auf deutschen Äckern auf dem Vormarsch.
Doch weil neue Studien die bislang attestierte Unbedenklichkeit des
Mittels für Mensch, Tier und Umwelt in Frage stellen, geht die
Industrie in die Offensive. Sie rührt über eine eigens eingerichtete
Internetseite die Werbetrommel für das Gift, denn der auf die Felder
versprühte Stoff steht in der EU vor seiner Wiederzulassung. …
Ostdeutschland ist die „Glyphosat-Region schlechthin“, so die
Deutsche Landwirtschaftliche Gesellschaft in ihrem DLG-Magazin. Auf
drei Vierteln der Äcker wird Glyphosat eingesetzt, anstatt Unkraut
mechanisch, durch angepasste Fruchtfolge oder bessere Sortenwahl in
Schach zu halten. Das DLG-Magazin warnt: Wegen der aktuellen
Diskussion um den Stoff „sollte die Anwendung auf das notwendige Maß
beschränkt bleiben“. Und rät: „Mehr guten Ackerbau, bitte!“
(http://www.fr-online.de/wirtschaft/herbizid-glyphosat-ein-gefaehrliches-wundermittel,1472780,21383102.html)
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AKTIONEN/BEWEGUNG
Gäbe es die Wahl zur „Aktion des Monats“, hätte diese Idee wohl gute
Chance: Unbekannte haben die langen Winternächte ohne Bewachung
ausgenutzt, um den Gentechnik-Propagandagarten in der Börde einfach
abzubauen. Und nicht nur das: Sie verteilten auch noch ein Fake, in
dem AnwohnerInnen ermuntert wurden, sich an den abgebauten
Baustoffen zu bedienen, weil die nicht mehr benötigt wurden. Hier
der Text aus „Neues Deutschland“ am 16.01.2013:
Gentechnik-Standort in Üplingen sabotiert
Zaun um das Gelände des Schaugarten in Üplingen abgebaut
Einen empfindlichen Rückschlag erlebten die Betreiber des
Gentechnik-Schaugartens Üplingen Anfang Januar. Wie erst jetzt
bekannt wurde, hatten mutmaßliche Gentechnikgegner den Zaun um das
Gelände auf zwei Kilometern Länge komplett abgebaut. In einem
nachgeahmten Infoblatt verkündeten sie, die Gentechnik habe in
Deutschland keine Zukunft mehr.
Gentechnik zum Anfassen hatte sich der Schaugarten Üplingen zwischen
Magdeburg und Braunschweig zum Ziel gesetzt. Neben der
Forschungsarbeit wollte der Betreiber Biotechfarm GmbH & Co. KG
Besuchergruppen davon überzeugen, dass genmanipulierte Pflanzen
harmlos seien und die großen Probleme der Welt lösten. Nachdem die
öffentlichen Führungen schon 2012 eingestellt wurden, kam es nun zur
Demontage der kompletten Umzäunung rund um das Gelände.
Wie das Polizeirevier Börde mitteilt, haben Unbekannte wohl zwischen
dem 5. und 6. Januar die Zäune auf zwei Kilometern Länge
"ordnungsgemäß aufgerollt" sowie Holzpfosten und Überwachungstechnik
abgebaut. Die mutmaßlichen Gentechnikgegner hätten zudem in Üplingen
Flyer verteilt, die wie offizielle Mitteilungen der Betreiberfirma
aussahen und einige Teile des Zauns im Dorf abgelegt. Unter der
Überschrift "Haushaltsauflösung am Schaugarten" hieß es im Flyer,
die Biotechfarm werde "mit sofortiger Wirkung schließen". Den
Nachbarn wurde angeboten, "etwas von unserem aufgelösten Hausrat
mitzunehmen". Laut Polizeisprecher Joachim Albrecht waren sämtliche
Materialien unbeschadet aufgestapelt worden. Die Geschäftsführerin
von Biotechfarm, Kerstin Schmidt, wollte sich zu dem Vorfall nicht
äußern. …
Bericht:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/809994.gentechnik-standort-in-ueplingen-sabotiert.html
Ich denke gerne zurück … Günther Burckhardt ist tot
Ich habe ihn schon erlebt, als wir Mitte der 90er Jahre Felder
besetzten und dadurch viele Debatten auslösten, die wir auch
führten. Damals war er „nur“ über 70 Jahre alt. 2007 war er vor Ort,
als wir – gelangweilt vom smarten Protest staatsnaher Umweltverbände
und Parteien - die alte Tradition mit einem Feldbesetzungsversuch in
Groß Lüsewitz wieder aufnahmen. Nun war er 88 Jahre. Und auch nach
seinem 90. Geburtstag war Günther Burckhardt, der aufmüpfige Arzt
aus Kassel, noch mehrfach dabei. Jetzt ist er tot. Aber auch wenn
ich nicht alle seine Meinungen teilte (das wäre ja auch langweilig)
– er wird mir als eine Wegweisung erhalten bleiben, dass zwar auch
ich selbst mit inzwischen deutlich über 30 Vollzeitaktivisten-Jahren
auf Besetzungen bzw. bei direkten Aktionen auffalle (und in den
Bürorunden der etablierten NGOs meist unerwünscht bin), aber dass es
eigentlich gar kein Alter gibt, an dem Aufhören passend sein könnte.
Die 19jährigen, die demnächst von radikal auf weichgespült und dann
ins bürgerliche Lager oder zu den angepassten Verbänden wechseln,
hätten ihn mal erleben sollen. Günther – ich glaube nicht an Gott,
ein Leben nach dem Tod oder solchen Kram. Du lebst nicht irgendwo
anders, sondern uns etlichen von uns weiter. Unter anderem in mir.
Kabrack!archiv – wer hat Lust z.B. auf den Bereich zu Gentechnik???
Die Bibliotheken und Themensammlungen der Projektwerkstatt gehören
zu den umfangreichsten unabhängigen und selbstorganisierten
Bewegungsarchiven. Hier stehen über 20.000 Bücher, ein besonderer
Schatz aber sind etliche Kopien, Flugblätter, Zeitungstexte,
unveröffentlichte Manuskripte zu vielen politischen Themen. Richtig
gut nutzbar wären die aber nur, wenn sie wenigstens ab und zu
ergänzt, durchsortiert und neue Infos eingeaktet werden. Und darum
geht es: Wer hat Lust, an diesem Archive mitzuwirken? Das Ganze ist
thematisch sortiert. Das macht es möglich, einen konkreten
Themenbereich zu übernehmen, d.h. zu sortieren, zu gestalten, neue
Materialien zu beschaffen, eventuell auch zu erfassen und mehr (also
z.B. Gentechnik oder Landwirtschaft, Medizin oder noch andere Themen
… es sind viele da drin!!!). Bibliotheken und Archive würden dann zu
einer bunten Kooperation mehrerer Leute, die einzelne Themen oder
Bereiche übernehmen – vom Einsortieren über das Organisieren
weiterer Materialien bis zur Gestaltung von Regalen, bei Interesse
auch gerne den angrenzenden Flächen (mal eine Sitzhecke, eine
Hängematte, ein Schreibtisch …). Ein paar Einblicke bietet die Seite
www.projektwerkstatt.de/kabrack - die Seite wartet auf eine
Überarbeitung im Zuge neuen Schwungs im Archiv. Also los … wer Lust
hat, eine Themenecke zu übernehmen, an einer mitzuwirken oder auch
über das „große Ganze“ des Archivs und der Raumgestaltung
nachzudenken, sollte sich melden – gerne auch mit Wünschen, an
welchen Themen Interesse besteht.
********************
ZUM NACHDENKEN
Jorgen Randers
Der neue Bericht an den Club of Rome
(2012, ökom in München, 431 S., 24,95 €)
Ein seltsames Buch. Einerseits besteht es aus einer Vielzahl von
Zahlen, die in Trends umgedeutet werden, mit denen dann die
Entwicklungen der nächsten vier Jahrzehnte beschrieben werden. Im
Wesentlichen geschieht dabei das Erwartbare – gesellschaftliche
Verwerfungen oder soziale Revolten fehlen in den Szenarien. Sie
wären auch schwer berechenbar – aber ganz außer Acht lassen? Bei den
Zahlen und Trends ist das Buch vor allem eine Fleißarbeit. Dabei
sind schon einige Grundannahmen seltsam. Unkritisch nimmt der Autor
an, dass sie Risikotechnologie und Reparaturkonzepte zerstörerischen
Wirtschaftens einfach so durchsetzen – von der CO2-Abscheidung bis
zur Gentechnik. Richtig spannend wird es dann im letzten Teil, wo es
um Neuvorschläge geht. Gelobt wird der starke Staat, z.B. mit der
Behauptung, „50 Jahre Entwicklungshilfe … haben gezeigt, dass
stabile staatliche Einrichtungen … unverzichtbare Voraussetzungen
für langfristiges wirtschaftliches Wachstum sind“. Das findet der
Autor gut und hofft auf mehr davon. Am Ende gibt er 20 gut gemeinte
Ratschläge, u.a. die: „Investieren Sie in hochwertige
Unterhaltungselektronik als Ersatz für die Realität“ und „Erziehen
Sie Ihre Kinder nicht zu Naturliebhabern“. Wohlgemerkt: Das ist
keine Satire. Warum ein Ökoverlag das verlegt und bewirbt? Keine
Ahnung …
Wer mehr erfahren will: Broschüre "Den Kopf entlasten" und
Internetseite www.kopfentlastung.de.vu. Bei Interesse lassen sich
dazu auch gern Veranstaltungen verabreden. Lasst Euch nicht vom
scharfsinnigen Denken abbringen. Und vor allem: Denkt selbst!
********************
TERMINE
TON-BILDER-SCHAU "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen
Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen"
Die nächste Veranstaltungsrundtour mit mehreren der Vorträge läuft
vom 8.-ca. 17. März durch Bayern und Österreich. Noch sind einige
Abende frei (vor allem 11.-14.3.) – wer hat Interesse? Bisher sind
auf der Bayerntour schon einige Termine fest, darunter am 16.3. ein
ganztägiges Training zu kreativen Aktionsformen in München.
Außerdem sind rund um das Wochenende 23./24.2. Veranstaltungen auf
Hin- und Rückfahrt nach Berlin möglich (also so auf der Linie Kassel
– Braunschweig – Magdeburg – Berlin … oder Leipzig – Thüringen).
Im April soll es nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gehen.
Wer Interesse hat an der Ton-Bilder-Schau in der eigenen
Stadt/Region – bitte melden!
GRUNDLAGEN-SEMINAR ZUR GENTECHNIK
26. bis 28. April in der Projektwerkstatt Saasen
Gentechnik – Risiken und Nebenwirkungen, emanzipatorische Kritik und
Aktionen
Ein Seminar für alle, die ihre Kritik inhaltlich schärfen wollen:
Was ist Gentechnik eigentlich, wie funktioniert und was bewirkt sie?
Wo bestehen die Gefahren? Dabei wird klar, dass verschiedene
Begründungen gegen die Gentechnik existieren - von Umweltschutz über
Gesundheitsgefahren bis zur Herrschaftsförmigkeit dieser Technik.
Aber auch von rechten Gruppen wird Gentechnik kritisiert. Viele
kritisieren die Gentechnik prinzipiell. Andere prangern vor allem
ihre konkreten Ausformen und die Bedingungen, unter denen sie
entwickelt wird, an. Im Seminar sollen die verschiedenen Standpunkte
geklärt und diskutiert werden. Einblicke in die Gesetzeslage, Tipps
zu Infoquellen (welche Felder sind wo?) und Aktionsideen runden das
Wochenende ab.
Durch das Seminar führen Rosi Reindl und Jörg Bergstedt.
Weitere Veranstaltungen im thematischen Bezügen:
• 3. bis 5. Mai in der Projektwerkstatt Saasen
Den Kopf entlasten - von vereinfachten Welterklärungen bis zu
rechter Ökologie
Monsanto ist schuld. Nein, die Bilderberger. Quatsch, das
Finanzkapital macht alles kaputt. Die Überbevölkerung bedroht
unseren Planeten. Gentechnik ist Frankenstein. Gegen Schächten –
auch mit Nazis. So oder ähnlich klingen viele politische
Forderungen. Was sie gemeinsam haben: Sie blenden Machtebenen aus,
verkürzten komplexe Herrschaftsanalysen und spielen mit den Mitteln
des Populismus. Das Seminar soll für skeptisches und genaues Denken
werben – mit drei Schwerpunkten:
1. die Merkmale von einfachen Welterklärungen und rechten
Denkmustern zu klären,
2. konkrete Beispiele (gern auch auf Wunsch von Teilnehmenden) zu
hinterfragen,
3. wie kann mensch sich vor vereinfachtem Denken schützen und solche
„Theorien“ entlarven?
• 24. bis 26. Mai in der Projektwerkstatt Saasen
Sich einmischen – Akten und Pläne studieren, mitreden und
protestieren vor Ort
Kreative Widerständigkeit ist gut. Meist ist es nicht klug, sich
ständig mit den Herrschenden und Privilegierten zu verbinden, um
kleine Vorteile zu ergattern, aber damit das Ganze selbst zu
unterstützen. Doch unabhängiger Protest bedeutet nicht, zu den
Strukturen des herrschenden Systems ohnmächtigen Abstand zu halten.
Ganz im Gegenteil: In den Kochtöpfen der Macht herum zu rühren,
genau hinzugucken, Interessen zu demaskieren, Vorhaben frühzeitig
und genau zu kennen, verbessert die Handlungsmöglichkeiten. Darum
soll es gehen: Die vorhandenen Beteiligungs- und
Handlungsmöglichkeiten im Rahmen des bestehenden Systems
kennenzulernen, um sie – neben der direkten Aktion – optimal nutzen
zu können, z.B. Akteneinsichtsrecht, Beteiligung und Klagen bei
Planungen und Behördenentscheidungen, Bürgerbegehren und –entscheide
herbeiführen usw.
• Infos zu diesen Seminaren sowie Anmeldungen über
www.projektwerkstatt.de/termine.
Die fehlenden Angaben und weitere Termine erscheinen so schnell wie
möglich auf www.projektwerkstatt.de/termin.html !
P.S. Wie immer das Nachwort: Von der Broschüre „Organisierte
Unverantwortlichkeit“ und dem Buch „Monsanto auf Deutsch“ sind noch
genügend Bestände vorhanden. Bestellungen über das Infoformular auf
unserer Internetseite www.biotech-seilschaften.de.vu, unter
www.aktionsversand.de.vu oder in der Projektwerkstatt. Da andere
Verlage – teilweise mit erstaunlich widerlichen Unhöflichkeiten –
die brisanten Botschaften nicht verlegen wollten, wird „Monsanto auf
Deutsch“ wohl erstmal die einzige Enzyklopädie der
Agrogentechnik“mafia“ bleiben. Bestellseite www.aktionsversand.de.vu.
Und: In der Projektwerkstatt und anderen Aktionshäusern sind immer
wieder Sachspenden gefragt. Auf der Seite
www.projektwerkstatt.de/gesucht findet Ihr eine Liste. Wer was
Passendes übrig hat ... wir freuen uns!!!
--
Verfasst in der
Projektwerkstatt Saasen, 06401/90328-3, Fax -5, 01522-8728353
Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen (20 km östlich Giessen)
www.projektwerkstatt.de/saasen
++ Tagungshaus ++ politische Werkstätten ++ Archive und
Bibliotheken ++ Direct-Action-Plattform ++ Bahnanschluß ++
ReferentInnenangebote ++ Sachspenden gesucht: Was gerade fehlt,
steht immer unter www.projektwerkstatt.de/gesucht ++
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